Protocol of the Session on June 9, 2022

[Sibylle Meister (FDP): Ist aber schade! – Anne Helm (LINKE): Ach, das haben Sie in der öffentlichen Verwaltung gemacht, absichtlich schlecht gearbeitet? Das ist interessant!]

Ich finde es deswegen ganz wichtig, dass – erstens – diese Sache kommt. Zweitens ist der Betrag zu niedrig,

und drittens ist das nur der erste Schritt. Eins kann ich Ihnen garantieren: Wenn Sie die Pensionierungsgrenzen anheben, wird der öffentliche Dienst in Berlin Ihnen das bestimmt nicht danken. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD – Steffen Zillich (LINKE): Ein bisschen wunderlich! – Anne Helm (LINKE): Ja, ein bisschen wunderlich!]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Kollegin Schneider jetzt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe – auch ehemalige – Beschäftigte des Landes Berlin! Beamtenmikado: Wer sich zuerst bewegt, verliert. Und: Freitag ab eins macht jeder seins. – Wir alle kennen diese Beamtenwitze, diese leidigen. Und ja, es gibt ganz viel Häme über die Arbeitsmoral von Beamtinnen und Beamten. Als Landesbeamtin außer Dienst weiß ich aber selbst: Die Wirklichkeit ist eine andere. Es ist nicht so, wie es das Beamtenbashing suggeriert.

Tatsächlich ist es so: In vielen Bereichen der Verwaltung im Land Berlin, egal ob in den Bezirken oder auf Landesebene, arbeiten sehr engagierte Menschen. Zur Not arbeiten sie auch weit über ihre Belastungsgrenze hinaus, schlichtweg weil ihnen nicht nur ihr Job, sondern auch unser Berlin wichtig ist.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Beifall von Roman-Francesco Rogat (FDP)]

Das geht sogar so weit, dass einige Landesbeamtinnen und -beamte – wir haben jetzt darüber gesprochen – sogar aus dem wohlverdienten Ruhestand zurückkehren, um in Krisenzeiten mit ihrem Wissen und ihrer Tatkraft zu unterstützen. Dafür möchte ich ihnen von Herzen danken.

Dieser Antrag ist auch für diese Personen, für die Pensionärinnen und Pensionäre. Sie sollen zum Beispiel im vorgezogenen Ruhestand mehr hinzuverdienen können, ohne dass ihre Pension gekürzt wird. Bisher ist es anders: Wer vorzeitig in den Ruhestand geht, erhält eine verminderte Pension. Das betrifft zum Beispiel Dienstkräfte der Feuerwehr oder der Polizei, die wegen der körperlich anstrengenden Arbeit teilweise vorzeitig ihren Dienst beenden müssen. Wenn sie dann zumindest teilweise wieder arbeiten möchten, können sie nur 325 Euro hinzuverdienen. Das ist nicht einmal ein Minijob. Das ändern wir jetzt, damit sie künftig bis zu 525 Euro hinzuverdienen können, ohne dass das von ihrer Pension abgezogen wird.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Außerdem: Wenn Pensionärinnen und Pensionäre bei der Versorgung von Geflüchteten aus der Ukraine unterstützen, soll ihre Vergütung dafür sogar in Gänze nicht auf die Pension angerechnet werden. Machen wir uns nichts vor: Wir brauchen sie. Die Unterstützung der Pensionärinnen und Pensionäre ist Gold wert. Ohne sie hätten wir weder die Versorgung der Zehntausenden Geflüchteten im Jahr 2015, noch die Bekämpfung der Coronapandemie so gut gemeistert. Auch in den letzten drei Monaten sind sie wieder spontan eingesprungen, dieses Mal, um Geflüchteten aus der Ukraine die Ankunft in Berlin zu erleichtern. Das haben sie selbst dann getan, wenn es faktisch einem Verzicht auf einen Teil des Ruhegehaltes gleichkam. Teilweise haben sie es sogar ganz ohne Vergütung getan, wie zum Beispiel die ehemalige Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann. Sie stellt ehrenamtlich ihre Zeit und ihr Wissen bei der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung für die Geflüchtetenhilfe zur Verfügung. Ein riesengroßes Dankeschön dafür!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Sebahat Atli (SPD) – Kurt Wansner (CDU): Ist ja einmalig!]

