Protocol of the Session on March 21, 2019

Meine hochgeschätzte Frau Kollegin KühnemannGrunow!

[Zuruf: Oh!]

Vielen herzlichen Dank, dass Sie die Frage zugelassen haben!

[Vereinzelter Beifall bei der CDU – Melanie Kühnemann-Grunow (SPD): Gerne!]

Das verdient einen Applaus, richtig.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Daniel Buchholz (SPD) – Oliver Friederici (CDU): Bei uns haben mehr geklatscht als bei euch! – Weitere Zurufe]

Jetzt bin ich aber wirklich dran!

[Torsten Schneider (SPD): Sind auch alle ganz gespannt!]

Es ist doch vorgesehen, zu den geplanten Rechtsverordnungen eine gesonderte Information über die Eckpunkte der Rechtsverordnung und Regelungsinhalte für weitere Beratungen zur Verfügung zu stellen. – Sind Ihnen diese Eckpunkte bekannt?

[Paul Fresdorf (FDP): Also Ihnen jetzt, Frau Kühnemann-Grunow!]

Die sind noch nicht bekannt, nein. Aber das werden wir im Ausschuss ausführlich beraten. Mit dem Jugendfördergesetz werden wir im Anschluss an die Debatte im Plenum in den Ausschuss gehen, dann kommt erst einmal das Gesetz, und dann die Verordnung. Wir werden die Schritte ganz sauber einhalten. Insofern gilt: Ein Schritt nach dem anderen.

Erstmals wird mit diesem Gesetzentwurf verbindlich festgelegt, welche Angebote Berlin seinen Kindern und Jugendlichen machen muss. – Ja, da müssen die Bezirke auch ganz genau hinhören. Denselben werden genaue Vorgaben gemacht, indem einzelne Bereiche definiert, aber auch Standards festgelegt werden.

[Roman Simon (CDU): So ist es!]

Es geht um Einrichtungen für die offene Jugendarbeit, Jugendklubs, Abenteuerspielplätze, mobile Angebote, aber auch Erholungsfahrten und internationale Begegnungen, von Jugendlichen selbst verwaltete Projekte und Seminare für Jugendliche.

Das alles kostet etwas. Die Senatorin hat es ausgeführt: Von 2020 bis 2023 werden neben den bisher eingeplanten 85 Millionen Euro in den Bezirken weitere 25 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Bezogen auf die konkrete Einwohnerzahl junger Menschen müssen wir den Bedarf künftig noch genauer errechnen. Unser Ziel muss es aber sein, dass alle Jugendlichen in den Genuss von Jugendfreizeit, dass zum Beispiel jeder 6- bis 27-Jährige einmal in seinem Leben an einer Erholungs- und internationalen Begegnungsfahrt teilgenommen hat. Das prägt ungemein, das schafft Verbindungen, das prägt für ein ganzes Leben.

Bisher haben die Bezirke sehr unterschiedlich gehandelt. Wir haben es hier ausgeführt: Die Regelungen des Berliner Gesetzes zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes legen leider nur fest, dass ein angemessener Anteil von mindestens 10 Prozent bereitgestellt werden soll. Die gesetzliche Vorgabe konnte nicht verhindern, dass der Anteil an den bezirklichen Budgets für die Jugendarbeit in den vergangenen Jahren gesunken ist. Auch der Umfang der Aufgaben von Jugendarbeit wurde nicht genau definiert. Die tatsächlich ausgegebenen Summen reichten 2018 von 4,5 Millionen Euro in Reinickendorf bis zu 9,8 Millionen Euro in Pankow.

Zur Absicherung der Angebotsvielfalt wird nun – das ist wirklich neu und gut, und wurde hier schon mehrfach angesprochen – die Einführung von qualitativen und quantitativen Standards erfolgen. Diese ermöglichen eine gezielte sozialraumorientierte Steuerung der Jugendarbeit in Berlin, was vor allem im Kontext der wachsenden Stadt dringend notwendig ist.

