Protocol of the Session on September 12, 2019

Dauerstress aus Angst, etwas zu verpassen. Kurzum: In Kindergärten und Grundschulen haben Bildschirmmedien nichts verloren, und an den Oberschulen dürfen digitale Medien nicht ohne Konzept eingesetzt werden. Es fehlt nicht nur an digitaler Infrastruktur; es fehlt am pädagogischen Konzept zur Digitalisierung an Schulen.

Ein solches Konzept ergibt sich nicht von selbst aus der Verfügbarkeit der technischen Medien. Über ein zu entwickelndes Konzept muss vor Ort entschieden werden, in welcher Form der Einsatz digitaler Techniken überhaupt einen pädagogischen Mehrwert mit sich bringt. Schulen geraten durch die Digitalisierung in Abhängigkeit von der technischen Infrastruktur.

Der Digitalpakt – unserer Meinung nach ein vergiftetes Geschenk des Bundes – erscheint verlockend. An die Übernahme der immensen Folgekosten wird jedoch nicht gedacht. Dazu kommt das Problem, dass die Schulen gar nicht wissen, wie sie Mittel aus dem Digitalpakt abrufen können. Lehrer verfügen gar nicht über die Kenntnisse, digitale Medien sinnvoll einzusetzen – natürlich nicht alle. Es herrscht großes Chaos. Darum fordern wir von der AfD eine Gesamtstrategie zur Digitalisierung an Schulen und Hochschulen und bitten Sie wirklich inständig, unserem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der AfD]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat die Kollegin Dr. Czyborra das Wort.

Also ich gebe zu: Ich war schon etwas ratlos, als ich den Antrag gelesen habe. Nach der Rede bin ich jetzt vollends verwirrt.

[Georg Pazderski (AfD): Das ist bei Ihnen nicht schwer!]

Denn Sie fordern ja eine Fortführung des Masterplans Digitale Bildung, des Masterplans eEducation und eine Gesamtstrategie. Eben habe ich nur gehört, dass Sie eigentlich Digitalisierung in der Schule gar nicht wollen.

[Zuruf von der AfD: Sie haben nicht zugehört!]

Das passt in meinen Augen nicht zusammen, und da ich nicht dieser Meinung bin, Digitalisierung gar nicht zu wollen aufgrund der Tatsache, dass die Welt so ist, wie sie nun mal ist, und Sie Ihr Leben nicht so anschließen können, gehe ich dann doch mal auf den Antrag ein: Er ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie Sie hier arbeiten – kenntnislos, lieblos, ambitionslos, ein paar Stichpunkte aufs Papier gewürfelt, die gerade irgendwie so herumschwirren. Aber was sagen Sie eigentlich? Was steht im Text?

Sie fordern eine Strategie an Schulen und Hochschulen. Schule kommt in beiden Wörtern vor; Baumschule und Tanzschule könnte man auch noch anfügen, aber es hat wirklich überhaupt nichts mit dem Text, der dann kommt, zu tun. Hochschulen kommen eigentlich nicht mehr vor. Oder meinen Sie gar nicht die Hochschulen? Meinen Sie die Fachdidaktik? – Mir ist das völlig unklar. Die Pythia von Delphi hätte sich nicht unklarer ausdrücken können.

(Tommy Tabor)

Tatsächlich finden sich einige Hinweise auf das, was gefordert sein könnte, am Ende in der Begründung, aber nicht in den Forderungen. Insofern ist der Antrag für mich extrem schwer zu verstehen.

[Zuruf von Franz Kerker (AfD)]

Im zweiten Satz fordern Sie etwas, was seit ewigen Zeiten geschieht: Eine Gesamtstrategie, nämlich einen Masterplan, gibt es seit 2005. Dass man diesen Plan im Zuge der rasanten Entwicklung der Digitalisierung weiterentwickeln muss, ist eine Binsenweisheit. Die Einbeziehung der geforderten Fachdidaktiker findet seit geraumer Zeit statt, zum Bespiel am Runden Tisch Medienbildung. Auch wenn dieser Antrag hier auch schon ein bisschen veraltet ist, frage ich mich, warum ausgerechnet heute darüber geredet werden muss; den Runden Tisch gab es auch damals schon. Was soll dort passieren? – Es sollen Termini definiert werden. Das finde ich sprachwissenschaftlich schon eher interessant denn als politischen Antrag.

[Lachen von Paul Fresdorf (FDP)]

Meinen Sie ein Wörterbuch der Digitalisierung? – So etwas ist unter Mitarbeit der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie tatsächlich erarbeitet und im September 2018 auf Bundesebene zur Verfügung gestellt worden.

