Protocol of the Session on May 28, 2015

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Dr. Gabriele Hiller (LINKE) und Regina Kittler (LINKE)]

Vielen Dank, Frau Villbrandt! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Herr Abgeordnete Krüger das Wort. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, bevor wir hier Maßnahmen des Senats fordern und damit Haushaltsstellen verlangen und Haushaltsmittel zusätzlich aufwenden, brauchen wir eine valide Bestandsaufnahme. Wie viele Seniorenwohnhäuser mit wie vielen Wohnungen gibt es in den zwölf Berliner Bezirken genau? Wer sorgt derzeit für ihre Instandhaltung? Wie ist ihr Zustand? Und wie wird die Vergabe geregelt? Geht man unter „Berlin städtische Seniorenwohnungen“ ins Internet, stößt man auf Charlottenburg-Wilmersdorf. Elf Häuser in Charlottenburg, fünf Objekte in Wilmersdorf, Genaues kann man in der Abteilung Soziales zumindest über die Vergabe des Bezirks erfahren. Weitere Dinge bleiben im Dunkeln. Bei der weiteren Suche findet man dann heraus, dass fünf dieser Häuser vor einigen Jahren in die Wilmersdorfer Seniorenstiftung übergegangen sind. Über Zahlen und Zustand ist auch da nichts zu ermitteln.

[Zuruf von Uwe Doering (LINKE)]

Gibt man noch „DEGEWO“ ein, wird man auf insgesamt acht Objekte in vier Bezirken, zwei im Westen, zwei im Osten, wenn ich das so sagen darf, hingewiesen, auch hier ohne Zahlenangaben. Konsultiert man den Hilfelotsen Berlin, so wird man dort auf 141 Seniorenwohnhäuser hingewiesen, diese teils städtisch, teils kirchlich von Vivantes oder einigen Stiftungen betrieben.

Eine Bestandsaufnahme ist also meines Erachtens unabdingbar. Wir brauchen auch – gerade wenn man, wie im

Antrag geschrieben, an Zukauf denkt – eine genaue Definition, was eigentlich ein Seniorenwohnhaus sein soll, das heißt, welche Mindestanforderungen müssen bezüglich z. B. der Zuzugsbedingungen, der Wohnungsgrößen, der Wohnungsschnitte, der Angebotsstandards, des baulichen Zustands, der Barrierefreiheit erfüllt sein. Dabei müssen ebenso die aktuellen Wünsche und Bedürfnisse älterer Menschen, die diese an eine altersgerechte Wohnung stellen, berücksichtigt werden. Wir müssen uns – das wird die Arbeit im Ausschuss sein – darüber verständigen, wie die anfallenden Kosten etwa bei Modernisierungsmaßnahmen mieterverträglich aufgeteilt und getragen werden sollen.

Der verwendete Begriff „Seniorenwohnanlagen“ – und hier knüpfe ich sehr an meine Vorrednerinnen an – macht jedoch auch ein bisschen stutzig. Wir wollen Senioren integrieren, nicht isolieren.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Ülker Radziwill (SPD)]

Deshalb müssen wir parallel darüber sprechen, wie wir generell barrierearm und barrierefrei Neubauten errichten können, und zwar für junge Familien ebenso wie für ältere Menschen. Ein Umzug im Alter in eine Seniorenwohnung, weil in der angestammten Wohnung Barrieren das weitere Leben dort ausschließen, ist nicht unser Ziel und auch gesellschaftspolitisch nicht hinnehmbar.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Ülker Radziwill (SPD)]

Deswegen müssen wir auch dafür Sorge tragen, dass es Mietern nicht erst, wenn sie schon ein Pflegefall sind, sondern präventiv und rechtzeitig, in ihrer bestehenden Wohnung ermöglicht wird, Maßnahmen zur Barrierefreiheit ohne Rückbauverpflichtung zu ergreifen, und müssen sie dafür auch finanziell unterstützen. All diese Aspekte werden wir in den verschiedenen Ausschüssen zu beraten und zu berücksichtigen haben. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Herr Krüger! – Für die Piratenfraktion hat jetzt der Herr Abgeordnete Spies das Wort. – Bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin es langsam leid, bei jedem Seniorenparlament zu hören, wie auch heute von der Kollegin Radziwill: Liebe alte Leute, die ihr jetzt noch in Vierzimmerwohnungen lebt, weil der Ehepartner weggestorben ist:

[Torsten Schneider (SPD): Wir sind die Guten, wir!]

(Jasenka Villbrandt)

Bitte, zieht doch in eine kleinere Wohnung, die barrierefrei ist!

[Ülker Radziwill (SPD): Das habe ich so nicht gesagt!]

Das ist eine sehr schöne Absicht, aber dann müssen Sie auch etwas dafür tun. Die Realität sieht leider anders aus. Viele Seniorinnen und Senioren, die eben dieser Bitte oder dieser Vorstellung gefolgt sind, fühlen sich heute – ich weiß nicht, wie ich es parlamentarisch korrekt ausdrücken will –

[Philipp Magalski (PIRATEN): Betrogen!]

irgendwie veräppelt.

Nehmen wir, um einmal in die Beispiele zu gehen, das ehemalige Seniorenwohnhaus Hansaufer 5. Ich habe das hier schon an anderer Stelle erwähnt. Das wurde – da war, glaube ich, Frau Lompscher noch Senatorin, also vom vorigen Senat – an einen Investor verkauft. Es wurde nicht darauf geachtet, dass die Wohnrechte der Bewohnerinnen und Bewohner berücksichtigt worden sind. Und da wohnen viele alte Leute, die genau deshalb dorthin gezogen sind, weil sie ihre größere Wohnung aufgegeben haben, weil es dort die Gemeinschaftseinrichtungen gab, barrierefreie Einrichtungen, und weil sie sich vorgestellt haben, bis zu ihrem Lebensende da wohnen zu können.

