Protocol of the Session on March 21, 2024

Jetzt stellen wir uns die Frage, wie wir mit den Menschen, die hier sind, umgehen, wie wir sie unterbringen, genauso wie wir mit Berlinerinnen und Berlinern, die seit 30, 40, 50 Jahren in der dritten Generation hier sind, umgehen. Jetzt sagen Sie – es ist ja bekanntermaßen so, dass Sie dagegen sind, dass es mehr Zuwanderung gibt; andere sind dafür, dass es mehr gibt –: Wir wollen das Sonderbaurecht aber nicht anwenden, weil wir sie nicht unterbringen wollen.

[Zuruf von Frank-Christian Hansel (AfD)]

(Harald Laatsch)

Da stellen wir uns die Frage, was das eigentlich heißt, denn sie kommen ja trotzdem. Weder Sie noch irgendjemand anderes in diesem Haus wird das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland in dieser Frage ändern. Was machen Sie denn dann mit denen, also einmal unabhängig davon, dass Sie sagen – – Auch das ist schizophren; der Antrag ist ein Schaufensterantrag per excellence. Das ist ein Kann-Recht, das ist kein Muss-Recht.

„Wir sollen es nicht mehr anwenden“ heißt de facto, dass wir nicht mehr schneller bauen sollen. Da stelle ich mir ehrlicherweise wirklich die Frage, was Sie sich bei diesem Antrag gedacht haben, weil die Menschen ja trotzdem da sind. Sie sollen also auf Straßen campieren, vor Häusern, auf Bahnhöfen, und natürlich sagen alle anderen Menschen, die möglicherweise im Moment davon nicht betroffen sind, weil sie eine Wohnung oder Unterkunft haben, was das jetzt soll. Die Frage müssen Sie einmal beantworten; diese wirklich schizophrene Situation, dass man, wenn man eine Situation nicht ändern kann – und das gestehen Sie ja selbst ein –, auf der anderen Seite sagt, wir sollen deswegen trotzdem, auch wenn die Menschen hier sind, keine Unterkünfte für die bauen. Im Übrigen leiden darunter auch die Berlinerinnen und Berliner, die seit Generationen oder wie auch immer wie lange in der Stadt sind, die keine Wohnung finden, weil Sie sagen, dass man das Sonderbaurecht nicht nutzen soll. Wie absurd! Was ist das für ein geisteskranker Antrag, das muss ich ganz ehrlich sagen!

[Beifall bei der CDU und der SPD – Beifall von Steffen Zillich (LINKE)]

Sie haben einen einzigen sachlichen Punkt aufgemacht, warum wir in Berlin möglicherweise nicht alles dafür tun, dass wir schneller bauen. Auch das ist absurd: Sie sagen, wir sollen das Sonderbaurecht nicht anwenden, aber warum wir es eigentlich nicht machen. Sie werden sehen, dass unabhängig von dem, was der Bund beschließt, dass wir in Berlin alle Möglichkeiten nutzen werden, mehr zu bauen, dass wir mehr Wohnungen schaffen und dass wir schneller bauen werden. Dafür werden wir alle Voraussetzungen schaffen. Da sind sich hier im Haus nicht alle einig, aber wir in der Koalition sind uns einig. Wir wollen schneller bauen, wir werden dazu ein umfassendes Gesetzespaket vorlegen.

Lassen Sie mich, weil Sie nicht zum Antrag gesprochen haben, und sich, glaube ich, nicht einmal ansatzweise irgendwie damit auseinandergesetzt haben, sondern nur wieder irgendein sinnloses YouTube-Video verteilen, noch eines sagen: Herr Laatsch, ich höre Ihnen schon aufmerksam zu, auch wenn es nicht immer den Eindruck macht. Sie haben in der letzten Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen etwas gesagt, was für mich schon noch einmal eine neue Qualität auch in der Auseinandersetzung mit der AfD gewesen ist, mit ein Grund, warum man mit Ihnen – da kann man an der Stelle wirklich sagen: mit Ihnen als Nazi –

[Ronald Gläser (AfD): Oh!]

niemals, aber wirklich niemals regieren, niemals koalieren kann. Sie haben eins zu eins russische Propaganda übernommen –

[Lachen von Robert Eschricht (AfD)]

das dreht sich am Ende auch um die Frage der Flüchtlinge, der Menschen, die zu uns kommen, deswegen: Egal, ob man Konservativer oder Liberaler ist, zeigt das, dass man mit Ihnen in keiner einzigen Frage zusammenarbeiten kann –, dass Nazis in der Ukraine seit 2014 auf ihre Bewohnerinnen und Bewohner der Krim geschossen hätten und das deswegen dieser Krieg weitergegangen ist. Da hat es bei mir – das muss ich ganz ehrlich sagen – wirklich den letzten Glauben an irgendeinen Intelligenzquotienten bei Ihnen zerschossen, dass Sie eins zu eins russische Propaganda übernehmen. Ich glaube, Sie würden das deutsche Volk in Gänze lieber Putin vor die Füße werfen. Sie sind die größten Verräter von nationalen oder patriotischen Ideen, die es in diesem Land gibt; das Allerletzte! Das möchte ich Ihnen gerade an dieser Stelle einmal sagen. Sie sind alles andere als patriotisch, Sie sind Verräter! Sie würden uns alle an Putin verkaufen!

