Protocol of the Session on February 16, 2017

„Klägerinnen“ habe ich nur gesagt, genau! – womöglich ebenfalls zwei Monatsgehälter zahlen müssen. Das Problem müssen wir dringend abstellen. Das ist ein praktisches, denn wir sind die Haushaltsgesetzgeberinnen, und wir wollen, dass das Geld für andere Dinge ausgegeben wird und dass nicht die Verwaltung den Schaden mitproduziert, indem sie dort nicht abhilft.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Aber die politische Verantwortung, die wir insgesamt alle miteinander haben, ist auch die, dass wir die Schulen, das heißt, die Lehrerinnen und Lehrer, die Schülerinnen und Schüler und auch die Eltern nicht allein lassen. Für den Fall, dass dieses Gesetz keine Anwendung dergestalt

(Marcel Luthe)

findet und geändert werden muss, müssen wir Vorsorge leisten und Ressourcen zur Verfügung stellen, damit die Schulen darauf reagieren können.

Da ich am Anfang die Frage gestellt habe, wie es das Land Berlin mit der Religion hält, will ich Sie nicht im Unklaren lassen, wie ich es eigentlich mit der Religion halte. Das ist eben wirklich etwas ganz Persönliches, was auch immer ein Stück biografisch geprägt ist. Ich bin muslimisch geboren, wurde katholisch sozialisiert und wohne jetzt in Friedrichshain. Als Friedrichshainerin sage ich, weniger Religion ist mehr Lebenslust.

[Beifall von Frank-Christian Hansel (AfD)]

Deswegen bin ich mittlerweile im Herzen Hedonistin, und dann erübrigt sich auch die eine oder andere Frage.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und der AfD – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Frank-Christian Hansel (AfD): Sehr sympathisch!]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Integration, Arbeit und Soziales und mitberatend an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie sowie an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz, Antidiskriminierung empfohlen. – Widerspruch dazu höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf die

lfd. Nr. 3.6:

Priorität der Fraktion Die Linke

Tagesordnungspunkt 24

Beendigung der Kohlenutzung in Berlin

Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/0139

In der Beratung beginnt die Fraktion Die Linke und dort der Kollege Efler. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Es ist heute eine sehr energiegeladene Plenarsitzung. Ich freue mich ganz besonders darüber als jemand, der viele Jahre außerparlamentarisch zur Energiewende beigetragen hat, heute hier im Parlament auch zu der Umsetzung beizutragen. Ich spreche auch für die Kollegen Taschner und Kössler.

Erst hatten wir die Entfesselung der Stadtwerke, nun eben den Kohleausstieg. Es gibt viele gute Gründe, aus der

Kohlenutzung auszusteigen, weltweit, in Deutschland und auch in Berlin. Ich will nur einige wenige nennen. Der wahrscheinlich wichtigste Grund ist der Klimawandel. Wir haben spätestens seit dem Pariser Klimaabkommen die klare Erkenntnis, dass die Kohle der klimaschädlichste Energieträger ist. Was aber bisher relativ selten diskutiert wird, ist, dass der Klimawandel weltweit auch eine gewaltige Fluchtursache ist.

[Beifall von Katalin Gennburg (LINKE)]

Immer mehr Menschen wird jetzt schon die Lebensgrundlage durch den Klimawandel geraubt. Dieses Phänomen wird sich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch bedeutend verschärfen. Wer ernsthaft Fluchtursachen bekämpfen will, nicht nur Geflüchtete, der muss auch den Klimawandel bekämpfen und muss auch aus der Kohle aussteigen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Weiterhin ist die Kohle, ob man es nun toll findet oder nicht, eine endliche Ressource. Irgendwann gibt es sie nicht mehr, weil sie nicht weiter gefördert werden kann. Wir müssen also früher oder später sowieso aussteigen. Wenn wir es aber noch weiter aufschieben, ist es auch wirtschaftlich unvernünftig und wird immer teurer. Also machen wie es lieber schneller als später.

