Protocol of the Session on June 23, 2022

Zum Thema Krankenhäuser wurde schon viel gesagt. Es ist natürlich wichtig, dass unsere Krankenhäuser vernünftig und angemessen finanziert sind. Wir haben zahlreiche Einrichtungen in unserem Land, die großartige Arbeit für unsere Gesellschaft leisten.

Dennoch gibt es für mich manchmal Fragen in der Prioritätensetzung bei diesem Haushalt. Für das Projekt „Berlin bewegt sich“ veranschlagen wir, glaube ich, 2,8 Millionen Euro. 2,8 Millionen Euro könnten zum Beispiel in der Pflege in Berlin wirklich viel bewegen. Stattdessen geben wir die Summe für ungenutzte Sportgeräte in Parks aus. Erklären Sie das mal den pflegenden Angehörigen!

[Beifall bei der FDP]

Ich glaube, wir müssen damit beginnen, dass wir heute schon an morgen denken und uns genau deswegen zielgerichtete Finanzierungen der Projekte anschauen. Deswegen ist es jetzt wichtig, dass wir zum Beispiel im Bereich Pflege in die Datenerhebung gehen. Wir müssen bei dem Modellprojekt Berliner Hausbesuche schneller werden. Wir müssen zum Beispiel an die Kurzzeitpflege denken. Nur mit einer vernünftigen Datengrundlage schaffen wir es auch, dass wir die Informationen haben, die wir brauchen, um zukünftig eine Haushaltspolitik mit der richtigen Schwerpunktsetzung vorzunehmen. Denken Sie ans LAGeSo. Wir haben viel zu tun, ich glaube, auch im Bereich Digitalisierung.

[Beifall bei der FDP]

Was wir festhalten müssen: Die fetten Jahre sind vorbei. Das Einzige, was billig daran ist, ist, wenn ich diesen Witz bringe, aber ich glaube, im Sinne der Zukunft, im Sinne der Sparsamkeit müssen wir daran denken. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Heiterkeit bei der FDP und der AfD]

Sportgeräte im Park wären jedenfalls da. – Herr Kollege Bauschke ist fertig, es folgt Herr Zander für die zweite Runde für die CDU-Fraktion. Das ist die nächsten Wortmeldung.

Vielen Dank, sehr geehrter Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Von 40 000 Gründungen in Berlin erfolgen nur 25 Prozent durch Frauen. Woran liegt das? – Das liegt daran, dass es gerade bei den Kapitalgebern immer noch so ist, dass Männer eben Männer bevorzugen. Hinzu kommt ein deutlicher Mangel an weiblichen Vorbildern, und Corona hat wieder dazu geführt, dass Frauen durch den Wegfall von Kinderbetreuung in ihre alte Rolle zurückgefallen sind.

[Beifall von Ines Schmidt (LINKE)]

Ob man das wirklich Homeoffice nennen soll, lasse ich mal dahingestellt. Was es jedenfalls braucht, ist klar, nämlich die Unterstützung von Frauen bei der Existenzgründung mit dem Fokus auf Bedürfnisse von Gründerinnen bei Förderentscheidungen.

Bei der Gewaltschutzambulanz, die vorhin auch schon Thema war, waren sich im Ausschuss alle einig, welch wertvolle Arbeit sie leistet, auch für die Umsetzung der Istanbul-Konvention in Berlin. Der Senat setzt aber weiter keinen Schwerpunkt auf die institutionelle Finanzierung, die das Personal absichern sowie eine Erweiterung der Arbeit der Ambulanz ermöglichen würde, dabei besteht räumlich und personell immer noch massiver Verbesserungsbedarf, um unter anderem eine 24-stündige Öffnung zu gewährleisten. Hier ist ein nachhaltiges Umdenken des Senats dringend erforderlich.

Schließlich gibt es immer noch nicht genügend Plätze für bedrohte Frauen, auch wenn dieses Jahr das neunte Frauenhaus eröffnet wird. Ein weiteres Problem ist auch die Frage, wie mit den jugendlichen Söhnen der im Frauenhaus lebenden Frauen verfahren werden kann. Zurzeit werden sie außerhalb des Frauenhauses in anderen Einrichtungen untergebracht und sind somit getrennt von ihren Müttern und ihren Schwestern. Es müssen endlich Einrichtungen geschaffen werden, die es erlauben, die Familien nicht auseinanderzureißen. Hierfür hatten wir mit einem Änderungsantrag Mittel zur Verfügung stellen wollen.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Dr. Maren Jasper-Winter (FDP)]

Im Bereich der Pflege sehen wir durchaus positive Ansätze – dass es ein Schwerpunkt wird – und auch zum Beispiel die finanzielle Absicherung einer oder eines

(Tobias Bauschke)

Landespflegebeauftragten und die Schaffung eines Landespflegeausschusses. Aus Sicht der CDU-Fraktion fehlt hier aber ein wichtiger Punkt, denn wenn im Bereich der Pflege die Weichen für die Zukunft gestellt werden sollen, dann muss bereits zum Zeitpunkt der Weichenstellung der Pflegebereich optimal eingebunden sein und nicht erst dann, wenn der Zug schon an der Weiche vorbei ist. Notwendig ist die Schaffung einer Pflegekammer, über die der Bereich Pflege gut organisiert und strukturiert mit starker fachlich qualifizierter Stimme von Anfang an am Prozess teilnehmen kann. Für die Errichtung der Pflegekammer hat die CDU in ihrem Änderungsantrag eine Anschubfinanzierung vorgesehen, was leider abgelehnt worden ist.

