Protocol of the Session on March 17, 2016

Alles klar, also keine Zwischenfragen.

Zugleich erwarten wir vom Senat, dass in Fällen, in denen Wohnraumverlust für Familien mit Kindern eingetreten ist bzw. Kinder ohne festen Wohnraum in dieser Stadt leben, Wohnmöglichkeiten in enger Abstimmung mit den Bezirken und sozialen Trägern zur Verfügung gestellt werden, die sich durch individuellere Gestaltung und Wahrung der Privatsphäre deutlich von Obdachlosenasylen abheben.

Die Zahl der bereits vorhandenen Einrichtungen, und darüber ist hier schon gesprochen worden, ist bedarfsgerecht zu erweitern und auszubauen. Das ist nicht nur eine Floskel, sondern eine Aufgabe, an der der Senat gemessen wird, an der er aber auch aktiv arbeitet. Es gibt eine Reihe von Projekten, die im Gespräch mit den Trägern vorangebracht werden und die wir im laufenden Haushalt finanziell absichern konnten; das zu betonen ist mir be

sonders wichtig. Es erscheint mir unabdingbar, dabei Qualitätsstandards festzulegen.

Es muss aber auch der Weg offenbleiben, in enger Kooperation mit den bezirklichen Jugendämtern das Kindeswohl dann durchzusetzen, wenn die Eltern nicht bereit oder fähig sind, ihrerseits dem Kind eine angemessene Fürsorge zu gewähren und alle dazu möglichen und angebotenen Hilfestellungen, z. B. nach dem Sozialgesetzbuch VIII, nicht fruchten.

Fazit: Die CDU-Fraktion geht davon aus, dass der Senat unter Federführung der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales – in Erfüllung dieser Querschnittaufgabe, zugleich aber auch im Zusammenspiel mit den anderen Senatsverwaltungen – zügig noch in dieser Amtsperiode einen qualitativ hochwertigen Vorschlag zur Weiterentwicklung der Leitlinien der Wohnungslosenhilfe vorlegen wird, den wir dann im Ausschuss gemeinsam mit den vorliegenden Anträgen, die letztendlich eine gemeinsame Zielsetzung verfolgen, diskutieren und in die Tat umsetzen können. – Schönen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Danke schön, Kollege Krüger! – Kollegin Graf hat jetzt das Wort als Rednerin für die Piratenfraktion. – Bitte sehr!

Sehr geehrtes Präsidium! Liebe Damen und Herren! Allein in den letzten zehn Jahren sind im Bezirk Neukölln die Zahlen der ordnungsrechtlichen Unterbringungen von Kindern von 500 auf 3 500 gestiegen. Unterkünfte für Familien mit Kindern sind jedoch kaum zu finden. So wurden 2015 – die Zahl haben wir jetzt schon mehrfach gehört – allein 1 000 Kinder in Neukölln mit ihren Eltern behördlich z. B. in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe untergebracht. Gerade für diese Familien benötigt Berlin schnellstmöglich gezielte Unterbringungskonzepte und Unterstützungsmaßnahmen im Rahmen aktualisierter Leitlinien zur Wohnungslosenpolitik. Ein Vorschlag dazu liegt Ihnen ja bereits doppelt vor, einmal von uns, einmal von der Linksfraktion.

[Martin Delius (PIRATEN): Doppelt hält besser!]

Genau! Das zeigt ja auch die Notwendigkeit, wenn hier zwei Fraktionen unabhängig voneinander ziemlich das Gleiche fordern. – Der aktuell vorliegende Leitlinienentwurf muss noch vor Ende der Legislaturperiode finalisiert werden. Es ist hierbei essenziell, dass wir auf das Expertenwissen von sachkundigen Trägern und Verbänden zurückgreifen. Diese Zusammenarbeit mit den beteiligten Fachverwaltungen auf Bezirks- und Landesebene ist dann klar in Kooperationsverträgen zu regeln, damit Berlin zur

(Joachim Krüger)

nächsten Kältehilfesaison mit der Umsetzung der aktualisierten Leitlinien durchstarten kann.

