Das funktioniert folgendermaßen: Sie haben ein schulinternes Curriculum, ja? Das wird durch die Schulen selber erarbeitet. Dazu haben Sie einen Rahmenlehrplan. In diesem Jahr konnten nicht alle Inhalte dieses Rahmenlehrplans, den die Schule im schulinternen Curriculum eingestellt hat, verwirklicht werden, und jetzt müssen die gucken: Was ist davon jetzt wirklich so relevantes
Grundwissen, dass ich das als Schülerin oder Schüler unbedingt lernen muss? – Das muss im nächsten Jahr in das schulinterne Curriculum eingearbeitet werden auf der Basis des Rahmenlehrplans für das Folgeschuljahr. Nun muss ich mir selbstverständlich auch den Rahmenlehrplan für das nächste Schuljahr angucken und muss sagen: Worauf kann ich eigentlich verzichten, also an Inhalten, was aber ist auch hier das unbedingt zu erlernende Grundwissen? – Und dann muss ich das logischerweise auch zeitlich kompatibel machen.
Ansonsten geht es, ich habe es schon gesagt, um Kompetenzerwerb. Sie müssen die Kompetenz erwerben, dass sie sich auch als Schülerin oder Schüler selbstständig Stoff beibringen können, erarbeiten können. Sie müssen die Kompetenz erwerben, im sozialen Raum zu leben, und andere Kompetenzen, die im Rahmenlehrplan auch beschrieben sind. Dazu kommen dann die fachlichen Inhalte. Bei den fachlichen Inhalten kann ich durchaus entscheiden, was jetzt unbedingt erlernt werden muss. In Mathe ist das ja beispielsweise völlig übersichtlich, da baut das eine auf dem anderen auf. Ich kann in anderen Fächern, beispielsweise in Geographie, entscheiden, ob ich dieses Thema schwerpunktmäßig bearbeite und auf jenes Thema vom Schwerpunkt her verzichte. Somit kann ich auch zeitliche Vakanzen schaffen. Na klar!
[Burkard Dregger (CDU): Also Inhalte streichen! – Steffen Zillich (LINKE): Das können Sie ignorieren, aber es kommt sowieso! – Burkard Dregger (CDU): Das kann man doch in einem Satz sagen, aber nicht zehn Minuten lang!]
Ansonsten ist nämlich einfach mal Kreativität gefragt, um temporär weitere Orte im Schulumfeld sowie dort tätige Menschen einzubinden. Da sind wir uns übrigens einig. Das haben Sie in Ihrem Antrag auch drin. Das sind Orte wie zum Beispiel außerschulische Bildungseinrichtungen oder Kinder- und Jugendfreizeitstätten und Stadtteilzentren, was nachhaltig zu einer intensiveren Zusammenarbeit von Schulen und dritten Orten beitragen könnte. Wir brauchen auch mehr Möglichkeiten für Spiel und Sport im Freien, unter anderem durch die Öffnung von Sportflächen und Spielplätzen auch für Schulen, sowie die Einrichtung temporärer Spielstraßen, die wir auch für die Schule mit nutzen können.
Für die Projekte sollten zum Beispiel Künstler und Künstlerinnen die Möglichkeit geboten werden, in Schulen mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten, Erlebnisse zu schaffen und auch so eine emotionale Krisenbewäl
tigung zu ermöglichen. Anhand der Coronakrise werden Probleme deutlich, die wir vorher schon hatten. In der Frage sehe ich es ganz genau wie Sie: Die Berliner Schulen waren fast alle auf die Möglichkeiten des digitalen Lernens nicht eingestellt.
Was hier aber innerhalb von wenigen Wochen geschaffen wurden, markiert einen Sprintstart, und die Mühen der Ebene brauchen jetzt unsere starke Unterstützung. Das geht damit los, dass alle Schüler und Schülerinnen und Lehrkräfte ein mobiles Endgerät bekommen müssen. Das ist im Übrigen schon längst eine Forderung der Linken.
Es ist erstaunlich, dass sich die CDU dem jetzt anschließt, aber eine gute Sache. Und es geht damit weiter, dass Breitband und WLAN zur Verfügung stehen müssen – das haben wir im Haushaltsplan drin – und dass die Kompetenzen für den Umgang mit digitalen Medien gezielt durch Lehrkräfte und Schüler und Schülerinnen erworben werden müssen.
Mit den Prüfungen sehe ich es ein bisschen anders als Sie. Wollen Sie alle rausschmeißen, die ihre Prüfung nicht bestehen? – Ich glaube, darum geht es nicht in erster Linie, aber dazu werden sicherlich meine Kolleginnen und Kollegen noch etwas sagen.
Zum CDU-Antrag wollte ich bloß noch kurz sagen: Den akzeptablen Teil dieses Antrags finden Sie schon in unserem Antrag wieder. Über andere Sachen kann man sicherlich im Ausschuss noch diskutieren.
Natürlich sind Vorschläge dabei, die sicherlich beratenswert sind. Zu anderen habe ich mich schon kurz geäußert. Da haben wir durchaus Differenzen.
Vielen Dank! – Wir kehren dann zur ursprünglichen Redereihenfolge zurück, und für die SPD-Fraktion hat als Nächstes die Kollegin Dr. Lasić das Wort. – Bitte schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe normalerweise nicht das Glück, nach der CDU zu sprechen, meistens spreche ich vorher. Daher freue ich mich, Herr Stettner, dass mir die Gelegenheit geboten wird, auf Ihren Antrag einzugehen.
