Protocol of the Session on January 16, 2020

[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Ja, wir werden Ihren Antrag verbessern! Das hat er dringend nötig!]

Geht es nur um politisches Klein-Klein

[Anja Kofbinger (GRÜNE): So wie bei Ihnen!]

und Rechthaberei, oder geht es um die Frauen in unserer Stadt? Die Richterinnen der Stadt zählen auf uns. Wir täten gut daran, sie nicht zu enttäuschen. Denn wer täglich Gerechtigkeit schafft, sollte von uns vor Ungerechtigkeit geschützt werden. Deshalb sind diese Beratung und diese Abstimmung ein Glaubwürdigkeitstest.

[Beifall bei der FDP – Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Viel zu viel Schaum vor dem Mund! Es hätte so schön werden können!]

Für die SPD-Fraktion hat jetzt Frau Kollegin Çağlar das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! – Vielen Dank, Frau Jasper-Winter, für diesen Tagesordnungspunkt! Ich denke, wir sind uns fast alle einig, dass die aktuelle Situation unbefriedigend ist und auch Richterinnen in den Geltungsbereich des Landesgleichstellungsgesetzes fallen sollten. Klar sollte auch sein, dass niemand in dieser Koalition den Geltungsbereich des Landesgleichstellungsgesetzes im Hinblick auf Richterinnen hinterfragt. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass auch Richterinnen eine Beschäftigungsvert

(Dr. Maren Jasper-Winter)

retung zusteht, die sich für die Vermeidung von Diskriminierung aufgrund des Geschlechts einsetzt und frauenrechtliche Belange durchsetzt. So war es auch bis zuletzt Rechtsanwendungspraxis. Die Gerichte sind der ursprünglichen und heutigen Intention nicht gefolgt, hier haben wir nun dringenden Nachbesserungsbedarf.

Um den Berliner Richterinnen auch weiterhin eine Vertretung zu gewährleisten, die auf frauen- und gleichstellungsrechtliche Belange spezialisiert ist, liegen verschiedene Vorschläge auf dem Tisch, die wir zurzeit beraten. Es gibt verschiedene Lösungsansätze wie beispielsweise eine Änderung des Richterinnengesetzes oder aber auch eine Ergänzung des Landesgleichstellungsgesetzes. Ich bin mir sicher, dass die ursprünglich vom Gesetzgeber gewollte Berücksichtigung der Richterinnen in Hinblick auf eine Interessenvertretung im Sinne des Landesgleichstellungsgesetzes bald rechtssicher hergestellt sein wird und freue mich auf die konstruktive Beratung in den Ausschüssen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die CDU-Fraktion hat jetzt Frau Vogel das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann es heute recht kurz machen: Meine Fraktion wird den Antrag der FDP unterstützen.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Justizsenator Behrendt ist der Ansicht, dass Richterinnen und Richter nicht in den Geltungsbereich des Landesgleichstellungsgesetzes fallen. Diese Meinung wurde durch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg im Oktober 2019 bestätigt.

[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Haben Sie das Urteil überhaupt gelesen, oder reden Sie wie die Blinden von der Farbe?]

Die Folge davon ist, dass die Transparenz von Stellenvergaben und Beförderungen von Richterinnen abnimmt, weil hierbei nicht mehr die Frauenvertreterinnen sowie die Gesamtfrauenvertreterin mitwirken dürfen, sondern nur noch die Personalvertretungen.

Gleichbehandlung und Gleichberechtigung sind in Artikel 3 des Grundgesetzes, in Artikel 10 der Berliner Verfassung sowie in der Gleichbehandlungsrichtlinie des Europäischen Parlaments von 2006 festgeschrieben. Zusätzlich wurde für das Personal im Berliner Landesdienst ein Landesgleichstellungsgesetz beschlossen. Es ist nicht erkennbar, warum dieses nicht auf Richterinnen und Richter anwendbar sein soll. Insbesondere in dieser Be

rufsgruppe gibt es erheblichen Förderbedarf für Frauen, wie die Statistiken zum Landesgleichstellungsgesetz deutlich machen. 2010 wurde das Landesgleichstellungsgesetz geändert, um unter anderem eben auch Richterinnen und Richter in den Geltungsbereich einzubeziehen. Da dieses Ansinnen offensichtlich nicht eindeutig umgesetzt wurde, ist zeitnah eine entsprechende Änderung des LGG notwendig, um den Geltungsbereich nunmehr klar und eindeutig zu regeln und deutlich zu machen, dass im Landesgleichstellungsgesetz auch Richterinnen und Richter einbezogen sind. – Danke!

