Protocol of the Session on March 21, 2024

Und der Klimaschutz? Die demokratischen Fraktionen in diesem Haus sind sich weitgehend einig, Berlin braucht zusätzliche Investitionen in Milliardenhöhe in grüne Wärme, grünen Strom und grüne Mobilität, die zu wesentlichen Teilen durch Kredite finanziert werden sollen. Mögliche Finanzierungsinstrumente sind in den letzten Wochen seit Scheitern des Sondervermögens verschiedentlich diskutiert worden: finanzielle Transaktionen, begrenzte Notlageerklärungen oder ein Darlehensfonds. All diese Instrumente könnte der Senat sofort nutzen und dem Abgeordnetenhaus einen Nachtragshaushalt mit einem konkreten Plan für zusätzliche Klimainvestitionen vorlegen. Doch stattdessen beginnt der Regierende Bürgermeister öffentlich eine neue Debatte über Teilprivatisierungen in Form öffentlich-privater Partnerschaften, offenbar, wenn man die heutige Fragestunde nimmt, ganz ohne dass der Senat einen Überblick über seine eigene Position und seine Aktivitäten in diesem Bereich hat. „Eine Chance, die Berlin nicht verstreichen lassen sollte“, sagt Herr Wegner. Bei dieser Romantisierung von ÖPPProjekten frage ich mich schon, wo Herr Wegner die Neunziger- und Zweitausenderjahre verbracht hat, als bundesweit schlechte Erfahrungen mit diesen Modellen gemacht wurden, als Bund, Länder und Kommunen die garantierten Gewinne und Renditen von windigen Investoren, Banken und Beratungsunternehmen finanzierten, während alle finanziellen Risiken bei der öffentlichen Hand verblieben und damit bei den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern.

Auch Berlin hat damals eigentlich seine Lektion gelernt, etwa bei den Cross-Border-Leasinggeschäften der BVG oder der Teilprivatisierung der Wasserbetriebe. Jetzt fordern Sie derartige Experimente wieder für unsere Schulen, Bäderbetriebe oder Kulturinstitutionen. Die Rechnungshöfe von Bund und Ländern und der Europäischen Union haben bereits vor Jahren auf die Gefahren von ÖPP-Projekten hingewiesen: Ausufernde Kosten, fehlende Transparenz bei Verträgen und mangelnde parlamentarische Kontrolle.

Lieber Senat! Nehmen Sie diese Empfehlung der Rechnungshöfe ernst. Wiederholen Sie nicht die Fehler der Vergangenheit.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Liebe SPD-Fraktion! Beim Beschluss des Berliner Schuldenbremsengesetzes hat Rot-Rot-Grün klugerweise entschieden, derartige Finanzierungsmodelle vollständig auf die Schuldenbremse anzurechnen, um falsche Anreize für riskante ÖPP-Projekte zur Umgehung der Schuldenbremse zu unterbinden. Wir zählen darauf, dass Sie auch weiterhin zu dieser Politik stehen und sich den Privatisierungsfantasien Ihres Koalitionspartners in diversen Bereichen entgegenstellen.

[Melanie Kühnemann-Grunow (SPD): Keine Sorge!]

Abschließend gilt mein Dank der Präsidentin, Frau Klingen. sowie den weiteren Mitgliedern des Kollegiums und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Rechnungshofes. Wir werden die zahlreichen fundierten Empfehlungen auch in den Detailfragen in die entsprechenden Gremien tragen und freuen uns auf die dortige intensive Diskussion. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion spricht jetzt die Kollegin Çağlar. – Die Kollegin wünscht keine Zwischenfragen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zuerst bedanke ich mich bei Frau Klingen für die Vorstellung des Jahresberichts des Rechnungshofes. – Liebe Frau Klingen! An dieser Stelle möchten ich Ihnen persönlich und im Namen meiner Fraktion ganz herzlich zum Geburtstag gratulieren! Alles Gute!

[Beifall bei der SPD]

Die Grundlage für den vorliegenden 256 Seiten starken Bericht ist ein enormer Arbeitsaufwand aller Beschäftigten des Rechnungshofes. Vielen Dank für diese wertvolle Arbeit!