Für uns ist es wichtig, dass Kinder gar nicht erst in die Situation des Wohnungsverlustes kommen. Dafür brauchen wir zum einen ausreichende, bedarfsgerechte und niedrigschwellige Informations-, Beratungs- und Hilfsangebote, die sich im Lebensumfeld der betroffenen Familien befinden, sowie großzügige Ermessensspielräume in der AV Wohnen für die Übernahme der Mietkosten.

[Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Katrin Möller (LINKE)]

Viele Räumungsklagen könnten abgewendet werden, wenn Haushalte mit Kindern in Wohnungsnotlagen rechtzeitig aufgesucht und beraten würden. Leider werden diese präventiven Hilfen nicht immer greifen. Darum brauchen wir für obdachlose Familien und Alleinerziehende eine kindgerechte Unterbringung mit Schutzräumen, die vor Gewalt und anderen Gefährdungen schützen.

[Beifall bei den PIRATEN]

Dabei sollte diese Unterbringung möglichst in der Nähe des früheren Wohnorts liegen, denn die betroffenen Kinder und Jugendlichen sollten weiterhin ihre Schule oder Kita besuchen können. In diesem Punkt ist ja selbst die CDU unserer Meinung.

[Martin Delius (PIRATEN): Ja!]

Auch die Eltern müssen die ihnen bereits bekannten Unterstützungsangebote im Sozialraum weiterhin nutzen können, denn es ist niemandem geholfen, wenn man immer wieder nach neuen Unterstützungsmöglichkeiten suchen muss. Um entsprechende passgenaue Angebote erstellen zu können, müssen in der geplanten Berliner Wohnungslosenstatistik alle dafür wichtigen Daten abgerufen werden.

In den vergangenen Wochen und Monaten sind zwar in Charlottenburg 24 Notunterbringungsplätze speziell für Familien entstanden, die jetzt auf 30 erhöht werden sollen, zudem wurde die AV Wohnung dahin gehend geändert, dass für bereits wohnungslose Haushalte die Mietrichtwerte um bis zu 20 Prozent überstiegen werden dürfen. Ja, das ist lobenswert. Das ist eine erste Besserung, deckt allerdings nicht den schon lange bestehenden Bedarf und löst nicht die massiven Probleme, mit denen Wohnungslose und Transferleistungsberechtigte auf dem Wohnungsmarkt konfrontiert sind. Etliche Menschen, darunter viele Familien und Kinder, werden weiter durch das Raster des löchrigen Hilfesystems fallen. Hier müssen wir entschieden entgegensteuern.

[Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Katrin Möller (LINKE) und Udo Wolf (LINKE)]

Vielen Dank, Frau Kollegin Graf! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Zum Antrag wird die Überweisung federführend an den Bildungsausschuss und mitberatend an den Gesundheitsausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht – dann verfahren wir so.

Zum Piratenantrag Drucksache 17/2778 wird die Überweisung federführend an den Gesundheitsausschuss und mitberatend an den Bildungsausschuss empfohlen. – Auch hier höre ich keinen Widerspruch – dann verfahren wir so.

Tagesordnungspunkte 18 und 19 stehen als vertagt auf der Konsensliste.

Also rufe ich auf

lfd. Nr. 20:

Verkauf der bundeseigenen Grundstücke Stallschreiberstraße zum Höchstpreis im Bundesrat verhindern

Antrag der Fraktion Die Linke Drucksache 17/2762

hierzu:

Dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 16. März 2016 Drucksache 17/2793

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Nein, das ist nicht der Fall. Ich habe den Antrag vorab an den Hauptausschuss überwiesen und darf Ihre nachträgliche Zustimmung feststellen. Es beginnt Die Linke, und es hat das Wort Kollegin Bluhm. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht um eines der letzten großen innerstädtischen Mauergrundstücke, das jetzt vom Bund zum Zwecke des Wohnungsbaus privatisiert werden soll. Und es geht um das Versprechen, das die Koalition gegeben hat, in Berlin auch innerstädtisch bezahlbar zu bauen und demzufolge auch wohnen und mieten zu können. Es ist inzwischen Berliner Alltagswissen, dass die Frage, ob es gelingt, bezahlbar auch in der Innenstadt zu bauen und zu wohnen, stark von den Eigentumsverhältnissen und den Grundstückspreisen abhängt.