Hervorzuheben – ich glaube, Katrin Seidel hat es gesagt – ist auch die starke Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an dem Gesetz. Diese wurden bereits bei der Erarbeitung beteiligt, aber sie sollen auch in Zukunft durch bezirkliche Strukturen unterstützt werden. Das kann, wie in meinem Heimatbezirk die Regel, ein Kinder- und Jugendparlament sein. Das kann aber auch, wie in anderen Bezirken, ein Kinder- und Jugendbüro sein. Wichtig ist: Wir wollen, dass Kinder und Jugendliche politisch partizipieren.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Kinder und Jugendliche müssen auch in Zukunft bei der Planung von Angeboten der Jugendarbeit auf Bezirks- und Landesebene verbindlich einbezogen werden. Auch darauf werden wir achten. Ich verspreche mir durch die Beteiligung der jungen Menschen, die natürliche Experten in eigener Sache sind – die genau wissen, was sie wollen; die genau wissen, welche Angebote sie brauchen –, ein transparentes, politisches Verfahren bei der Schwerpunktsetzung. Wir werden viel besser wahrnehmen, was Jugendliche wollen und brauchen und damit insgesamt unser Gesamtverantwortung für die Jugendhilfe besser gerecht werden.

Es mag sein, dass es bei der Umsetzung in den Bezirken noch hier und da rumpeln wird. Es kann auch sein, dass dies von dem einen oder anderen als unzulässiger Eingriff in die Angelegenheiten der Bezirke verstanden wird. Ich bin auch ein großer Fan der zweistufigen Berliner Verwaltung. Doch wo die Situation – da muss man sich einmal ehrlich machen – immer prekärer wird und immer mehr Jugendeinrichtungen schließen, braucht es verbindliche Standards, die eben auch für alle gelten.

Dass uns die Kinder- und Jugendarbeit am Herzen liegt, sehen Sie nicht nur an der heute angemeldeten Priorität, sondern auch daran, dass Rot-Rot-Grün handelt. Gleich zu Beginn der Legislaturperiode haben wir den Antrag auf den Weg gebracht. Heute liegt nun der Entwurf vor. Ich bin sehr zuversichtlich, dass das Jugendfördergesetz spätestens Ende dieses Jahres in Kraft tritt. Wichtig war uns, den Entwurf mit den Bezirken und den vielen Akteurinnen und Akteuren der Kinder- und Jugendarbeit, vor allem aber, mit den betroffenen Kindern und Jugendlichen zu diskutieren. Es war uns wichtig zu hören, was sie wollen. Das alles, finde ich, ist in dieses Gesetz auch eingeflossen. Ich würde mich freuen, wenn dieses Haus in seiner ganzen Breite dieses wunderbare, gut gelungene Jugendfördergesetz auch unterstützen würde. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die AfD-Fraktion hat nun der Abgeordnete Weiß das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Jugendfördergesetz wird den Bezirken als Chance verkauft, eine bessere finanzielle Grundlage für den Aufgabenbereich der Jugendarbeit zu erhalten.

[Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE): So wird es sein!]

Faktisch ist es jedoch eine Knebelung, denn es stellt sich die Frage, warum überhaupt eine Gesetzesänderung notwendig ist. Sie wollen, wie Sie so schön schreiben, verbindliche qualitative Standards schaffen. Das bedeutet nichts anderes, als die unterschiedliche Sozialstruktur der Bezirke zu übergehen und ihnen ein Einheitsprogramm aufzudrücken.

[Beifall bei der AfD]

Der Gesetzesentwurf beklagt eine Heterogenität in der Angebotslandschaft der Jugendarbeit. Wir hingegen begreifen die bezügliche Vielfalt als etwas Positives.

[Beifall bei der AfD – Melanie Kühnemann-Grunow (SPD): Wir auch!]