Die vorgetragene Kritik in Wort und Schrift ist eine, die wir gerne annehmen. Der Bericht des Rechnungshofes gibt uns wichtige Einblick und Hinweise darauf, wie wir unsere Arbeit als Volksvertreterinnen und Volksvertreter im Sinne der Bürgerinnen und Bürger Berlins verbessern können. Wir sind allen Berlinerinnen und Berlinern gegenüber verpflichtet, verantwortungsvoll mit den vorhandenen und uns anvertrauten Ressourcen umzugehen. Wir müssen sicherstellen, dass sie bestmöglich zum Wohle aller eingesetzt werden. Die Kritik des Rechnungshofes ist daher eine wichtige Ressource, um Vorgänge zu überdenken und zu optimieren. Wir sind entschlossen,

(André Schulze)

Empfehlungen ernsthaft zu prüfen und gegebenenfalls umzusetzen.

Die aktuelle Haushaltslage ist ohne Wenn und Aber eine schwierige. Die derzeitigen Herausforderungen und die Herausforderungen der letzten Jahre sind bekannt: der Angriffskrieg in der Ukraine, die Pandemie und die Herausforderung durch den Klimawandel. Für die Bürgerinnen und Bürger ist die Inflation die spürbarste Konsequenz all dessen.

Bezogen auf den Haushalt bedeutete dies zunächst aufgrund der Coronapandemie einen erheblichen kreditfinanzierten Ausgabenzuwachs für den es im Land, im Bund und zwischen allen demokratischen Parteien einen breiten Konsens gab. Die Rettungsschirme und Soforthilfen für Unternehmen, die Direktzahlungen und Steuervergünstigungen für die Bürgerinnen und Bürger, die erhebliche Ausweitung von Maßnahmen der Gesundheitsversorgung: All das hat zu einem hohen Ausgabenniveau geführt, auf dem wir uns letztlich immer noch bewegen.

Die Pandemie wurde durch die Folgen des Krieges gegen die Ukraine abgelöst. Die Preissteigerungen, insbesondere im Energiebereich, aber auch bei Lebensmitteln und Gütern des täglichen Bedarfs bedeuteten die nächste Krise. Auch hier haben Land und Bund richtigerweise Geld in die Hand genommen, um die steigenden Energiekosten abzufedern.

Die Inflation hat aber auch die eigenen Ausgaben des Staates in die Höhe schnellen lassen. Auch das Land Berlin ist Mieter, Arbeitgeber und verbraucht Konsumgüter. Es sieht sich als Bauherr ebenfalls den stark gestiegenen Baukosten gegenüber.

Wir sehen also: Die notwendigen Ausgabenaufwüchse zur Bewältigung der multiplen Krisen einerseits sowie die nun auch beim Land Berlin angekommene Inflation andererseits haben zu einem Ausgabenniveau geführt, das auf Dauer nicht aufrechterhalten werden kann.

Mit dem Haushalt 2024/2025 ist das Land Berlin deshalb auf eine Abbruchkante zugesteuert, die wir als Koalition unbedingt vermeiden wollten und die wir vermeiden konnten. Der Rechnungshof beschreibt richtigerweise die Heranziehung von Rücklagen im aktuellen Haushalt, und ich sage Ihnen: Das war wichtig, richtig und notwendig, um einen sozialen Kahlschlag zu vermeiden. Den wird es mit der SPD nicht geben!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Gleichzeitig arbeiten wir daran, die Ausgaben schrittweise und sozialverträglich Stück für Stück in Richtung eines strukturell ausgeglichenen Haushaltes zurückzufahren. Das wird nicht ohne Einschnitte gehen. Hier bedarf es

struktureller Maßnahmen, und das Parlament hat mit der Verabschiedung des Haushaltsgesetzes erste wichtige Impulse zur Konsolidierung gesetzt, indem es der Verwaltung Neuanmietungen grundsätzlich untersagt hat und sie zur Vorlage von Konzepten zur Verdichtung von Büroflächen aufgefordert hat. Der Flächenverbrauch muss reduziert werden. Wir müssen im Land Berlin enger zusammenrücken.

