Protocol of the Session on June 23, 2022

Es folgt dann für die Fraktion Die Linke die Kollegin Schmidt.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Berlinerinnen und Berliner! Frau Auricht, ich hätte mich gefreut, wenn Sie ein einziges Mal in irgendeinem Ausschuss so viel geredet hätten wie eben. Also ehrlich!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Zuruf von Anne Helm (LINKE)]

Vielen Dank, dass auch ich die Möglichkeit erhalte, kurz etwas zum Frauenetat zu sagen. Als wir den ersten Haushaltsentwurf der damaligen Senatsverwaltung GPG zum Gleichstellungsetat 2021 sahen, war nicht nur ich beunruhigt, sondern alle, die gesamten Berliner Frauenprojekte mit mir gemeinsam. Was dort in Zahlen formuliert war, waren Kürzungen, die die Unterstützungsangebote für Frauen gewaltig getroffen hätten. Gerade nach einer Pandemie, gestiegenen Zahlen im Bereich der häuslichen Gewalt und der Überlastung von Frauen während der

(Catherina Pieroth-Manelli)

Coronaeinschränkungen waren Kürzungen für uns als Koalition nicht hinnehmbar.

[Beifall von Anne Helm (LINKE) und Silke Gebel (GRÜNE)]

Ich bin sehr stolz, dass wir trotz der angespannten Haushaltslage nicht im Gleichstellungsetat sparen müssen, sondern erstmalig die 41-Millionen-Euro-Grenze für das Haushaltsjahr 2023 knacken werden. Ich bedanke mich an dieser Stelle bei meinen frauenpolitischen Kolleginnen Mirjam Golm und Bahar Haghanipour, die die Lage sofort erkannt haben und mit mir an allen Ecken und Enden dafür gekämpft haben, dass die Berliner Frauenprojekte weiter eine so großartige Arbeit leisten können.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Ein besonderer Dank gilt natürlich allen Mitarbeitern in der Verwaltung – vielen Dank, Ulrike! – und natürlich unseren Haushältern, die uns da wirklich hinsichtlich der finanziellen Fragen mit Beistand unterstützt haben.

Mit dem neuen Haushalt werden alle Frauenprojekte auf Grundlage ihrer Bewilligungsbescheide weiter finanziert. Auch Tarifsteigerungen und erhöhte Bedarfe der Stufensteigerung sind abgedeckt. Darüber hinaus haben wir Geld für sechs Psychologinnenstellen bei den Berliner Frauenhäusern geschaffen. Wir stocken die Mittel für den Ausbau der Frauenhäuser um zusätzliche 250 000 Euro auf. Auch neue Trägerwohnungen sowie Frauennotwohnungen werden geschaffen. Besonders erfreut bin ich darüber, dass wir die Täterarbeit nun mit 450 000 Euro bei der „Landeskommission Berlin gegen Gewalt“ fördern. Täterarbeit ist immer auch ein frauenpolitisches Anliegen, da auch mit dieser die Gewaltspirale, die am Ende Frauen trifft, besser durchbrochen werden kann.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Wir sichern und bauen Frauenprojekte aus, die sich gegen Gewalt richten – wie Eulalia Eigensinn, Frauen e. V. und Space2groW. Um die communitybasierte Arbeit der Change-Agents zu stärken, bekommt auch die Berliner Koordinierungsstelle gegen weibliche Genitalverstümmlung mehr Geld. Genau wie im Koalitionsvertrag vereinbart setzen wir einen Schwerpunkt auf die Frauengesundheit. Wir stärken die bezirklichen Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen um zusätzliche 350 000 Euro.

Was mir persönlich sehr wichtig ist: Unser Modellprojekt für von Gewalt betroffenen, komplex traumatisierten Frauen und ihren Kindern wird beim Träger S.I.G.N.A.L. e. V. jetzt finanziert und umgesetzt.

[Glocke des Präsidenten]

Wir haben gekämpft, und wir haben gemeinsam viel durchgesetzt. Es war schön, mit euch bis 23.00 Uhr abends zu sitzen. Jetzt lasst uns mit der Arbeit vor Ort beginnen! Ich freue mich auf euch. – Danke!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Für die FDP-Fraktion folgt Kollegin Dr. Jasper Winter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Budget des Haushalts im Bereich Gleichstellung ist wohl eines der kleinsten. Richtig ist aber zugegebenermaßen, dass der Senat und die Regierungsfraktionen das Budget hier insgesamt erhöht haben, und das ist gut. Allerdings muss man auch ehrlich Bilanz ziehen hinsichtlich der zwei großen Aufgaben, die im Bereich Gleichstellung zu leisten sind – erstens Schutz und Prävention bei häuslicher Gewalt und zweitens Gleichstellung im beruflichen Fortkommen.

