Protocol of the Session on June 23, 2022

Herr Kollege Schenker hat als Nächster das Wort für die Linksfraktion. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Laatsch! Einfach nur wow! Von Ihrer vielen heißen Luft, die Sie hier absondern, entsteht im Übrigen auch keine einzige Wohnung. Darüber sollten Sie mal nachdenken.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Dabei ist das Thema wirklich wichtig, denn angesichts weiter steigender Mieten und explodierender Nebenkosten bleibt eine wirksame Mietenregulierung weiter dringend erforderlich auf der Tagesordnung. Mietendeckel, neue Gemeinnützigkeit, Vorkaufsrechte, Konzepte, die wirksam sind, liegen auf dem Tisch, und hier ist der Bund gefragt. Doch leider wissen wir, dass wir uns auf den Bund kaum verlassen können, aber in Berlin setzen wir dem Mietenwahnsinn etwas entgegen. Wir wollen bezahlbaren Wohnraum sichern, den Wohnungsmarkt regulieren und die Rahmenbedingungen für mehr preiswerten Neubau schaffen.

[Beifall von Katrin Schmidberger (GRÜNE)]

Wir haben in der letzten Zeit schon eine ganze Reihe an Instrumenten erprobt: Zweckentfremdungsverbot, Umwandlungsverordnung, Milieuschutz und eine ganze Reihe an anderen Projekten.

(Harald Laatsch)

[Björn Matthias Jotzo (FDP): Der Mietendeckel war verfassungswidrig!]

Weil wir aber merken, dass das alleine nicht ausreicht, ist es genau richtig, dass wir eine Expertenkommission für die Vergesellschaftung privater Immobilienkonzerne auf den Weg bringen und dann bestenfalls auch ein Vergesellschaftungsgesetz verabschieden. Es wurde schon angekündigt, alle Instrumente zu ziehen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Mit diesem Haushalt sichern wir ab, dass wir ein Mieten- und Wohnungskataster schaffen, das wir dringend für mehr Transparenz auf dem Berliner Immobilienmarkt benötigen, damit Sanktionsmaßnahmen, zum Beispiel gegen russische Oligarchen, nicht ins Leere laufen, und auch dafür, dass wir endlich einen besseren Mietspiegel in Berlin bekommen, denn auch der kann dann besser die Mieten dämpfen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Wir werden die Rechte von Mieterinnen und Mietern stärken, indem wir zum Beispiel die kostenfreie Mieterberatung verstetigen, indem wir eine Ombudsstelle bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen einrichten. Wir stellen mehr Geld bereit, damit die Bezirke Leerstand beenden und Wohnraum schützen können. Mit einer Taskforce wollen wir frühzeitig kooperative Lösungen für von Verdrängung bedrohte Räume finden.

[Stefan Evers (CDU): Endlich eine Taskforce!]

Verschiedene Leute haben auch schon angesprochen, dass wir die Genossenschaftsförderung deutlich anheben. Auch das finden wir gut, denn auch Genossenschaften können damit zukünftig einen größeren Beitrag zur Ausweitung des gemeinwohlorientierten Wohnungsbestandes leisten, indem sie neu bauen und ankaufen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Wir legen einen großen Schwerpunkt auf den sozialen Wohnungsbau. Wir wollen mit jährlich 740 Millionen Euro jährlich 5 000 Sozialwohnungen schaffen. Damit stehen nun auch die Privaten stärker in der Pflicht, die in den letzten Jahren den sozialen Wohnungsbau boykottierten und von denen fraglich ist, ob sie Partner einer sozialen Wohnraumversorgung werden wollen. Wir müssen uns aber auch ein Problem bewusst machen: Wir wollen in den nächsten vier Jahren 20 000 neue Sozialwohnungen bauen, und gleichzeitig werden 20 000 Sozialwohnungen aus der Bindung fallen, viele davon im Bestand von privaten Wohnungsunternehmen. Deshalb haben wir uns dafür stark gemacht, dass wir in diesem Haushalt auch ein Modellprojekt für dauerhafte Bindungen haben, damit sozialer Wohnungsbau auch über Generationen hinweg funktionieren kann. Vor allem ist wichtig, dass dort, wo die landeseigenen Wohnungsunternehmen Sozialwohnungen in ihren Beständen haben, die Mieterinnen und Mietern auch bei auslaufenden Bindungen geschützt sind. Eine auskömmliche Finanzierung und soziale Ausrichtung der landeseigenen Wohnungsunternehmen sind

der beste Mieterschutz, den Berlin leisten kann. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Jotzo das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Senator Geisel! Ich muss sagen, ich habe großen Respekt vor Ihnen, denn ich respektiere Sportler, und das, was Sie im wohnungspolitischen Bereich vorhaben, ist ein Marathonlauf. Sie haben nur ein Problem: Sie haben drei Mühlsteine, die man Ihnen am Startblock jeweils um die Füße gehängt hat.

