Protocol of the Session on September 3, 2020

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Ülker Radziwill (SPD)]

Zu diesem Tagesordnungspunkt hat der fraktionslose Abgeordnete Wild gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung einen Redebeitrag angemeldet. Die Redezeit beträgt bis zu drei Minuten. – Herr Abgeordneter Wild! Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Autofahrer unter Ihnen wissen, wie es sich anfühlt, wenn ihr Tank fast leer ist und sie auf Reserve fahren. Mit Elektroautos fahren Sie immer auf Reserve. Das gilt auch für Busse.

Erst vor sechs Jahren hat die BVG damit begonnen, Leichtbusse, die bis zu einem Viertel weniger Kraftstoff verbrauchen, im Linienverkehr einzusetzen. Die älteren Busse wurden mit SCR-Filtern nachgerüstet, um den Schadstoffausstoß der Flotte weiter zu verringern – das ist diese BlueTec-Geschichte. Moderne Diesel stoßen Abgas aus, das sauberer ist, als die Ansaugluft. Der Senat will aber lieber bis in 10 Jahren nur noch Elektrobusse fahren lassen. Das verursacht laut einem Bericht der „Berliner Morgenpost“ Mehrkosten in Höhe von 1,7 Milliarden Euro. Es bestehen hohe Unsicherheiten beim Aufbau der Ladeinfrastruktur, und wie man die Stadt bei Milliardenprojekten kennt, wird am Ende alles ohnehin viel teurer und trotzdem nicht fertig.

Haben Sie sich vor Augen geführt, welche Folgen der Lithiumabbau in Südamerika für die Ökosysteme hat? Ihnen dürfte auch bekannt sein, dass die in Automobilen verwendeten Lithiumionenbatterien nach fünf bis sechs Jahren den Geist aufgeben. Ihre aktionistischen Aktionen erinnern an Kinderlogik:

[Heiko Melzer (CDU): Aktionistische Aktionen!]

Der Bus fährt sauber, weil er ja bloß eine Batterie hat.

Je mehr fachfremde Ideologen oder, in diesem Fall möchte ich betonen, Ideologinnen Entscheidungsträger sind, umso mehr Mist kommt am Ende heraus. Wundert Sie das bei der grünen Verkehrssenatorin und einer BVGChefin, die, wie man aus BVG-Kreisen hört, von Tuten und Blasen keine Ahnung hat?

[Ines Schmidt (LINKE): Bitte etwas mehr Respekt und Anerkennung!]

(Henner Schmidt)

Für einen wissenschaftlich und menschlich vertretbaren flächendeckend elektrisch betriebenen Busverkehr wäre ein Durchbruch in der Batterietechnik nötig. Dieser ist weder in Sicht noch wahrscheinlich.

Das E-Bus-Programm von R2G ist ein Paradebeispiel für sozialistische Planwirtschaft. Wertvolle Steuergelder werden für teure Experimente mit unausgereiften Technologien und ungewissem Ausgang verschleudert. Technische Realitäten sind kein Wünsch-dir-was. Ihre Experimente wären schon mit einigen wenigen Fahrzeugen sehr teuer und gewagt. Alle Busse auf Batterietechnik umstellen zu wollen, zeugt von völliger Fehleinschätzung der technischen Realitäten, es zeugt davon, dass man den Bock zum Gärtner macht – oder in diesem Fall die Ziege zur Gärtnerin.

[Katrin Seidel (LINKE): Wow! Unverschämtheit!]

Das Resultat ist eine ideologiegesteuerte gigantische Mittelverschwendung im bitterarmen Berlin. – Danke schön!

[Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Vorgeschlagen wird die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Betriebe sowie mitberatend an den Ausschuss für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz und an den Hauptausschuss. – Widerspruch dazu höre ich nicht – dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 31:

Die Opfer des Berliner Päderastieskandals ernst nehmen und ihren berechtigten Anliegen entsprechen: Zehn-Punkte-Katalog gegen Kindesmissbrauch

Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/2789

In der Beratung beginnt die AfD-Fraktion. Es hat das Wort Herr Abgeordneter Weiß.

[Anne Helm (LINKE): Er hat seine Medaille vergessen!]

Frau Präsidentin! – Ich bitte nach § 84 der Geschäftsordnung um die Anwesenheit des Finanzsenators.

[Steffen Zillich (LINKE): Was? – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Gibt es einen thematischen Zusammenhang?]

Er war gerade noch anwesend. Vielleicht kann man ihn dazu bitten.

[Zurufe von der AfD: Ist ja auch Plenum heute! Arbeitstag! Pflichttermin!]

Ich begründe das auch gern. Es geht in dem Antrag, der im Hauptausschuss mitberaten wird, um die Entschädigungsleistungen. Ein wesentlicher Teil meiner Rede wird sich mit der juristischen Auseinandersetzung der Opfer mit der Senatsverwaltung für Finanzen beschäftigen. Deswegen fände ich es schön, wenn der Finanzsenator anwesend wäre.

[Zuruf von Sven Kohlmeier (SPD) – Heiko Melzer (CDU): Wollt ihr darüber abstimmen?]

Ist schon veranlasst.

[Steffen Zillich (LINKE): Wir könnten trotzdem abstimmen!]