Bei den Krankenhausinvestitionen gab es im Haushaltsentwurf eine unglaubliche Unterfinanzierung. Glücklicherweise wird das nun korrigiert. Das wurde gerade auch erwähnt. Die Koalition hat aber mit dem Kreditprogramm einen haushaltstechnisch anderen Ansatz als die CDU-Fraktion gewählt. Deshalb hier meine herzliche Bitte, dass das Verfahren, das mit den Berliner Krankenhäusern diskutiert worden ist, auch wirklich so gestaltet werden kann, damit der Großteil der Mittel auch tatsächlich abrufbar ist, Stichworte: IBB, Grundbuchbelastung, Tilgung usw.

[Glocke des Präsidenten]

Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass wir uns eine aktivere Rolle des Landes Berlin in Sachen Long- bzw. Post-Covid wünschen würden, denn viele Menschen sind betroffen und finden nicht immer die adäquate Hilfe. Es ist schön, an der Charité gibt es einen Schwerpunktbereich, und ein Netzwerk wurde aufgebaut, ebenso von der Kassenärztlichen Vereinigung in Berlin. Wir brauchen aber eine noch breitere Basis durch die Unterstützung des Senats, damit wir schnell und effektiv Strukturen für die Betroffenen aufbauen können. Auch hier hätten wir gerne Mittel bereitgestellt, wenn Sie zugestimmt hätten.

Ein positiver Abschluss einer Rede ist natürlich nie verkehrt, daher schließe ich mich auch den Worten an, dass wir sehr unterstützen und begrüßen, dass die Schulgeldfreiheit für alle Gesundheitsberufe eingeführt werden soll, bis der Bund dann nachher einspringt. Aber dennoch Wasser in den Wein: Natürlich werden wir dem Haushalt in Gänze als Oppositionsfraktion nicht zustimmen können. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen folgt die Kollegin Pieroth-Manelli.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ein wenig so wie mit veralteten Wasserrohren – sobald sich der Druck erhöht, treten Leckagen zum Vorschein: Pflegenotstand, unterbesetzte Gesundheitsämter und Intensivstationen, festzementierte Sektorengrenzen und fehlende Digitalisierung. Wir haben uns als Koalition darum gekümmert und fördern die Ausbildung in der Pflege und in den Therapieberufen. Wir nutzen den Pakt für den öffentlichen Gesundheitsdienst, um den ÖGD besser aufzustellen, und die sektorenübergreifende Perspektive haben wir uns mit der Reform des 90aGremiums auf die Fahne geschrieben.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Um nicht nur neue Flicken auf ein veraltetes Rohrsystem zu schweißen, wollen wir zusätzlich einen Umgehungskreislauf schaffen, denn es wird nicht die letzte Krise gewesen sein, und es gilt, ein resilientes Gesundheitssystem zu schaffen. Dazu gehört, die Probleme dort anzugehen, wo sie entstehen, denn: Wenn man sich zu fünft eine Zweizimmerwohnung teilt und Schimmel an der Wand in Kauf nimmt, nur um die Wohnung nicht zu verlieren, dann hat das gesundheitliche Auswirkungen. Wenn man keinen Kitaplatz findet und der Job dadurch wackelt, dann hat das gesundheitliche Auswirkungen. Wenn man wegen Verständigungsschwierigkeiten keinen Antrag für eine Pflegestufe stellt, dann hat das gesundheitliche Auswirkungen. Bereits vor mehr als 70 Jahren hat die WHO festgestellt, dass Gesundheit mehr ist als die Abwesenheit von Krankheit. Das bedeutet, soziale Gerechtigkeit und gute gesundheitliche Versorgung können und dürfen nicht getrennt voneinander betrachtet werden.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Das ist kein Nice-to-Have, das sind zentrale Bestandteile der Daseinsvorsorge, der wir hier alle verpflichtet sind. Daher sind wohnortnahe Angebote mit leichtem Zugang zu medizinischer Versorgung in Kombination mit Sozialberatung das Versorgungsmodell. Hier werden, wie Tobias Schulze gerade richtig aus Neukölln berichtet hat, kleine Probleme behoben, bevor daraus große entstehen. So lassen sich Umgehungskreisläufe schaffen, die das bestehende System entlasten.