Hier in der Region, das wissen die Betroffenen in der Lausitz ganz genau, kann man auch leider die Belastung durch den Tagebau sehr genau erkennen. Wir haben einen gewaltigen Flächenverbrauch durch Tagebau. Wir haben eine jahrzehntelange Belastung von Landschaften inklusive Luftverschmutzung und Wasserverschmutzung. Wir haben Umsiedlungen und Entwurzelungen von Menschen in den Entwicklungsländern, aber eben auch hier in der Region durch Kohletagebau. Das ist ein Grund, aus der Kohle auszusteigen.

Diese Problematik ist dem Haus wunderbar bekannt, vor allem der CDU-Fraktion, die jetzt leider nicht mehr sehr stark vertreten ist. In diesem Haus ist in der letzten Wahlperiode die Enquete-Kommission „Neue Energie für Berlin“ zu einer unumstrittenen Empfehlung gekommen, aus der Kohle auszusteigen, übrigens inklusive einer Ausstiegsperspektive für die Kohlenutzung in Brandenburg. Insofern freue ich mich gleich schon auf die Begründung, warum Sie unserem Antrag zustimmen werden.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Anne Helm (LINKE)]

Insofern haben wir schon gute Grundlagen für unseren Antrag. Der spricht auch im Wesentlichen für sich.

Ich will jetzt noch kurz zu zwei Punkten etwas ausführen, zum einen zur Frage – ich nenne es einmal – Ausstiegskonzeption. Wir wollen das so verbindlich und so schnell wie möglich. Ich halte spätestens 2030 für richtig. Wenn es schneller geht, soll es mir auch recht sein. Wir

(Canan Bayram)

brauchen dafür aber eine vernünftige Planung, eine Machbarkeitsstudie, in der Parameter wie Wärmewende, Ersatzinvestitionen und auch die Preisstabilität untersucht werden. Es geht nicht darum, es möglichst schnell und kopflos zu machen, sondern durchdacht konzeptionell sinnvoll und dann auch tragfähig. Wichtig ist auch – das ist natürlich für Die Linke immer wichtig – die soziale Komponente. Wir wollen einen sozialverträglichen Ausstieg, keinen Ausstieg mit dem Holzhammer. Wir wollen die Beschäftigten mit ins Boot nehmen. Wir wollen eine Umstiegsperspektive erarbeiten.

Ich will noch einen Aspekt ausführen, für den man nicht immer Beifall bekommt, vielleicht auch in der Koalition nicht. Mir ist er aber sehr wichtig. Das ist das Stichwort Brandenburg. Der Antrag sagt auch, dass sich der Senat im Rahmen der gemeinsamen Landesplanung gegen neue und die Erweiterung bestehender Braunkohletagebaue einsetzen soll. Diese Forderung stößt nicht immer auf ungeteilte Unterstützung im Nachbarland und wird leider manchmal auch sehr schroff zurückgewiesen. Deswegen will ich noch kurz darauf eingehen.

Worum es uns nicht geht: Wir wollen nicht unsere Freundinnen und Freunde, unsere Kolleginnen und Kollegen in Brandenburg belehren. Das haben wir überhaupt nicht nötig. Das steht uns auch gar nicht zu. Mindestens in einem Punkt ist Brandenburg besser, was Berlin angeht, und das ist energiepolitisch. Brandenburg hat einen Anteil von etwa 20 Prozent an erneuerbaren Energien am Primärenergieverbrauch, Berlin hat unter vier Prozent Anteil. Deshalb müssen wir Brandenburg nicht unbedingt belehren. Wir müssen unsere Hausaufgaben machen.

[Zuruf von Henner Schmidt (FDP)]

Wenn die geplanten Braunkohletagebaue entsprechend ausgebaggert werden, wenn die Nutzung geschieht, sind die Klimaziele einfach nicht mehr zu erreichen. Deshalb muss sich Berlin hier im Rahmen der gemeinsamen Landesplanung dagegen stark machen. Dazu fordere ich den Senat auch explizit auf.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Daniel Buchholz (SPD)]

Das Berliner Wasser ist durch den Brandenburger Braunkohletagebau betroffen. Sie alle kennen die Diskussion um die braune Spree, um zu hohe Sulfatwerte. Schauen Sie einmal beim Wasserwerk Friedrichshagen, und reden Sie dort einmal mit den Wasserwerken. Sie werden die Problematik sehen.

