Protocol of the Session on January 12, 2012

[Aufruf der Namen und Abgabe der Stimmkarten]

Michael Braun (CDU) [schriftliche Erklärung zur Abstimmung gemäß § 72 GO Abghs]:

Hiermit erkläre ich, dass ich an der namentlichen Abstimmung über den Antrag der Fraktion Die Linke „Kein Übergangsgeld bei Ausscheiden aus eigenem Wunsch: Senator a. D. Braun muss auf weiche Landung verzichten“ nicht teilgenommen habe.

Meine Damen und Herren! Es haben noch nicht alle ihre Stimme abgegeben, und bitte auch nicht das Präsidium bei der Stimmabgabe vergessen! Einige sehe ich noch. Das Präsidium hat auch noch nicht abgestimmt. Nicht nur Frau Herrmann, auch die Kollegin Seibeld und der Herr Vizepräsident haben noch nicht abgestimmt. – Ich darf nicht aufstehen, dann ist die Sitzung unterbrochen.

Ich frage dann noch mal: Hat jeder die Chance gehabt, abzustimmen? – Das scheint der Fall zu sein. Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die Präsidiumsmitglieder, die Auszählung vorzunehmen. Für die Dauer der Auszählung wird die Sitzung unterbrochen.

(Präsident Ralf Wieland)

[Auszählung]

Ich gebe Ihnen das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Antrag der Fraktion Die Linke Drucksache 17/0085 bekannt:

Abgegebene Stimmen: 142

Ja-Stimmen:

Nein-Stimmen: 82

Enthaltungen:

Damit ist der Antrag Drucksache 17/0085 abgelehnt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 5.2:

Priorität der Piratenfraktion

Tagesordnungspunkt 14

Bestenauslese für den Polizeipräsidenten von Berlin – auch der CDU-Innensenator muss eine echte Ausschreibung einleiten!

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke Drucksache 17/0082 Neu

Dürfte ich auf der Regierungsbank um etwas mehr Ruhe bitten!

Die Fraktion Die Linke ist dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beigetreten, deshalb die Herausgabe der Drucksache 17/0082 Neu. Die Drucksache 17/0082 ist somit gegenstandslos.

Ich sage es zum letzten Mal in Richtung Regierungsbank. Ich bitte, die Gespräche einzustellen, Herr Kollege Brauner, Herr Staatssekretär Gothe! Das stört, insbesondere mich, und das ist ganz schlecht!

[Heiterkeit]

Für die Beratungen steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Piratenfraktion, das Wort hat der Kollege Lauer – bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Henkel! Die Geschichte der Neubesetzung der Stelle des Berliner Polizeipräsidenten ist eine Geschichte voller Missverständnisse. Sie ist mittlerweile so undurchsichtig und verworren, dass man allen Beteiligten entweder Wankelmut oder Absicht unterstellen muss, und ich bin mir noch nicht sicher, was davon nun besser für die Berlinerinnen und Berliner ist. Entweder haben wir es hier in diesem Haus mit Abgeordneten zu tun, die sich alle drei Monate aus unerfindlichen Gründen umentscheiden oder wir haben in diesem Haus Abgeordnete, denen es – gelinde gesagt – egal ist, was in der realen Welt passiert, und die sich

einfach Dinge in der Hoffnung sagen, dass man sie drei Monate später nicht mehr im Internet findet. Herr Henkel, da muss ich Sie leider enttäuschen. Man findet sie.

Am 31. Mai 2011 hat die CDU-Fraktion einen Antrag, unter dem auch Frank Henkels Name steht, eingereicht, in dem die CDU-Fraktion fordert, das Auswahlverfahren zum Polizeipräsidenten abzubrechen und

… ein neues, transparentes Verfahren einzuleiten. Hierbei hat der Senat dafür Sorge zu tragen, dass alle Bewerber angehört werden.

Jetzt ist, Herr Henkel, für Sie wahrscheinlich genau so Unwahrscheinliches passiert, wie für mich, die CDU ist in Berlin mit in der Regierung. Acht Monate später hört sich die Geschichte so an, ich zitiere die „Morgenpost“ vom 2. Januar 2012:

Eine Neuausschreibung dauere zu lange, wenn Berlin noch vor dem 1. Mai einen neuen Polizeipräsidenten bekommen solle, heißt es.

