Protocol of the Session on March 8, 2018

R2G, diese Koalition macht Ernst mit dem sozialökologischen Umbau. Alle, die sich damit beschäftigen und nicht ideologisch verblendet sind,

[Lachen bei der AfD]

wissen: Die Probleme der wachsenden Stadt, der wachsenden Mobilitätsbedürfnisse werden nicht gelöst durch mehr Autoverkehr.

[Zuruf von Georg Pazderski (AfD)]

Sie werden nur mit einem Ausbau des Umweltverbundes aus öffentlichem Personennahverkehr, Radverkehr und Fußgängerverkehr gelöst.

[Zuruf von Frank Scholtysek (AfD)]

Das ist die Zukunft.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Es wird von der Opposition immer wieder gerne gesagt, wir würden mit diesem Gesetz Klientelpolitik betreiben.

[Gunnar Lindemann (AfD): Ja, machen Sie auch!]

Nein! Ich sage, das ist Politik für die ganze Stadt, und es ist Politik, die von der Mehrheit in dieser Stadt gewollt wird, denn die Mehrheit in dieser Stadt ist auf den öffentlichen Personennahverkehr, auf Radverkehr und Fußgängerverkehr angewiesen.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Dann bauen Sie den doch mal aus mit U- und S-Bahnen!]

Das ist die Mehrheit in dieser Stadt.

[Zuruf von Antje Kapek (GRÜNE) – Frank-Christian Hansel (AfD): U-Bahn! Nicht Tram!]

Autofahren ist eine Minderheit in der Stadt, die ihre Rechte hat. Auch das Autofahren leistet einen wichtigen Beitrag im Verkehrssystem, es ist aber nicht das Dominante. Vielmehr müssen der öffentliche Personennahverkehr, der Radverkehr und der Fußgängerverkehr Vorrang genießen, und das ist der Zweck dieses Gesetzes.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Zuruf von Frank Scholtysek (AfD)]

Ich zitiere an dieser Stelle aus einer Forsa-Umfrage aus dem letzten Jahr. Dort sagen 52 Prozent der Berlinerinnen und Berliner, es müsse mehr für die Radfahrer getan werden. Sogar 70 Prozent sagen, es müsse mehr Radstreifen geben. 60 Prozent sagen, es müsse mehr für den ÖPNV getan werden, und sogar die Mehrheit der AfDWähler, das wird Sie erstaunen, sagt, es müsse mehr für den Radverkehr getan werden. Das leistet dieses Gesetz, dafür legt es eine wichtige Grundlage.

[Gunnar Lindemann (AfD): Man muss aber auch das Richtige, nicht mehr tun!]

Deswegen geht Ihr Vorwurf der Klientelpolitik ins Leere. Das ist Politik für die Mehrheit in dieser Stadt, das ist Politik für die gesamte Stadt und für das Gemeinwohl in unserer Stadt.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Deshalb ist es richtig, dass dieses Gesetz die Aufgabe stellt, ein Vorrangnetz für Busse und Bahnen zu definieren, ein Vorrangnetz, auf dem Busse und Bahnen Vorrang vor anderen Verkehrsteilnehmern haben, damit sie nicht mehr im Stau stehen,

[Gunnar Lindemann (AfD): U-Bahnen bauen!]

damit sie pünktlich sind. Wenn Sie in den Keller wollen, dann machen Sie das zu Hause! In der Stadt machen wir das nicht mehr. – Wir wollen, dass der Verkehr oben, auf der Straße stattfindet – Straßenbahnen, Radfahrer, Busse.

[Gunnar Lindemann (AfD): U-Bahnen kann man auch oben bauen!]

Das ist unsere Perspektive, darauf setzen wir mit dieser Koalition. Dafür haben wir auch die finanziellen Mittel bereitgestellt.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Zuruf von Katina Schubert (LINKE)]

Wir werden die Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs steigern, damit Busse und Bahnen nicht mehr im Stau stehen. Das ist übrigens auch betriebswirtschaftlich sinnvoll, da Sie dadurch die Umlaufzeiten reduzieren und damit mehr anbieten können.