Ich habe das beantragt. Sie können natürlich darüber abstimmen lassen und dann dagegen entscheiden. Ich fände es nur schön – – Er ist schon da. Hat sich erledigt. Sie können sich beruhigen.

[Paul Fresdorf (FDP): War das jetzt ein Antrag?]

Herr Finanzsenator ist im Raum. Sie können gern beginnen.

Sie können sich beruhigen, Herr Kollege Kohlmeier!

[Zuruf von Sven Kohlmeier (SPD)]

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Senatsverwaltungen möchten heute in der Öffentlichkeit in der Aufarbeitung des Kinderschänderskandals als engagiert wahrgenommen werden. Die Opfer nehmen das heutige Agieren des Senats indes als Zumutung wahr und sprechen von einem zweiten Martyrium. Die Senatsverwaltung spricht von Aufarbeitung, nur tut sie dies, wie Äußerungen und Akten zeigen, im Rahmen einer PR-Strategie in eigener Sache und nicht auf die Interessen der Opfer konzentriert. Von einer echten Übernahme von Verantwortung ist der Senat weiterhin noch meilenweit entfernt. Ich zitiere – mit Erlaubnis der Präsidentin – eines der Opfer:

Die warmen Worte von Frau Scheeres nützen uns gar nichts. Das ist nur emotionale Erpressung, damit wir klein beigeben und still werden. Ein echtes Eingeständnis der Schuld mit Rechtswirkung kommt vom Senat ja nicht.

(Andreas Wild)

Das ist ein Offenbarungseid. Auf der einen Seite bekundet der Senat wiederholt Betroffenheit, auf der anderen Seite kämpft er mit harten Bandagen der Juristerei gegen die Opfer. Das passt nicht zusammen. Der Senat treibt mit den Opfern ein doppeltes Spiel, und das ist ein Skandal.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Jessica Bießmann (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Der als Pflegevater getarnte Missbrauchstäter hatte in Prof. Helmut Kentler einen einflussreichen Beschützer. Kentler leugnete hartnäckig, dass Kindesmissbrauch Folgeschäden hervorruft und machte Opfer vor Gericht lächerlich. Kein vernünftiger Mensch würde heute noch die schändlichen Missbrauchsfolgen leugnen. Aus diesem Grund ist es zutiefst beschämend, dass das einzige Schreiben – das einzige Schreiben! – das die Opfer von der Senatsverwaltung für Finanzen erhalten haben, in Zweifel zieht, dass die über Jahre dauernde sexuelle Gewalt einen Schaden verursacht hätten.

[Zuruf von der AfD: Unglaublich!]

Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin aus der Klageerwiderung des Senats. Die Senatsverwaltung für Finanzen schreibt: Die vom Kläger behaupteten starken psychischen Erkrankungen müssen bestritten werden. Es wird bestritten, dass es sich um Folgen des Missbrauchs handeln soll. – Herr Senator Kollatz! Die Forderungen der Opfer gegenüber dem Land Berlin bilden keinen Fall, den man üblichem Verwaltungshandeln überlassen kann. Es handelt sich um einen Fall von politischer Tragweite, bei dem auch politisch gehandelt werden muss. Nur durch politisches Handeln kann tatsächlich Verantwortung übernommen werden. Ich fordere Sie, Herr Senator, deshalb auf, in dieser Sache endlich politisch Stellung zu beziehen.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Jessica Bießmann (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos) – Andreas Wild (fraktionslos): Bravo!]

Die Opfer haben einen Forderungskatalog vorgelegt, der keine direkten finanziellen Verpflichtungen für das Land Berlin enthält, aber legitimerweise eine Anerkennung der unbezweifelbaren Forschungsergebnisse verlangt.

Der Hildesheimer Forschungsbericht kommt in der Auswertung der Fälle von Marco und Sven zu dem Ergebnis, dass es sich um:

Kindeswohlgefährdung in staatlicher Verantwortung gehandelt hat.

Doch die Senatsverwaltung für Finanzen streitet ab, dass es hinsichtlich der Inobhutnahme als auch während der Unterbringung zu Amtspflichtverletzungen gekommen ist. Das ist beschämend und ein Schlag ins Gesicht der Opfer.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Jessica Bießmann (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Die Forschung legt auf Basis der Pflegeakten dar, wie Kentler den Täter durch Ferngutachten gegen Kritik abschirmte und die Supervision an sich riss. Die Senatsverwaltung für Finanzen bestreitet beides. Die Senatsverwaltung bestreitet, dass der als Pflegevater getarnte Sexualstraftäter regelmäßig mit Kentler telefonierte und es regelmäßig zu Treffen mit Kentler kam, mit anderen Worten, die Senatsverwaltung nennt die Opfer „Lügner“. Diese Liste könnte ich jetzt noch weiterführen. Dieses Vorgehen ist jedoch ein Armutszeugnis und treibt jedem anständigen Menschen die Schamesröte ins Gesicht.

Unwürdig und schändlich ist auch, dass die Senatsverwaltung für Finanzen weiter an der Einrede der Verjährung festhalten will. Das Gutachten des Wissenschaftliches Dienstes ist zu einem eindeutigen Ergebnis gekommen: