Protocol of the Session on May 14, 2020

um das Gute-Kita-Gesetz des Bundes umzusetzen. Wir als Grüne-Fraktion glauben, dass das gleich doppelt gut ist: zum einen, weil die Stärkung der Betreuungsinfrastruktur und Kitaausstattung natürlich schon seit Langem überfällig ist, zum anderen weil dies gerade jetzt in der Coronakrise wichtiger denn je ist, denn die Krise stellt die Kitaleitungen vor große organisatorische Aufgaben. Deshalb, glauben wir, ist es nur zu begrüßen, dass das Land Berlin den Leitungsschlüssel mit den Mitteln aus dem Gute-Kita-Gesetz substanziell verbessert.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Ebenfalls alles andere als neu oder politisch überraschend ist, dass wir die gesetzlichen Grundlagen zugunsten der Verstetigung des bisherigen BSR-Pilotprojekts im Bereich der Parkreinigung schaffen. Das bedeutet konkret eine Änderung des Straßenreinigungs- und des Berliner Betriebe-Gesetzes. Das Ziel, so dachte ich, wäre eigentlich klar und würde uns alle einen: Es geht um saubere Parks, es geht um eine gesunde Stadtnatur für alle Berlinerinnen und Berliner. Herr Goiny, ich muss Sie leider korrigieren: Wir haben im Rahmen der Beratungen und Beschlussfassung über den Doppelhaushalt eben nicht nur die BSR gestärkt. Für den Großteil der Parks bleiben die Berliner Bezirke zuständig.

[Zuruf von Christian Goiny (CDU)]

Die Berliner Bezirke haben deswegen im Rahmen der Beschlussfassung über den aktuellen Haushalt zusätzliche Mittel erhalten – für die Grün- und die Baumpflege. Das sogenannte Baumbudget ist von uns deutlich erhöht worden. Wir messen hier also nicht mit zweierlei Maß, sondern jeder Park und jede Grünfläche sind uns gleich viel wert.

[Beifall von Dr. Turgut Altuḡ (GRÜNE)]

Völlig neu ist mir – das will ich an dieser Stelle auch sagen –, Frau Kollegin von der AfD-Fraktion, dass offenbar die AfD-Fraktion der Meinung ist, dass man überhaupt keine öffentlichen Mittel verwenden darf, um Parks und Grünflächen zu reinigen, unabhängig davon, ob es die BSR oder die Bezirke sind. Es stellt sich dann nur die Frage, wer dann eigentlich die Arbeit machen soll. Vielleicht ja Sie selbst.

An zwei Stellen, darauf will ich auch hinweisen – der Kollege Schneider hat es bereits deutlich gemacht –, ist das vom Senat vorgelegte Haushaltsumsetzungsgesetz aber nicht reine Umsetzung, sondern weicht von dem Haushaltsgesetz des Parlaments ab. Ich denke, darüber wird in den weiteren parlamentarischen Beratungen zu reden sein. Zum einen ist es so, dass die sogenannte Berlin- oder Ballungsraumzulage nicht, wie ursprünglich vom Senat versprochen und vom Parlament als Haushaltsgesetzgeber beschlossen, ab dem 1. November 2020, sondern erst zwei Monate später, nämlich ab dem 1. Januar 2021 gewährt werden soll. Diese Maßnahme dient der Gegenfinanzierung eines anderen Versprechens

(Dr. Kristin Brinker)

des Senats, der sogenannten Coronaprämie oder Heldenprämie.

Vielleicht ein paar Sätze zu diesem Thema: Ich persönlich finde das sehr naheliegend, dass das, was im Land Berlin, in der gesamten Republik von Menschen geleistet wird in dieser Krise, unser aller Dank wert ist. Und, wie wir auch gemeinsam festgestellt haben, Wertschätzung sollte sich nicht immer nur in warmen Worten bemessen oder in abendlichem Applaus auf dem Balkon, sondern, ja, Wertschätzung drückt sich eben auch materiell aus. Insofern finde ich diese Überlegung sehr, sehr nachvollziehbar. Um es auch deutlich zu sagen, jeder Mensch, der eine solche Heldenprämie dann bekäme, dem sei sie von Herzen gegönnt.

Der Bundestag wird meines Wissens heute beschließen, dass es eine solche Prämie für den Pflegebereich gibt. Meine Fraktion auf Bundesebene hat daran zwei Kritikpunkte, zum einen, dass es nur der Pflegebereich ist. Die sprichwörtliche Supermarktkassiererin ist eben nicht eingeschlossen.

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Zum anderen glauben wir, dass gerade den Pflegekräften eben nicht mit einer einmaligen Prämie gedient ist, sondern, was hier nottut, ist, dass Pflegekräfte in diesem Land endlich ordentlich bezahlt werden,

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und der AfD]

und zwar in, aber auch nach der Krise.