Jetzt hatten wir große Aktionen. Die Seniorinnen und Senioren haben sich gegen Modernisierungsmaßnahmen des Investors gewehrt. Die sind jetzt gestoppt. Es gibt sogar die Zusage des Regierenden, des damaligen Bausenators, der die Bereitschaft zum Rückkauf dieses Seniorenwohnheims erklärt hat. Für mich ist das illusorisch. Die Proteste haben dazu geführt, dass jetzt die Modernisierung drei Jahre verschoben worden ist, mit dem Effekt allerdings, dass der Eigentümer das Haus jetzt mehr oder weniger vergammeln lässt, also auch die notwendigen Reparaturen nicht mehr macht, was auch nicht gerade produktiv ist.

Die Investoren der ganzen Welt stehen Schlange, um sich gerade in den Mitte-Bezirken in Berlin die letzten Immobilienschnäppchen zu sichern. Ich frage mich, was da der Senat tut. Die einzige Möglichkeit, gegen diese Form der Segregation vorzugehen, wäre es ja – das hat Frau Radziwill auch gesagt – dazuzukaufen. Aber wo ist denn der Senat? Bietet er mit? Kauft er Objekte zu? Weist er die Wohnungsbaugesellschaften an, hier aktiv zu werden? – Ich sehe da wenig Aktivitäten.

Im Gegenteil, da haben wir auch ein schönes Beispiel: Oranienburger Straße 11, ein Haus, das hochsubventioniert als seniorengerechtes Haus gebaut worden ist, barrierefrei, mit Gemeinschaftsräumen, Betreuung, wo nur Leute über 60 mit Behinderung einziehen durften, mit der Zusicherung, da nun bleiben zu können. Das wurde inzwischen auch an private Investoren verkauft. Von den

25 Bewohnern sind die meisten ausgezogen, sieben haben es noch ausgehalten. Es wird ständig umgebaut. Die seniorengerechten Wohnungen werden in Ferienwohnungen umgebaut. In den Gemeinschaftsräumen werden Touristenlokale eingerichtet. Der barrierefreie Eingang, der schön breit war, wird jetzt durch einen Geldautomaten versperrt. Das ist die Realität in dieser Stadt. Dann dürfen Sie sich nicht wundern, dass sich die Leute, die dort wohnen, wirklich veräppelt fühlen.

Was tut der Senat? Was tut das Bezirksamt? – Nichts. Herr von Dassel vom Bezirksamt Mitte hat zwar erklärt, auch zum Hansaufer 5, dass das ein schwerer Fehler war und dort schwere Fehler gemacht worden sind. Aber wie das korrigiert werden soll, sagt er eben nicht. Im Grunde sollte das, was in dem Antrag gefordert wird, eine Selbstverständlichkeit sein. Das sollte der Senat schon längst machen. Es ist eigentlich traurig, dass man einen solchen Antrag stellen muss. Tatsächlich streift er auch nur einen Teil des Problems, denn generell geht es darum, dass mehr Wohnungen im städtischen Eigentum sind, die auch barrierefrei sind. Und dazu ist der Senat nicht bereit, im Gegenteil, es wird sogar noch an der Bauordnung geschraubt, sodass eben Vorschriften zur Barrierefreiheit für den Neubau abgebaut werden. Es ist wirklich ein Armutszeugnis. Ich bin, wie gesagt, sehr enttäuscht davon, was für das Wohnen von Seniorinnen und Senioren in dieser Stadt getan wird. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN]

Vielen Dank, Herr Spies! – Zu dem Antrag Drucksache 17/2257 wird die Überweisung an den Ausschuss für Gesundheit und Soziales – federführend – und mitberatend an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr sowie an den Hauptausschuss empfohlen. Gibt es hierzu Widerspruch? – Ich höre keinen. Dann verfahren wir so.

Tagesordnungspunkt 17 steht auf der Konsensliste. Tagesordnungspunkt 18 war bereits Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unter Nr. 4.5. Tagesordnungspunkt 19 steht ebenfalls auf der Konsensliste.

Ich komme zu

lfd. Nr. 20:

Ankommen – Teilhaben – Bleiben. Flüchtlingspolitik für Berlin. Hier: Flüchtlingen mit pädagogischer Qualifikation Tätigkeitsfelder in Kita und Schule eröffnen

Antrag der Fraktion Die Linke Drucksache 17/2268

(Alexander Spies)

Der Antrag soll heute vertagt werden. Gibt es hierzu Widerspruch? – Das höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Die Tagesordnungspunkte 21 und 22 stehen auf der Konsensliste.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 22A:

Das Stromnetzvergabeverfahren transparent und diskriminierungsfrei zu Ende bringen!

Dringlicher Antrag der Piratenfraktion Drucksache 17/2288

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Die Piratenfraktion hat die sofortige Abstimmung beantragt. Die Koalitionsfraktionen beantragen dagegen die Überweisung an den Hauptausschuss. Wer diesem Überweisungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und der CDU und der fraktionslose Abgeordnete. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der Grünen, Linken und Piraten. Enthaltungen? – Ich sehe keine Enthaltungen. Der Antrag ist überwiesen.

Tagesordnungspunkt 23 steht auf der Konsensliste.

Meine Damen und Herren! Das war unsere heutige Tagesordnung. Die nächste, 66. Sitzung findet statt am Donnerstag, dem 11. Juni um 11 Uhr.

Die Sitzung ist geschlossen. Schönen Heimweg!

[Schluss der Sitzung: 18.42 Uhr]

(Vizepräsidentin Anja Schillhaneck)

Anlage 1

Namentliche Abstimmung

Zu lfd. Nr. 13: