Das ist tatsächlich die Auseinandersetzung, um die es in dieser Mietendeckeldebatte auch geht. Müssen wir wirklich akzeptieren, dass in unserer Stadt – wie weltweit in allen großen Metropolen – ein privates Unternehmen dem Mietwohnungsmarkt Tausende von Wohnungen entzieht, um damit Geschäfte zu machen? Airbnb ist keine Benefizveranstaltung, sondern ein profitorientiertes Unternehmen. Wir haben Planungsrecht geschaffen, wir haben dafür die Rahmenbedingungen geschaffen, dass mitten in unserer Stadt Mietwohnungsbau entsteht, und private Unternehmen entziehen den Berliner Mieterinnen und Mietern diese Wohnungen? Das muss ich akzeptieren, weil der Markt es will? – Nein, das muss niemand akzeptieren,
genauso wenig wie ich als Bürgermeister oder als verantwortliche Politik in unserer Stadt akzeptieren muss, dass es ungehindert, jenseits aller Instrumente, die wir schon ergriffen haben, Mietsteigerung gibt, und genauso wenig, wie ich Bodenspekulation akzeptieren muss. Dazu möchte ich gleich zu Beginn etwas sagen, weil es eben den größeren Rahmen abbildet: Bundesweit, aber gerade auch in Berlin müssen wir uns damit auseinandersetzen, wie wir mit Grund und Boden umgehen. Das ist die wichtigste, die wertvollste Ressource in unserer Stadt. Über Grund und Boden entscheiden wir: In welcher Stadt wollen wir leben? Wie entwickelt sich eine Stadt? Was kann ich für Schulbau, für Krankenhäuser nutzen, was wird in dieser wachsenden Metropole eine Grünfläche bleiben? Über Grund und Boden wird das entschieden. Und was wir erleben, wie mit Grund und Boden spekuliert wird, ist schlichtweg unanständig.
Ich muss dabei überhaupt nicht akzeptieren, dass der Markt etwas will. Ich habe dazu auch konkrete Vorschläge gemacht. Wir brauchen eine Bodenwertzuwachssteuer, wir brauchen einen Planungswertausgleich. Die Grundsteuer C, die auf Bundesebene beschlossen worden ist, ist gut und richtig. Sie müssten doch auch ein Interesse daran haben, dass Grundstücke, die beplant und bebaut werden können, der Allgemeinheit zur Infrastrukturentwicklung zur Verfügung gestellt werden. Wenn dies aus spekulativen Gründen nicht geschieht, müssen diese Grundstücke anders besteuert werden. Warum aber kommt diese Steuer erst 2025 und nicht schon 2021 oder 2022?
Es ist zutiefst unanständig, dass wir immer noch eine Steuerbefreiung dafür haben, wenn Grundstücke nach zehn Jahren einfach ungenutzt weiterverkauft werden. Warum eigentlich? Warum muss jemand noch eine Steuerbefreiung bekommen, wenn er einen spekulativen Gewinn hat?
[Beifall bei der SPD und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Georg Pazderski (AfD): Wer ist denn an der Regierung? Wer regiert denn? – Zuruf von Franz Kerker (AfD)]
Das ist das Marktgeschehen, das ich akzeptieren muss? – Nein! Auch an dieser Stelle muss eingegriffen werden. Von Berlin aus werden dazu ganz konkrete Vorschläge gemacht, auch von mir persönlich. Ich sehe voller Freude, dass es diese Debatte nun endlich auch auf Bundesebene gibt und wir Schritt für Schritt zu anderen Antworten kommen, bis hin zu einer anderen Geschäftspolitik der BImA und anderen Maßnahmen, die man auch noch aufzählen könnte.
Es geht dann aber tatsächlich auch um konkrete Instrumente jenseits der ganz großen Fragen. Wie können wir konkret und schneller helfen, unabhängig vielleicht von Bundesgesetzgebung oder grundsätzlichen gesellschaftlichen Debatten? Den Mieterinnen und Mietern zu helfen, muss für uns gerade das wichtigste Ziel sein. Wohnungen – ich will es noch einmal sagen – sind eben keine normale Kapitalanlage. Ja, ich weiß, es gibt auch Vermieter, die zwei, drei Wohnungen oder ein Haus haben, das sie zur Alterssicherung nutzen. Das stimmt, und das sind ganz oft ganz seriöse Vermieter, die mit ihren Mieterinnen und Mietern einen guten Ausgleich suchen. Ich weiß das, und trotzdem,
egal ob großer oder kleiner Vermieter: Eine Wohnung ist eine andere Kapitalanlage als ein Aktienpaket oder
Goldmünzen, denn der Unterschied ist, in Wohnungen wohnen Menschen. Deswegen sind sie ein soziales Gut, und deswegen muss reguliert werden, wie mit diesem sozialen Gut umgegangen wird. Darum geht es.
[Heiterkeit und Zurufe von der SPD und der LINKEN – Torsten Schneider (SPD): Vielleicht sind Sie doch koalitionsfähig!]
Seit diesem Tag trage ich die Zeitung mit mir herum, weil ich wusste, es kommt der Tag, an dem ich vorlesen kann:
[Heiterkeit und Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Aber nur mit Erlaubnis des Präsidenten!]
Christian Gräff, der wohnungspolitische Sprecher der CDU im Berliner Abgeordnetenhaus vertraut nicht mehr darauf, dass der Markt das Problem mit den steigenden Mieten und den knappen Wohnungen schon lösen wird. – Gräff: Ich fände einen Mietendeckel durch eine rechtsverbindliche Einigung mit allen, die am Tisch sitzen, voll okay.
Ja, da kann die CDU-Fraktion etwas lernen von ihrem wohnungspolitischen Sprecher. – Genau darum geht es. Ich weiß, Sie haben diesen Schlenker gemacht: mit allen, die am Tisch sitzen. Das wäre die bessere Lösung gewesen, in einem Verhandlungsverfahren vielleicht jenseits eines Gesetzgebungsverfahrens eine Regelung zu finden, und wir haben es probiert.
Ich habe persönlich mit den Verbänden am Tisch gesessen und habe gesagt: Lasst uns darüber reden! Kriegt ihr es hin – im LfW, im BFW, über die Verbände –, zu einer Einigung zu kommen, mit der wir eine verbindliche Grundlage haben, und alle Vermieterinnen und Vermieter halten sich daran?
Und die Verbände haben gesagt: Nein, wir bekommen es nicht hin! Wir werden ein paar unter den Hut bekommen, aber eben nicht alle! – Und dann ist es Aufgabe des Gesetzgebers, ein allgemein verbindliches und gültiges
Und ja, ich sage es offen: Herr Czaja! Es stimmt nicht, dass der kleinste Kompromiss gesucht wird und nur wegen Koalitionsfrieden und so – ja, man muss in einer Koalition Kompromisse machen, das stimmt. Ich werde es auch noch deutlich machen, dass es eine Stelle gab, wo man sich eben aufeinander zubewegen muss. Aber dass wir eingreifen mit konkreten Maßnahmen, das will ich. Ich will nicht warten, bis es zu spät ist. Ich will nicht zugucken wie andere Bürgermeister. Wann wollen sie denn eingreifen? Wenn die Miete nicht mehr bei 7 Euro, sondern bei 17 Euro ist? Dann wollen die sagen: Jetzt müssen wir aber was tun? – Dann ist es zu spät! Sie müssen rechtzeitig eingreifen! Sonst haben sie die Verhältnisse wie in London und Paris, und das will ich nicht für Berlin! Deswegen muss an dieser Stelle gehandelt werden.
Und die Menschen erwarten das auch. Das ist doch nicht von Rot-Rot-Grün herbeibeschlossen, dass bundesweit Hunderttausende auf die Straßen gehen und für bezahlbare Mieten demonstrieren! – Das haben wir beschlossen? – Nein, die Leute erwarten, dass die Politik bundesweit handelt. Es werden doch nicht nur in Berlin Unterschriften gesammelt: In München wird ein Volksbegehren mit Unterschriften für einen, glaube ich, sogar sechs- oder siebenjährigen Mietdeckel gestartet. Wir haben die Initiative in Bremen, wo kurioserweise die Grünen noch überzeugt werden müssen, dass es richtig ist, regulierend einzugreifen. Wir haben die Initiativen in Frankfurt, wir haben sie in Barcelona, wir haben sie in New York – und in New York laufen nur noch Sozialisten rum? – So ein Quatsch, so ein Unsinn!
Da laufen Leute rum, die es nicht mehr ertragen wollen, dass sie mit normalem Einkommen ihre Mieten in der Stadt nicht mehr bezahlen können. Deswegen ist es richtig, da einzugreifen. Ich sage auch ganz bewusst: Ich will deutlich machen, dass wir handlungsfähig sind, um andere, radikale Maßnahmen zu verhindern. Ich sage es ganz bewusst: Ich halte Enteignung für einen grundsätzlich falschen Weg in unserer Gesellschaft.
Ja, das ist meine Position: Es ist ein Abenteuer, es ist milliardenteuer, und es schafft mehr Probleme, als es Lösungen schafft. Deswegen halte ich Enteignungen für falsch – aber wir müssen dann eben andere Antworten geben, und das tut diese Koalition. Wir geben andere Antworten, um eben nicht diesen Weg gehen zu müssen.
Unsere Antwort ist natürlich – ich will den Dreiklang noch einmal betonen: Bauen, Kaufen, Deckeln ist eine Antwort.
Nein, das ist eben falsch! Sie haben es immer noch nicht verstanden! Es gibt nicht diesen einen Königsweg.
Nein! Es gibt ihn weltweit nicht, diesen einen Königsweg zu sagen, „Wir müssen nur so handeln, und dann ist alles gut!“, sondern es ist immer ein Mehrklang, und Bauen, Kaufen, Deckeln drückt es auch aus. Ja, es muss mehr gebaut werden. Damit es da kein Missverständnis gibt, ähnlich eindeutig wie bei der Enteignung, sage ich auch beim Bauen – und Frau Spranger hat das sehr gut formuliert:
Der Mietendeckel mit seinen ganzen Bestandteilen soll tatsächlich die Atempause für die Mieterinnen und Mieter sein. Aber die Atempause muss genutzt werden.