[Beifall von Heiko Melzer (CDU), Roman Simon (CDU), Paul Fresdorf (FDP) und Felix Reifschneider (FDP)]
dass Sie eben nicht in der Lage sind, etwas Signifikantes für den Fußverkehr zu verbessern. Deswegen ist es richtig, dass dieser Antrag beraten und, ich hoffe, auch positiv beschlossen wird. Die Zusage der Unionsfraktion steht. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Jetzt ist es tatsächlich so weit: Die FDP stellt diesen Antrag, und der heiß geliebte Song der FDP „Ich geb’ Gas, ich will Spaß“ weicht einem neuen Hit: „Nichts lieb’ ich so sehr wie Rad- und Fußverkehr“. Ich bin dabei!
Und kurz noch zu Herrn Friederici: Die Radwege werden ja gerade von den Gehwegen auf die Straßen verlegt, sodass glücklicherweise den zu Fuß Gehenden dann auch mehr Platz entsteht.
Aber zum Antrag: Sie haben recht, liebe FDP. Der Fußverkehr braucht einen besonderen Schutz, denn nur wenige Berlinerinnen fahren Auto, aber alle gehen zu Fuß. Deshalb ist und bleibt das Berliner Fußverkehrsgesetz auch ein echter Meilenstein – wir haben es gerade schon
Es gilt, den Raum für den Fußverkehr Stück für Stück zurückzugewinnen und gerecht zu verteilen, und das machen wir mit Gehwegvorstreckungen, durch Querungshilfen, durch abgesenkte Bordsteine und durch sichere Schulwege in allen zwölf Bezirken. Deshalb investieren wir in diese Maßnahmen in den nächsten Jahren massiv. Und ja, machen wir uns nichts vor: Der Fußverkehrsplan wird ein Mammutprojekt, das die ganze Stadt betrifft, und eine echte Kraftanstrengung. Aber es lohnt sich, davon bin ich überzeugt.
Liebe FDP! Es freut mich sehr, dass wir dieses Anliegen in Ihrem Antrag komplett teilen, die Maßnahmen für den Fußverkehr schnell und effektiv umzusetzen. Dazu braucht es aber eben diesen Antrag nicht mehr. In Ihrer Begründung zu Ihrem Antrag für mehr Sicherheit für Fußgängerinnen erklären Sie zudem: Im Jahr 2020 allein gab es 1 855 Verkehrsunfälle mit Fußgängerbeteiligung. Davon endeten 19 Fälle tödlich; 393 Fußgängerinnen und Fußgänger wurden schwer verletzt. Ihr genauer Wortlaut:
Die Zahlen sind alarmierend und zeigen, dass Berlin nach wie vor weit von einer „Vision Zero“ entfernt ist.
Lieber Herr Czaja, lieber Herr Reifschneider! Wenn Ihnen diese Zahlen und die Verkehrstoten, darunter auch Kinder, wirklich so zusetzen, dann finde ich es merkwürdig, dass Maßnahmen, die gerade den Verletzlichsten bewiesenermaßen besonders großen Schutz bieten, keine Unterstützung finden. Denn warum sprechen Sie sich so vehement gegen flächendeckendes Tempo 30 aus? Ich lese Anfang dieses Jahres von Felix Reifschneider in der Presse
Aber was braucht es denn noch mehr zur Begründung als die Rettung von Menschenleben, die Verhinderung von Verkehrstoten? Für mich ist das der zentrale Grund.
Beispiele aus anderen europäischen Metropolen zeigen, dass nach der Einführung von Tempo 30 tödliche Verkehrsunfälle um bis zu 100 Prozent zurückgehen. Da müssen wir hin. Und eins ist auch klar: Neben der Notwendigkeit, fließenden Verkehr langsamer, leiser und ungefährlicher für die Fußgängerinnen zu machen, braucht man natürlich Alternativen; im öffentlichen Nahverkehr, zu Fuß und mit dem Fahrrad. Und je mehr damit zurückgelegt wird, desto weniger schwere Unfälle ents
tehen auch. Also: Unser Ziel ist es, Berlin zu befreien. Stimmen wir doch alle zusammen ein: „Nichts lieb’ ich so sehr wie Rad- und Fußverkehr“! – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! – Herr Kollege Reifschneider! Sie möchten also eine vollständige Evaluation des Zustands aller Fußwege, und gleichzeitig möchten Sie, dass Fußüberwege über Straßen binnen eines Jahres geplant werden. – Merken Sie schon einen Widerspruch? Und was machen wir zum Beispiel im Anwendungsfall? Wir stellen fest: Eine Gehwegplatte steht hoch. Das müsste ja jetzt eigentlich in Ihre Bestandsaufnahme einfließen, damit die Bestandsaufnahme dann, wenn sie herauskommt, noch richtig ist. Lassen wir die Platte hochliegen, oder bestellen wir eine Taskforce, und in zwei Stunden ist das Problem erledigt?