Glücklicherweise war der Jahresabschluss 2023 hingegen besser als zunächst prognostiziert, was zwar nicht ausreicht, um die allgemeine Haushaltslage als positiv zu bezeichnen, aber zumindest etwas bessere Vorrausetzungen für das laufende Jahr schafft. Mit der Ausweitung der Übernachtungsteuer kann die Koalition auch bereits 2024 die Einnahmesituation leicht verbessern.

Der Senat steht weiterhin vor der Herausforderung, die im Haushalt veranschlagten pauschalen Minderausgaben aufzulösen, aber ich bin zuversichtlich, dass die Koalition hier bald zu einer ausgewogenen Lösung kommen wird, um einerseits steuernde Maßnahmen zu ergreifen und andererseits haushälterische Planungssicherheit geben zu können.

Ich möchte bezüglich der Ausführungen des Rechnungshofes zur Finanzlage des Landes Berlin und auch der Kritik der Opposition am Landeshaushalt darauf hinweisen, dass die genannten größeren Entwicklungen wie die Pandemie und der Krieg in der Ukraine sowie die daraus resultierende Inflation und die infolgedessen durch die Zentralbanken erhöhten Zinsen nicht allein das Land Berlin betreffen und schon gar nicht von diesem verursacht worden sind. Wir mussten dennoch darauf reagieren, und wir reagieren weiterhin darauf.

Die anderen Landeshaushalte in der Bundesrepublik sowie auch der Bundeshaushalt und darüber hinaus stehen allesamt aufgrund der genannten Rahmenbedingungen unter Druck. Dennoch müssen wir auch unter diesen Rahmenbedingungen die Fähigkeit erhalten, die Zukunft zu gestalten, was mich gleich zum nächsten Thema bringt, dem Sondervermögen.

Der Rechnungshof hat in seinem Bericht auch Kritik am Sondervermögen für Klimaschutz, Resilienz und Transformation geäußert. Der Senat hatte, wie Sie alle wissen, den Gesetzesentwurf während der Haushaltsberatungen eingebracht. Nun hat sich die Lage seit dem Gesetzesentwurf jedoch komplett verändert. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Klimafonds des Bundes hat Auswirkungen auf alle geplanten und existierenden kreditfinanzierten Sondervermögen, so auch auf das Berliner Sondervermögen für Klimaschutz.

Es war deshalb richtig, dass die Koalition das Gesetz zur Errichtung des Sondervermögens nicht mit dem Haushalt 2024/2025 Ende letzten Jahres beschlossen, sondern

zunächst eine weitere Prüfung durch einen externen Gutachter beauftragt hat. Die Koalition ist hier, wie ich finde, sehr verantwortungsbewusst vorgegangen, um Rechtssicherheit zu schaffen. Das Gutachten haben wir im Hauptausschuss in der vergangenen Sitzung im Detail mit dem Gutachter erörtert, und klar ist, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts umfassende Einschränkungen

impliziert und das Sondervermögen deshalb nicht in der ursprünglich avisierten Form umgesetzt werden kann.

Dennoch sind die umfassenden Investitionen in den Klimaschutz und in die Transformation der Wirtschaft notwendig. Da besteht Konsens zwischen allen demokratischen Parteien. Deshalb arbeitet die Koalition intensiv an Lösungen, um die nötigen Investitionen tätigen zu können und gleichzeitig dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts Rechnung zu tragen.

Aus aktuellem Anlass möchte ich ebenfalls auf die Empfehlung des Rechnungshofes eingehen, die Hauptstadtzulage zu überprüfen. Die Hauptstadtzulage wurde eingeführt, um die Attraktivität des Landes Berlin zu erhöhen und um sicherzustellen, dass unsere Stadt über ausreichend kompetente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verfügt. Sie dient zudem dazu, dem starken Konkurrenzdruck des öffentlichen Dienstes des Bundes in Berlin etwas entgegenzusetzen.

