Dass die Rahmenbedingungen bei Amtsantritt dieser Koalition nicht optimal waren, sei dahingestellt. Wir sind jetzt fast zwei Jahre im Amt. Wir haben eine Menge zu tun, und wir haben schon wichtige Meilensteine erreicht. Wir haben das Berliner Modell schon Anfang 2017 weiterentwickelt und dem Bedarf angepasst. In der Kooperationsvereinbarung mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften haben wir die ehrgeizigen Neubauziele verankert.
Wir haben im Februar dieses Jahres – das freut mich besonders – mit allen Bezirken individuelle Bündnisse für Wohnungsneubau und verbesserten Mieterschutz verabredet. Wir haben zusätzliche Personalstellen für die Bezirke geschaffen und zusätzliche Ressourcen für die Bezirke bereitgestellt. Wir haben uns auf vorrangige Projekte geeinigt, denn Stadtentwicklung ist nun einmal ein Marathon und geht nur zusammen.
Wir haben im Frühjahr 2018 die Clearingstelle und den Steuerungsausschuss Wohnungsbau eingerichtet, damit bei konfliktbehafteten Projekten schneller eine Lösung gefunden werden kann. Und tatsächlich ist es so, dass Projekte, die vorher teilweise jahrelang stillgestanden haben, so in Gang kommen.
Der Stadtentwicklungsplan Wohnen 2030 ist auf der Zielgeraden. Hier wurde vorhin gerade gesagt, wir müssten ihn gleich wieder wegwerfen. Der Stadtentwicklungsplan 2025 des damaligen Senats, der 2014 beschlossen worden ist, mussten wir tatsächlich dringend aktualisieren, weil sich die Rahmenbedingungen stark verändert haben. Wir legen beim StEP 2030 den Fokus klar auf bedarfsgerechten und sozialen Wohnungsbau. Wir sagen, von dem Wohnungsbedarf, den diese Stadt verzeichnet, werden wir bis 2030 mit den Unsicherheiten, die Prognosen so haben, deshalb wird das auch regelmäßig überprüft, mindestens 50 Prozent im bedarfsgerechten und leistbaren Spektrum abdecken, weil alles andere unserer Stadt wenig hilft.
Wir haben die Leitlinien für den StEP Wohnen mit der Stadtgesellschaft konsentiert, was eben auch den Paradigmenwechsel deutlich macht, den wir in der Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik vollziehen. Es geht um ein bezahlbares Wohnen. Es geht um baukulturelle Qualität. Es geht natürlich um soziale und funktionelle Durchmischung, klimagerechte Stadtentwicklung, Partizipation, integrierte Stadtquartiere und keine Schlafstädte.
Um Hemmnisse in Verwaltungsabläufen abzubauen, die ich überhaupt nicht leugne und die in Berlin irgendwie legendär sind, und um gemeinwohlorientierte Akteure stärker am Wohnungsneubau zu beteiligen, hat der Senat im September das Handlungsprogramm zur Beschleunigung des Wohnungsbaus mit zahlreichen Maßnahmen beschlossen, die nicht nur mich, sondern viele andere Ressorts und auch die Bezirke sehr stark beschäftigen, aber auch in die Lage versetzen werden, den Wohnungsneubau zu beschleunigen. Wir werden Genehmigungsverfahren beschleunigen und transparent gestalten. Wir behalten die Entkopplung von Fäll- und Baugenehmigungen bei und können so bis zu neun Monate in Genehmigungsvorgängen sparen. Wir haben 100 neue Stellen für die planenden und genehmigenden Ämter geschaffen, davon 35 in den Bezirken und 35 bei der für Verkehr und Umwelt zuständigen Senatsverwaltung. Damit stärken wir die Handlungsfähigkeit der planenden Behörden erheblich.