[Heiterkeit bei der FDP]

Deswegen wird dieser Marathonlauf, lieber Herr Geisel, vermutlich ein Desaster. Das ist jetzt schon absehbar.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Es muss doch, Herr Rauchfuß – ich kann es nur wiederholen –, bei Ihnen mal ankommen, dass die Instrumente, die Sie hier implementieren, absolut kontraproduktiv sind. Was haben Sie in der letzten Legislaturperiode gemacht? – Sie haben einen verfassungswidrigen Mietendeckel implementiert. Sie haben rechtswidrige Vorkaufsrechte ausgeübt. Sie haben intransparente Konstrukte geschaffen wie eine DIESE eG, die sich jetzt hinstellt und sagt: Sie können gerne hier einziehen für 10 Euro Miete, allerdings brauchen wir dafür leider noch Genossenschaftsanteile von 1 200 Euro pro Quadratmeter. – Das sind die sozialen Projekte, die Sie im Bereich Genossenschaften vorantreiben. Da muss ich selbst als Kapitalist sagen: Wer mir so einen Schwachsinn anbieten würde, den würde ich vom Hof kicken,

[Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD]

aber ich würde mich nicht hier hinstellen und sagen, das sei soziale Wohnungspolitik. Wenn Sie jetzt ernsthaft Florian Schmidt noch in ähnliche Runden setzen wie den Runden Tisch Liegenschaften, dann haben Sie den Bock zum Gärtner gemacht. Wer so etwas den Menschen verkaufen will, gehört nicht in die Berliner Landespolitik, der gehört irgendwo anders hin.

[Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD]

Ich lasse das mal dahingestellt.

Herr Rauchfuß, ich möchte Ihnen noch eines erklären, wenn Sie mit den 11 Prozent kommen: Diese 11 Prozent Erhöhung sind möglich bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete. Die ortsübliche Vergleichsmiete beträgt in Berlin im Durchschnitt unter 7 Euro. Das sind 6,79 Euro. So

(Niklas Schenker)

günstig wohnen Sie in fast keiner Metropole auf dieser Welt. Das muss an dieser Stelle auch mal gesagt werden.

[Beifall bei der FDP – Zurufe von Katrin Schmidberger (GRÜNE) und Vasili Franco (GRÜNE)]

So! Wenn Sie schon mit mir über die richtigen Instrumente sprechen, die wir bräuchten, um Wohnungen zu schaffen, dann sind doch Herr Geisel und Frau Giffey durchaus völlig auf der richtigen Spur. Da sagt man, wir müssen jetzt bauen, und zwar in allen Segmenten. Wir müssen auch darüber nachdenken, wie wir Menschen Eigentum verschaffen, weil das ein Verfassungsgebot in unserer Landesverfassung ist, dem Sie ständig nur ideologischen Unsinn entgegenbringen.

[Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf von Katalin Gennburg (LINKE) – Vasili Franco (GRÜNE): Artikel 15 steht auch im Grundgesetz!]

Das muss man auch sagen: Dieser ideologische Unsinn ist kaum zu ertragen. Wenn ich mir das vorstelle, was Sie sich gerade in der letzten Woche mit diesem Wohnungsbaubündnis vorgenommen haben: Sie haben gesagt, die großen privaten Bestandshalter sollen bis 2026 20 000 Wohnungen in unserer Stadt schaffen, und gleichzeitig am selben Tag sagen Sie, dass Sie die möglichst unter Verkehrswert enteignen wollen. Da frage ich mich doch, wem ich da ernsthaft empfehlen soll, auch nur eine von diesen 20 000 Wohnungen zu schaffen. Da weiß ich doch von vornherein, dass das absolut sozialistischer Schwachsinn ist, meine Damen und Herren! Das muss man auch mal beim Namen nennen!

