Protocol of the Session on June 9, 2022

Ich muss Ihnen allerdings, liebe Kollegen von der FDP, auch sagen, dass wir einige Punkte in dem Entwurf haben, über die wir definitiv mit Ihnen sprechen müssen. Herr Lehmann hat es schon gesagt. Es gibt grundsätzlich Fragen, wo Informationen auch geschützt werden müssen, was wir alles veröffentlichen können. Es gibt immer gute Gründe, auch in Einzelfällen Dinge nicht zu veröffentlichen, nicht in dieses Transparenzregister, wie Sie es fordern, aufzunehmen. Dafür sollten wir uns auch die Zeit nehmen und das Ganze im Ausschuss besprechen.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Aha! Zeit nehmen!]

Einen weiteren Punkt möchte ich in dieser Debatte heute hier auch noch ansprechen. Das ist die Frage, was unsere Verwaltung leisten kann. Das Gesetz ist sehr ambitioniert.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Zeit nehmen oder nicht?]

Es gibt Übergangsregelungen. Wir müssen aber auch ein bisschen vorsichtig sein. Wir haben uns gestern im Ausschuss für Digitalisierung und Datenschutz sehr lange über das OZG unterhalten. Wir haben uns von Herrn Dr. Kleindiek erklären lassen, was alles bei der Umsetzung dieses Gesetzes bisher nicht geklappt hat. Es ist sehr ernüchternd gewesen. Bei allem wirklich hervorragenden Einsatz und Engagement der Verwaltung könnten wir schon deutlich besser und weiter vorangekommen sein.

Wenn wir uns das E-Government-Gesetz ansehen und schauen, wo wir heute stehen, könnten wir heute auch schon weiter sein. Die Verwaltung hat viel zu tun. Es gibt wichtigere und dringendere Dinge in der Stadt, wenn ich an Personalausweisbeantragung denke, Führerschein, An- und Ummeldung, alles, was man digital abbilden sollte. Wir binden gerade genug Kapazitäten in der Verwaltung und müssen daher vorsichtig sein, wann und wie schnell ein entsprechendes Transparenzgesetz eingeführt werden soll.

Das sind aber Baustellen, über die wir sprechen sollten und die wir dann in ein Gesetz fassen können. Ich habe zum Schluss noch einen Wunsch, den ich gestern auch im Ausschuss geäußert habe: Ich würde mich sehr freuen, liebe Koalitionäre, wenn Sie sich sehr bald entscheiden könnten, wer die oder der Beauftragte für den Datenschutz wird, am besten noch vor Einführung eines Transparenzgesetzes. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Kollege Ziller jetzt das Wort.

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Eines zeigt uns die Debatte – das ist ganz spannend – , dass die CDU jetzt Vorkämpferin für ein Transparenzgesetz werden will.

[Zuruf von Oliver Friederici (CDU)]

Wenn ich mir den Bundeskoalitionsvertrag richtig anschaue, musste die CDU in die Opposition gehen, damit es auf Bundesebene einen Weg in Richtung Transparenzgesetz gibt.

[Zuruf von Oliver Friederici (CDU)]

Ich habe keine Ahnung. Vielleicht können Sie mit Ihren Kollegen auf Bundesebene einmal sprechen, damit auch die Bundes-CDU an der Stelle vorankommt.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Franziska Becker (SPD)]

Ich komme nun zu dem, was heute hier vorliegt. Lassen Sie mich zu Beginn den Satz aus dem Koalitionsvertrag vorlesen:

Die Koalition wird im Jahr 2022 ein Transparenzgesetz nach Hamburger Vorbild einführen, dabei die hohen Standards des Berliner Informationsfreiheitsgesetzes erhalten und einen umfassenden Rahmen für die Leitlinie „Open by default“ für die öffentlichen Daten setzen.

[Beifall von Tobias Schulze (LINKE) und Carsten Schatz (LINKE)]

Das ist der Maßstab. Das ist unser Vorhaben. Daran arbeiten wir. Wie gesagt, nicht nur in Berlin, sondern auch der Bund steckt mitten in der Debatte zu einem Transparenzgesetz. Die Zivilgesellschaft hat auch dort eine Debatte über mehr Transparenz und Informationsfreiheit angestoßen.

Berlin, das zeigt der Koalitionsvertrag, ist hier schon einen Schritt weiter. Es gibt keine gewichtigen Gründe gegen den grundsätzlichen Gedanken der Freiheit von Information und Daten. Alle im Vorfeld geäußerten Kri

tikpunkte am Hamburger Transparenzgesetz von 2012 waren substanzlos, wie eine Evaluation des Gesetzes gezeigt hat. Weil es immer wieder Missverständnisse gibt: Information meint nicht personenbezogene Daten. Diese müssen selbstverständlich bestmöglich geschützt werden. Hierfür bieten die Europäische Datenschutzgrundverordnung und das Berliner Datenschutzgesetz einen Rahmen.