Das muss und soll so aber nicht sein. Deswegen regelt dieser Antrag: Beamtinnen und Beamten, die im Ruhestand parat stehen, wird temporär die Vergütung nicht auf die Pension angerechnet. Das ist zwar nur eine kleine Anpassung, aber sie ist aufgrund der aktuellen Lage vordringlich. Lehrerinnen und Lehrer, Amtsärztinnen und Amtsärzte, ehemalige Mitarbeitende der Gesundheitsämter, des Katastrophenschutzes oder der Senatsverwaltung – es gibt überall große Bereitschaft, ad hoc zu unterstützen. Allein bis zum 22. April hatten sich 581 Menschen für den Ukraine-Flüchtlingshilfe-Personalpool angemeldet, den die Senatsverwaltung für Finanzen kurzfristig geschaffen hat. An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bei allen Engagierten wie auch bei Finanzsenator Wesener bedanken.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Tom Schreiber (SPD)]

Arbeitsspitzen wird es indes immer wieder geben, und deswegen haben wir als Koalition vereinbart, einen Springerpool zu schaffen, der die Bezirke unterstützt, sei es beim Bürger/-innenamt, bei der Registrierung von Geflüchteten oder bei anderen Aufgaben. Außerdem haben wir 200 neue Stellen pro Jahr für die Bezirke vereinbart, um sie zu entlasten.

Unser Gesetzesantrag regelt das Vergütungsproblem für die Pensionärinnen und Pensionäre noch nicht abschließend, aber es ist ein erster Schritt zu mehr Wertschätzung. Deswegen bitte ich Sie sehr herzlich um Unterstützung und verspreche im Gegenzug: Wir bleiben auch hier weiter dran. Ich bedanke mich auch für die gute fraktionsübergreifende Zusammenarbeit für die engagierten Berliner Beamtinnen und Beamten. – Danke!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Beifall von Felix Reifschneider (FDP)]

Vielen Dank, Frau Kollegin! – Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Rogat das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Die Verwaltung ist vielfältigen Änderungen ausgesetzt – Digitalisierung, Transparenz –, darüber haben wir heute Morgen schon besprochen. Wir haben Krisen, die uns treffen, nicht nur Geflüchtete, sondern auch das Coronavirus. Es sind große Belastungen für uns alle, die wir hinnehmen mussten. Dabei war immer essenziell, dass die Verwaltung funktioniert, dass im Hintergrund weiter gearbeitet, die Stadt am Laufen gehalten wird. Insofern ist jeder Schritt zu begrüßen, der diese Arbeit attraktiver macht und sie auch weiterhin hochhält. Es gilt, sich bei allen Landesbediensteten zu bedanken, die in der Zeit der Krisen die Fahne hochgehalten haben, sodass die Stadt funktioniert und am Laufen gehalten wird. Der eingebrachte Gesetzentwurf ist eine gute Maßnahme, um den Dienst weiterhin attraktiv zu halten und auch, um Respekt vor den Landesbediensteten auszudrücken. Meine Fraktion wird dem Gesetzentwurf zustimmen, und wir bedanken uns an dieser Stelle für die Leistungen, die erbracht wurden.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Sebahat Atli (SPD), Franziska Becker und Anne Helm (LINKE)]

Was bei so einem Thema, das unter allen Fraktionen konsensfähig ist, etwas ärgerlich ist: Ich hätte mich gefreut, wenn wir zu einem Miteinander gekommen wären, um ein klares Signal zu setzen, dass wir da an einem Strang ziehen. Wir hätten auch schon dem ersten Entwurf der CDU-Fraktion zugestimmt, der eingebracht wurde. Gut, dass Sie sich geeinigt haben, dass bei diesem Thema – der Hinzuverdienstmöglichkeit – jetzt Bewegung in die Sache kommt, denn, ich hatte es eingangs gesagt: Dass die Hinzuverdienstgrenzen in der Vergangenheit nicht den Gegebenheiten, die wir haben, angepasst wurden, dass das auf der Strecke geblieben ist, das war nicht gut. Insofern gut, dass es heute angepackt und die Änderung endlich beschlossen wird. Dafür stehen wir bereit, das ist eine gute Möglichkeit.

Einen Satz will ich allerdings noch an Frau Klein richten, die generell ausgeführt hat, dass das mit den Minijobs eine schlechte Sache sei und man das generell eigentlich nicht begrüße. In meinen Augen ist es gut, dass die Hinzuverdienstgrenze bei Minijobs jetzt angehoben wurde, gerade im Zuge dessen, dass der Mindestlohn steigt. Das schafft Gerechtigkeit und ist eine Dynamisierung der

(Julia Schneider)

Minijobs. Deswegen ist es eine gute Möglichkeit, sich dort Geld dazu zu verdienen. Deswegen würde ich da auch ganz klar sagen, die Minijobs sind eine gute Gelegenheit, um sich etwas hinzuzuverdienen. Insofern ist es gut, dass auch dort die Grenze angehoben wird.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Heiko Melzer (CDU)]

