Protocol of the Session on June 11, 2015

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Eggert?

(Elke Breitenbach)

Nein, der hat jetzt schon genug gequatscht, es ist gut.

[Oh! von der SPD und den PIRATEN – Christopher Lauer (PIRATEN): Seien Sie doch nicht so! Der arme Herr Eggert!]

denn die Eingliederung in eine angemessene Berufstätigkeit, das war auch nicht so ergiebig, darüber können wir uns später noch einmal unterhalten.

Ich will nur ganz kurz sagen, Kollegen quatschen nicht, die reden.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD – Steffen Zillich (LINKE): Quatsche, quatsche!]

Er redet ja! Suboptimal hat er geredet.

[Heiterkeit]

Das ist der beste Weg, Menschen in unsere Gesellschaft zu integrieren, sie von staatlicher Alimentation zu befreien und ihnen ein selbstständiges Leben zu ermöglichen. Wer es noch nicht verstanden hat, wir haben einen Fachkräftemangel, insbesondere beim pädagogischen Personal in dieser Stadt.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Frau Kittler hat schon richtig gesagt, bei der Eingliederung der Kinder aus geflüchteten Familien in das Berliner Bildungssystem können Menschen, die die Muttersprache und den Erfahrungshintergrund dieser Kinder teilen, besonders wertvoll sein. Information und Beratung muss früh einsetzen, damit die Menschen schnellstmöglich ihren Weg in eine adäquate Beschäftigung finden. Und sie muss dort einsetzen, wo die Menschen sind. Eine Stelle zur Anerkennung von Berufsabschlüssen in der Senatsverwaltung reicht dafür sicherlich nicht aus. Es muss eine Begleitung durch den Instanzenweg organisiert werden, weil davon auszugehen ist, dass diese Menschen weder in der Lage waren, geordnete Unterlagen über ihren Bildungs- und Ausbildungsweg oder Arbeitszeugnisse auf die Flucht mitzunehmen – da bin ich dann ganz bei Herrn Eggert – noch bei den Flucht auslösenden Verhältnissen in ihren Heimatländern Ersatz zu beschaffen. Wie Qualifikationen nachgewiesen werden können, da müssen wir die Situation abändern.

Es gibt einen einzigen Ausbildungsgang in dieser Stadt, wo Menschen ansetzen können. Das ist das Projekt Anschwung – Migrantinnen in die Erzieherinnenausbildung, die auch mit uns Grünen entwickelt wurde, wo Menschen, die pädagogisch vorgebildet sind, denen nachgewiesen worden ist, dass ihnen Module fehlen, ansetzen und sich ausbilden lassen können. Weder die Universitäten noch die Hochschulen haben diese Möglichkeiten. Da

müssen Sie ansetzen. Da müssen Sie nachbessern. Ich glaube nicht, dass es an den Universitäten und Hochschulen scheitern wird. Da müssen wir den Kontakt aufnehmen, damit Menschen schnell nachqualifiziert werden können und dann eben auch in der Berliner Bildungslandschaft eingesetzt werden können. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Danke schön ebenfalls. – Für die Fraktion der CDU spricht jetzt der Kollege Roman Simon. Und ich erteile ihm das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der heutigen Rederunde befassen wir uns mit Ihrem Antrag „Flüchtlingen mit pädagogischer Qualifikation Tätigkeitsfelder in Kita und Schule eröffnen“.

[Martin Delius (PIRATEN): Das wissen wir!]

Hierzu erlaube ich mir zunächst zu bemerken: Im Januar 2015 wurden durch Bundestag und Bundesrat Erleichterungen bei der Arbeitsaufnahme von Asylbewerbern beschlossen. Für den Arbeitsmarktzugang entfällt nunmehr in bestimmten Fällen die sogenannte Vorrangprüfung. Die Bundesanstalt für Arbeit durfte bisher einer Beschäftigung von Asylbewerbern und Geduldeten nur unter bestimmten Voraussetzungen zustimmen. Für das konkrete Stellenangebot durften keine deutschen Arbeitnehmer, EU-Bürger oder entsprechend rechtlich gleichgestellte Ausländer zur Verfügung stehen. Durch die Beschäftigung durften sich außerdem keine nachteiligen Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt ergeben. Diese Vorrangprüfung entfällt nun seit einigen Monaten für Hochschulabsolventen in Engpassberufen, die die Voraussetzung für eine Blaue Karte der EU erfüllen, und für Fachkräfte, die eine anerkannte Ausbildung für einen Engpassberuf nach der Positivliste der Bundesagentur für Arbeit haben bzw. an einer Maßnahme für die Berufsanerkennung teilnehmen oder wenn die Menschen seit 15 Monaten ununterbrochen erlaubt geduldet oder mit einer Aufenthaltsgestattung in Deutschland sind. Das ist auch ganz gut, wenn wir uns mal vor Augen halten, was ganz kurzfristig vor wenigen Monaten geändert worden ist.