[Beifall bei der CDU und der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Steffen Zillich (LINKE)]

Ich weise dennoch darauf hin, dass die Zuschreibung „Nazi“ vielleicht nicht in die parlamentarische Debatte hier in diesem Haus gehört.

Ich folge der Rednerliste mit den Grünen und hier mit dem Kollegen Otto. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal und zuhause an den Endgeräten! Wir sprechen über einen Paragrafen im Baugesetzbuch, den § 246 BauGB; das klingt erst einmal ziemlich trocken. Er hat den Titel „Sonderregelung für Flüchtlingsunterkünfte“. Da geht es also um besondere Dinge, die aber einen Inhalt haben. Da geht es darum, dass es Sonderregelungen dafür sind, dass Menschen, die in Not sind, die kein Obdach haben, eine Wohnung oder eine Unterkunft bekommen. Darum geht das, und das wollen Sie weghaben? – Nicht mit uns!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Mathias Schulz (SPD)]

Die AfD will nicht, dass Menschen, die in Not sind, ein Obdach bekommen. Ich gehe aber davon aus, dass Sie damit in diesem Saal ziemlich alleine sind, dass alle anderen sagen: Nein, wir müssen helfen, wenn Menschen hierherkommen –, und egal was die erst einmal für einen Status haben, müssen die untergebracht werden, die

(Christian Gräff)

müssen ein Dach über dem Kopf haben, die müssen auch eine Arbeit bekommen, damit wir hier Integration praktizieren können. Darum geht es, und wer das nicht will, spaltet die Gesellschaft. Das will die AfD, wir nicht.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Denken Sie an die Menschen aus der Ukraine, die hierherkommen, die Ihr Freund Wladimir Putin aus ihrem Land, aus der Ukraine, vertrieben hat. Ich finde schon, dass man das auch bemerken und hier festhalten muss, dass Sie letztendlich mit dem zusammenspielen und hier die Spaltung der Gesellschaft und den Druck auf diese Menschen erhöhen wollen. Die sollen sich aus Ihrer Sicht, aus der Sicht der AfD, hier nicht willkommen fühlen. Das sehen wir alle anders. Wir wollen denen helfen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Das ist ein ganz trockener Paragraf; ich habe das gesagt, kann man alles nachlesen. Das ist ein Sonderparagraf. Warum braucht man Sonderparagrafen? – Weil man anders nicht klarkommt. Da müssen wir den Blick vielleicht auch ein bisschen auf den Senat richten: Die 20 000 Wohnungen pro Jahr, und davon

5 000 Sozialwohnungen pro Jahr, klappen nicht. Sie klappen nicht. Da kann man jetzt noch ein bisschen auf die äußeren Bedingungen, die Krise am Bau und auf die Zinsen gucken; sie klappen aber auch deshalb nicht so gut, weil die Verwaltung zu schwerfällig ist. Wir müssen in Berlin endlich dahin kommen – da gucke ich mal den Bausenator an –, dass wir solche Wohnungszahlen schaffen.

[Senator Christian Gaebler: Ja!]

Wir müssen beim Genehmigen schneller werden, und wir müssen beim Planen schneller werden. Es gibt immer den Ausspruch eines Ihrer Vorgänger von der B-Plan-Fabrik. Ich habe sie bisher immer noch nicht gefunden. Wo werden wir schneller bei Bebauungsplänen? Wo ist das digitale Planverfahren, mit dem man solche Planungen vielleicht mal in einem Jahr – von Aufstellung bis Festsetzung – hinbekommt? – Das alles gibt es nicht.

Der Finanzsenator ist jetzt leider nicht da, obwohl es auch für ihn interessant wäre. Er hat hier vor einigen Sitzungen einmal gesagt, wir werden die ganzen Stellen, die wir hier immer schaffen und die wir uns wünschen, nicht besetzen können; wir müssten digital arbeiten. Wir brauchen eine digitale Bebauungsplanung! Wir brauchen digitale Baugenehmigungen! All das muss endlich vorankommen, und ich hoffe, das alles steht in Ihrem Schneller-BauenGesetz.

Der Presse konnte man entnehmen, dass da hauptsächlich drinstehe, dass Sie den Naturschutz aufheben wollen. Das wollen wir mal nicht hoffen. Vielleicht konzentrieren Sie sich auf das Vorankommen, und ich würde das Gesetz dann auch Schneller-Genehmigen-Gesetz nennen und nicht Schneller-Bauen-Gesetz. Das schiebt so ein biss

chen die Verantwortung auf andere. Schneller-Planenund-Genehmigen-Gesetz! Es geht um Ihre Hausaufgaben, und um die Hausaufgaben der Bezirke. Da muss beschleunigt werden!

[Beifall bei den GRÜNEN – Senator Christian Gaebler: Da habe ich ja schon einmal einen Verbündeten!]

Zum Schluss: Wir haben über Gesetze gesprochen und darüber, dass wir hier mehr Wohnungen brauchen. Wir haben schon öfter darüber gesprochen, wie man das umsetzen kann. Sie gucken immer auf die grüne Wiese. Wir gucken auf Aufstockung: Wir wollen, dass ein bisschen höher gebaut wird – vielleicht auch in Biesdorf; der Kollege Gräff ist ja hier hauptsächlich Vertreter für Biesdorf, habe ich heute gelernt.

[Ronald Gläser (AfD): Er wird sich freuen!]

Auch in Biesdorf können wir höher bauen – nicht überall nur zwei Geschosse, sondern auch mal vier, sechs oder acht. Das kann man machen. Dann schafft man mehr Wohnungen auf der Fläche.

Das alles ist das, was wir von diesem Senat erwarten, und dafür bieten wir ihm auch unsere Unterstützung an. Diesen Antrag können Sie aber getrost vergessen. Lassen Sie uns in der Tagesordnung fortfahren! – Danke.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Dr. Kollatz das Wort.

Danke schön, Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin mir ziemlich sicher, dass die AfD ihrem eigenen Antrag nicht zustimmen wird.

[Heiterkeit von Jian Omar (GRÜNE)]

Sie hat hier zwar viel von „missbräuchlich“ und so weiter geredet, aber wenn man in das Gesetz hineinguckt – und das macht ja manchmal Sinn –, findet man dort einen § 246, Absatz 8. Den wollen Sie nicht abschaffen. Dieser Absatz lautet:

„Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.“

Das heißt: In Ihrem Antrag wird genau das, was Sie missbräuchlich finden, nicht abgeschafft.

[Katalin Gennburg (LINKE): Richtig!]

(Andreas Otto)

Ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie dem nicht zustimmen werden. Man merkt daran aber, dass Sie hier einen Schaufensterantrag stellen. Sie interessieren sich überhaupt nicht für die Sache, sonst hätten Sie das Gesetz vielleicht durchgelesen. Sie wollen hier ein Theater abziehen, und das finde ich dem Ernst des Hauses nicht würdig.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU, den GRÜNEN und der LINKEN]

Dann noch einmal zu dem Wort „missbräuchlich“: Das Flüchtlingsbaurecht wurde neu eingesetzt. Das gab es vorher ja schon einmal; da waren Sie auch nicht dafür. Es wurde aber wieder neu eingesetzt, weil Ihr Kumpel Putin die Ukraine überfallen und einen riesigen Flüchtlingsstrom ausgelöst hat. Es wäre sinnvoll, das einmal dazuzusagen, dass das eine Ursache hat.

Jetzt macht es vielleicht Sinn, sich trotzdem noch einmal ein bisschen mit der Sache zu beschäftigten – auch, wenn Sie das eigentlich nicht wollen. Die Baugenehmigungen für Vorhaben in Berlin – also nicht die Zahl der Wohneinheiten, sondern die Vorhaben – waren zwischen 2015 und 2023, also in neun Jahren, 2 150 Vorhaben pro Jahr. Die Landesgenehmigungen im Flüchtlingsbaurecht in diesen neun Jahren waren nach Auskunft der Senatsverwaltung ungefähr 100, das heißt: 11 Genehmigungen pro Jahr. Es kann also überhaupt nicht von einem Missbrauch die Rede sein; da wird vielmehr ein offenkundig vorhandenes Problem, das Sie aber nicht mögen, gelöst oder zu Teilen gelöst. Es wird ganz offenkundig kein Missbrauch betrieben.

Von diesen etwa 100 Genehmigungen sind 35 für dauerhafte Modulare Unterkünfte für Geflüchtete gegeben worden. Es ist die richtige Antwort auf die Flüchtlingskrise, dass wir versuchen, einen größeren Bestand an dauerhaften Unterkünften zu schaffen, denn es erfordert keine große Weisheit, um zu verstehen: Wir werden auch in den nächsten zehn, zwanzig oder dreißig Jahren wahrscheinlich keine Zeiten haben, in denen es null Flüchtlinge gibt. Es ist also die richtige Antwort.

35 Genehmigungen wurden für MUFs gegeben, 25 für temporäre Unterkünfte in Containerbauweise – da wird dieses Sonderrecht auch genutzt, was Sie ja nicht wollen –, und 28 für die Umnutzung von Bestandsgebäuden, also Bürogebäuden, Wohngebäuden, Flughafengebäuden, Hotels und Hostels. Was kommt jetzt noch? – 11 Genehmigungen pro Jahr hatten wir ungefähr. Fünf MUFs sind im Bau, wenn meine Zahlen stimmen; in Planung sind – je nachdem, welche Liste man da nimmt – acht bis zehn. Zehn wären gut, denn wir brauchen die Unterkünfte. Das heißt: Dafür stehen jetzt im nächsten Jahr Genehmigungen an. Da geht es wieder um zehn Genehmigungen, und auch das ist kein Missbrauch, sondern dringend erforderlich, um in einem begrenzten Um

fang Unterkunftsmöglichkeiten für Flüchtlinge zu schaffen.