Zur häuslichen Gewalt: Hier sind wir, ehrlich gesagt, kaum ein Stück weiter. Ja, es gibt jetzt Mittel für ein neuntes Frauenhaus, und wir nähern uns endlich der gesetzlichen Zielmarke der Istanbul-Konvention, sind aber immer noch nicht so weit, und das achte Frauenhaus ist, nebenbei gesagt, auch noch nicht mal in Betrieb. Also da braucht es noch mehr. Und wir brauchen vor allem mehr Plätze – die CDU sprach es an – für Frauen mit älteren Söhnen, die oft nicht in der gleichen Einrichtung untergebracht werden können, und für Frauen mit Behinderungen, also barrierefreie Plätze fehlen. Und es fehlen Plätze für Frauen in Krisensituationen.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Hier wurde nichts unternommen, und das kann nicht sein. Dem steht eine Monitoring-Studie gegenüber. Sie wollen mal wieder eine Studie beauftragen, die hier unseres Erachtens unnötig Mittel verschlingt. Wir wissen doch, was in dieser Stadt getan werden muss. Wir brauchen keine Studien, wir brauchen einen tatsächlichen Ausbau der Frauenhilfeinfrastruktur, und wir brauchen sie schneller.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Stefan Evers (CDU) und Cornelia Seibeld (CDU)]

Gut ist, dass in diesem Haushalt ein Ansatz zur Täterarbeit drin ist, nämlich ein Täterarbeitszentrum. Das ist aber erst ein Beginn. Wir brauchen nämlich in der Stadt mehr dezentrale Angebote – nicht nur in Mitte, auch in Spandau, in Marzahn-Hellersdorf und in Neukölln – für gewalttätige Männer. Hier gehen Träger, die dies anbieten könnten, immer noch finanziell leer aus, um das gezielt auszubauen. Sie könnten gezielt, wenn die Polizei zu einem Einsatz gerufen wird, Beratung anbieten, und hier muss auch in Zusammenarbeit mit der Innenverwaltung, mit der Justizverwaltung viel mehr im Bereich häuslicher Gewalt und Prävention getan werden.

(Ines Schmidt)

[Beifall bei der FDP]

Zweiter Punkt – berufliches Vorankommen: Das ist im Bereich Weiterbildung oder Existenzgründung eher so am Ende des Kapitels und sieht auch ein wenig magerer aus, wenn man sich die Aufwüchse, die nicht vorhanden sind, anguckt. Dabei müssen wir doch die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen mehr in das Zentrum rücken. Ohne finanzielle Freiheit ist keine echte Gleichstellung von Frauen möglich.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Beifall von Stefan Evers (CDU)]

Wenn man sich jetzt den Arbeitsmarkt anschaut: Wir haben auf dem Arbeitsmarkt zwei große Transformationen, die Digitalisierung und die Bekämpfung des Klimawandels. In diesen Bereichen entstehen immer mehr Jobs. Hier braucht man Fachkräfte auf allen Ebenen. Wer soll die Solarpanels anbringen? Wer soll die Smart City entwickeln? Und wer schafft nachhaltige Innovationen, die diese Herausforderungen lösen? – Ich sage es Ihnen: Fachkräfte im Bereich MINT, Mathe, Informatik, Naturwissenschaften, Technik. Und wer ist hier unterrepräsentiert in Ausbildung, Studium und Job? – Frauen! Deshalb ist die Förderung von Mädchen und Frauen in MINT für uns die zentrale Frage der Gleichstellung.