Leitprojekte sollen veranschaulicht werden in Bezug auf die Tauglichkeit, die Ziele zu erreichen. – Da hat jemand aus Versehen ein Handbuch für Projektsteuerung abgeschrieben, so allgemein ist das. – Die Strategie der Kultusministerkonferenz soll umgesetzt werden. – Ja, selbstverständlich! Dafür haben wir sie gemeinsam erarbeitet. – Die Anpassung der Rahmenlehrpläne an die Digitalisierung soll dokumentiert werden. – Da wir 2017/18 eine große Rahmenlehrplanreform hatten, frage ich mich: Mangelt es hier an der Dokumentation des Prozesses, dieser Anpassung? – Denn die Rahmenlehrpläne mit dem Basiscurriculum Medienbildung, die das Feld fest im Unterricht verankern, sind jedenfalls auf der Webseite der Senatsverwaltung dokumentiert und abrufbar für Eltern, Lehrkräfte, interessierte Parlamentarier und für alle, die sonst noch Interesse daran haben.

Ein paar Fakten: Eine IT-Wartung haben wir längst – 140 Techniker und Technikerinnen an 526 Schulen; wir bauen das massiv aus. Die zentrale Anlauf- und Beratungsstelle im Senat wird im neuen Haushaltsplan massiv ausgebaut.

[Zuruf von Franz Kerker (AfD)]

Insofern weiß ich wirklich nicht, was dieser Antrag von uns fordert. Die Fragen, was unsere Kinder in der Welt von morgen an Wissen und Kompetenzen benötigen, ob Handschriften noch gebraucht werden oder das Coden unbedingt nötig ist, das sind Fragen, die wir immer als Gesellschaft stellen und beantworten müssen. Da wünsche ich mir oft mehr Debatte und mehr Offenheit und

deutlich weniger Rückwärtsgewandtheit in den Antworten, mehr Abschneiden alter Zöpfe, größere Zukunftszugewandtheit und manchmal auch mehr Geschwindigkeit, aber ganz bestimmt keine abschließende Antwort von oben oder von der AfD. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Kollege Stettner das Wort.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Medienkompetenz – sehr gut!]

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Besucher! Ich bin auch ein wenig verwirrt, nachdem ich mir den Antrag durchgelesen und jetzt die Rede dazu gehört habe – und keinen Zusammenhang finde.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Zwischen dem, was Frau Czyborra erzählt hat?]

Zwischen dem, wie Sie Ihren Antrag begründet haben, und Ihrem Antrag. Das finde ich schon eine ziemlich irre Vorstellung, alle Technik aus der Grundschule zu verbannen und zukünftig jede Art von Medienpädagogik zu verbieten. Das ist einmal eine klare Ansicht der AfD – vielen Dank! Das kann man verwenden. Es zeigt eine reaktionäre Haltung, die schon erstaunlich ist.

[Beifall bei der CDU, der SPD und den GRÜNEN – Beifall von Regina Kittler (LINKE)]

Da muss ich mich leider – oder in diesem Fall: nicht leider – von dem trennen, was Sie als Antragsbegründung angeführt haben

[Zuruf von Georg Pazderski (AfD)]

Sie können gerne eine Frage stellen; ich antworte gern darauf –, und gucke mir einmal den eEducation Berlin Masterplan an und sehe, wo wir da stehen. Da bin ich nicht ganz bei dem, was Frau Dr. Czyborra gesagt hat. Wir schauen uns einmal an, was bisher geschafft wurde, und werfen einen Blick in den Bericht von Frau Stoffers. Zuvor habe ich in das Internet hineingeschaut. Der Masterplan, der unter dem Logo der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie veröffentlicht ist, stammt aus dem Jahr 2005, und da gibt es einen Senator namens Böger, der den Plan in einer hochinnovativen Videobotschaft erklärt. Da sind wir also nicht ganz auf dem aktuellen Stand. Ich schlage vor, das zu aktualisieren. Frau Stoffers hat in ihrem Bericht geschrieben, dass der Masterplan ständig aktualisiert werde. Ich empfehle, dies auch im Internet zu tun, denn Herr Böger ist, glaube ich, nicht mehr Senator.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

(Dr. Ina Maria Czyborra)

Was steht in dem eEducation Berlin Masterplan drin, was soll das sein? – Mit Erlaubnis der Präsidentin zitiere ich die Zielstellung des eEducation Berlin Masterplan: Der Auf- und Ausbau der an Schulen, im Unterricht verwendeten technischen Infrastruktur, die Förderung und Unterstützung von medienorientierten Unterrichtsprojekten, einschließlich einer eigenen Lernplattform … und die Leitprojekte. – Das schauen wir uns an; ich werde es leider nicht alles schaffen – es gibt 17 Leitprojekte –; ich gehe das im Schnelldurchgang durch.