Der kommunale Wohnungsbau wird beschleunigt. Und wenn wir hier schon über Zahlen reden, die zwar manchmal Glückssache sind, aber an den Stellen weiß ich sie genau, wir haben über 300 Projekte der städtischen Wohnungsbaugesellschaften in Arbeit. In diesen Projek
ten sind über 44 000 Wohnungen in Planung. Wir werden 2021 über 30 000 Wohnungen in Bau haben. Und wir werden alles daransetzen, diese Zahl noch zu steigern.
Wir wollen den kommunalen Wohnungsbau weiter unterstützen. Wir wollen nachrangige Projekte priorisieren. Wir wollen auch kleinteilige Wohnungsbaupotenziale aktivieren. Darauf komme ich dann später noch mal zurück. Und wir wollen ein Pilotprojekt zur Dachaufstockung von WBS-70- und Q3A-Bauten in Gang setzen. Die ersten Gespräche mit den Wohnungsbaugesellschaften dazu sind gelaufen.
Genossenschaften haben seit über 15 Jahren kein spezielles Förderangebot mehr gehabt. Das hat sich seit September dieses Jahres geändert. Es gibt wieder eine Genossenschaftsförderung. Wir haben den Genossenschaften Grundstücke angeboten. Ich habe heute Morgen auch Radio gehört und festgestellt, dass sie sagen: Bisschen klein, ist ja überhaupt kein Planungsrecht da. – Das ist übrigens immer so bei Grundstücken, wenn man sie bekommt. So ging es den städtischen Wohnungsbaugesellschaften auch. Ich könnte mir vorstellen, wenn die Konzeptverfahren laufen, wird es Bieter geben, so wie es bei den laufenden Konzeptverfahren auch Bieter aus dem genossenschaftlichen Spektrum gibt. Da können wir ganz sicher sein.
In den neuen Stadtquartieren ist fest verabredet, dass wir da, wo die Planungen es noch zulassen, 20 Prozent der Flächen Genossenschaften zur Verfügung stellen. Wir wollen einen Genossenschaftscampus unterstützen. Insofern wäre es ganz gut, wenn wir den Pfad der Kooperation gemeinsam gehen.
Dass wir mit Brandenburg intensiver zusammenarbeiten müssen, das ist ja jetzt auch schon fast eine Binsenweisheit. Daran arbeite ich sehr intensiv. Wer am Montag beim Stadtforum war, der wird feststellen, dass das durchaus keine Vortragsveranstaltungen sind, sondern außerordentlich lebhafte und gehaltvolle Diskussionsrunden. Aber wer da nicht hingeht, der kann es natürlich nicht wissen.
Dass wir den Umgang mit Stadtgüterflächen verändern, indem wir dort, wo bebaubare Teilflächen existieren, brandenburgischen Kommunen hier auch den Zugang erleichtern, dass wir Berliner Wohnungsbaugesellschaften auch das Bauen in Brandenburg in Einzelfällen gestatten, das sind alles Elemente einer engeren Kooperation.
Ich will nicht leugnen: Natürlich gibt es Hemmnisse und Probleme, die wir nicht selbst bearbeiten können.
Zunehmende Kapazitätsengpässe im Baugewerbe und der dort schon bestehende und sich absehbar verschärfende Fachkräftemangel erschweren natürlich die Umsetzung von Wohnungsbauprojekten und treiben die Baukosten in die Höhe. Ich könnte mir denken, dass das auch eine der Ursachen für den Bauüberhang ist, wobei ich auch den spekulativen Anteil nicht verschweigen möchte. Aber die schönsten Wohnungsbaupläne und Tausende von Baugenehmigungen nützen uns eben wenig, wenn wir keine Bauarbeiter haben.
Dazu kommt, Personal für die planenden Behörden zu gewinnen, ist auch nicht ganz einfach. Nach Jahrzehnten des Personalabbaus und der Einsparung müssen wir den öffentlichen Dienst wieder zu einem attraktiven Arbeitgeber machen, müssen wir uns fit machen für die Herausforderungen der Zukunft.