Ich bin skeptisch, ob Ihr Ansinnen, Flüchtlinge oder Asylsuchende mit einer pädagogischen Qualifikation schnellstens – und meine Betonung liegt ganz ausdrücklich auf der zeitlichen Komponente, also schnellstens – bei der Bildung von Kindern einzusetzen, so sinnvoll sein kann, jedenfalls dann, wenn man davon ausgeht, dass die Mehrheit der Flüchtlinge oder Asylsuchenden keine besonderen Deutschkenntnisse hat. Ich meine, es muss zwar

kein Sprachniveau eines Muttersprachlers gefordert werden, aber weit darunter sollte das Sprachniveau derjenigen, die in Kitas und Schulen arbeiten, nicht liegen, denn wir wollen ja, dass die Kinder in Berliner Kitas und Schulen gut Deutsch lernen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Kittler?

Nein, danke! – Anders könnte man das eventuell bei möglichen Beschäftigten in Jugendeinrichtungen handhaben. Hier gehen wir ja davon aus, dass die Jugendlichen im Regelfall schon Deutsch gelernt haben, und im Einzelfall kann es hier durchaus sinnvoll sein, auch Fachkräfte mit nicht ganz so guten Deutschkenntnissen zu beschäftigen. Sinnvoll und zielführend könnte es daher sein, Flüchtlinge oder Asylsuchende gezielt und ausgewählt in das Bildungssystem einzugliedern. Hierbei ist es aber auch wichtig, der möglichen Bildung von Parallelgesellschaften entgegenzuwirken.

Um das an einem Beispiel zu verdeutlichen: Syrische Fachkräfte – und ich meine die mit guten Deutschkenntnissen, habe ich ja vorher schon ausgeführt – sollten aus meiner Sicht eher nicht in Willkommensklassen mit vielen Kindern aus Syrien, sondern eher in Willkommensklassen mit vielen Kindern aus anderen Ländern eingesetzt werden.

Wichtig ist mir zu betonen, dass die CDU-Fraktion es richtig findet, dass die antragstellende Fraktion die Qualifikation betont. Das ist wichtig und richtig. Und sie ist deutlich wichtiger als die von Ihnen geforderte Eile.

Eine Sache haben zwar Vorredner auch schon ausgeführt, aber ich möchte sie der Vollständigkeit halber auch für meine Fraktion erwähnen. Ein weiterer Punkt, der uns skeptisch stimmt, ist, ob Ihr Antrag die Lebenswirklichkeit richtig in den Blick nimmt, denn es darf nicht vergessen werden, dass Flüchtlinge zumeist ohne Nachweis ihrer Berufsbildungs- oder Hochschulabschlüsse nach Deutschland geflüchtet sind und somit die Anerkennung ausländischer Abschlüsse deutlich erschwert ist. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Beifall von Björn Eggert (SPD)]

Vielen Dank! – Für die Piratenfraktion spricht jetzt Kollege Kowalewski. – Bitte schön!

Geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Gäste! Wir haben in Berlin viele geflüchtete Menschen, die oft sehr gute berufliche Qualifikationen mitbringen, manchmal sogar auch in schriftlicher Form, und die sich gerne mit ihrer Arbeit für die Gesellschaft, in der sie jetzt leben, einsetzen wollen. Obwohl seit letztem November Asylsuchende mit Aufenthaltsgestattung und Personen mit Duldung meist schon nach drei Monaten arbeiten dürfen – das hat Herr Kollege Simon gerade schon angesprochen –, fällt es leider in vielen Fällen immer noch schwer, beruflich Fuß zu fassen.

Das liegt auch daran, dass selbst drei Jahre nach dem Anerkennungsgesetz im Bund, noch etwas kürzer, aber doch auch schon seit einer Weile hier bei uns im Land, die Menschen, die versuchen, ihre beruflichen Qualifikationen anerkannt zu bekommen, an einer Mauer aus Bürokratie zerschellen. Das hat Kollegin Breitenbach gerade angesprochen. Das können Sie aber auch beispielsweise heute in der „FAZ“ nachlesen.

Und wir haben einen Mangel an motivierten und qualifizierten Erzieherinnen und Erziehern, Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen, Lehrerinnen und Lehrern. Besonders mangelt es an Fachkräften, die die Sprachen der geflüchteten Kinder und Jugendlichen sprechen können und die sich aufgrund der eigenen Fluchterfahrungen auch besser in deren Situation hineinversetzen können.

