Protocol of the Session on April 14, 2016

Ich muss aus dem Antrag zwei Punkte benennen, die im Text unklar bleiben. Erstens: Was soll das im Anstrich vier genannte Vorgesetztenrückmeldeverfahren sein?

[Martin Delius (PIRATEN): Das habe ich mich auch gefragt!]

Zweitens habe ich ein absolutes Problem – genau wie meine Kollegin von den Grünen – mit dem Anstrich fünf. Wieso soll an Brennpunktschulen etwas gelten, was an anderen Schulen nicht gelten soll? Eine Erweiterung von Entscheidungsbefugnissen und die Stärkung der Autonomie ist zu begrüßen, aber dann doch bitte an allen Schulen! Was dann auch noch zu definieren wäre, ist: Wann gilt eine Schule eigentlich als Brennpunktschule? Und was passiert, wenn sie diesen Status verliert? Müssen dann neu gewonnene Entscheidungsbefugnisse und Autonomie an der Garderobe wieder abgegeben werden?

Und was mir völlig unklar ist, ist das Drohszenario, das hier aufgebaut wird. Was soll dieser Satz:

Bei der zukünftigen Gestaltung von Arbeitsverträgen für Schulleiter an Brennpunktschulen soll ein vereinfachtes Verfahren für Konsequenzen bei Nichterfüllung definierter Leistungskriterien entwickelt werden.

Gegen wen richtet sich diese Drohung? Gegen den Schulleiter oder die Schulleiterin selbst? Oder sollen sie so mit ihren Pädagoginnen und Pädagogen umgehen? – Hier zweifle ich in beiden Fällen die Rechtssicherheit an.

An den Schluss möchte ich noch einen Vorschlag setzen. Paul Schuknecht, bis vor Kurzem noch Schulleiter der Friedensburg-Oberschule, sagte sinngemäß, dass er immer gerne Lehrer war und diesen Beruf bis vor einigen Jahren für den besten im Schulwesen gehalten hat. Aber

(Lars Oberg)

er hat sich geirrt, sagt er selber. Warum? Gute Schulleiterinnen und Schulleiter hätten weiterhin Kontakt mit Schülerinnen, können in der Schule etwas bewirken und stehen mit allen Akteuren im Kontakt. Dafür habe er diesen Beruf ergriffen, und deshalb sei Schulleiter jetzt der beste Job im Schulwesen. Da sei er auch gerne mal an allem schuld, denn die Bewertung von Schulleitern gehe ja sehr schnell. – Ich sage, es gibt so großartige Schulleiterinnen und Schulleiter wie ihn. Überlegen wir doch gemeinsam, das fehlt nämlich auch in dem Antrag, wie wir ihnen auch größere öffentliche Anerkennung zuteilwerden lassen können.

[Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank, Frau Kittler! – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Delius. – Bitte!

Frau Präsidentin, vielen Dank! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es tut mir ein bisschen leid, dass ich jetzt Wasser in den Wein gießen muss. Es wird immer gesagt, der Antrag löst irgendwas. Frau Bentele hat gesagt, es ist ein Prüfauftrag an den Senat, und der löst erst mal so noch gar nichts. Da werden wir erst mal auf die Antwort des Senats warten müssen, nachdem er ausführlich im Bildungsausschuss beraten worden ist. Für jetzt sehe ich da noch keine Lösung. Und wenn man dann mal anguckt, bei dem Thema sind wir uns einig: Stärkung von Schulleiterinnen und Schulleitern in Berlin, das ist sicherlich etwas, das wir alle unterschreiben können angesichts der Situation. Wenn man hineinguckt, was da drinsteht, dann muss ich staunen. Im Jahr 2016 stellen die Koalitionsfraktionen fest, dass

eine hohe Anzahl unbesetzter Schulleiterstellen existiert.

Ja, danke schön! Im April 2013 waren es 94, über 60 davon an Grundschulen; im Mai 2014 waren es 126, im März 2015 136. Das geht alles auf Kleine Anfragen und Berichterstattung aus den Haushaltsberatungen zurück. Das fällt Ihnen früh ein! – Jetzt geht es weiter:

Absehbare Vakanzen müssen so früh wie möglich erfasst werden und entsprechende Verfahren eingeleitet werden, sodass sie gar nicht erst entstehen.

Das wird nicht schon gemacht. Vielleicht bin ich falsch informiert, aber ich gehe davon aus, dass eine Senatsverwaltung, die genau solche Aufgaben hat, die Schule mit Personal ausstatten soll, auch genau das tut. Wenn das nicht getan worden ist, dann hätte man sich auch im Jahr 2013 schon darum kümmern können und nicht erst 2016.

Dann geht es weiter: Das Auswahlverfahren soll Kompetenz zur Ausführung der Führungsrolle in den Vordergrund stellen. – Auch das, ja ach: Was denn sonst? Da

geht es ja nicht um irgendeinen Fachlehrer, da geht es um Schulleiterinnen und Schulleiter oder stellvertretende Schulleiterinnen und Schulleiter. Was auch immer die Führungsrolle heißen soll, aber gerade die Leitungskompetenz ist ja schon ein Kriterium. Dann geht es weiter: Die meinen diese Teams, dazu komme ich auch noch gleich, dass das etwas anderes wäre. Dass dafür eine Schwierigkeit existiert, kann ich Ihnen gleich noch sagen. Unter der Überschrift, das Ganze solle beschleunigt werden, man will endlich von diesen Vakanzen wegkommen, führen Sie – das ist grundsätzlich zu begrüßen – eine Zusatzqualifikation ein und wollen an der Schulleiterakademie ein entsprechendes Zertifikat haben. Da ist Ihnen aber auch klar, dass mit der Bitte an den Senat, ein Konzept dafür zu entwickeln, dass es mal so etwas gibt, keine schnelleren Verfahren und mehr Qualität für die nächsten Jahre zu erwarten sind, denn das muss auch erst erprobt und beschlossen und durchgeführt werden.

Dann geht es weiter: Die endgültigen Berufungen sollen nach einer zweijährigen Probezeit erfolgen – okay, klar –, nach überprüfbaren Qualitäts- und Leistungskriterien. Auch da, wird Herr Oberg wieder sagen, habe ich keine Ahnung: Ist das neu? Ist das bisher nicht passiert? – Ich gehe davon aus, dass es die schon gibt und dass Ihnen der Senat genau das antworten wird, dass er sagen wird: Klar haben wir Leistungskriterien und Qualitätskriterien, nach denen wir das machen.

An Brennpunktschulen soll ein Modell erprobt werden, im Rahmen dessen Entscheidungsbefugnisse von Schulleitungen über Personal und Schulbudget erweitert werden. Die Autonomie von Schulleitungen soll auf innerschulische Steuerungsfähigkeit gestärkt werden.

Ja, unbedingt. Das ist ein sinnvoller Punkt. Aber dann ist gleichzeitig die Realität, dass gerade der Posten von Schulleiterinnen und Schulleitern insbesondere dann, wenn diese Positionen von Stellvertreterinnen und Stellvertretern kommissarisch übernommen werden sollen in der hohen Anzahl von Vakanzen, gerade diese zusätzlichen Tätigkeiten zu Mehrarbeit und zu einer unattraktiven Jobgestaltung führen werden, wenn nicht andere Maßnahmen getroffen werden, um sie zu unterstützen. Und dazu kommen Sie. Und dann wird es lustig: Es soll geprüft werden, wie Verwaltungsleitungen, Schulsekretärinnen, Hausmeisterinnen und IT-Experten – die sind jetzt mehrfach angesprochen worden – die Schulleitungen unterstützen. Super Idee!, finde ich großartig. Aber dann zählen wir mal auf, was wir haben: Wir haben bald 48 Verwaltungsleiterinnen, die an 700 Schulen unterstützen sollen. Sekretärinnen sollen die Schulleitungen unterstützen. Das ist etwas ganz Neues. Und dann geht es weiter mit den Hausmeisterinnen. Das wissen wir auch nicht erst seit Kurzem, dass wir etwa 25 Prozent unbesetzte Hausmeisterstellen haben. Die sollen jetzt also am besten die Schulleiterstellen besonders intensiv unterstützen.

