Protocol of the Session on May 19, 2022

(Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey)

[Torsten Schneider (SPD): Paul, sei nicht so frech!]

Herr Abgeordneter! Vielen Dank für diese Frage! Das 9Euro-Ticket ist, wie Sie wissen, eine Aktion der Bundesregierung, ähnlich wie der Tankrabatt, um kurzfristig Menschen angesichts der steigenden Energiekosten sozial zu entlasten. Wir begrüßen es erst mal sehr, dass damit auch ein Entlastungsangebot für Menschen gemacht werden soll, die den ÖPNV nutzen und eben nicht mit dem Auto unterwegs sind. Das ist eine gute Nachricht.

Gleichwohl stellt es die Länder erst mal vor große Herausforderungen, denn wir müssen sehr kurzfristig die Voraussetzungen dafür schaffen, dass alle Menschen gleichermaßen, also Neukundinnen wie auch Abonnenten, in den Genuss dieses Angebots kommen. Das ist die erste Sache. Das ist uns gelungen. Ab Montag, zum Teil auch schon jetzt am Wochenende, wird an allen Verkaufsstellen, an allen Automaten und natürlich über die Apps der BVG und des VBB das 9-Euro-Ticket zu erwerben sein.

Eins ist mir an dieser Stelle noch wichtig, gleich dazu zu sagen: Natürlich geben wir diese Vergünstigung auch an alle Abonnentinnen weiter, also an Firmenticketinhaberinnen sowie solche von Sozialtickets und Semestertickets, an alle Abonnentinnen. Wie das genau geschieht, wie das genau zurückerstattet wird, wird im Moment noch geklärt. Das ist zum Teil sehr kompliziert bei den verschiedenen Abonnementformen. Eins ist mir aber wichtig: Die Abonnentinnen müssen sich nicht selbst darum kümmern. Sie müssen da nicht selbst aktiv werden, sondern es wird zurückerstattet.

Herzlichen Dank! – Wünschen Sie eine Nachfrage, Herr Abgeordneter?

[Alexander Kaas Elias (GRÜNE): Ja!]

Plant der Senat, die Kapazitäten im ÖPNV während der Geltungsdauer dieses attraktiven Angebots zu erweitern, um auch bei großer Nachfrage, gerade im Freizeitverkehr, Überfüllung zu vermeiden?

Bitte sehr, Frau Senatorin!

Vielen Dank! – Tatsächlich, wie Sie sagen: Das attraktive Angebot kann dazu führen, dass es deutlich mehr Verkehr gibt. Das ist übrigens etwas, was die Verkehrsministerinnen und Verkehrsminister aller 16 Bundesländer dem Bundesverkehrsminister sehr deutlich gesagt haben, denn

tatsächlich ist es so, dass dieses 9-für-90-Ticket mit 2,5 Milliarden Euro vom Bund finanziert wird; die Frage der Mehrverkehre beispielsweise, die aber nötig sein werden, damit es nicht zu Chaos kommt und es tatsächlich als ein attraktives Angebot von den Kunden wahrgenommen wird, ist nicht abschließend geregelt.

In diesem Zusammenhang – das möchte ich an dieser Stelle auch deutlich sagen – bin ich sehr gespannt auf die Verhandlungen, die es gerade heute im Bundesrat gibt. Denn insgesamt gibt es eine Reihe von Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger, die wir zwar grundsätzlich sehr begrüßen, die aber vom Bund zulasten der Länder getroffen wurden. Da braucht es noch Nachbesserungen. Es sei mir an dieser Stelle erlaubt, das deutlich zu sagen.

Gleichwohl bereiten wir uns natürlich darauf vor. Es ist insgesamt so, dass zumindest in den großen Städten wie in Berlin gerade in der Coronapandemie viele Fahrgäste verloren gegangen sind. Es ist nicht auf allen Strecken schon wieder die gleiche Auslastung erreicht worden wie vor der Pandemie, sodass es da noch gewisse Kapazitäten gibt. Insofern freuen wir uns natürlich auch über mehr Fahrgäste. Da das 9-für-90-Ticket zum großen Teil in die Berliner Ferienzeit fallen wird, wenn es ab Juni gilt, haben wir uns trotzdem darauf vorbereitet – da müssen Sie mir erlauben, ein bisschen nachzuschauen, denn das konnte ich nicht auswendig lernen –: Wir werden uns auf Verstärkerfahrten konzentrieren, insbesondere für den Ausflugsverkehr, für Leute, die hier, in ihrer schönen Heimatstadt, Urlaub machen, also Stichwort: erstmals wieder Busse zum Strandbad Tegel und die Bäderbusse zum Strandbad Wannsee. Wir werden also den Ausflugsverkehr verstärken. Ferner werden wir versuchen, insbesondere über Straßenbahnlinien den Pendelverkehr noch besser abzufangen, und auch einige U-Bahnlinien in die Innenstadt in diesem Zusammenhang verstärken. Es gibt Verstärkungen bei der S-Bahn, insbesondere am Abend, also für Freizeit-, Feierabendaktivitäten insbesondere, und bessere Angebote am Wochenende. Und wir sind in Gesprächen mit unseren Nachbarbundesländern Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, denn wir gehen fest davon aus, dass die Regionalstrecken Richtung Ostsee stark genutzt werden, sodass wir auch diese verstärken werden. – Die Informationen dazu bekommen Sie an allen üblichen VBB-Portalen.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Herzlichen Dank! – Die zweite Nachfrage gebührt Frau Kollegin Hassepaß. – Bitte sehr!