Was heißt das konkret im Fall der Stallschreiberstraße? – Der Bund will zum Höchstpreis von fast 30 Millionen Euro verkaufen. Die Wohnungsbaugesellschaft Mitte hat sich mit ihrem Angebot nicht durchsetzen können. Anschließend soll aber die HOWOGE Wohnungen zurückkaufen. Damit auf diesem Areal nicht nur Luxuswoh

(Susanne Graf)

nungen gebaut werden können, ist also ein hoher Subventionsbedarf des Landes Berlin vonnöten.

Deshalb haben wir gestern im Hauptausschuss nachgefragt. Wir wollten den Aushandlungs- und Abwägungsprozess wissen, der in diesem Fall stattgefunden haben sollte, weil die erklärte Liegenschaftspolitik der Koalition in diesem konkreten Falle auch einen anderen Weg aufzeigt. Und wir waren sehr erstaunt, als wir die Antwort bekamen: In dem Fall waren sich doch alle einig, das Bezirksamt, die Stadtentwicklungsverwaltung und auch die Finanzverwaltung – ich frage hier noch mal nach dem „alle“, aber gut –, und deshalb soll der Bund an dieser Stelle schon mal machen. Das sei doch so in Ordnung.

Also, kein Widerstand zu dieser Privatisierung von Grund und Boden an dieser Stelle, die ich finanziell für fragwürdig halte, aber auch politisch für nicht zu verantworten.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Clara Herrmann (GRÜNE)]

Statt eine andere Politik im Umgang mit öffentlichen Eigentum voranzutreiben und vor allen Dingen den Berlinerinnen und Berlinern lediglich zu versprechen, dass man bezahlbar bauen und wohnen kann, sollte man diese eigenen Versprechen auch damit krönen, dass man etwas tut, um sie umzusetzen.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Wenn man aber diesen Grundsatz nicht einmal gegenüber der eigenen, befreundeten Bundesregierung geltend machen kann, dann habe ich ein Problem damit, an diese Versprechen zu glauben und diese Versprechen umgesetzt zu sehen.

Geht es hier nicht doch auch um die Auseinandersetzung von Steuerungsfähigkeit der öffentlich Hand versus eine wirtschaftliche Verwertungslogik der Immobilienwirtschaft? Ist es da nicht sinnvoll, an dieser Stelle, bei diesem innerstädtisch sehr wichtigen Grundstück, Instrumente zu benutzen – das frage ich ganz konkret –, die Sie selbst vor einigen Monaten erfolgreich genutzt haben? Sie haben im Bundesrat alle anderen Bundesländer erfolgreich davon überzeugt, dass das Dragonerareal nicht an einen privaten Investor veräußert werden kann. Sie haben also diesen Weg aufgezeigt. Sie sind ihn in dem vorliegenden Fall nicht gegangen. Eine Erklärung für dieses Verhalten sind Sie schuldig geblieben. Ich finde das hoch problematisch.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Martin Delius (PIRATEN)]

Wir haben den Antrag auch noch mal geändert und einem Änderungsantrag folgende Überlegung hinzugefügt: Es gibt ein Rückübertragungsbedürfnis und einen -anspruch einer jüdischen Erbin, der aus ihrer Sicht nicht geklärt ist.

Gestern hieß es im Hauptausschuss dazu, das wisse die Finanzverwaltung nicht. Wie wir heute aus einer Berliner Tageszeitung erfahren konnten, liegen alle diese Anträge, zu prüfen, ob dieser Vertrag, d. h. diese Privatisierung, genehmigungsfähig ist, bei der Senatsverwaltung für Finanzen. Wir finden, auch darum sollten und müssen Sie sich kümmern.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Kollegin! – Kollegin Haußdörfer spricht jetzt für die SPD-Fraktion.

[Dr. Manuel Heide (CDU): Aber kurz, bitte!]

Bitte sehr!