Warum überlassen Sie nicht den Bezirken die Entscheidung, wie sie das Geld für die Jugend investieren wollen? Wir wissen doch alle, dass in den Jugendämtern drastischer Personalmangel herrscht. Es fehlen Sozialarbeiter, um auf konkrete Kindeswohlgefährdungen zu reagieren. Es fehlt am Allernötigsten. Und statt sozialschwache Familien zu unterstützen, schaffen Sie lieber Programme zur politischen Indoktrination unserer Jugend. Das ist doch irre.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Warum kümmern Sie sich eigentlich nicht um diejenigen, die wirklich Hilfe brauchen, die Kinder und Jugendlichen, die unter häuslicher Gewalt und drogensüchtigen Eltern leiden? Sie lassen stattdessen die einen Kinder verwahrlosen, während Sie die anderen auf Ferienreise schicken. Ist das Ihr Verständnis von sozialer Gerechtigkeit? Unseres ist es jedenfalls nicht.

[Beifall bei der AfD]

Keine Zwischenfragen! Ich habe eine Sprechstunde, da kann man sich gern an mich wenden.

[Heiterkeit bei der AfD]

Die Bezirke sind es doch, die die Dringlichkeit in dieser Stadt am besten kennen. Durch die Gesetzesänderung werden sie nun aber massiv in ihrer Freiheit beschnitten. Diese Freiheit brauchen Sie aber, um flexibel auf die jeweiligen Herausforderungen reagieren zu können. Ja, die Ausgaben für die allgemeine Kinder- und Jugendför

derung inklusive Jugendarbeit sind von 94 Millionen Euro im Jahr 2008 auf 79 Millionen Euro im Jahr 2015 gesunken.

[Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE): Aha!]

Um mehr Mittel zu veranschlagen, brauchen Sie aber keine Gesetzesänderung.

[Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE): Doch!]

Sie stellen das Jugendfördergesetz des Weiteren als ein neu geschaffenes Instrument dar. Auch das ist Blendwerk. Es gibt kein neues Jugendfördergesetz. Es gibt eine Änderung des Ausführungsgesetzes. Dieses Gesetz haben Sie nicht verbessert, sondern verschlechtert, weil Sie Starrheit und ideologische Aufladung schaffen. Mit diesem Gesetz wird im wesentlichen rot-rot-grüne Klientelpolitik betrieben.

[Torsten Schneider (SPD): Das sind doch nur Phrasen! Reden Sie doch mal zur Sache, Junge!]

Herr Schneider, haben Sie heute Ihre Tabletten gegen Bluthochdruck wieder nicht genommen? Gehen Sie doch einfach mal draußen ein Kaffee trinken, dann tun Sie mal etwas Konstruktives und uns allen einen Gefallen!

[Beifall bei der AfD]

Sie wollen eine bezirkliche Zweckbindung des Globalsummenhaushalts hinsichtlich der gesetzlich näher formulierten Ziele der Jugendarbeit. Schauen wir uns diese Inhalte doch einmal an: Da wird beispielsweise unter § 6 geschlechterreflektierende Jugendarbeit als Ziel festgesetzt und vom Erproben von Rollen und Identitäten gesprochen.

[Torsten Schneider (SPD): Das täte Ihnen auch gut!]

Diesbezüglich möchte ich an das Projekt „Neue Wege für Jungs“ erinnern. – Herr Schneider, das kennen Sie ja vielleicht. Vielleicht haben Sie ja daran teilgenommen. – Mit diesem Pilotprojekt versuchte der Verein Dissens e. V. einem Neuntklässler einzureden, er sei ja gar kein Junge, er habe keinen Penis, sondern eine Vagina. Herzlichen Glückwunsch!

[Beifall bei der AfD]

Der Bremer Sozialwissenschaftler Gerhard Amendt merkte dazu mit Recht an – ich zitiere –:

Identitätszerstörung oder auch nur -verwirrung führen zu pathologischen Zuständen, die als leidvolle Desorientierung erlebt werden.