Das ist ja das Thema: Sie wollen gleichzeitig beschleunigen und wieder weitere bürokratische Hürden schaffen. Das kostet nicht nur Zeit, das kostet auch Geld, Herr Kollege. Und deswegen sagen wir: Nein, das ist nicht der richtige Weg. Der richtige Weg ist, die Verantwortung den Bezirken zu überlassen und dafür zu sorgen, dass sie ausreichend ausgestattet sind, dass sie Bezirksläufer engagieren können, die ständig die Straßen abpatroullieren und schauen, wo die Probleme sind. Das Absenken von Bürgersteigen an Fußgängerüberwegen ist längst Gesetzeslage. Daran gibt es überhaupt nichts mehr zu korrigieren.
Dann möchten Sie in Zukunft die E-Scooter in den Bereich von Kreuzungen vorrücken und einen besseren Überblick schaffen. Genau das Gegenteil passiert doch. Wenn jemand in den Bereich der Kreuzung geht und dort versucht, einen E-Scooter zu aktivieren, dann stört er doch die Einsicht in die Kreuzung. Das wäre doch ein erheblicher Fehler.
Dann möchten Sie Hindernisse aufbauen, Schwellen für Radfahrer, die sich Kreuzungen nähern, damit Fußgänger sicherer sind. Radfahrer sollen also unsicherer werden durch solche Schwellen, damit Fußgänger sicherer werden. – Das sind alles Widersprüche, Herr Kollege! Damit können wir so nicht leben. Da müssten erhebliche Veränderungen in Ihrem Antrag vorgenommen werden, und den ganzen bürokratischen Überbau, den Sie sich da vorstellen, können wir auch nicht begrüßen. Wenn wir uns anschauen, was neue Planungen bedeuten: Wenn ein
Planer sich heute eine neue Planung einer Straßenumgestaltung vornimmt, dann muss er sich den StEP Wohnen, den StEP Verkehr, den StEP Gewerbe angucken. Er schaut durch einen solchen Stapel von Unterlagen, welche Dinge er alle berücksichtigen muss. Und jetzt wollen wir zusätzlich noch eine Evaluation sämtlicher einzelner Straßen in ihrem Zustand machen.
Das ist alles viel zu viel Aufwand. Wir brauchen eine direkte Taskforce, direktes Handeln. Das ist übrigens überhaupt das Problem hier in Berlin: dass viel geredet, viel evaluiert, viel Papier produziert, aber ganz wenig gehandelt wird. Wir müssen ins Handeln kommen. An der Stelle sind wir uns einig. Also binnen eines Jahres einen Fußgängerüberweg zu schaffen, das muss einfach möglich sein. Da sind wir uns absolut einig, aber der bürokratische Weg, den Sie aufgezeigt haben, steht dem eher entgegen, als dass er uns dabei helfen würde.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Vielen Dank, Herr Abgeordneter! Sie sind sich schon im Klaren darüber, dass aus rationaler Sicht nicht der Antrag der FDP mit einem Arbeitskonzept und Zielkonzept das Problem ist, sondern die Umsetzungsschwäche und finanzielle Minderausstattung dieser Berliner Landeskoalition für diese Projekte der Fußgängersicherheit?
Sagte ich ja! – Wir müssen die Bezirke damit ausstatten, dass sie entsprechende Bezirksläufer einstellen und dann eine Taskforce einrichten, die unmittelbar dort handelt, wo ein Problem entsteht. Diese Geschichte mit den EScootern, das ist gar nicht unser Ding. Dass die jetzt in Zukunft gesammelt in Kreuzungsbereichen stehen, halten wir für völlig falsch. Wir müssen frei floaten, nach wie vor. Dass die Geräte überall herumliegen, ist nicht das Problem derer, die sie nutzen, und derer, die sie in den Verkehr bringen, sondern es ist das Problem derer, die Vandalismus in der Stadt betreiben. Deswegen sagen wir ganz klar: Bei der Ausstattung der Bezirke sind wir uns
einig, selbstverständlich. Aber wir sind uns hoffentlich auch darin einig, dass wir unmittelbar handeln müssen. Wir sind ja schon auf dem richtigen Weg. Sie sagen ja schon: Binnen eines Jahres muss ein Fußgängerüberweg erstellt sein. – Ja, das ist absolut richtig. Das wird aber nicht über diesen gigantisch bürokratischen Weg, den Sie vorschlagen, erreicht werden, sondern durch ganz direktes Handeln. Wir müssen hier in Berlin endlich in allen Bereichen ins Handeln kommen, egal ob im Verkehr, beim Wohnungsbau oder wobei auch immer. Wir müssen hier in dieser Stadt ins Handeln kommen. Ein weiterer Bürokratismus steht dem eher im Weg, als dass er uns hilft. – Danke schön!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin Ihnen ganz dankbar, Herr Reifschneider, dass wir heute noch mal die Möglichkeit bekommen, auch wenn die Zeit schon etwas fortgeschritten ist, über den Fußverkehr in der Stadt zu sprechen, der sonst in der öffentlichen Debatte manchmal etwas untergeht, und das völlig zu Unrecht. Denn in Berlin werden täglich 7 Millionen Wege am Tag zu Fuß erledigt. Das sind 30 Prozent von allen Wegen überhaupt. Wir sind immer, überall, irgendwann im Laufe des Tages Fußgängerinnen und Fußgänger in der Stadt. Man könnte sagen, der Fußverkehr ist einer der wichtigsten Verkehrsträger für die Berlinerinnen und Berliner überhaupt.