Ich komme zurück zu Informationsfreiheit und Transparenz. Sie sind Grundlage für ein hohes Vertrauen in unsere Demokratie. Sie stärken die Zivilgesellschaft. Sie sind eine Grundlage für guten und kritischen Journalismus, und sie bieten Unternehmen auch Datengrundlagen für Innovationen. Was häufig vergessen wird, sie stärken auch unsere Verwaltung. Das zeigt insbesondere das Hamburger Beispiel. Da wollen wir in Berlin hin. Das ist unser Maßstab.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Es soll keine Informationen mehr geben, die in internen Mails verloren gehen. Vielmehr werden maschinenlesbare Daten gewünscht, transparente Verwaltungsprozesse. All das beschleunigt die Arbeit und fördert die Zusammenarbeit in der digitalen Verwaltung auch in Berlin. Wir müssen heraus aus Informationssilos und hinein in die Zusammenarbeit. Dafür sind wir auf einem guten Weg.

Die anstehende Migration der E-Akte in der Berliner Verwaltung wird dafür sorgen, dass Verfahren in Zukunft einfach transparent digital zur Verfügung stehen. Schon jetzt ist die Berliner Open-Data-Strategie mit über 100 000 Zugriffen ein Erfolg. Die Mehrheit der Bezirke und Verwaltungen haben inzwischen Open-Data

Beauftragte. Wir haben also ein gutes Fundament, auf dem wir aufbauen können. Dazu liegen aus der letzten Legislaturperiode zwei Gesetzentwürfe vor, die maßgeblich sind, eines vom Volksentscheid Transparenz – darüber haben wir schon etwas gehört – und eines vom Senat.

Der Ball liegt nun bei uns, daraus ein Parlamentsgesetz zu gießen. Die Koalition ist hier mitten in der Detailarbeit. Ob der vorliegende Antrag der FDP hilfreich ist oder nicht, werden wir im Ausschuss besprechen. In jedem Fall vielen Dank, dass wir an dieser Stelle die Öffentlichkeit über den Arbeitsstand auf dem Weg zu einem Transparenzgesetz informieren konnten.

Zum Abschluss noch eine Motivation: Im Transparenzranking der Open Knowledge Foundation und von Mehr Demokratie steht Berlin bisher an vierter Stelle nach Bremen, Schleswig-Holstein und Hamburg. Unser Anspruch ist, dass wir mit dem neuen Berliner Transparenzgesetz bald an der Spitze der Wertung stehen und Beispiel für andere Länder sind. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

(Christopher Förster)

Vielen Dank! – Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Vallendar das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wem gehören eigentlich die Informationen des Staates? Diese Frage wurde in der Vergangenheit eher damit beantwortet, dass sie eigentlich der Regierung oder dem Staat gehören, und der Bürger da nicht reinzuschauen hat. In einer demokratischen Gesellschaft hat man dann aber doch die Feststellung getroffen, dass die Herrschaft vom Volke ausgeht. Wissen ist immer Macht. Herrschaft kann man natürlich nur dann ausüben, wenn man Wissen hat, denn ohne Wissen gibt es keine Volksherrschaft. Umso wichtiger ist es, dass der Bürger auch transparent die Möglichkeit erhält, auf die Informationen, die der Staat hat, Zugriff zu erhalten.

Dafür gibt es ja in verschiedenen Bundesländern verschiedene Gesetze, in Berlin das Informationsfreiheitsgesetz. Und es ist auch wichtig und vorbildlich, dass solche Gesetzesvorhaben überall umgesetzt, verbessert und erweitert werden. Gerade auch international, wenn man sich solche Fälle wie Julian Assange oder Edward Snowden anschaut, stellt man fest, dass die Allgemeinheit oder der Bürger eigentlich viel zu wenig weiß, was der Staat so hinter ihrem Rücken treibt.

[Beifall bei der AfD]

Und das scheint hier auch ein kleines Problem bei der Genese des Transparenzgesetzes zu sein. Die Koalition hat sich reingeschrieben, schon in der vergangenen Legislaturperiode, dass sie ein Transparenzgesetz möchte. Das hat sie in der letzten Legislaturperiode nicht hinbekommen, und jetzt hat sie sich es wieder reingeschrieben und möchte es wieder schaffen. Nun bringt die FDP wieder den Antrag ein und sagt: Okay, wir haben jetzt hier einen Vorschlag. – Und Herr Lehmann sagt: Das machen wir in unserer Freizeit, wir arbeiten ja daran, irgendwann kommt was. – Ich bin mal gespannt, ob Sie es in dieser Legislaturperiode schaffen, denn Sie haben sich auch in der letzten Legislaturperiode an einzelnen Punkten zerstritten.