Der Antrag fordert nun, diese beiden Fakten erst einmal anzuerkennen und somit eine Lösung zu finden, um geflüchteten Menschen, die eine pädagogische Ausbildung genossen haben, den Einstieg in einen Beruf zu erleichtern und die Betreuungssituation in Kitas, Kinder- und Jugendeinrichtungen und Schulen zu verbessern, speziell die für geflüchtete Kinder und Jugendliche. Es ist natürlich sehr zu begrüßen, wenn zwei Probleme auf einmal gelöst werden können, ohne dass es dadurch zu irgendwelchen Nachteilen kommt. Deswegen stimmen wir diesem Antrag zu.

Zu den Befürchtungen, gerade des Kollegen Simon: Natürlich steckt der Teufel wie bei allen guten Ideen im Detail. Frau Kollegin Kittler hat ja schon ein paar davon ausgeführt. Natürlich gilt es auch sicherzustellen, dass die Qualität der Betreuung und der Sprachförderung auf keinen Fall darunter leidet, aber der vorliegende Antrag ist erst mal ein Prüfauftrag. Das kennen Sie ja auch aus Ihrem eigenen Skriptorium. Wir wollen, dass die Senatsverwaltung ihre Ressourcen und ihre Unterlagen nutzt, um diese Fragen zu klären. Natürlich brauchen wir dann auch einen Bericht. Das muss in den Antrag noch mit rein. Aber über die konkreten Schritte und die zu beachtenden Stolpersteine auf dem Weg können wir dann reden, wenn dieser Bericht vorliegt, oder eben die Kolleginnen und Kollegen in der nächsten Legislaturperiode. – Vielen Dank!

(Roman Simon)

[Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Regina Kittler (LINKE)]

Ebenfalls vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zum Antrag Drucksache 17/2268 wird die Überweisung an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie – federführend – und mitberatend an den Ausschuss für Arbeit, Integration, Berufliche Bildung und Frauen empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 16:

Einhaltung der gesetzlichen Flugrouten in Berlin

Antrag der Piratenfraktion Drucksache 17/2276

Eine Beratung ist nicht mehr vorgesehen. Zum Antrag Drucksache 17/2276 wird die Überweisung an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr – federführend – und mitberatend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 17:

Mieter in dem Wohnhaus Wilhelmstrasse 56-59 vor Abriss- und „Sicherungs"-Maßnahmen schützen und die Bewohnbarkeit des Gebäudes erhalten

Antrag der Fraktion Die Linke Drucksache 17/2296

Ich habe den Antrag vorab an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr überwiesen und darf Ihre nachträgliche Zustimmung feststellen. – Dem ist so. In der Beratung beginnt die Fraktion Die Linke. Die Kollegin Bluhm hat das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja, es geht um die Wilhelmstraße 56-59, Wohnungen wenige Meter vom Brandenburger Tor entfernt. Wir haben es hier mit dem Zusammentreffen von zwei Themen von hoher politischer und praktischer Relevanz zu tun. Es geht einerseits um bezahlbares Wohnen in der Innenstadt, was hier von allen politisch immer reklamiert und proklamiert wird, und es geht auf der anderen Seite darum, ob Mieterschutzrechte nach Privatisierungen gesichert werden können.

Die Wohnungen wurden von der WBM privatisiert. Den Mietern wurde ein dauerhaftes Mietrecht vertraglich zugesichert. Die Stadtentwicklungsverwaltung aber hat

mit dem Eigentümer in einer Änderungsvereinbarung den Abriss des Gebäudes vereinbart. Was heißt das für die Mieter? – Die Mieter leben und wohnen in einer unerträglichen Situation, und das seit Jahren. Ich zitiere aus einer Bewohner-Mail von gestern Abend:

Die Eigentümer setzen die Schikanen fort. Jede Woche Briefe mit diversen Forderungen, zudem sperren die Eigentümer den Zugang zum Hof und schicken Abmahnungen an Bewohner, die sich dort aufhielten. Nun kündigten sie Schlösseraustausch an und verlangten, dass sich die Bewohner mit Personalausweis und Pass ausweisen, um den neuen Schlüssel abzuholen. Ziel ist ganz bestimmt, die Mieter in ein Gespräch über Entmietung zu verwickeln. Überall kracht es. Arbeiter sind damit beschäftigt, Massenauszug zu simulieren. Die Abrissarbeiten der leeren Wohnungen gehen unvermindert weiter. Türen, Badewannen, Toilettensitze werden wild herausgeworfen. Wände werden zerstört. Und das geht nun schon sehr lange so.

Der Senat hat also konkurrierendes Recht geschaffen. Beide Rechtsgüter stehen sich diametral gegenüber und sind unvereinbar. Entweder gelten die Mieterschutzrechte oder der Eigentümer darf das Gebäude abreißen, um Wohnungen im Luxussegment zu errichten.