[Beifall bei der FDP – Zuruf von Katrin Schmidberger (GRÜNE)]

Sie haben, das muss man leider sagen, sämtliche vernünftigen Vorschläge, die die FDP-Fraktion Ihnen in dem Bereich Eigentumsförderung, im Bereich Mieterkauf gemacht hat, einfach vom Tisch gefegt. Dabei wäre das so einfach gewesen, Menschen eine Chance zu eröffnen, in diesem Land zu Eigentum zu kommen, und zwar zu günstigen Konditionen. Da hätten Sie mal dem sozialen Auftrag genügen können, denn Wohnen ist nicht nur Mieten, Wohnen ist auch Wohnen im Eigentum, meine Damen und Herren!

[Beifall bei der FDP und der CDU – Paul Fresdorf (FDP): So ist es!]

Ich frage mich: Was tun Sie für das Building Information Modeling? – Wir kommen nicht mit den digitalen Verfahren vorwärts, wir kommen nicht mit der digitalen Bauordnung vorwärts. Alles, was Sie hier machen, ist nur halb gedacht, und Sie denken immer nur in eine Richtung. Sie denken nicht über das Ermöglichen nach, Sie denken immer nur über das Verhindern nach.

[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Schön wäre es!]

Ich muss Ihnen wirklich sagen: Im Baubereich, im Stadtentwicklungsbereich ist das genau die Denke, die wir in dieser Stadt nicht mehr brauchen! Wir brauchen eine Ermöglichungsdenke, und wir brauchen ein Denken hin zu einer Mutmetropole Berlin, und nicht diese Konzepte von vorgestern, denn die sind gescheitert, meine Damen und Herren!

[Beifall bei der FDP und der CDU – Beifall von Harald Laatsch (AfD)]

Sagen Sie mir mal kurz, wo die neue Landesbauordnung bleibt. Wann bekommen wir endlich eine Neuordnung der Zuständigkeiten im Baubereich? Wo bleiben die Bebauungspläne, die Sie angesprochen haben? Wo bleiben die B-Pläne Blankenburger Süden, Elisabeth-Aue?

[Zuruf von Katrin Schmidberger (GRÜNE)]

Wann kommen wir denn voran? Wann haben wir endlich eine ambitionierte Planung für den Stadteingang West? Da bin ich gespannt, was Sie nächste Woche hier auf den Tisch legen wollen. Wann kommt der Durchbruch bei den Hochbauten? Sie haben keine Konzepte, Sie haben keine Ideen, und das wäre das Mindeste gewesen, was Sie mit diesem Haushalt hätten in Ordnung bringen müssen, und das haben Sie nicht getan. Wir lehnen ihn ab!

[Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf von Sebastian Schlüsselburg (LINKE)]

Für die zweite Rederunde liegt eine Wortmeldung der CDU-Fraktion vor. Das Wort hat der Kollege Evers.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Geisel! Es ist heute an anderer Stelle schon gesagt worden: Der Haushalt ist das eine, die Politik, die Administrative, ist das andere. – Das gilt insbesondere für den Bereich Stadtentwicklung, denn was Sie im Bereich Stadtplanung tun, wie Sie das inhaltlich ausfüllen, können wir durch einen Haushalt am allerwenigsten festlegen. Da werden wir Ihnen in der praktischen Politik kritisch auf die Finger schauen müssen. Da ist das Drehbuch des Haushalts tatsächlich nicht so aussagekräftig wie in anderen Bereichen.

Nichtdestotrotz haben wir uns in den Haushaltsberatungen auch mit den stadtentwicklungspolitischen Zielen des Senats auseinandergesetzt. Grundsätzlich kann man mal festhalten, dass sich der Ausschuss dadurch auszeichnet, dass die Oppositionsfraktionen Ihnen, Herr Senator, mehr Vertrauen entgegenbringen als die eigene Koalition. Ich vermute, wenn ich Ihren Vorträgen auf SPD-Parteitagen und an anderer Stelle lausche, wird es auch weiterhin so bleiben, dass das Misstrauen vor allem aus den eigenen Reihen kommt, während wir Sie an der einen oder anderen Stelle eher zu unterstützen haben, damit die Ziele, die

(Björn Matthias Jotzo)