Protocol of the Session on December 12, 2019

[Franziska Becker (SPD): Hört! Hört!]

können Sie in der Ihnen gar nicht so fernstehenden Zeitschrift „Focus“ nachlesen. Im Übrigen ist es so, dass wir Investitionen in den Krankenhäusern sowohl in den Universitätskliniken als auch den kommunalen Kliniken Vivantes von über 100 Millionen Euro pro Jahr haben. Das hat es seit Ewigkeiten nicht mehr gegeben, und das trägt der wachsenden Stadt Rechnung. Die Investitionsprogramme sind aufgestockt worden, und das geht in die richtige Richtung.

Es gibt noch viel zu sagen, aber es gibt auch viel zu resümieren. Die wichtigsten Schlussfolgerungen sind die,

dass der Haushalt den Weg zur Normalität von Berlin, dass es Berlin gelingt, sich aus einer Situation der tiefen finanziellen Krise herauszuarbeiten, weitergeht und ihn vollendet. Er führt auch sowohl das Investitionsvolumen als auch die Besoldung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Durchschnitt der Bundesländer heran. Es ist ein Haushalt für eine bezahlbare Stadt. Es ist ein Haushalt für eine weltoffene Stadt. Es ist der Haushalt für eine wachsende Stadt, und es ist der Haushalt für eine innovative Stadt. – Ich bitte um Unterstützung!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Abstimmung zu den Einzelplänen findet am Ende der Sitzung statt.

Wir kommen zu

lfd. Nr. d):

Einzelplan 03, Kapitel:

03 30 Wissenschaft 03 40 Forschung 03 91 Sekretariat der Kultusministerkonferenz

Ich verknüpfe dies mit der Beratung über den Auflagenbeschluss Nr. 22 des Hauptausschusses Drucksache 18/2400. In der ersten Rederunde zum Thema beginnt die Fraktion der SPD und hier die Kollegin Dr. Czyborra. – Bitte schön!

Sehr geehrte Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Relativ schmal ist der Band des Haushaltsplanes 03 mit Wissenschaft und Forschung, und das liegt daran, dass wir mit den Hochschulen und der Charité immer Verträge über fünf Jahre schließen, und die großen Summen stecken hinter den unscheinbaren Überschriften „Zuschüsse an“: Universitäten, Fachhochschulen, künstlerische Hochschulen, aber auch z. B. das Studierendenwerk.

Auf über 1,9 Milliarden Euro steigt der Haushalt konsumtiv, und dazu kommen fast 290 Millionen Euro investiv für die Charité und viele Hochschulstandorte. Dazu kommt dann noch SIWANA. Wir stärken die Digitalisierung und die Einstein Stiftung, die gerade zehn Jahre alt wurde und nun sehr erfolgreich arbeitet, das Institut für angewandte Forschung, das den Transfer aus den Fachhochschulen in die Wirtschaft und die Gesellschaft praktiziert, die künstliche Intelligenz und vieles mehr. Wir bezahlen studentische Hilfskräfte besser und finanzieren den zukünftigen Rahmenvertrag mit dem Studierendenwerk auskömmlich.

(Senator Dr. Matthias Kollatz)

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

In der Senatskanzlei stärken wir das Medienboard, die Deutsche Film- und Fernsehakademie und allgemein die Medienvielfalt, Kompetenz und Innovation. Einer der Streichvorschläge der AfD ist ja die Filmförderung.

Wir erinnern uns an die guten Nachrichten aus diesem Jahr, dass Berlin in Verhandlungen mit dem Bund über die Pakte und in der Exzellenzinitiative sehr erfolgreich war. Wir haben immer häufiger Superlative zu vermelden. Wir haben gerade wieder einen neuen Supercomputer. Der liegt dann auf Platz 40. Demnächst liegt er noch weiter oben, wenn er mit Göttingen zusammenarbeitet. Wir haben eins von zwei der weltweit besten Elektronenrastermikroskope in Berlin usw. Immer häufiger haben wir diese Nachrichten. Wir gratulieren natürlich Brandenburg zur geplanten Ansiedlung von Tesla. Damit hat unsere Region wieder tolle Chancen, zur Elektropolis zu werden, zu einem Zentrum der modernen Industrie und Mobilitätsforschung.