[Beifall bei der CDU]

Für die Fraktion Die Linke hat jetzt Herr Kollege Schlüsselburg das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Gäste! – Frau Kollegin Jasper-Winter! Schade, dass Sie bei diesem wichtigen Thema mit so viel Schaum vor dem Mund argumentiert haben und leider auch nicht ganz die Sachkenntnisse über die Fakten geliefert haben. Das sehe ich Ihnen nach, weil Ihre Fraktion zu klein und unbedeutend ist, um einen Sitz im Richterwahlausschuss zu haben. Ich sitze im Richterwahlausschuss, und deswegen will ich einmal die Fakten zur Frauenförderung in der Justiz bei Richterinnen und Richtern kurz vervollständigen.

Rot-Rot-Grün steigert den Frauenanteil in der Berliner Justiz. Wir haben insgesamt – das haben Sie gesagt – einen Frauenanteil in der R-Besoldung von 54 Prozent. Was Sie nicht wissen, ist, dass wir im R-Bereich bei der Beförderung inzwischen eine Quote von 42 Prozent haben. Das ist deswegen wichtig, weil wir in den höheren Besoldungsgruppen bei Richterinnen bisher nur eine Quote von 37,83 Prozent haben. Das heißt, Rot-Rot-Grün ist gerade dabei, auch bei den höheren Besoldungsgruppen die Lücke zu schließen, um mindestens Parität zu erreichen. Bei den Neueinstellungen – Frau JasperWinter, das kann ich Ihnen sagen – haben wir im Richterwahlausschuss eine Frauenquote von 65 Prozent. Wir machen also gerade einiges, um bei der Frage der Richterinnen mindestens die Parität zu erreichen. – So viel zu den Fakten.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Carsten Schatz (LINKE)]

Herr Kollege! Ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage von Frau Jasper-Winter zulassen.

(Derya Çağlar)

Am Ende! Ich würde jetzt noch kurz zum Antrag der FDP ausführen, dann rufe ich es gern noch einmal auf, wenn noch Zeit ist.

Sie möchten den personellen Anwendungsbereich des LGG auf Richterinnen erweitern. Das ist ein guter Vorschlag, der ursprünglich auch im neunten Änderungsgesetz vom Senat vorgesehen war, das parlamentarische Verfahren aber leider nicht überlebt hat. Ich habe versucht, das aufzuklären; das OVG auch. Das OVG hat es nicht herausgefunden, und ich habe es auch nicht herausgefunden trotz des Führens von Interviews. Insofern kann ich Ihnen hier und heute für die Koalition zusagen, dass wir das LGG entsprechend ausweiten werden, aber ich muss Ihnen leider auch sagen, dass Ihr Antrag in der vorliegenden Fassung dafür noch nicht ausreichend ist.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Das macht nichts!]

Warum ist das so? – Wir brauchen zusätzlich noch eine Überarbeitung der Zuständigkeit der Gesamtfrauenvertreterin in § 18, Abs. 4, Satz 1 LGG, um sie zum Beispiel an die Beteiligung des Präsidialrats anzubinden. Die Koalition wird in diesem Sinne Ihren Antrag zur Zustimmungsfähigkeit im Ausschuss läutern. – Frau Jasper-Winter! Da helfen wir Ihnen gern. Da jetzt noch 39 Sekunden übrig sind, lasse ich natürlich auch gern die Zwischenfrage zu.

[Marcel Luthe (FDP): Das zum Beispiel war eine Machonummer gegenüber einer Frau!]

Bitte schön, Frau Kollegin!

Vielen Dank, dass Sie uns da weiterhelfen! So etwas nehmen wir natürlich gern an.