Gleichwohl, der Bund schafft es zumindest, hier in einem bestimmten Berufssegment alle zu erfassen, soweit ich informiert bin, egal, ob sie bei einem öffentlichen Träger oder bei einem privaten Träger arbeiten, ob sie Auszubildende sind oder ob sie ein freiwilliges soziales Jahr machen. Ich denke, das ist auch eine Leistung.

Damit wäre ich bei der Berliner Diskussion. Ich glaube, wir müssen in der Tat diskutieren, wie wir eine Prämie hinbekommen, wenn sie denn gewollt ist, die nicht neue Gerechtigkeitslücken aufwirft, die sich nicht nur auf den öffentlichen Bereich bezieht, sondern auch auf andere Formen der Tätigkeiten, wo wir nicht Heldinnen und Helden erster und zweiter Klasse oder Beschäftigter erster und zweiter Klasse schaffen. Das ist eine schwierige Diskussion. Wir werden sie führen müssen, damit am Ende etwas, was gut gemeint ist, nicht schlecht gemacht ist.

Aber zurück zum Haushaltsumsetzungsgesetz und zur Ballungsraumzulage: Eine Corona- oder Heldenprämie kann – ich betone: kann – eine gute Sache sein. Meine Fraktion fragt sich schon, ob man zur Gegenfinanzierung dieses Versprechens diejenigen heranziehen sollte, denen gegenüber die Politik ebenfalls im Versprechen steht, nämlich in Form einer Zulage ab dem 1. November die

ses Jahres. Ich formuliere es einmal zugespitzt: Ist es wirklich gut und angemessen, wenn die ganz kleinen Gehaltsgruppen im öffentlichen Dienst, etwa die Wachtmeisterin oder der Sachbearbeiter in der Gutscheinstelle im bezirklichen Jugendamt auf 300 Euro verzichten müssen, damit eine Referats- oder Abteilungsleitung in diesem Jahr eine Prämie erhält? Wirklich sozial gerecht und heldenhaft scheint uns das nicht wirklich zu sein. Also lassen Sie uns bitte in den parlamentarischen Beratungen darüber reden. Der Kollege Schneider hat schon angedeutet, es lohnt die Diskussion, ob man dieses Problem heilen kann.

Die zweite Differenz zwischen Haushalts- und Haushaltsumsetzungsgesetz scheint mir die Laufzeit, die der Senat für die Ballungsraumzulage als Teil einer Novellierung des Bundesbesoldungsgesetzes in der Überleitungsfassung für das Land Berlin anstrebt. Die soll hier gesetzlich bis zum 31. Dezember 2025 fixiert werden. Nun stellt sich natürlich die Frage, warum es für diese Zulage überhaupt eine gesetzliche Befristung gibt. Warum wird sie nicht dauerhaft gewährt? Umgekehrt steht die Frage im Raum, warum ein Anspruch bis einschließlich 2025 festgeschrieben werden soll, während das aktuelle Haushaltsgesetz nur eine Vorsorge von knapp 250 Millionen Euro für das Haushaltsjahr 2021 trifft. Die jetzige Formulierung im Haushaltsumsetzungsgesetz des Senats bedeutet somit weitere Kosten für das Land in Höhe von 1 Milliarde Euro bis 2025.

Nun sagen wir, Investitionen in den öffentlichen Dienst und in die Berliner Beschäftigten sind immer gut investiertes Geld, aber wie passt das zusammen mit den Aussagen eines Finanzsenators, der beispielsweise die Berliner Bezirke mahnt, dass sie den Gürtel enger schnallen müssen, was immer auch bedeutet, dass es womöglich beim Personal und bei den konsumtiven Sachkosten Abstriche gibt. Also, auch über diese zweite Differenz wird in den parlamentarischen Beratungen zu reden sein. Ich freue mich darauf. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion hat die Kollegin Meister das Wort.

Sehr geehrte Präsidentin! Meine Damen und Herren! Haushaltsumsetzungsgesetz 2020: Das ist ein Sammelsurium unterschiedlicher Themen, die sich, wie ich das Gefühl habe, um ein Hauptthema ranken. Insofern fange ich jetzt auch erst einmal mit den kleinen Randthemen an, nicht, weil sie klein sind, sondern weil ich mich nicht weiter vertiefen möchte. Beispielsweise das Kitaförderungsgesetz sollte in dem Ausschuss bei den Fachpoli

(Daniel Wesener)

tikern diskutiert werden. Über die Änderungen des Straßenreinigungsgesetzes haben wir im letzten Jahr bei den Haushaltsberatungen ausführlich diskutiert. Wollen wir einmal hoffen, dass die BSR mit mehr Geld, als die Bezirke vorher hatten, auch mehr reinigt, denn sonst war die Idee nämlich nichts. Die Frage der Kürzung bei der Zuführung der Versorgungsprämie ist auf lange Sicht keine so ganz gute Idee, sondern wird sich eher rächen.