Projekte zur Verbesserung des Fußverkehrs oder eben zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität im Stadtraum – Stichwort: Kiezblocks, autofreie Friedrichstraße oder Umgestaltung von Kiezen – sind oft viel diskutierte Vorhaben. Worum geht es also? – Um sichere Radwege, wie wir EScooter aus der Stadt räumen oder an die Seite stellen können, wie wir mehr Aufenthaltsqualität durch Bänke und Stadtumbau erreichen, Doppelquerungen als Standard, eine ganze Menge, Umverteilung des Stadtraums, eine gerechte Aufteilung für alle Mobilitätsteilnehmerinnen und -teilnehmer.
Anfang des letzten Jahres hat die rot-rot-grüne Koalition den Fußverkehrsteil des Mobilitätsgesetzes beschlossen. Berlin ist als erstes Bundesland hier vorangegangen, hat Maßstäbe gesetzt und überhaupt eine Förderung des Fußverkehrs gesetzlich verankert. Und jetzt – das schreiben Sie ganz zu Recht – geht es an die Umsetzung, also konkret um die Aufstellung verbindlicher Kriterien zur Verbesserung des baulichen Zustandes unseres Fußverkehrs
In dem Antrag schreiben Sie nun, dass der Aus- und Umbau auf sich warten lasse. Da muss ich sagen: Ja, auch ich würde mir wünschen, dass vieles sehr viel schneller geht. Sie suggerieren jetzt, dass das alles mit einem Wimpernschlag zu machen sei, sagen ehrlicherweise nicht wirklich, wie das funktionieren soll, und sollten auch zur Kenntnis nehmen, dass die ersten Maßnahmen dazu, die auch im Gesetz so definiert wurden, beispielsweise die Modellprojekte über die Bezirke, bereits in der Umsetzung sind.
Völlig richtig ist – Sie sprechen es in Ihrem Antrag auch an –, dass wir für die Umsetzung der Maßnahmen Planungskapazitäten in den Bezirken brauchen. Dass wir die Ziele nur erreichen können, wenn wir auch die entsprechende personelle Ausstattung in den Bezirken haben, war uns auch klar, und deswegen steht es im Mobilitätsgesetz auch so drin. Wir als Koalition wollen zwei Planungsstellen je Bezirk für den Fußverkehr verankern, so wie beim Radverkehr auch. Diese Stellen müssen jetzt schnell kommen, die AG Ressourcensteuerung muss dazu zügig eine Entscheidung treffen, denn in der Tat: Ohne diese Stellen in den Bezirken lassen sich die Programme kaum umsetzen.
Dann wollen Sie, dass der Senat, aufbauend auf den Berichten, eine kriterienbasierte Rangfolge von Gehwegen erstellt, die bis 2026 saniert werden sollen. Da muss ich ganz ehrlich sagen: Das ist vielleicht gut gemeint, aber nicht gut gemacht. Wir finden sehr wohl, dass die Bezirke vor Ort weiter in der Verantwortung bleiben sollten und sie die Aufgabe haben zu priorisieren, was wann wie vor Ort umgesetzt wird, so, wie es im Übrigen auch das Mobilitätsgesetz vorsieht.
Dann wollen Sie Planungs- und Genehmigungsverfahren für Zebrastreifen und anderes deutlich verkürzen. Sie schreiben aber auch dort nicht wirklich, wie. Ich meine, eine schnellere Planung klingt irgendwie immer richtig und gut, aber eben auch relativ inhaltsleer und nach einem ziemlichen Allgemeinplatz. Wenn Sie da einen ernsthaften und machbaren Vorschlag zur Verschlankung der Prozesse haben, dann gerne her damit! Vielleicht liefern Sie im Ausschuss da noch etwas nach.