Protocol of the Session on December 10, 2015

Sie, verehrte Damen und Herren von der SPD und der CDU, haben es einfach wieder verschlafen. Es ist Zeit für eine andere, für eine nachhaltige und kontinuierliche Investitionsstrategie. Wir haben Ihnen gezeigt, wie es gehen könnte, ohne den Haushalt mit Neuverschuldung zu belasten, die Sie immer wieder als Mär vor sich hertragen.

Drei Viertel des Volumens in unseren Änderungsanträgen beziehen sich auf Investitionen.

[Christian Goiny (CDU): Aber nicht finanziert.]

Wir wollten eine deutlich höhere Wohnraumförderung für alle Bedarfsgruppen, nicht nur für die Flüchtlinge, sondern für alle Menschen, und wir wollen hier keinen gegeneinander ausspielen. Wir wollten die Ausweitung der Krankenhausförderung speziell für die Sanierung des Krankenhauses Neukölln. Für eine tatsächliche Rekommunalisierung wollten wir einen deutlichen Zuschuss an die Berliner Wasserbetriebe zur Eigenkapitalausstattung der Berliner Stadtwerke. Auch die Ausweitung der bezirklichen Schul- und Sportanlagensanierungsprogramme haben wir vorgeschlagen, ebenso wie weitere Investitionen in den Ausbau von Kita und Schule, in Brücken, in die Fahrradinfrastruktur, in Berlin Energie.

[Torsten Schneider (SPD): Alles auf Pump! – Steffen Zillich (LINKE): Nein, Mischfinanzierung!]

Ein zweiter Nachtragshaushalt 2015, Herr Schneider, hätte weitere Spielräume eröffnet, aber in der Ihnen üblichen Manie haben Sie alle unsere Anträge abgelehnt.

[Torsten Schneider (SPD): Was für eine Manie?]

Aber all das zusätzliche Geld nützt zudem nur wenig, wenn nicht zugleich die personellen Voraussetzungen für die Planung und Realisierung der Investitionen geschaffen werden.

[Torsten Schneider (SPD): Planwirtschaft auf Pump!]

Aber auch hier haben Sie statt mit einer dringend notwendigen Strategie für Investitionen in das Personal wieder nur mit Ihrer fast schon legendären Gießkanne reagiert. Überhaupt scheint die Gießkanne das Symbol Ihrer Regierungsunfähigkeit geworden zu sein.

[Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Von Plänen habt ihr wohl keine Ahnung!]

Unsere Forderung, die Zielzahl von 100 000 VzÄ so schnell wie möglich aufzugeben, scheint inzwischen Allgemeingut geworden zu sein. Die Zielvereinbarungen mit den Bezirken gelten jedoch immer noch weiter.

Fast alles von dem, was nun schrittweise tatsächlich eingeführt wird, fordern wir seit 2012: die unbefristete Übernahme der Auszubildenden, ein berlinweites Bewerbungsportal, Doppelfinanzierungen zur Ausgestaltung des Wissenstransfers, die Anerkennung von Mehrbedarfen wegen zusätzlicher Aufgaben in einer wachsenden Stadt. Das können Sie nachlesen. Das steht auf unserer Internetseite. Aber noch immer gibt es kein strategisches und nachhaltiges Personalkonzept, das sich an der stetig verändernden und wachsenden Stadt orientiert. Das Problem verschiebt sich inzwischen von fehlendem Geld zu fehlenden Fachkräften. Inzwischen haben Sie die Probleme wenigstens zum Teil erkannt, aber Sie haben noch immer kein Konzept, sie zu beheben. Und Personalgewinnung und -entwicklung wird noch immer dezentral gesteuert und controllt.

Wir bleiben bei unserer Auffassung, dass die Besoldungsanpassung in schnelleren Schritten als jährlich 0,5 Prozent zum Bundesdurchschnitt passieren muss. Das ist ein Versprechen von Rot-Rot, also auch von Ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen der SPD! Auskömmliche Fortbildungsbudgets müssen gebildet werden. Die verpflichtenden Ansätze für Personal- und Organisationsmanagement sind eben nur ein bescheidener Anfang.