(Regina Kittler)

Kommen wir zu den IT-Expertinnen und -Experten. Wer ist das eigentlich? – Die pädagogischen IT-Betreuer, die es gibt, sind gleichzeitig Lehrende bzw. pädagogische Fachkräfte, die jetzt schon eine Zusatzbelastung haben. Und dann haben wir noch die technischen IT-Betreuer. Wer ist das hauptsächlich? – Das sind hauptsächlich Menschen, die mit prekärer Beschäftigung ab und zu zusätzliche Aufgaben übernehmen und meistens sogar Eltern, die das aus Fürsorge für die eigene Schule, an die ihre Kinder gehen, tun. Das kann also auch nicht wirklich zur Unterstützung beitragen. Das sind einfach keine richtigen Stellen.

Dem ITDZ wollen Sie ein Konzept geben. Da können Sie sich mal mit den Kolleginnen und Kollegen, die sich regelmäßig z. B. im ITDat-Ausschuss mit den Aufgaben des ITDZ beschäftigen, unterhalten, wie die das schaffen sollen, wenn sie gleichzeitig eine kaputte Justizsoftware begutachten oder die städtischen Einrichtungen gerade zur Flüchtlingsunterbringung mit Internet versorgen sollen. Das können Sie die mal selber fragen. Ganz grundsätzlich wäre es mit lieb gewesen, wenn Sie zur schnelleren Einstellung und zur Füllung der Vakanzen das Beteiligungsverfahren zur Einstellung, das in Berlin 12 Monate dauert, genauer angeguckt hätten. Das ist überhaupt nicht passiert. Das wäre ein Punkt gewesen. – Und zu dem Gehaltsunterschied: Es sind immer noch zwischen E14 und den Sekundarstufen 860 und 660 Euro Gehaltsunterschied. Das ist auch immer noch ein Makel, der nicht abgestellt wurde. Da bringt es auch nichts, dass Sie das ein bisschen erhöht haben. – Vielen Dank!

[Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Delius! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Antrag wird die Überweisung an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie empfohlen. – Ich höre hierzu keinen Widerspruch, dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 3.2:

Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Tagesordnungspunkt 18

Berlins Zukunft sichern – jetzt Konzept für die Bildung mit digitalen Medien vorlegen

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Fraktion Die Linke und der Piratenfraktion Drucksache 17/2805

In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Birk. – Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir wollen heute mit einem gemeinsamen Antrag der Oppositionsfraktionen ein Thema in den Fokus stellen, das diese Koalition wie so viele Themen in dieser Legislaturperiode sträflich vernachlässigt hat: die Bildung mit digitalen Medien. Lassen Sie mich dazu drei Gedanken vorausschicken.

Erstens: Kinder gehen heute von klein auf mit digitalen Medien wie selbstverständlich um. Smartphones, Spielekonsolen, Tablets und der PC gehören von Anfang an zu ihrem Alltag, während meine Generation sich die Nutzung teilweise mühselig aneignen musste. Kinder und Jugendliche gehen aber auch teils leichtsinnig mit diesen Medien um. Risiken und Chancen liegen hier dicht beieinander. Sie brauchen deswegen Unterstützung von klein auf. Wir wollen sie ihnen geben.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Zweitens: Die Digitalbranche boomt in Berlin wie in kaum einer anderen europäischen Stadt. Zum Segen Berlins hat sich hier ein Markt entwickelt, der Computerexpertinnen und -experten aus aller Welt nach Berlin zieht. Was tut der Senat, damit auch Berlins Kinder und Jugendliche auf diesem Arbeitsmarkt der Zukunft bestehen können? – Viel zu wenig!