Die planerische Vorbereitung und schrittweise Umsetzung in den neuen Stadtquartieren ist eine Riesenaufgabe des gesamten Senats, denn Stadtentwicklung umfasst eben mehr als Wohnungsbau. Nahverkehr, Schulen, Kitas, Grünflächen, soziale Einrichtungen, kulturelle Angebote – all das muss in der wachsenden Stadt mitwachsen, und zwar rechtzeitig.
Die Berlinerinnen und Berliner erwarten zu Recht eine funktionierende Daseinsvorsorge und Stadtquartiere, die mehr sind als reine Schlafstädte. Integrierte Stadtentwicklung – auch das Wort hatten Sie in den Mund genommen, Herr Gräff – ist natürlich kein Automatismus. Wenn man es sagt, ist es noch nicht passiert. Das braucht eine enge Abstimmung zwischen allen Beteiligten. Deshalb verspreche ich mir auch was von der neu gegründeten Taskforce Stadtquartiere und Entwicklungsräume, die kürzlich konstituiert worden ist und ihre Arbeit aufgenommen hat, denn die ist dazu da, die ressortübergreifende Koordination und die planerische Vorsorge für Wohnungsbau und Stadtentwicklung in der Zukunft tatsächlich auf einer soliden Basis voranzutreiben.
Angesichts der erheblichen Preissteigerungen am Grundstücksmarkt, die wir hier übrigens seit 2008 beobachten – ich glaube, wir hatten es schon mal, dass es einen gewissen Zusammenhang zur damaligen Finanzkrise gibt –, haben wir natürlich ein Riesenproblem für sozial und langfristig orientierte Wohnungsbauträger, Grundstücke noch zu erträglichen Preisen zu bekommen. Das beklagen selbst private Bauträger und Projektentwickler und beteuern in vielfältigen Gesprächen, die ich mit ihnen führe, dass sie hier natürlich keine Spekulanten sind und das gleiche Problem haben wie alle anderen. Das erkenne ich auch an. Deshalb müssen wir zusehen, dass wir durch die Nutzung von Planungsrecht, Vorkaufsrechten, strategischen Flächenankauf die Handlungsmacht der öffentlichen Hand, also des Landes Berlin, erhöhen, um dann im Umkehrschluss solche Flächen an dritte Bauwillige weiterzureichen, und zwar an solche Dritte, die auch den
Wohnungsbedarf decken, den Berlin tatsächlich hat. Man wird keine landeseigene Fläche für irgendeinen Luxusneubau hergeben.
Das Wachstum Berlins und der Stadtregion sozial gerecht, ökologisch und gemeinsam mit der Stadtgesellschaft zu gestalten und zu organisieren, das macht sich nicht von selbst.
Wir müssen dafür die Verwaltung modernisieren. Wir müssen verlässliche Partner gewinnen und sie bei Wohnungsbau und Quartiersentwicklung unterstützen und fördern. Und wir müssen Konflikten bei der Umsetzung konstruktiv begegnen und nicht so viel skandalisieren. Dabei stoßen wir mitunter an die Grenzen unserer Möglichkeiten auf kommunaler und Landesebene, aber das ist ja auch das Schöne an Herausforderungen. An diesen Punkten entsteht nämlich Innovation.
Wenn wir uns also über Antworten auf die Wohnungsfrage verständigen wollen und wenn wir uns einig sind, dass es unser gemeinsames Ziel und unsere gemeinsame Aufgabe ist, in dieser Stadt leistbaren Wohnraum zu schaffen und zu erhalten, und zwar in Größenordnungen, dann brauchen wir das Engagement aller Akteure, eine ehrliche Debatte und keinen Alarmismus. – Vielen Dank!
Nun können mündliche Anfragen an den Senat gerichtet werden. Die Fragen müssen ohne Begründung, kurz gefasst und von allgemeinem Interesse sein sowie eine kurze Beantwortung ermöglichen; sie dürfen nicht in Unterfragen gegliedert sein. Ansonsten werde ich die Fragen zurückweisen. Zuerst erfolgen die Wortmeldungen in einer Runde nach der Stärke der Fraktionen mit je einer Fragestellung. Nach der Beantwortung steht mindestens eine Zusatzfrage dem anfragenden Mitglied zu, eine weitere Zusatzfrage kann auch von einem anderen Mitglied des Hauses gestellt werden.