Auch das Thema Prämienregelung für Tarifbeschäftigte darf kein Tabu mehr sein – Brandenburg macht es vor. Und auch wenn ich mich wiederhole: Die Zielvereinbarungen mit den Bezirken zum Personalabbau müssen endlich aufgehoben werden.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Thomas Birk (GRÜNE)]

In den Haushaltsberatungen im Personalausschuss wurde das Versagen der Koalitionsfraktionen überdeutlich. In den Berichten verlangen die Verwaltungen mehr Stellen und mehr Personal, einen Einstieg in zukunftsorientierte Personalpolitik. Das ist bei der Innenverwaltung so, bei der Stadtentwicklung, beim LAGeSo. Aber es ist doch nicht zu fassen, dass diese Berichte von Ihnen zustimmend zur Kenntnis genommen und anschließend alle unsere Anträge kommentarlos abgelehnt werden.

Und fünf Minuten vor der Angst kommt die Koalition mit ihrem Antrag zu den Stellen in den Bürgerämtern wie Kai aus der Kiste. Auch wenn die 36 Stellen weniger als die Hälfte dessen sind, was die Fachleute gemeinsam mit dem Senat ausgearbeitet haben, ist es zumindest ein Schritt in die richtige Richtung. Doch diesen richtigen

Schritt führen Sie sofort ad absurdum mit Ihrem Beschluss, wie die Bezirke das jetzt auch umsetzen sollen. Es ist schon fast eine Anmaßung, wenn Sie erst zwei Jahre dringendes Handeln verschlafen und dann ohne Beratung mit der Praxis vor Ort die Selbstgewissheit entwickeln, eine Lösung aus dem Hut zaubern zu können, und gleichzeitig einen solchen Unsinn entwickeln.

[Beifall bei der LINKEN]

Hier teile ich ausgesprochen die Einschätzung Ihrer eigenen Kollegen vor Ort. Reden Sie denn überhaupt noch miteinander, oder haben Sie auch das schon nicht mehr nötig? Glauben Sie ernsthaft, dass die Freigabe der Termine für sechs Monate auch nur einen einzigen Termin mehr schafft? Und wenn die Termine ausgebucht sind, machen wir einfach mehr Termine. Wie absurd ist das denn?

[Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Sodom und Gomorrha!]

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die am Samstag arbeiten, haben das Recht auf mehr Freizeitausgleich. Ich gehe davon aus, Sie haben das in Ihrem genialen Plan schon mitbedacht. Sie sehen, selbst Wahlkampfgeschenke sollten gut durchdacht sein, sonst gehen sie nach hinten los: Aber, Herr Schneider, dann sind ja wieder die Bezirke schuld?

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Und eines will ich noch sagen, auch weil Herr Esser das angesprochen hat, und das will ich nicht nur am Rande sagen: Wir haben ausschließlich Anträge gestellt, die durch Mehreinnahmen des Landes, Steuern und Erstattungen des Bundes oder der EU sowie eine Anhebung der Gewerbesteuer bzw. durch Minderausgaben an anderer Stelle, also keine Ausweitung des Verfassungsschutzes, keine Fortsetzung der Pleiten-Pech-und-Pannen-Serie im IT-Bereich oder eben auch kein Geld verbrennen in Werbegags der Senatskanzlei, gedeckt waren. An keiner Stelle haben wir eine Neuverschuldung vorgeschlagen.

[Zuruf von Joachim Esser (GRÜNE)]

Etwas völlig anderes ist es, wenn wir sagen, dass eine Schuldentilgung angesichts des großen Sanierungsstaus in unserer Stadt volkswirtschaftlicher Unsinn ist, und dabei bleiben wir auch.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Schmidt! – Für den Senat erteile ich jetzt das Wort Herrn Dr. Kollatz-Ahnen. Die Redezeit der anderen Abgeordneten ist ansonsten abgelaufen. – Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erst einmal auch von mir gute Besserung an Frau Herrmann. Das Duo Herrmann/Esser war gut. – Und eins ist auch klar, wenn noch mehr Flüchtlinge kommen, wird nicht das Integrationspaket auf der Strecke bleiben. Das war einer der wichtigen Punkte. Das nehme ich gerne mit. Und das heißt, wenn wir eine Chance zum Nachsteuern haben, dann gilt das auch dort und insbesondere dort.

Ich will auf das Thema kommen, das Frau Dr. Schmidt angesprochen hat. Sie haben so ein bisschen neugierig nach dem Thema SIWA II gefragt. Ich hoffe, dass es zu einem SIWA II kommt. Die Haushaltsprognose des Vollzugs für dieses Jahr lässt das zu. Wenn wir dazu Möglichkeiten haben – das habe ich im Hauptausschuss schon vorgetragen, ich tue das hier im Plenum gerne auch –, dann werden wir die Mittel in bestimmten Kernbereichen, die auch heute in der Debatte mehrmals angesprochen worden sind, einsetzen, oder zumindest werden wir senatsseitig vorschlagen, dass sie dort eingesetzt werden. Das wären 100 Millionen Euro für die modulare Unterbringung für Flüchtlinge, 72 Millionen Euro für Schulbauten, 22 Millionen Euro für Kitabauten, 24 Millionen Euro für die Heimunterbringung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen und 8 Millionen Euro für diverse kleinere Maßnahmen.

Ich bedanke mich, Frau Dr. Schmidt, aber auch für die Anregung, dass wir, wenn wir Möglichkeiten dazu haben, etwas am Klinikum Neukölln tun können und tun sollten. Wenn sich Chancen dafür ergeben, komme ich gerne darauf zurück.

Jetzt zu den Haushaltsberatungen: Der heutige erfolgreiche Abschluss der Haushaltsberatungen bedeutet nicht nur die Verabschiedung eines neuen Doppelhaushalts, sondern er fügt der auch vor meiner Zeit schon erfolgreichen Haushaltspolitik des Senats und der Koalition ein weiteres Kapitel hinzu. Der letzte Haushalt dieser Wahlperiode ist, das sage ich mal mit einem gewissen Stolz, sicherlich nicht der schlechteste.

Anfang September habe ich dem Parlament den Entwurf für diesen Doppelhaushalt vorgelegt, der der haushaltspolitischen Leitlinie folgte, die auch heute die ganze Zeit instrumentiert hat, nämlich investieren und konsolidieren. Es ist der zweite Doppelhaushalt in Folge, der ohne neue Schulden auskommt, und das ist gerade angesichts der Entwicklungen in anderen Bundesländern, das kann und muss ich fast täglich beobachten, nicht selbstverständlich. Ungefähr die Hälfte der Haushalte anderer Länder sieht eine Neuverschuldung vor. Gleichzeitig ist der Berliner Haushalt einer, der das Investitionsvolumen mit einem Schwerpunkt im Bereich des Wohnungsbaus substanziell erhöht und den Konsolidierungspfad einhält, der uns im Jahr 2020 stabil und mit ausreichendem Abstand auch in

(Dr. Manuela Schmidt)

die Zeit, die dann anbricht – durch die neue Verfassungslage der Schuldenbremse –, hineinführt.

Im Verlauf der Beratungen gab es nach langen Diskussionen zahlreiche Änderungsanträge zu diesem Entwurf. Was das für die einzelnen Politikfelder bedeutet hat, haben Sie bereits gehört. Die Änderungen haben jedoch, und das will ich noch einmal zusammenfassen, im Verantwortungsbewusstsein der Koalition gegenüber der Stadt, die Struktur des Haushalts mit den geplanten Überschüssen beibehalten und die Perspektive für die nächsten Jahre bis 2020 eröffnet und stabilisiert.

Ich danke den Ausschüssen, insbesondere aber dem Hauptausschuss für die sehr konstruktive Arbeit an diesem Doppelhaushalt.

Schauen wir uns die Rahmendaten an, die letzte Debatte ist dazu ja auch noch mal sinnvoll: Gemäß § 1 des Haushaltsgesetzes ist das Haushaltsvolumen von 25,7 Milliarden Euro in 2016 und von 26,4 Milliarden Euro für 2017. Das sind 361 Millionen Euro für 2016 und 367 Millionen Euro für 2017 mehr als im Senatsentwurf vom Juli. Darin sind aber bereits die bereinigten Ausgaben von 25,2 Milliarden Euro für 2016 und 26,1 Milliarden Euro für 2017 enthalten. Diese wiederum schließen schon die SIWAZuführungen von 90 Millionen Euro und 66 Millionen Euro ein. Dieses höhere Haushaltsvolumen ist im Kern und im Wesentlichen durch die Mehreinnahmen aus der Steuerschätzung sowie durch die Zuweisungen des Bundes für die Flüchtlinge voll gedeckt. Und das ist der wichtige Punkt: Der Haushaltsüberschuss bleibt erhalten. Für beide Haushaltsjahre wird ein Überschuss von jeweils 80 Millionen Euro ausgewiesen, der ausreichen sollte, um die Unwägbarkeiten der Haushaltswirtschaft abzufedern. Wir gehen also stabil in die nächsten zwei Jahre. Wenn die Haushalte so bewirtschaftet werden wie geplant, werden wir 80 Millionen Euro jeweils tilgen, weil die SIWAZuführungen ja bereits vorgesehen sind.

Herr Verrycken, dem ich wohl einen Spitznamen verdanke, hat darauf verwiesen, dass der Hauptausschuss Veränderungen von über 1 Milliarde Euro an dem Haushalt vorgenommen hat. Bitte machen Sie sich klar, dass der Großteil dieses Betrags der gemeinsamen Anstrengungen, die viel Zeit und lange Diskussionen in Sachen Flüchtlinge im Hauptausschuss gefordert haben, geschuldet ist. Die Programme, die wir für die Flüchtlinge gemeinsam in vielen Diskussionen entwickelt haben, stehen neben den Programmen des normalen Haushaltes, neben den Programmen für die Berlinerinnen und Berliner und nicht gegen die Programme für jene, die bereits da sind.

[Beifall von Joachim Krüger (CDU)]

Es ist auf das Thema Wohnen und vieles andere hingewiesen worden, insbesondere aber beim Thema Wohnungsbauprogramme sieht man das natürlich.

Ich will noch kurz auf den einen oder anderen Diskussionsbeitrag der Opposition zu sprechen kommen. Die eine Richtung der Oppositionsdebatte ist: Es ist ein Wahlkampfhaushalt. Es wird zu viel ausgegeben. – Die zweite Richtung in der Oppositionsdebatte ist: Es ist zu viel Tilgung. – So ganz passt das nicht zusammen.

[Zuruf von Ramona Pop (GRÜNE)]

Stellt man das gegenüber, so zeigt sich, dass das in die entgegengesetzte Richtung weist. Von der großen Linie, die ich gerne noch einmal erkläre, zeigt sich auch, dass unsere Linie richtig ist. Wir nutzen die Spielräume, wenn Einnahmen da sind, aber auch nur dann. Es steigen die Ausgaben; sie steigen aber nicht schneller als die Einnahmen, sondern sie folgen den Einnahmen. Im Regelfall steigen sie auch langsamer als die Einnahmen.

Deswegen ist es so, dass auch die Orientierung, die von vornherein im Haushalt gegeben worden ist, richtig und wichtig ist: Wir geben langfristige Investitionsprogramme, die mit den Verpflichtungsermächtigungen weit über diesen Haushalt hinausreichen, und zwar für Krankenhäuser, für Hochschulen, für Schulen. Dabei schöpfen wir keineswegs die Spielräume völlig aus – das gehört zu einem vorsichtigen Haushalt und einer vorsichtigen Finanzplanung dazu.

Schauen wir dazu in die Entwicklungen der letzten Jahre. Zwischen 2013 und 2014 hatten wir 1 Milliarde 90 Millionen Euro Mehreinnahmen für das Land Berlin. Für die Zukunft sehen wir jetzt in der Größenordnung von 720, 755, 825 und im Durchschnitt dann weiter immer 760 Millionen Euro Mehreinnahmen. Wir bleiben also in der Mehreinnahmenprojektion erfreulicherweise halbwegs konservativ.

Wenn von der Opposition angemerkt wird, dass man den gesamten Masterplan für alle Investitionen vermisse, dann möchte ich noch mal für die Logik des Entwurfs werben. Die Logik ist, dass wir mit diesen Sektorplänen arbeiten. Ich persönlich muss bekennen, dass ich eine gewisse Sympathie für eher dezentral aufgestellte Planungen habe gegenüber – vielleicht etwas übertrieben – detaillierten Fünfjahresplänen, die als Masterplan daherkommen. Ich glaube, dass wir mit den dezentralen Planungen in den Sektoren besser fahren. Frau Schillhaneck! Als Beispiel: Dezentrale Planungen der Hochschulen sind wahrscheinlich besser und zielgenauer als das, was wir auf der Senatsebene machen können.

[Steffen Zillich (LINKE): Dagegen spricht ja keiner!]

Und wenn wir den Fachverwaltungen dann ermöglichen, die Projekte im Rahmen dieser Sektorpläne ein- und auszuphasen, wie es richtig ist, dann entsteht ein besserer Mittelabfluss, dann entsteht eine höhere Zielgenauigkeit, als wenn wir so tun, als wäre es sinnvoll, das alles auf zentraler Ebene zu machen. Ich sage auch deutlich: Auch das Finanzressort ist da nicht schlauer als das, was wir an

(Senator Dr. Matthias Kollatz-Ahnen)