Wir haben da ein Leitprojekt für 4 400 Euro in diesem Jahr. Wir haben den „Lernraum Berlin“ – das ist die zentrale Schul-Cloud –; dafür wurden in diesem Jahr 16 000 Euro abgerufen. Das sind 2 Euro pro Lehrer, wir haben ein Projekt zum Erlernen von Robotik für Kinder; das sind 10 000 Euro. Wir haben insgesamt – ich fasse das zusammen – in allen 17 Leitprojekten dieses Senats 121 000 Euro. Das sind ungefähr 0,003 Prozent des Budgets der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie. Das ist eEducation diesem Senat bisher wert, und das müssen wir dringend ändern. Bevor wir das aber ändern können, müssen wir erst einmal für die Infrastruktur sorgen, die wir momentan noch gar nicht haben. Wir müssen zunächst die technische Bühne bauen, damit eEducation überhaupt stattfinden kann. Dafür müssen wir mehr Leidenschaft auch in die Umsetzung des Digitalpakts investieren – und nicht nur drei Mitarbeiter und zwei Lehrer mit einigen Abminderungsstunden. Das wird dafür nicht reichen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Frank-Christian Hansel (AfD): Gut, dass wir darüber gesprochen haben!]

Vielen Dank! – Für die Linksfraktion hat die Kollegin Kittler das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben hier einen Antrag vorzuliegen,

[Georg Pazderski (AfD): Wir haben „einen Antrag vorzuliegen“ – was ist das für ein Deutsch?]

bei dem ich wieder einmal sage: Es ist ja schön, dass Sie auch schon aus dem Mustopf kommen. Ich möchte hier auf den von Herrn Tabor benutzten Begriff Aufmerksamkeitsstörung zurückkommen. Diesen Begriff hatte er meinem Kollegen Langenbrinck, der gerade wiedererscheint, entgegengerufen. Ich glaube, die Aufmerksamkeitsstörung liegt eher bei Ihnen vor.

Ich möchte Sie auf einige Fakten aufmerksam machen: Es gab einen Koalitionsantrag vom 14. Juni 2017, der am 22. März 2018 beschlossen wurde. Es handelte sich um den Antrag mit der Drucksachennummer 18/0393; er trug

den Titel „Medienkompetenz mit Rundem Tisch Medienbildung stärken“. Meine Kollegin von der SPD ist schon kurz darauf eingegangen. Ich möchte es einmal ein bisschen ausführlicher machen. Offensichtlich ist es Ihrer Aufmerksamkeit entgangen, dass in diesem Antrag gefordert wurde, dass der Runde Tisch Aufgaben erfüllen soll – und der Senat gleich mit –, nämlich die Inhalte und Rahmenbedingungen der schulischen und außerschulischen Medienbildung auf Relevanz zu prüfen, Bedeutung und Funktionalität – ich zitiere – im Kontext der privaten, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Mediennutzung. – Dann wurde weiter festgelegt, dass die Erfahrungen, das Wissen und Bedarfsanalysen aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und dergleichen einbezogen werden sollen, um Lehrinhalte, Lehrmittel und Lernmittel in der Medienbildung zu prüfen und den Anforderungen entsprechend zu verändern. Weiterhin wurde gefordert, die Aktualität der Lehrinhalte zu prüfen und Fortbildungsangebote zur Medienbildung zu unterbreiten.

Wenn ich mir jetzt angucke, was Sie in Ihrem Antrag wollen, dann kann ich nur sagen: Das hat unser Antrag schon längst abgeräumt. Der Runde Tisch Medienbildung wurde im Jahr 2018 von der Senatskanzlei ins Leben gerufen. Es gibt auch Ergebnisse. Dazu haben wir eine Mitteilung – zur Kenntnisnahme – Drucksache 18/1488; vielleicht lesen Sie die auch einmal. Dann gab es noch eine Anhörung im Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie zur Umsetzung des Digitalpakts – und relativ neu, aus diesem Jahr, eine Anfrage, die mein Kollegen Tobias Schulze und ich gemeinsam gestellt hatten; sie trägt die Drucksachennummer 18/18351, ebenfalls zur Umsetzung des Digitalpakts. Da hat sich der Senat ausführlich erklärt. Lesen Sie sich einfach noch einmal das Protokoll der Anhörung und die Materialien, die die Anzuhörenden mitgebracht haben, und die auch Ihnen ausgehändigt wurden, durch! – Danke!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Fresdorf das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Tabor! Ich habe Sie bisher gar nicht so medienfeindlich wahrgenommen, wo Sie doch im Ausschuss jeden Ihrer Beiträge vom Laptop ablesen.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Dass Medienkompetenz auch ein wichtiger Baustein einer politischen Karriere sein kann, sehen wir jedes Mal im Bildungsausschuss.

(Dirk Stettner)

[Joschka Langenbrinck (SPD): Er hat auch eine Aufmerksamkeitsstörung!]