Es wurde auch schon angesprochen: Ein paar Bereiche wollen Sie als rot-grün-rote Regierung doch nicht transparent machen, zum Beispiel den Schulbereich, um den es in Berlin auch nicht gerade gut bestellt ist. Wie es um die Transparenz und den Zugang der Bürger zu Daten bestellt ist, beweist eben die Berliner Senatsverwaltung im Bereich Schule. Wie hoch der Anteil von Kindern nichtdeutscher Herkunftssprache an den einzelnen Schulen ist, lässt sich in Berlin wohl künftig nicht mehr so einfach wie bisher herausfinden. Bislang wurde die Zahl nämlich online im Schulverzeichnis der Senatsverwaltung für Bildung veröffentlicht. Das soll nun nach dem Willen

der rot-grün-roten Koalition anders werden. Geplant sei, die Daten nicht mehr auszuweisen. Der Sprecher der Bildungsverwaltung Martin Klesmann begründete das damit, dass die Angabe wenig aussagekräftig sei.

Insofern begrüßen wir den erneuten Vorstoß der FDPFraktion, dass die Frage, ob Daten nun aussagekräftig sind oder nicht, künftig dem Bürger selbst überlassen werden soll. Deswegen werden wir auch die FDPFraktion bei ihrem Vorhaben, ein Transparenzgesetz für Berlin zu verabschieden, unterstützen. – Vielen herzlichen Dank!

[Beifall bei der AfD]

Für die Linksfraktion hat der Kollege Schulze jetzt das Wort.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Präsidentin! Der geschätzte Kollege Dr. Efler hat in der vergangenen Legislaturperiode seine Rede zum Transparenzgesetz mit einem Zitat von Günter Wallraff eingeleitet:

… die Öffentlichkeit ist der Sauerstoff der Demokratie.

Ich finde, das ist ein sehr schönes Zitat, das sich zu wiederholen lohnt, denn wenn wir über Transparenzgesetze reden, ist das ein sehr trockenes Thema. Wenn wir aber darüber reden, dass Bürgerinnen und Bürger erfahren, was in ihrem Staat passiert, dann kriegt das ganze Brisanz und Lebendigkeit. Nicht zuletzt sind es die Verwaltungen selbst, die von Transparenz in ihren eigenen Häusern, in ihren Daten profitieren, die derzeit, sagen wir mal, schön in den Aktenschränken verschlossen sind und die wir da herausholen wollen, damit auch die Menschen in den Verwaltungen selbst Kenntnis darüber haben, was in den anderen Häusern, in den Bezirksämtern usw. an Daten schlummert.

[Beifall von Sebastian Schlüsselburg (LINKE)]

Insofern ist Transparenz ein Grundwert an sich in einer Demokratie. Deswegen kann man die Ausweitung dieser Transparenzregeln auch nicht hoch genug einschätzen.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Werner Graf (GRÜNE)]

R2G hat in der vergangenen Legislaturperiode – das wurde schon gesagt – im Koalitionsvertrag vereinbart, solch ein Transparenzgesetz zu machen. Wir waren vor den Wahlen auf der Zielgeraden und haben uns in der Tat an ein paar Fragen verhakt, wo wir nicht bis zum Schluss gekommen sind. Das wurde auch schon angedeutet, es ging vor allem um die Frage, welche Bereiche wir eigentlich aus der Informationsfreiheit ausnehmen, also welche Bereiche unserer Verwaltung nicht für Informations

freiheitsanfragen zur Verfügung stehen sollen. Da hatte der Senat und hatten damals einzelne Verwaltungen ihre Bereiche ausnehmen lassen. Das Thema Schulen wurde schon angesprochen. Ich will aber auch mal sagen, was der AfD-Kollege hier gerade angebracht hat,

[Karsten Woldeit (AfD): War gut!]

war genau ein Beispiel für die Frage, warum es auch heikel sein kann, in bestimmten Bereichen in dieser Art und Weise Abfragen zu stellen. Wenn dann herauskommt, dass bestimmte Stadtteile, bestimmte Schulen oder bestimmte Bevölkerungsgruppen diskriminiert werden, ist das natürlich nicht im Sinne eines Transparenzgesetzes. Völlig klar!

[Ronald Gläser (AfD): Die falschen Wahrheiten wollen wir nicht hören!]