Für die erste Frage rufe ich ein Mitglied der Fraktion der SPD auf und bitte, an das Redepult zu treten. Nachfragen werden von den Sitzplätzen aus gestellt. – Frau Dr. Czyborra! Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat: Wie bewertet der Senat die Auswirkungen der Ansiedlung des Siemens-Campus sowie die finanzielle Aufwertung des Naturkundemuseums durch den Bund für die Entwicklung des Wissenschaftsstandortes Berlin?
Positiv bewerte ich das! Das wird Sie nicht überraschen. Wenn man die letzten acht oder zehn Wochen mit verfolgt hat, kann man wirklich nur sagen: Das waren herausragende Entscheidungen für Berlin! Zu den Punkten, die Sie gerade aufgezählt haben, muss man mit Sicherheit auch die erfolgreiche Exzellenzstrategie zählen oder auch das, was wir heute wieder in den Zeitungen lesen, dass der Bundesgesundheitsminister sagt, dass Berlin Modellregion für das ganze Thema Digitale Gesundheit, Digitale Medizin werden soll. Es reiht sich ein, und es ergänzt sich wunderbar.
Tatsächlich ist es nicht nur die reine Summe oder die Summen, die jetzt nach Berlin fließen werden und eine Menge Investitionen auslösen, Arbeitsplätze schaffen werden. Wenn man die Exzellenzstrategie, Siemens und die Entscheidung zum Naturkundemuseum zusammennimmt, sind allein das schon rund anderthalb Milliarden Euro, die jetzt zusätzlich für die Entwicklung des Wirtschafts- und Wissenschaftsstandortes zur Verfügung stehen, und es werden mit Sicherheit noch große dreistellige Millionensummen dazukommen, weil sich andere Unternehmen und Institutionen auch wieder verstärkt für diesen Standort interessieren, hierher gucken, kommen werden, investieren werden. Es ist das Schöne, dass das auch langfristig trägt und uns dann wiederum für die nächsten Jahre eine Sicherheit gibt, dass es wirtschaftlich und finanziell bergauf geht.
Aber was neben dieser Summe so interessant ist, ist natürlich der inhaltliche Anspruch, der damit verbunden ist. Bei der Exzellenzstrategie ist es das Unterstreichen einer positiven Entwicklung dieses Wissenschaftsstandortes, dass wir richtig investiert haben, in die richtigen Themenfelder, unsere Universitäten mit den Hochschulverträgen gestärkt haben. Diese positiven Entscheidungen sind die Auswirkungen der Jahre davor, mit den entsprechenden Schwerpunktsetzungen.
Bei Siemens geht es nicht nur – in Anführungsstrichen – darum, dass wir eine Investition in Wirtschaft und Wissenschaft haben, sondern es wird ein Stadtquartier entwi
ckelt, mit entsprechendem Mobilitätskonzept, mit Wohnungsbau, mit studentischem Wohnen. Das heißt, es ist eine positive Entwicklung für die ganze Stadt. Und beim Naturkundemuseum: Viele Menschen kennen und lieben das Naturkundemuseum. Wir müssen aber sehen, dass es nicht nur – wieder in Anführungsstrichen – ein Museum ist, sondern es ist ein Leibniz-Institut. Es ist eine Wissenschaftseinrichtung, und es war dringend überfällig, dass wir dort mehr investieren können, bis hin zu diesem ganzen Thema Digitale Gesundheit, Digitale Medizin, das sind Zukunftsentwicklungen, die durch diese Entscheidungen, die ich gerade genannt habe, jetzt noch schneller und noch stärker in Berlin sichtbar werden. Das ist insgesamt eine hervorragende Zukunftsperspektive für unsere Stadt.