Ich denke, dass wir einen vernünftigen Antrag vorgelegt haben. Ich freue mich auf die hoffentlich große Unterstützung in diesem Haus und auf die Beratung im Ausschuss. – Vielen Dank!

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion hat der Kollege Schultze-Berndt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich ist dieser Antrag mit dem Titel „Beendigung der Kohlenutzung in Berlin“ wieder ein typisches rot-rot-grünes Wünsch-dir-was, ein Kontra-VattenfallAntrag. Aber es gibt einen ganz bemerkenswerten Nebensatz in einem der Absätze. Der heißt:

Im Rahmen der gemeinsamen Landesplanung Berlin-Brandenburg soll Berlin gegen den Aufschluss und die Erweiterung von Braunkohletagebauen eintreten.

Das ist ein Nebensatz. Zu diesem Nebensatz möchte ich Sie ausdrücklich beglückwünschen, weil Sie eigentlich alle extrem feige waren. Alle, die den Energiewandel ernst nehmen, waren enttäuscht über diesen Koalitionsvertrag. Es gab kein einziges Wort zum Braunkohleabbau in Brandenburg. Es ist auch klar: Linke und SPD stellen die Regierung in Brandenburg, und die wollen sich natürlich nicht von ihren Kumpeln in Berlin hereinreden lassen. Das ist in Ordnung. Das ist natürlich. Es ist feige.

Ernsthaft: Die Betriebserlaubnis für die Verfeuerung von Braunkohle in Brandenburg läuft noch ein paar Jahre. Wie lange läuft die Braunkohleverstromung in Brandenburg? Wann wird in Brandenburg die Braunkohleverstromung enden? Das ist eine rhetorische Frage, das wissen wir alle. Sie wird im Jahr 2042 enden. In 25 Jahren beenden die in Brandenburg die Braunkohleverstromung. Mein Gott, was haben wir das Klima in Berlin gerettet, wenn wir innerhalb von zwei Wochen die Braunkohleverstromung in Berlin beenden! Wir wissen, dass nur wenige Kilometer von der Landesgrenze Berlins entfernt die Braunkohleverstromung die nächsten 25 Jahre fortgesetzt wird.

[Beifall bei der CDU und der AfD]

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Efler?

Bitte schön!

(Dr. Michael Efler)

Herr Schultze-Berndt! Sie haben uns gerade wegen der rot-roten Regierung in Brandenburg Feigheit vorgeworfen und haben auf unseren Koalitionsvertrag verwiesen. Ist Ihnen bekannt, dass sich in diesem Koalitionsvertrag explizite Aussagen zum Kohleausstieg in Brandenburg befinden?

Nein! Die expliziten Aussagen zum Braunkohleabbau sind nichts anderes als eine Pseudo-MöchtegernAbsichtserklärung, nichts Konkretes und vor allen Dingen kein Hilfsangebot. Das eine wissen wir doch genau: Die Menschen, die im Braunkohletagebau in Brandenburg arbeiten, brauchen eine Zukunftsperspektive. Diese Zukunftsperspektive kann ja nicht aus Verboten und Geboten und Repressalien bestehen und aus Drohungen, wie schnell man aussteigen will, sondern natürlich aus Hilfsangeboten. Insofern muss doch klar sein, dass wir in einer gemeinsamen Arbeitsmarktregion BerlinBrandenburg sagen: Wir haben einen Cluster Energietechnik mit mehr als 20 000 Mitarbeitern, und selbstverständlich wollen wir mit euch gemeinsam eine Zukunftsperspektive eröffnen. Das, was Sie machen, ist

[Zurufe von den GRÜNEN: Na?]