[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Bitte!]

Meine Frage bezog sich auf den ersten Teil Ihrer Ausführungen. Bei den Zahlen hatten wir gar keinen Dissens. Stimmen Sie mir aber nicht zu, dass die Frauenbeauftragten einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, gerade diesen Aufstieg, den Sie selbst skizziert haben, als Ziel zu erreichen?

Den wir machen! – Ja, natürlich haben Frauenvertreterinnen dabei eine wichtige Funktion. Sie haben das OVGVerfahren und das davor geschaltete Verfahren angesprochen. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit hatte jetzt zu klären, ob unter den aktuellen Tatbestand des LGG die Beteiligung der Frauenvertreterinnen an den entsprechenden Personaleinzelangelegenheiten subsumierbar ist. Der Gesetzgeber hat sich zurückgehalten und abgewartet, was das OVG sagt. Das OVG ist zu dem Ergebnis gekommen,

dass es unter den derzeitigen Tatbestand nicht subsumierbar ist, auch nicht im Wege der Auslegung. Insofern ist jetzt tatsächlich der Gesetzgeber am Start. Ich habe Ihnen gesagt, dass wir als Koalition bereit sind, das zu machen. Ich habe Ihnen auch gesagt, dass Ihr Antrag leider etwas ungründlich war wie am Anfang leider auch Ihre Rede, was die faktische Politik von Rot-Rot-Grün bei der Frauenförderung im Bereich der R-Besoldung anbelangt. Das ist aber nicht schlimm, weil ich Ihnen auch gesagt habe, dass wir Ihren Antrag entsprechend zur Zustimmungsfähigkeit läutern werden. In diesem Sinne freue ich mich auf ein hoffentlich etwas sachlicheres Verfahren in den Ausschüssen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Eine Zwischenbemerkung von Frau Jasper-Winter. – Bitte schön!

Werter Kollege Schlüsselburg! Die Art und Weise, in der Sie hier, wenn wir uns in den Fakten einig sind und ich diese sachlich vortrage, Mansplaining betreiben, ist der Debatte, die wir zu einem Thema wie Gleichberechtigung führen, wirklich nicht angemessen.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Herr Kollege Schlüsselburg zur Erwiderung!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Wir können ja dann noch einmal im Wortprotokoll nachlesen. Ich glaube, ich bin nicht der – oder die – einzige im Raum gewesen, der wahrgenommen hat, dass Sie mit einigem Schaum vor dem Mund und mit einigen Vorwürfen, zum Teil auch sachlich falsch, gegen den Justizsenator dieses Thema gepusht haben. Ich habe dafür Verständnis.

[Zuruf von Paul Fresdorf (FDP)]

Ich habe auch schon einmal für eine Oppositionsfraktion gearbeitet und weiß, dass das zum parlamentarischen Spiel dazugehört.

Was den Vorwurf des Mansplaining anbelangt: Es tut mir leid, wenn Sie das so empfunden haben. Ich muss Ihnen aber sagen, und das habe ich auch eingangs in der Rede gemacht: Ich mache Ihnen keinen Vorwurf.

[Lachen bei der FDP]

Sie konnten bestimmte Zahlen, die ich vorgetragen habe, gar nicht kennen. Das hat nichts mit meinem Geschlecht oder mit meiner geschlechtlichen Identität zu tun,

[Paul Fresdorf (FDP): Es wird nicht besser!]

sondern es hat einfach nur etwas damit zu tun, dass ich im Richterwahlausschuss sitze, weil meine Fraktion nach dem Stärkeverhältnis die Möglichkeit hat, dort zu sitzen. Das ist bei Ihnen nicht der Fall. Strengen Sie sich also bei der nächsten Wahl ein bisschen an. Wenn Sie noch ein paar mehr werden, können Sie vielleicht auch im Richterwahlausschuss sitzen, und dann haben Sie auch ein paar mehr Informationen und Fakten. Dann können Sie Ihre Reden auch ein bisschen sachlicher gestalten. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Zuruf von Paul Fresdorf (FDP) – Weitere Zurufe von der FDP]