Um noch mal auf den zweiten Aspekt zu kommen, auch von unserer Seite natürlich: Wir sehen gerade im Zuge der Ankunft der Geflüchteten aus der Ukraine eine extrem hohe Belastung. Wir haben gesehen, dass die Verwaltung dort deutlich besser aufgestellt war, als in der Flüchtlingskrise, die wir aus Syrien erlebt hatten. Es ist gut, dass sich Menschen einbringen, die sagen, sie sind zwar schon im Ruhestand, aber sie bringen noch mal ihr Wissen mit, verstärken personell, sorgen dafür, dass die Geflüchteten hier ankommen, gut behandelt werden und Berlin als Stadt vorfinden, in der sich gekümmert wird, in der die Türen offengehalten werden, in der Schutz geboten wird. Insofern ist auch diese Regelung hier, gerade im Umgang mit den Geflüchteten eine gute Regelung, um zu zeigen: Dieses Engagement lohnt sich. Wir als Landespolitik bedanken uns für die Hilfe und bestrafen es nicht weiter, setzen auf das Know-how, sodass Berlin eine weltoffene Stadt und ein Leuchtturm dabei bleibt. Insofern, haben Sie vielen Dank! Wir werden diesem Gesetzesentwurf zustimmen und hoffen, dass wir noch weitere Gesetzesentwürfe hier vorliegen haben im Haus, um die Verwaltung attraktiver und besser aufzustellen. – Insofern, vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Beifall von Hendrikje Klein (LINKE) und Franziska Becker (SPD)]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Gesetzesantrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Fraktion der CDU und der Fraktion Die Linke auf Drucksache 19/0293 empfiehlt der Hauptausschluss einstimmig mit allen Fraktionen die Annahme. Wer den Gesetzesantrag gemäß der Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/0358 annehmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen, die CDU-Fraktion, die FDP-Fraktion und die AfD-Fraktion. Gegenstimmen und Enthaltungen kann es demnach nicht geben. Damit ist der Gesetzesantrag angenommen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 3.6:

Priorität der AfD-Fraktion

Tagesordnungspunkt 28

Landeseigene Wohnungen an die Mieter privatisieren, Chance niedriger Zinsen nutzen, Wohneigentumsanteil in Berlin erhöhen

Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 19/0360

In der Beratung beginnt die AfD-Fraktion und hier der Abgeordnete Laatsch. – Bitte schön!

[Torsten Schneider (SPD): Ist heute nicht so euer Tag, Heiko!]

Frau Präsidentin! Der Bausenator ist nicht da. Ich nehme an, das ist ein Thema, das ihn berührt. Deswegen erwarte ich auch seine Anwesenheit hier.

Dann werte ich das mal als Antrag, den Senator zu zitieren und frage, wer dem Antrag zustimmen möchte.

[Steffen Zillich (LINKE): Ach so, das war ein Antrag?]

Das ist die AfD-Fraktion. Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Bei Enthaltungen der übrigen Fraktionen würden wir dann kurz warten, bis der Senator jeden Moment den Raum betritt.

[Anne Helm (LINKE): Herzlichen Glückwunsch! Vor allem, weil nur die Hälfte eurer Fraktion zugestimmt hat!]

Wunderbar, der Senator ist da. Wir können fortfahren. – Sie haben das Wort, Herr Laatsch!

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Als wir 2017 diesen Antrag zum ersten Mal hier ins Abgeordnetenhaus einbrachten, waren die Immobilienpreise noch rund 40 Prozent niedriger als heute. Es macht schon einen Unterschied, ob jemand für eine Wohnung 180 000 Euro oder 300 000 Euro zahlen muss, insbesondere dann, wenn er nur über ein mittleres oder eher kleineres Einkommen verfügt. In diesem Zusammenhang möchte ich den Senator Geisel aus dem Ausschuss vor einigen Wochen zitieren – mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin: Warum haben in den letzten Jahrzehnten ausschließlich Grundeigentum und Vermieter am Wohnen verdient? Warum haben wir es nicht geschafft, Mieter an dieser Entwicklung partizipieren zu lassen? Warum haben wir es nicht geschafft, Mieter Vorsorge fürs Alter treffen zu lassen? – Diese Frage stelle ich mir auch, Herr Senator, schließlich regiert die SPD seit Jahrzehnten. Die Antwort wäre gewesen, dass Sie und das übrige Ab

(Roman-Francesco Rogat)

geordnetenhaus unserem Antrag 2017 zugestimmt hätten – hätte, hätte, Fahrradkette –, haben Sie aber nicht. Ich zitiere erneut mit Erlaubnis der Präsidentin den Sprecher des Herrn Geisel aus der „Morgenpost“:

Es geht darum, wenn Mieter den Wunsch haben, ihre Wohnung zu erwerben, dieses zu ermöglichen.

[Beifall bei der AfD]

Da bleibt mir nur noch zu sagen: Ran da, die landeseigenen Wohnungsgesellschaften wollen das auch.

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): Jetzt schon?]

In diesem Sinne bleibt nur noch die Linke zu erwähnen, der jede Form unabhängiger Bürger, die nicht am Tropf des Staates hängen, ein Gräuel ist. Was sagt Ihnen das, Herr Senator, oder mehr noch Frau Regierende Bürgermeisterin – auch nicht da? – Sie befinden sich mit den falschen Partnern in einer Koalition, und es werden weitere Chancen dahin gehen, weitere Jahre, bis es zu spät ist für solche Lösungen.