Im Sinne von Health in All Policies wollen wir in allen Politikfeldern – beim Bauen, in der Mobilität, in der Stadtplanung – die gesundheitlichen Auswirkungen politischer Entscheidungen in den Blick nehmen, um weitere Umgehungskreisläufe zu schaffen. Wir wollen das Verständnis von Gesundheit weiter fassen, und das ist uns mit diesem Doppelhaushalt ein gutes Stück weit gelungen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

(Christian Zander)

Herzlichen Dank allen, die intensiv an den Verhandlungen teilgenommen und sich für eine ganzheitliche und gerechte Gesundheitsversorgung stark gemacht haben! Es ist gut, zu sehen, wie viel Engagement in unserer Stadt steckt. – Danke schön!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Es folgt für die AfD-Fraktion die Kollegin Auricht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin nun seit fast sechs Jahren Mitglied im Abgeordnetenhaus, und seit sechs Jahren höre ich von Ihnen die immer gleichen Reden zum Thema Gleichstellung und wie Sie Frauen und Mädchen vor Gewalt schützen möchten. Sie reden und reden, und nichts passiert, und an der Situation von Mädchen und Frauen, die von Gewalt bedroht und betroffen sind, hat sich in dieser Stadt kaum etwas geändert.

[Beifall bei der AfD]

Im Gegenteil, die Fälle von häuslicher Gewalt nehmen weiterhin zu, weil Sie nicht willens oder fähig sind, Probleme klar zu benennen und Ursachen gezielt zu bekämpfen, und sich lieber auf ideologische Nebenschauplätze konzentrieren.

[Beifall von Martin Trefzer (AfD)]

Gleichstellungspolitik darf aber kein ideologisches Konzept sein, weil das für die betroffenen Frauen und Mädchen in Not keine Hilfe ist. Ziel der Politik muss es sein, den Frauen und Mädchen nicht lediglich den Status der Opfer zuzuschreiben, denen man zu Hilfe eilen muss und für die Frauenhäuser eingerichtet werden. Natürlich muss man Frauen und Mädchen helfen, aber dazu setzen Sie die falschen Schwerpunkte. Wir müssen mehr auf Prävention setzen, und in diesem Bereich vermisse ich eine nachhaltige Politik. Nicht Projekte, die Hilfe nach der Gewalt bieten, sollten Priorität sein, sondern Maßnahmen, die das schreckliche Leid infolge von Gewalttaten, sexuellen Missbrauch, Genitalverstümmelung und

Zwangsehen im Voraus verhindern, sollten die Prioritäten sein.

[Beifall bei der AfD]

Deshalb wollten wir im Einzelplan 09 Projekte wie Papatya, die Koordinierungsstelle gegen weibliche Genitalverstümmelung, aber auch das Täterarbeitsprojekt „Beratungszentrum zum Schutz vor Gewalt in der Familie und im sozialen Nahfeld“ noch viel mehr stärken, als Sie es bisher jetzt getan haben. Auch eine gute Datenlage und Bestandsaufnahme sind nötig, denn nur, wenn man weiß, wo Gewalt passiert und von wem sie ausgeht, kann man passgenaue Hilfe anbieten. Unsere Fraktion – das ist

hinlänglich bekannt – legt großen Wert auf Gleichberechtigung und Chancengleichheit,

[Ah! von den GRÜNEN und der LINKEN]

auf Förderung von Talent, Interesse und Leistung, unabhängig von Geschlecht oder Herkunft. Und, ja, das Interesse von Mädchen und Frauen – das war ja auch ein Thema – in technischen Berufen soll geweckt werden. Da finden wir gute Maßnahmen natürlich auch unterstützenswert, aber ideologische Projekte, die nur gut klingen, viel kosten, aber keine Ergebnisse bringen, sollten nicht fortgesetzt werden.

[Beifall bei der AfD]

Eine Kampagne wie Girls’ Day, so nett er auch ist, bräuchte es möglicherweise nicht, wenn Unterrichtsstunden in dieser Stadt nicht dauernd ausfallen und statt Quereinsteigern ausgebildete Bildungsexperten sie für Wirtschaft, Wissenschaft, Praktisches und Handwerkliches begeistern würden.

[Glocke des Präsidenten]

Ihre Gleichstellungspolitik wird erfolglos bleiben, solange nicht der Ansatz der Ursachenbekämpfung in den Vordergrund gestellt wird und solange Nebenschauplätze wie Gendersprech, Quoten, Missoirs oder andere Elitenphänomene die Gleichstellungspolitik dominieren. Wir können diesem Einzelplan nicht zustimmen, weil Ihre Schwerpunkte einfach falsch gesetzt sind. – Vielen Dank!

[Beifall bei der AfD – Zuruf von Tobias Schulze (LINKE)]

Es folgt dann für die Fraktion Die Linke die Kollegin Schmidt.