[Beifall von Franziska Becker (SPD)]

Ganz allein kann die Wissenschaft das nicht. Wir brauchen auch die Industrie, den Dialog und die Kooperation, z. B. mit so etwas wie der IAA. Wo, wenn nicht in Berlin, der sprichwörtlichen Stadt der Wissenschaftskooperation – man könnte fast sagen, wir haben es erfunden –, soll denn so ein Dialog stattfinden?

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Heiko Melzer (CDU)]

Wo haben wir noch Schwerpunkte gesetzt? – Wir haben die Gründung des Einstein-Zentrums für die Tierversuchsforschung finanziert, damit wir Tierversuche reduzieren und ersetzen und eine bessere Forschung mit alternativen Modellen und Präparaten machen können. Was kann denn eigentlich die Mathematik? – Sie kann uns die Verkehre und Energieflüsse der Zukunft berechnen und z. B. auch die CO2-Abdrücke von Lebensmitteln. Mathe ist echt so cool!

[Beifall von Marion Platta (LINKE)]

Endlich finanzieren wir auch das Zuse Institut auskömmlich. Da steht ja auch der neue Supercomputer Lise. Wir haben ein neues Förderprogramm „Wissen für Berlin“. Es soll Brücken zwischen Gesellschaft und Wissenschaft zum Nutzen der Stadt und der Menschen schlagen. Wir glauben fest an die Zukunft, eine Zukunft, in der wir nicht in Sack und Asche gehen müssen und trotzdem nicht die Erde ruinieren. Wir glauben, dass wir die Schlüssel für eine lebenswerte Zukunft auf diesem Planeten haben – in den Händen und vielleicht manchmal leider auch in den Schubladen unserer Wissenschaftseinrichtungen. Wir glauben, dass wir die Menschheit mit einer intelligenten Landwirtschaft der Zukunft ernähren können. Gucken Sie mal nach auf den Seiten des Fraun

hofer-Instituts und vieler Forschungseinrichtungen hier und im ganzen Land, was da geforscht und gemacht wird, was für Möglichkeiten wir haben.

Wir erleben gerade die sog. dritte industrielle Revolution, und das macht vielen Angst. Maschinenstürmer gab es immer in sich wandelnden Zeiten. Zu glauben, wir könnten mit Rolle rückwärts, Einigeln und Ignoranz irgendjemand schützen, ist Unsinn. Auch dazu passen die Kürzungen der AfD, z. B. bei der Geschlechterforschung und allem, was da als Gegenteil von Wissenschaftsfreiheit vorgeschlagen wird. Wir glauben, dass in einer vernetzten Welt Menschen dank Technologie z. B. ihre eigenen Energieerzeuger werden können und vieles mehr, was unser Leben besser, gesünder und nachhaltiger macht. Bis dahin haben wir noch einigen Widerstand zu überwinden. Auch dazu brauchen wir Wissenschaften, Ökonomie – ganz wichtig –, Soziologie, Politikwissenschaften, Geschichtswissenschaften und vieles andere, was in dieser Stadt erfolgreich und vernetzt forscht und an unserer Zukunft arbeitet. Ich bin sehr froh, dass wir mit diesem Haushalt unseren Beitrag dazu leisten. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion hat der Kollege Grasse das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin, Frau Dr. Czyborra! Während Sie noch in der dritten industriellen Revolution leben, sind wir inzwischen schon in der vierten angekommen. Die Bemerkung kann ich mir leider nicht verkneifen.

[Torsten Schneider (SPD): Das macht Ihnen schwer zu schaffen!]

Ich möchte aber sagen: Die Berliner Wissenschaft ist der hellste Stern am Berliner Firmament. Nichts strahlt heller, nichts bietet mehr Potenzial für die Zukunft unserer Stadt als die Berliner Hochschulen und Forschungseinrichtungen mit ihren Studenten, Professoren und Forschern. Deswegen ist es so wichtig, dass wir diesen Schatz hegen und pflegen.

[Beifall bei der CDU]

Die erfolgreiche Entwicklung in den letzten Jahren war möglich, weil viel Geld in diesen Bereich geflossen ist – mit erheblichen finanziellen Zuschüssen von Seiten des Bundes, wie auch der Regierende Bürgermeister ausgeführt hat –, aber natürlich auch, weil die Stadt unglaublich attraktiv für Studenten und Forscher aus der ganzen Welt ist, weil Berlin eine offene Stadt mit bisher vergleichbar günstigen Lebenshaltungskosten, mit einer Kunst- und Kulturszene ist, die Menschen aus der ganzen

(Dr. Ina Maria Czyborra)

Welt anzieht. Der Spirit von Berlin bietet gerade für internationale Wissenschaftler genau das richtige Umfeld für ihre Arbeit. Daher appelliere ich an den Regierenden Bürgermeister, dafür zu sorgen, dass diese Stadt so lebenswert bleibt und den klugen Köpfen aus der ganzen Welt auch in der Zukunft eine Heimat für Wissenschaft, Forschung und Lehre bietet.