Vielen Dank! – Mich würde interessieren, wie es nach den drei Monaten weitergeht und ob man auch plant, eine

(Bürgermeisterin Bettina Jarasch)

Verstärkung der Kombination von Rad und ÖPNV auszubauen. – Herzlichen Dank!

Auch hier noch mal: Bitte sehr, Frau Senatorin!

An dieser Stelle möchte ich eins nicht verhehlen – das ist inzwischen schon öffentlich bekannt –: Ich hätte mir gewünscht, dass wir das 9-für-90-Angebot, die immerhin 2,5 Milliarden Euro, die der Bund dafür ausgeben wird, gleich hätten nutzen können, auch in Berlin, um nachhaltig etwas für den ÖPNV zu tun, Frau Kollegin! Insofern hätte ich mir gewünscht, wir hätten Extraangebote machen können, auch um die Leute dazu zu bewegen, nicht nur für drei Monate das vergünstigte Ticket zu erwerben, sondern gleich Jahresabonnements, Verträge abzuschließen und Abonnentinnen der Berliner Verkehrsunternehmen, der Verkehrsunternehmen im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg zu werden. Das ist das, was wir eigentlich brauchen. Wenn wir den ÖPNV ausbauen, ihn langfristig auf eine gute Finanzierungsbasis stellen wollen und dann auch attraktiver machen können, dann brauchen wir einfach mehr dauerhafte Kundinnen.

Das ist so kurzfristig angesichts der komplexen Entscheidungsstrukturen nicht gelungen. Deswegen werden wir das 9-für-90-Ticket so umsetzen, wie es der Bund uns angeboten hat. Gleichwohl werden wir auf jeden Fall auch noch über eine andere Art von Tarifangeboten in der nächsten Zeit reden müssen, um Menschen zum Umstieg auf den ÖPNV zu bewegen. Dazu gehört unbedingt das Umsteigen. Die Fahrradmitnahme ist also ein Thema, das wichtig ist. Auch die Mitnahme eines zweiten Fahrgastes – das gibt es jetzt schon zum Teil an Wochenenden – kann für viele ein attraktiver Grund sein umzusteigen. Hinzu kommt das Umsteigen am Bahnhof, indem wir dort Jelbi-Stationen haben, wie jetzt schon an einigen Bahnhöfen, die womöglich gleich Teil eines Abos sein könnten, sodass der ÖPNV nicht am Bahnhof endet, sondern man auf diesem Weg wirklich bis nach Hause kommt. – Das sind alles Überlegungen, die wir brauchen, wenn wir die Verkehrswende voranbringen wollen. Das werden wir dann in den nächsten Monaten mit unseren Partnern und in den Gremien beraten.

Herzlichen Dank!

Für die CDU-Fraktion stellt der Kollege Rissmann die Frage.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Wann gedenkt der Senat, dem Abgeordnetenhaus und dem Rechtsausschuss den 180-seitigen Risikobericht der Fachgruppe am Kammergericht über die Sicherheit der IT in der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der vor dem Hintergrund des Hackerangriffs auf das Kammergericht in Auftrag gegeben wurde, zur Kenntnis und zur Beratung zu geben, und warum hat die Senatorin für Justiz den Rechtsausschuss bislang nicht darüber informiert?

Frau Prof. Dr. Kreck übernimmt die Beantwortung für den Senat.

Vielen Dank, Herr Vorsitzender! – Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich bin schon ganz auf „Vorsitzender“, wenn Herr Rissmann mich etwas fragt.

[Oh! von der CDU und der FDP – Heiko Melzer (CDU): Das ist erst mal nicht ganz verkehrt!]

Das ist auch nicht ganz verkehrt; so sieht es aus. – In der Tat ist es so, dass bereits in der letzten Legislaturperiode aus bekannten Gründen eine externe Firma beauftragt wurde, um die Sicherheitsstruktur bei der IT der Berliner Justiz zu evaluieren und dort Maßnahmen vorzuschlagen, die zu ergreifen sind, um insgesamt die IT-Sicherheit zu verbessern. In der Tat ist es so, dass der Bericht in den letzten Zügen ist. Selbstverständlich unterrichte ich den Rechtsausschuss, sobald der Bericht vorliegt. Erste Ergebnisse erwarten wir noch vor der Sommerpause. Sie haben sicherlich Verständnis dafür, dass die Verwaltung dann eine Schleife drehen muss, um für sich selbst diesen Bericht vollumfänglich zu durchdringen, um dann in den Austausch zu treten.

Herr Kollege! Wünschen Sie die Nachfrage?