In der Digitalagenda des Regierenden Bürgermeisters kommt das Thema Schule gar nicht vor. Niemand kann etwas gegen 30 zusätzliche IT-Professuren haben, aber bevor hier aufgewachsene Berliner Studierende Informatik studieren, müssen sie erst mal die Basis dazu erlangen. Dazu hat diese Koalition nichts bis wenig beigetragen. Das wollen wir ändern.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Drittens: Unterricht mit digitalen Medien ist nicht nur aus den vorgenannten Gründen wichtig, sondern auch, weil die Digitalisierung unser Leben im Alltag, in der Ausbildung, in fast allen Berufen so durchdrungen hat, dass der Umgang mit digitalen Medien und Internet heute zu den Grundfertigkeiten gehört wie Lesen, Schreiben und Rechnen. Digitale Medien – didaktisch klug angewandt – können den Unterricht ungeheuer bereichern. Sie ermöglichen mehr individuelles, aber auch kollaboratives Lernen. Sie lösen die Bindung an Zeit und Raum auf. Sie erschließen auf die Schnelle Welten und Fakten.

Deswegen ist der neue Rahmenlehrplan zur fächerübergreifenden Kompetenzentwicklung im Bereich Medienbildung durchaus ein Schritt nach vorne, der aber nun mit Leben gefüllt werden muss. Die Schulen und andere Bildungsträger brauchen die notwendigen Voraussetzungen und Unterstützung, damit sie diese Anforderungen

(Martin Delius)

erfüllen können, und sie müssen endlich von uns als Parlament und vom Senat diese auch bekommen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Martin Delius (PIRATEN)]

Wir fordern den Senat deshalb auf, ein Konzept in Abstimmung mit Trägern zu erstellen, das folgende Punkte umfasst: Die Ausstattung der Schulen mit digitalen Medien ist höchst unterschiedlich. Angeblich soll ein PC auf fünf Schülerinnen und Schüler kommen. Wir wissen aber überhaupt nicht, was das für Geräte sind und in welchem Zustand sie sich befinden. Wir brauchen deswegen eine Bestandsaufnahme, aber auch eine Zielstellung bezüglich der Ausstattung und des technischen Supports der Geräte.

Von allen Schulen hören wir, dass es nicht weiter tragbar ist, dass wenige Lehrkräfte mit lächerlichen Ermäßigungsstunden praktisch die Wartung der Hard- und Software und zugleich die konzeptionelle Entwicklung für die Schule leisten sollen. Der eben diskutierte Antrag lässt da viele Fragen offen. Herr Delius hat das ausgeführt. Wir brauchen auch eine verlässliche Breitbandkapazität und freies WLAN an Schulen, wenn wir digitale Medien beständig im Unterricht einsetzen wollen.

Mindestens ebenso wichtig wie die technische Ausstattung und Pflege ist die Bereitschaft und Kompetenz der Lehrkräfte und aller anderen pädagogischen Kräfte an der Schule, souverän mit digitalen Medien umzugehen. Dazu brauchen sie eine zukunftsgerechte Aus- und Fortbildung und einen beständigen Austausch zur Entwicklung fachdidaktischer Konzepte, denn es kann ein großer Unterschied sein, wie ich digitale Medien für Mathe, Geschichte oder Kulturaufführungen einsetze. Wir wollen, dass digitale Medien auch inklusiv und geschlechtergerecht genutzt werden, also nicht nur anziehend für männliche Jugendliche sind.

Der E-Education-Masterplan, der dazu vor zehn Jahren noch seinen Zweck erfüllte, ist inzwischen völlig veraltet und müsste von Grund auf erneuert werden. Dazu braucht es aber Personal in der Verwaltung. Das kann nicht nur an einer Person, die sich schon halb im Ruhestand befindet, hängenbleiben.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Regina Kittler (LINKE) und Martin Delius (PIRATEN)]

Wir brauchen dringend Empfehlungen zum Einsatz privater digitaler Geräte und zum Umgang mit sozialen Medien. Facebook scheint uns nicht das richtige Medium zum Austausch zwischen Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern zu sein. Ein solcher Austausch kann über eine Lernplattform stattfinden. Wir wollen ein webbasiertes Angebot, das für Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und Eltern gleichermaßen attraktiv ist. Lernraum Berlin scheint dies noch nicht im ausreichenden Maß zu sein. Wir wollen darüber hinaus frei verwendbare Inhalte –

Open-Education-Ressources – über diese Plattform anbieten.