Jetzt kommen wir aber einmal zu dem Thema, das dankenswerterweise schon mein Vorredner angesprochen hat, nämlich die Umwandlung der Hauptstadtzulage – ich will nicht verhehlen, dass wir dieser Hauptstadtzulage durchaus schon skeptisch gegenüberstehen – in diesem Jahr in die sogenannte Heldenprämie.

Das Erste ist schon einmal, dass ein Liberaler aufmerkt, wenn der Staat anfängt, Helden zu definieren. Da wird es schon einmal schwierig.

[Beifall bei der FDP]

Jetzt geht es darum: Wer ist denn ein Held gewesen?

[Torsten Schneider (SPD): Ja eben, das frage ich mich auch!]

Wer ist denn in der letzten Zeit ein Held gewesen? Jetzt haben wir viel darüber gelernt, wie wichtig der Lebensmitteleinzelhandel ist, wie sehr dort geackert wird, dass wir einen Drogeriemarkt brauchen, weil wir das Gefühl hatten, wir bekämpfen Corona am besten mit dem Horten von Klopapier. Wir wissen natürlich, das ist doch völlig selbstverständlich, dass Krankenschwestern, Ärzte und Pfleger einen ganz besonderen Job machen und von besonderer Wichtigkeit sind.

[Zuruf von links: Anscheinend nicht!]

Aber wie wichtig sind denn auch andere Menschen in der Krise gewesen? Wie ist denn die Ware in den Laden hingekommen, wenn sie nicht der Lkw-Fahrer früh um 4 Uhr von der Rampe heruntergebuckelt hätte?

[Anne Helm (LINKE): Hört, hört!]

Was haben denn die Eltern zu Hause geleistet, die versucht haben, nebenbei in der völlig abstrusen Idee, man könnte beim Homeoffice nebenbei Homeschooling machen, Yoga machen, Essen kochen und ähnliches Schönes noch, um dann festzustellen, dass die Idee echt irgendwie nicht so wirklich praxistauglich war?

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der AfD]

Was ist mit den Großeltern, die lange Wochen jetzt schon keinen Besuch mehr haben konnten und ganz verzweifelt versuchen, mit einem iPad den Kontakt zu den Enkelkindern zu halten? Was ist mit allen denen da draußen, Hoteliers, Gastronomen, die völlig verzweifelt versuchen, irgendwie durch die Krise zu kommen, irgendwie mit Außer-Haus-Verkauf zumindest präsent zu bleiben, damit man ihren Namen nicht vergisst? Was ist mit allen Unter

nehmern und Unternehmerinnen, die – danke an die Soforthilfen! – trotzdem noch einen Kredit brauchen und von Bank zu Bank laufen, um sich anhören zu müssen, dass es so nicht ginge, so auch nicht und so vielleicht auch nicht und sich fragen, wie sie noch irgendeine Rechnung bezahlen sollen? Was ist mit allen Künstlerinnen und Künstlern, die gern aufgetreten wären, die sich überlegen, wie sie durch die Zeit kommen, die sich überlegen, wie man mit neuen Formaten leben könnte, mit allen Handwerkern, die natürlich nach wie vor auch arbeiten, ganz normal weiterarbeiten? Was ist mit allen Journalisten, die unsere Arbeit hier begleiten?

[Beifall bei der FDP – Beifall von Franz Kerker (AfD)]

Diese Liste ließe sich endlos fortsetzen. Ich entschuldige mich jetzt schon bei allen, die ich nicht erwähnt habe. Ich glaube, es ist deutlich geworden, dass Helden eben viele sind.

Frau Kollegin! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Fresdorf?

Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Kollegin Meister! Teilen Sie mit mir die Auffassung, dass es angemessen wäre, wenn bei einer Debatte um ein Haushaltsumsetzungsgesetz auch der Finanzsenator anwesend wäre?

Ich würde mich freuen, aber vielleicht sucht er gerade Geld zusammen für die Heldenprämie.

[Stefan Förster (FDP): Der ist schon zurückgetreten! Bei der Koalition! – Weitere Zurufe von der CDU]

Ich möchte noch einmal einen Satz anmerken zu den Helden und zu dem, wer in der letzten Zeit gearbeitet hat und wer nicht gearbeitet hat. Das möchte ich noch erwähnen: Ich glaube, Sie täuschen sich in der Vorstellung, dass jemand, der in Kurzarbeit gehen muss, sich darüber gefreut hat. Ein Großteil der Menschen hätte sehr gern einfach weitergearbeitet, weil sich die Leute durchaus gern dort einbringen, wo sie arbeiten, und dort, wo sie mit anderen Menschen interagieren und dort, wo sie tätig sind. Insofern darf ich mich bei der Heldenprämie schon mal fragen: Ist das gerecht? Ist das fair? Ist das die Idee

der großen Partei – ehemals großen Partei, lange ist es her – SPD, der Partei der Gewerkschaften, der Partei der Tarifverträge, der Tarifpartner, jetzt zu sagen: Der Dienststellenleiter darf dann darüber entscheiden, wer es kriegt und wer es nicht kriegt?

[Zuruf von Joschka Langenbrinck (SPD)]