Fazit vorab: Auch die CDU kocht nur mit Wasser. Ich finde in Ihrem Antrag keinen wirklichen Punkt, der nicht auch in dem umfassenden Antrag der Koalition enthalten wäre. Ich habe jetzt mitbekommen, Sie hätten behauptet, wir hätten von gestern auf heute abgeschrieben. So schnell schaffen wir eine Abstimmung innerhalb der Koalition nicht.
Unser Antrag stand schon vorher, und ich möchte ein paar Beispiele dafür nennen, warum unser Antrag weitergehend ist als der der CDU.
Thema Digitalisierung: Die CDU fordert die Anschaffung von Endgeräten, die Fortbildung des Personals und die Schaffung adäquater digitaler Lösungen. Zum einen ist der Senat hier längst auf dem Weg und schafft im Eiltempo Endgeräte an und baut digitale Lösungen für Schulen, so schnell es geht, aus. Aber wir als Koalition wollen es noch besser machen.
Schaut man in unseren Antrag, findet man, dass wir die essenziellen Punkte, die noch zu erledigen sind, alle angesprochen haben. Wir sprechen uns für die Anschaffung der Geräte für alle Kinder, die es sich nicht leisten können, aus. Wir fordern eine Fortbildungsoffensive für Pädagoginnen und Pädagogen und erklären auch, wie diese zu stemmen ist, und zwar, indem man das Potenzial des Personals zum Beispiel der Volkshochschulen oder Jugendbildungsstätten einbezieht und darüber diesen auch die Möglichkeit bietet, trotz Corona weiter ihre Honorare zu erhalten. Das ist eine echte Win-win-Situation und Verzahnung der Erwachsenenbildung und der Allgemeinbildung. Wie Sie sehen, liebe CDU: Ihre, ach so innovative Forderung ist schon längst von der Koalition in der Umsetzung, und Ihr Antrag wird hier nicht gebraucht.
Ähnlich verhält es sich bei dem Thema der Ausweitung der räumlichen und personellen Lösungen für den Schulbetrieb. Auch hier bleibt der CDU-Antrag hinter dem Antrag der Koalition zurück. Wir sagen klar: Wir brauchen jegliches Personal, das zu den multiprofessionellen
Teams der Schulen gehört. Nicht nur Lehrkräfte, sondern alle sollen an der Bewältigung der Krise beteiligt sein, denn nur so schaffen wir es, den Drahtseilakt, nämlich den Mischbetrieb zwischen Notbetreuung, Präsenzunterricht, Prüfungen und Homeschooling, zu bewältigen. Wir wollen sämtliche räumliche Kapazitäten im Umfeld der Schule nutzen, vor allem die Jugendeinrichtungen und Familienzentren in der Nachbarschaft. In diesem essenziellen Punkt beider Anträge bleiben Sie deutlich vager als wir. Ihr Antrag wird hier wie auch bei dem Thema Digitalisierung schlicht nicht gebraucht.
Hinsichtlich der Forderung nach Sommerschulen sowie der Einführung des Samstagsunterrichts und der nullten Stunde zum neuen Schuljahr wird darüber hinaus wieder mal offenbar, wie ignorant die CDU gegenüber den berechtigten Interesse der Beschäftigten ist. Ohne Rücksicht auf die bereits bestehenden Belastungen des Schulpersonals in diesen herausfordernden Zeiten, der ohnehin bereits am Limit arbeitenden Beschäftigten – – Der Satz ist komisch.
Sie nehmen keine Rücksicht auf die Belange der Beschäftigten in dem Punkt und erklären nicht, wie das faktisch funktionieren soll. Die von Ihnen angesprochene Prämie kann nicht der Ausgleich für die Belastung sein, die das mit sich brächte. Den Vorschlag lehnen wir tatsächlich ab.
Abschließend komme ich zu dem essenziellen Punkt: Ein Antrag aus dem Parlament soll natürlich immer Empfehlungen für besseres Exekutivhandeln beinhalten – das tun sowohl Ihre als auch unsere Anträge –, aber vor allem muss ein Parlamentsantrag eine politische Aussage beinhalten, die bei knappen Ressourcen die Klärung der Priorisierungsfrage regelt. Hier, liebe CDU, steht in Ihrem Antrag nichts, außer, dass Sie Endgeräte für alle fordern, egal, ob sie es sich leisten können oder nicht. Wir als Koalition sagen aber klar: Wenn Präsenzunterricht Mangelware ist, dann ist es die Aufgabe der Politik, denjenigen, die Präsenzunterricht besonders brauchen, mehr davon zu geben.
Das ist die Forderung der Praktiker. Das ist die Forderung der Wissenschaft. Das ist der klare Fokus der Koalition. Hier bleiben Sie, liebe CDU, leider sprachlos. Das spricht für sich. Wir als Koalition haben den Mut zu sagen: Die Kinder, für die es zu Hause schwer ist zu lernen, die Kinder, wo die Eltern nicht helfen können, die Kinder, die neu im Land sind, gehören zwingend zurück in die Schule. Auch in Zeiten der Not legt R2G den Fokus auf diejenigen, die Bildung besonders brauchen, auch wenn das heißt, dass der Rest etwas weniger Präsenzunterricht bekommt. Das ist mutig, liebe CDU!
Ich bin froh, in dieser schweren Zeit die richtigen Partner an unserer Seite zu haben und nicht eine Fraktion, die glaubt, dass flächendeckendes Ausschütten von Tablets die Lösung aller Probleme ist. – Vielen Dank!
Vielen Dank für das Desinfizieren! – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu einer Gesamtstrategie gegen Corona muss auch gehören, über die humanitären Kosten der verhängten Maßnahmen zu sprechen. Es reicht nicht aus, sich durch Expertise von Virologen leiten zu lassen. Bei allen Entscheidungen müssen auch die Nebenwirkungen abgewogen werden.