Sie sollten aber alarmiert sein, wenn Berlin seine Spitzenposition in den Start-up-Rankings verliert, wenn sich Investoren nicht mehr in Berlin, sondern vor den Toren der Stadt ansiedeln, wenn die Klubszene sich alleingelassen fühlt und nach Hilfe ruft.

[Catherina Pieroth-Manelli (GRÜNE): Wovon reden Sie?]

Das sind alles Entwicklungen, die der Attraktivität unserer Stadt schaden, die klugen Köpfen die Luft zum Atmen nehmen und damit für Wissenschaftler aus aller Welt nicht mehr reizvoll sind. Wie so häufig nehmen die Universitäten diese Entwicklungen vorweg. Die zunehmende Radikalisierung unter den Studenten sollte uns alle nachdenklich stimmen.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Carsten Ubbelohde (AfD)]

Der Senat darf nicht gleichgültig wegschauen, wenn an der Humboldt-Universität Besetzungen von der Polizei geräumt werden müssen.

[Beifall bei der CDU und der AfD]

Sie, Herr Regierender Bürgermeister, dürfen Aktionstrainings zur Hausbesetzung an der TU Berlin nicht als Informationsveranstaltungen kleinreden.

[Beifall bei der CDU und der AfD]

Es muss klar gesagt werden, was es ist, nämlich die Vorbereitung von Straftaten.

Unsere Hochschulen haben in den vergangenen Jahren einen enormen Aufwuchs an Studienplätzen gestemmt. Angesichts der hohen Zahl an Studienabbrechern ist aber auch klar: Wir müssen verstärkt in die Qualität der Lehre, für eine bessere Infrastruktur und bessere Rahmenbedingungen an den Hochschulen investieren, denn die Zuschüsse des Landes Berlin reichen vielfach nicht aus, um die Qualität von Lehre und Forschung dauerhaft sicherzustellen. Der Senat ist hier in der Verantwortung. Der Sanierungsbedarf an unseren Hochschulen, den Sie lange unterschätzt haben, hat sich mittlerweile auf 5,4 Milliarden Euro aufgetürmt. Wenn Sie sich noch mehr Zeit lassen, werden Sie Jahrzehnte für die Abarbeitung brauchen. Das können und sollten wir uns nicht leisten.

[Beifall bei der CDU]

Genauso wenig sollten wir uns über 4 000 Studenten auf der Warteliste für einen Wohnraumplatz leisten. Es ist ein Armutszeugnis, wenn der Senat von den versprochenen 5 000 zusätzlichen Plätzen bis 2020 – das ist im nächsten

Jahr – bisher nicht einmal ein Fünftel realisiert hat. Wenn vor Kurzem der aus dem Amt geschiedene ehemalige Vorstandsvorsitzende der Charité, Professor Einhäupl, davon spricht, dass die Charité jahrelang auf Verschleiß gefahren wurde und die strukturelle Unterfinanzierung ein hohes Risiko für die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit darstellt, dann sollten seine Worte dem Senat Aufforderung und Warnung zugleich sein.

[Beifall bei der CDU]

Beim Thema Charité kann ich Ihnen, Herr Müller und Herr Krach, die Kinderrettungsstelle nicht ersparen. Sie haben die Schließung im Juni mit dem Versprechen verbunden, ein Konzept für die Kinderversorgung im Südwesten vorzulegen. Darauf warten wir bis heute. Mit dem Doppelhaushalt hatten Sie die Chance, den Wissenschafts- und Forschungsstandort Berlin durch sinnvolle Schwerpunktsetzungen weiter zu stärken. Es ist aus unserer Sicht jedoch an vielen Stellen nicht erkennbar, dass Sie unseren Hochschulen und Forschungseinrichtungen ein verlässlicher Partner sind. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Für die Linksfraktion hat der Abgeordnete Schulze das Wort. – Bitte schön!