[Beifall bei der FDP]

Hier passiert viel zu wenig, was Sie am Haushalt bestens ablesen können. Wir Freie Demokraten werden hier immer wieder nachhaken und dranbleiben, denn wir können und wollen es uns nicht leisten, wenn Frauen in diesen Bereichen den Anschluss verlieren. Diese Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft müssen endlich im Handeln der Gleichstellungspolitik des Senats ankommen.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Dirk Stettner (CDU)]

Es spricht dann für den Senat die Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung. – Bitte sehr, Frau Gote!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will meine Rede mit einem großen Dank beginnen, einem Dank an Sie, liebe Mitglieder des Abgeordnetenhauses: Danke für die wirklich gute und konstruktive Zusammenarbeit! Was ich in diesen Haushaltsberatungen erlebt habe, war wirklich ein fairer, ein ergebnisorientierter Umgang miteinander. Senatsverwaltung und Abgeordnete haben verschiedene Rollen, und ich finde, wir haben freundschaftlich im Ton und sachlich in der Debat

te jeweils unsere Seite in der Gewaltenteilung sehr gut vertreten.

[Stefan Evers (CDU): So sind wir!]

Ich finde, wir haben bewiesen: Demokratie funktioniert in Berlin!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Wir leben in einer Zeitenwende. Viele Menschen fragen jetzt nach Orientierung. Sie wollen wissen, wie es weitergeht. Was kommt jetzt? – Man kann dazu Meinungen haben, auch starke Meinungen, fundierte Meinungen, aber allein damit werden wir die Zeit nicht bewältigen, und allein damit werden wir nicht ausreichende Antworten geben können. Was am Ende zukunftsfest ist, werden wir dann wissen, wenn die Zukunft da ist. Das können wir heute nicht in allen Punkten sagen; die Zukunft ist offen.

Zwischen all der Unsicherheit gibt es aber deutliche Gewissheiten. Eine ist, dass Zeitenwende ohne Wissenschaft und Forschung unmöglich ist. Mitnehmen werden wir die Menschen auf diesem Weg mit offenem Ausgang nur, wenn wir ihnen die soziale Sicherheit gewährleisten, und da sind Gesundheit und Pflege besonders wichtig.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Gelingen wird das Mitnehmen auch nur dann, wenn Menschen gleiche Rechte haben, sonst betrifft die Zeitenwende nur einige und nicht alle. Deshalb finde ich die Zusammensetzung meines Ressorts so großartig, weil hier vieles miteinander verhandelt wird, was zusammengehört.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Haushalt – das ist in Euro und Cent gegossene Politik. Anhand der Festlegungen für mein Haus kann man erkennen, wie wichtig Wissenschaft und Forschung für Berlin sind. Berlin hat eine vielfältige und riesige Wissenschafts- und Forschungslandschaft, um die uns die Welt beneidet. Diesen Vorteil müssen wir weiter ausbauen.

Berlin ist bereits jetzt ein Ort der Transformation, und das wollen wir weiter fördern. Unsere Universitäten, Forschungsinstitute und Unternehmen setzen Ideen um und sind Vorreiter bei der Energiewende, beim Thema CO2Reduktion und bei Konzepten für die Verkehrswende.

Anhand des Gesundheitsetats wird deutlich, wie ernst wir die Gerechtigkeitsfrage nehmen. Es wird steigende Löhne in der Pflege geben, und das ist die Kehrseite von – und das muss man auch deutlich sagen – auch steigenden Kosten in der Pflege, denn gute Pflege kostet, und das auch zu Recht.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

(Dr. Maren Jasper-Winter)

Unser Ressort unterstreicht die Bedeutung des Konzepts Planetary Health und damit den komplexen Zusammenhang und die Wechselwirkungen zwischen Mensch und Umwelt. Gerade auch im Gesundheitsbereich muss sich das konkret niederschlagen, Stichwort Green-HospitalProgramm mit gut 11 Millionen Euro. Gute Gesundheitspolitik ist eben auch Klimapolitik.

Ich kann nur noch einige Schlaglichter setzen und exemplarisch einige Punkte vertiefen: Wir erhöhen die Planungssicherheit für Hochschulen und die Charité. Dazu gehört der fortgesetzte Anstieg der Grundfinanzierung und eine Überbrückungsfinanzierung von 12,5 Millionen Euro bis zum Abschluss neuer Hochschulverträge. Im Bereich der Lehrkräftebildung setzten wir die Förderung in voller Höhe fort. Im Bereich der Forschung kann ich jetzt nur ein Projekt nennen, aber es steht stellvertretend für viele, die unterwegs sind, und zwar nenne ich hier das BIFOLD – gemeinsam und dauerhaft finanziert von Bund und Land. Beim Hochschulbau setzen wir ein starkes Ausrufezeichen mit dem Herzzentrum, das hier noch mal einen Aufschlag bekommen hat. – Danke auch dafür an dieses Parlament!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]