Der Rechnungshof hat in seiner Überprüfung nun festgestellt, dass es im Hinblick auf die Personalgewinnung infolge der Einführung der Zulage keine grundlegenden Verbesserungen gibt, da sich die Zahl der unbesetzten Stellen kaum verändert hat. Die Schlussfolgerung, dass aufgrund dieses Befundes die Hauptstadtzulage nicht wirkt, teilen wir nicht. In Zeiten des allgegenwärtigen Fachkräftemangels ist es durchaus denkbar, dass es ohne die zusätzliche finanzielle Attraktivität der Zulage zu vermehrten Abgängen des Personals gekommen wäre, insbesondere, da sich der demografische Druck mit jedem Jahr verschärft.

Machen wir uns nichts vor: Neben der Attraktivität des Arbeitsplatzes durch Vereinbarkeit von Beruf und Familie, mobilem Arbeiten und so weiter ist die Bezahlung ein wesentlicher Faktor dafür, dass Menschen sich für oder gegen eine Stelle entscheiden. Die Koalition hat vereinbart, die Entgelte und die Besoldung schrittweise an das Bundesgrundniveau heranzuführen, und die Hauptstadtzulage ist ein wichtiger Teil davon. In diesem Zusammenhang ist die Tarifeinigung der TdL im vergangenen Dezember ein wichtiger Schritt. Neben den Steigerungen der Entgelte wurde vereinbart, die Hauptstadtzulage in den Tarif aufzunehmen. Damit ist auch die Mitgliedschaft des Landes Berlin in der Tarifgemeinschaft der Länder gesichert. Die genauen Details der Ausgestaltung der Hauptstadtzulage werden sich in den nächsten Monaten in den Verhandlungen der Tarifpartner klären. Dazu gehören auch Fragen des Empfän

gerkreises der Hauptstadtzulage. Diese Verhandlungen müssen wir zunächst abwarten.

Der Bericht des Landesrechnungshofs enthält viele weitere wichtige Empfehlungen und Anregungen. Ich freue mich auf die weiteren parlamentarischen Beratungen der vielfältigen Hinweise des Landesrechnungshofs und möchte mich zum Abschluss erneut bei den Beteiligten für ihre geleistete Arbeit bedanken. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Die Linke spricht nun die Kollegin Dr. Schmidt. – Bitte schön!

[Unruhe]

Die Kollegin erhält nun das Wort.

[Unruhe]

Hallo!

[Heiterkeit]

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Präsidentin Klingen! Auch von unserer Seite alles Gute zu Ihrem heutigen Geburtstag und danke, dass Sie sich dennoch der Debatte mit uns stellen!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Denn wir reden heute wieder über einen Jahresbericht, ein wichtiges Ergebnis Ihrer Arbeit und einmal mehr eine akribische und verantwortungsvolle Auseinandersetzung mit der Situation in der öffentlichen Verwaltung und den dazugehörigen Institutionen unseres Landes Berlin. Das ist einmal mehr ein Grund, Ihnen, Frau Klingen, und eben nicht Ihnen allein als Präsidentin des Rechnungshofs, sondern Ihrem gesamten Team, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landesrechnungshofs für ihre sehr engagierte Arbeit und vor allem auch für die vertrauensvolle Zusammenarbeit Danke zu sagen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Reinhard Naumann (SPD)]

Auch mit den jetzt vorgelegten Ergebnissen, Forderungen und Empfehlungen des Rechnungshofs werden wir uns im Unterausschuss Haushaltskontrolle, im Hauptausschuss und, so erwarten wir es, natürlich in allen Senats- und Bezirksverwaltungen dezidiert auseinandersetzen und die entsprechenden Schlussfolgerungen ziehen. Da die Prüfungen alle einen gewissen Vorlauf haben, freut es mich, dass die eine oder andere Empfehlung aufgegriffen und bereits auf dem Weg der Umsetzung ist. Dennoch bleiben genug Baustellen, an denen es zu arbeiten gibt.

(Derya Çağlar)