Genauso ist es richtig und wichtig, dass wir ein Vorrangnetz für den Radverkehr entwickeln, mit einem flächendeckenden Netz von Radverbindungen auf den Haupt- und Nebenstraßen, mit sicheren Radstreifen und Radwegen, die gegenüber dem Autoverkehr teilweise abgetrennt und gesichert sind. Wir wollen Radschnellwege, und wir wollen vor allen Dingen auch Kontrollen, damit die Radstreifen nicht zugeparkt sind. Wir wollen die Sicherheit in dieser Stadt erhöhen. Unser Ziel ist: Wir wollen keine Verkehrstoten. Deshalb verpflichtet dieses Gesetz, an unfallträchtigen Stellen schnell Abhilfe zu schaffen. Das ist eine gute, eine wichtige Verpflichtung, und das ist keine ideologische Politik, sondern Politik im Interesse der Menschen.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Das bedeutet auch eine Umverteilung des Verkehrsraums. Das ist keine Diskriminierung der Autofahrer,

[Nein! von Holger Krestel (FDP) und Gunnar Lindemann (AfD)]

sondern das ist eine Beendigung der Diskriminierung und Benachteiligung des öffentlichen Personennahverkehrs und der Radfahrer, die wir gegenwärtig auf unseren Straßen haben. Das ist keine Diskriminierung, das ist die Aufhebung von Diskriminierung, was wir mit diesem Gesetz zu leisten versuchen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Zuruf von Gunnar Lindemann (AfD)]

Deshalb sage ich Ihnen noch einmal – weil sich die AfD immer darüber freut –: Wir wollen den Stau auflösen.

[Lachen bei der AfD – Gunnar Lindemann (AfD): Wer produziert den Stau? – Weitere Zurufe von der AfD]

Der Stau entsteht nicht durch den öffentlichen Personennahverkehr oder durch den Radverkehr. Ich zitiere, weil Sie es immer so gerne hören, aus einer Studie des Verkehrsverbundes Rhein-Neckar:

[Gunnar Lindemann (AfD): Ich sage nur Straßenbahn in der Leipziger Straße!]

Ja, das Stichwort Straßenbahn greife ich gerne auf. –

[Georg Pazderski (AfD): Ja, doll!]

Eine moderne Straßenbahn, die 200 Personen befördert, braucht 75 Quadratmeter der Straßenfläche.

[Gunnar Lindemann (AfD): Und steht genauso im Stau wie die Autos!]

Wollen Sie die gleiche Zahl von Personen mit dem Pkw befördern, der durchschnittlich mit 1,3 Personen besetzt ist, brauchen Sie dafür 153 Autos und 1,2 Quadratkilometer Straßenfläche. – Damit ist klar, wovon der Stau ausgeht, wer den Stau organisiert. Wir lösen den Stau auf,

[Zurufe von Gunnar Lindemann (AfD) und Frank Scholtysek (AfD)]

indem wir Vorrang für den Umweltverbund gewährleisten, indem wir die Infrastruktur in dieser Stadt umbauen und mehr Raum schaffen für mehr Lebensqualität, damit Straßen auch wieder Erlebnisräume sind und nicht nur Orte von Stau, Gestank und Unfällen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Lachen und Zurufe von der AfD]

Für die FDP-Fraktion hat jetzt der Kollege Schmidt das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Mobilitätsgesetz ist, wie es da steht, etwas ganz Einmaliges. Kein anderes Bundesland hat so etwas. Das stimmt, könnte aber auch daran liegen, dass kein anderes Bundesland meint, dass man so etwas braucht.

[Beifall bei der FDP und der AfD – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Der Gesetzentwurf ist auch bei den Bezirken in dieser Stadt überhaupt nicht beliebt. Kein einziger der Bezirke, der eine schriftliche Stellungnahme abgegeben hat, stimmt dem Entwurf zu.

[Sebastian Czaja (FDP): Aha!]

Die Stellungnahmen im Rat der Bürgermeister reichen von kompletter Ablehnung bis zu „In der Richtung ja okay, aber jedenfalls nicht so“. Die Bezirke lehnen also den Entwurf rundweg ab, oder sie verlangen deutliche Änderungen. Sie haben da als Senat eine kräftige Klatsche von den Bezirken bekommen, und zwar völlig unabhängig von deren parteipolitischer Verortung.