Vielen Dank, Herr Präsident! – Vielen Dank, Frau Senatorin! Habe ich Sie eben richtig verstanden, dass entgegen der mir vorliegenden Information gar kein abgeschlossener Bericht vorliegt?

Bitte sehr, Frau Senatorin!

(Oda Hassepaß)

Ja. Also die ersten Zwischenergebnisse liegen tatsächlich vor. Der Bericht ist meiner Kenntnis nach jetzt – – Wir reden über einzelne Tage. Möglicherweise liegt er tatsächlich vor.

[Heiko Melzer (CDU): Was denn nun?]

Ich habe ihn noch nicht gesehen. Es ist aber so, dass an mich herangetragen wurde, dass jetzt im Juni dieser Bericht vollumfänglich vorliegt, und dann werden wir natürlich damit arbeiten.

Was nicht vorliegt, ist eine weitere Nachfrage.

Deswegen hat die Kollegin Fuchs die Frage für die Linksfraktion.

[Heiko Melzer (CDU): Herr Präsident!]

Sie müsste dann nur rechtzeitig vorliegen, und zu dem Zeitpunkt, als die Frage beendet war, lag keine weitere Nachfrage vor. Deswegen ist jetzt Frau Kollegin Fuchs für die Linksfraktion an der Reihe.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Wir gehen langsam auf den 22. Juni zu. Viele wissen, dass dann erneut die „Zeit der Solidarität“ ansteht. Ich frage den Senat: Wie ist der Stand der Anmeldungen der Freiwilligen beim VskA, und warum ist die „Zeit der Solidarität“ so wichtig?

Das macht Frau Senatorin Kipping. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Verehrte Abgeordnete! „Die im Dunkeln sieht man nicht“ – so heißt es bei Brecht in der Dreigroschenoper. Für Obdachlose bedeutet das ganz oft, dass im Alltag über sie hinweggeschaut, an ihnen vorbeigeschaut wird oder versucht wird, das Problem zu verdrängen. Die „Zeit der Solidarität“ ist eine Maßnahme von vielen, um zu sensibilisieren, um Öffentlichkeit für die Problemlagen von Menschen in Obdachlosigkeit zu schaffen, und deswegen ist sie so wichtig.

Die Idee kam aus der Zivilgesellschaft, nämlich aus der Strategiekonferenz. Sie ist dann vom vorangegangenen Senat mit enormem Einsatz von Elke Breitenbach als Sozialsenatorin umgesetzt worden. Im Ergebnis der ersten Erhebung hat man entschieden, dass die Verantwortung und Durchführung jetzt wieder in die Zivilgesellschaft, an den VskA als Träger geht, weiterhin mit Unterstützung der Senatsverwaltung.

Leider, muss man sagen, ist die Meldung der Freiwilligen – seit einigen Wochen läuft die Bewerbung – dieses Jahr extrem schleppend. Es gibt verschiedene Gründe, die Folgen von Corona usw. Ich habe ganz aktuell gestern noch einmal mit dem Träger gesprochen, und er hat mir gesagt, die Zahlen sind so gering, dass die Gefahr im Raum steht, dass man das verschieben muss. Daraufhin habe ich mich mit dem Paritäter als Träger der Zivilgesellschaft verständigt, und wir, die Sozialverwaltung und der Paritäter, möchten der Stadt Berlin eine Challenge vorschlagen: Lasst es uns doch gemeinsam in Angriff nehmen, dass wir es schaffen, innerhalb einer Woche Tausend Freiwillige zu finden, damit das noch stattfinden kann! – Gerade in Zeiten, in denen wir aus gutem Grund so viel über die Not von Ukrainegeflüchteten reden, ist es, glaube ich, wichtig, ein Zeichen zu setzen, dass das Elend auf den Straßen, unter den Brücken, das schon lange da ist, gleichermaßen unsere Aufmerksamkeit findet.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Ich habe deswegen heute Morgen einen Brief an die Beschäftigten der Sozialverwaltung unterschrieben, in dem ich noch einmal klarstelle: Die Teilnahme an der „Zeit der Solidarität“ am 22. Juni gilt als Arbeitszeit. – Lebensweltlich ausgedrückt: Wer sich am 22. Juni abends und nachts beteiligt, kann am nächsten Tag ausschlafen. Vielleicht wollen andere Institutionen, vielleicht auch Abgeordnetenbüros ein ähnliches Signal an ihre Mitarbeiter senden. Wer auch immer interessiert ist, dem kann ich nur die Webseite zeitdersolidaritaet.de/mitmachen/ empfehlen.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Frau Kollegin Fuchs! Möchten Sie eine Nachfrage stellen? – Bitte sehr!

Sehr gerne! – Vielen Dank, auch für die Challenge! Ich glaube, die nimmt Berlin gerne an. Meine Nachfrage lautet: Wie geht der Senat mit vereinzelter Kritik an der Zählung um?

[Paul Fresdorf (FDP): Souverän! – Zuruf von der LINKEN: Davon gehe ich aus! – Heiterkeit]

Bitte sehr, Frau Senatorin!