Was ist geschehen? – Sie haben den Landespersonalausschuss angerufen, sie möchten den Polizeipräsidenten einfach so ernennen – wegen des 1. Mais. Am 25. Dezember haben Sie laut „BZ“ gesagt, dass die Polizei unabhängig von der Personalie des Polizeipräsidenten den 1. Mai meistern wird. Eine Woche später meistert sie ihn nicht mehr. Und da wundert sich noch ernsthaft jemand in diesem Haus, dass 91 Prozent der Deutschen Politikern nicht vertrauen.

Diesen Montag dann verkündeten Sie über die „Berliner Zeitung“, man halte sich alle Optionen offen. Das haben Sie heute hier noch einmal gesagt. Das haben Sie auch im Innenausschuss bekräftigt. Das finde ich gut! Das entspricht dem Zeitgeist, sich nicht auf etwas festlegen zu müssen. Damit erreicht man dann auch die jüngeren Semester. Herr Henkel! Sie haben uns schon nach wenigen Tagen den Welpenschutz abgesprochen. Als gute Christen, die wir sind, halten wir Ihnen jetzt jesusmäßig die andere Wange hin und bauen Ihnen eine goldene Brücke. Ja, wir die Piratenfraktion, Ihnen, dem wankelmütigen Innensenator, der sich laut „Morgenpost“ „nicht in ein Abenteuer stürzen möchte“.

Wir haben einen Änderungsantrag zum ansonsten sehr unterstützenswerten Antrag der Fraktion der Grünen gestellt. Ein Antrag im Übrigen, der eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem Antrag der CDU vom 31. Mai 2011 aufweist. Sogar das schöne Wort „Bestenauslese“ wurde übernommen. Das hier die Besten der Besten der Besten, Sir, am Werk sind, das haben Sie, Herr Henkel, in den letzten Wochen eindrucksvoll demonstriert.

Wir konnten anhand der zitierten Textpassagen nachvollziehen, dass Sie sich noch nicht so sicher sind: Ausschreibung oder Ernennung. Wir sagen: kein Ding. Das verstehen wir. Nur, wenn Sie, Herr Henkel, der Meinung sind, dass Sie ein von Ihnen noch vor acht Monaten vor

geschlagenes Verfahren missachten wollen, dann seien sie wenigstens so gut und lassen die Berliner Öffentlichkeit an der Grundlage Ihrer Entscheidung transparent teilhaben.

[Beifall von Martin Delius (PIRATEN)]

Jetzt wird gleich entweder von der SPD oder der CDU – das hatten wir am Montag schon im Innenausschuss – kommen: Dass es dann ja eine Pressemitteilung geben werde, der man entnehmen könne, weshalb man sich für den oder die Bewerberin entschieden habe. Dazu sagen wir Piraten Ihnen: Das ist uns zu wenig. Bitte legen Sie uns für den unwahrscheinlichen Fall der Fälle, dass Sie einer neuerlichen Ausschreibung nicht zustimmen, transparent dar, anhand welcher Kriterien die Entscheidung getroffen worden ist. Denn was wäre zum Beispiel, wenn in der Öffentlichkeit der Eindruck entstehen würde, dass der Bewerber oder die Bewerberin nur nach Parteibuch ausgewählt worden ist? Sie haben in der Begründung zu Ihrem Antrag vom 31. Mai 2011 vollkommen zu Recht davor gewarnt:

Auch für den obsiegenden Bewerber stellt allein die in der Öffentlichkeit bestehende Vermutung, dass dieser nicht nur im Wege der Bestenauslese, sondern auch aufgrund seiner Parteimitgliedschaft ausgewählt worden zu sein,

ich glaube, das ist irgendwie grammatikalisch falsch, aber das ist egal –

einen ihm unzumutbaren Makel dar.

Das heißt: Wir brauchen eine Ausschreibung des Amtes des Polizeipräsidenten. Wenn Sie den Polizeipräsidenten ernennen, müssen die Kriterien seiner Auswahl auf den Tisch. Aber – diese Möglichkeit haben Sie auch –, Sie können es bekennen und sagen, dass es Ihnen eigentlich total egal ist und wir Sie mit unserer Transparenz und der Nachvollziehbarkeit nerven und Sie in Ruhe lassen sollen. Wir haben verstanden. – Vielen Dank!

[Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Kollege! – Als Nächster der Kollege Kleineidam von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das wird offensichtlich zur unendlichen Geschichte: vor drei Tagen im Innenausschuss, im nächsten Innenausschuss wiederum und danach dann die Beschlussempfehlung des Innenausschusses, sodass wir zum vierten Mal den gleichen Sachverhalt diskutieren.

Herr Kollege Lauer! Ich habe es am Montag im Innenausschuss schon angedeutet und jetzt geht es mir genau so: Ich würde mir etwas mehr Transparenz in Ihren Re

debeiträgen wünschen, dass man klarer versteht, was Sie eigentlich sagen wollen. Ich erhalte den Wunsch aufrecht.

Wie gesagt, das Thema haben wir schon besprochen. Der Vorwurf, der hier geäußert wurde, dass sich einzelne Abgeordnete oder auch Regierungsmitglieder in den letzten neun Monaten unterschiedlich geäußert haben, kann ich nicht nachvollziehen. Wir haben einen Verwaltungsvorgang gehabt, wir haben ein Ausschreibungsverfahren gehabt. Ich begrüße es, wenn festgestellt wird, dass Fehler gemacht worden sind, dass man dann darüber nachdenkt, wie man das in Zukunft vermeiden kann, wie man zu einer rechtssicheren Entscheidung kommt. Nichts anderes hat der Innensenator am Montag im Innenausschuss gesagt. Er prüft drei Alternativen. Da geht es nicht darum, dass er sich nicht festlegt. Er wird sich irgendwann festlegen müssen. Das ist gut und richtig so. Dass er vorher gründlich prüft, das kann ich nur begrüßen. Jede andere Vorgehensweise wäre kritikwürdig.

Leider haben wir hier eine etwas merkwürdige Folge der Redner und Rednerinnen, sodass die antragstellenden Fraktionen eher am Ende reden. Das hat mich ein bisschen überrascht, das finde ich auch schade. Deshalb bitte ich darum, bei Ihrer Begründung des Antrags, der ursprünglich von den Grünen gekommen ist, wenn ich es richtig verfolgt habe, noch einmal zu erklären, was Sie unter einer „echten Ausschreibung“ verstehen. Ich kann diese Überschrift Ihrer Antrags eher nur so interpretieren, dass es eine polemische Kritik sein soll im Hinblick auf das vergangene Ausschreibungsverfahren. Das war ja wohl auch eine echte Ausschreibung, oder etwa nicht? Dann begründen Sie bitte, weshalb es das nicht gewesen ist und was jetzt anderes passieren soll. Für mich ist diese Überschrift allein durch diesen Begriff schon etwas fragwürdig.

Sie haben im Innenausschuss schon darauf hingewiesen – ebenso wie die Linksfraktion –, dass Sie meinen, man könne in Ruhe ein neues Ausschreibungsverfahren machen. Ich denke, wir sind uns einig in der Einschätzung, dass das einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen kann. Auch da könnte es wieder Klagen geben, sodass wir mindestens von einem halben Jahr, wenn nicht von einem längeren Zeitraum sprechen. Die Aussage – zumindest von der Linksfraktion, wenn ich mich richtig entsinne – war die: Es läuft doch im Augenblick gut, da können ruhig noch mehrere Monate ins Land gehen. Dem will ich hier noch einmal eindeutig widersprechen. Richtig ist, dass die Berliner Polizei gut arbeitet, dass offensichtlich die Vizepräsidentin eine gute Arbeit macht. Gleichwohl, bei so einer großen Behörde ist es, glaube ich, per se ein Problem, wenn die Spitzenposition über einen langen Zeitraum unbesetzt ist. Das bringt Unruhe in eine Behörde, weil immer die Frage im Raum steht: Wer kommt, und was wird sich dann vielleicht ändern? Das ist für die Aufgaben der Berliner Polizei nicht gut, wenn in dieser großen Behörde, die eine wichtige Behörde ist,

eine solche Unruhe entsteht. Deshalb begrüße ich es für meine Fraktion ausdrücklich, wenn eine neue Variante geprüft wird, nämlich die, über eine Ausnahmegenehmigung des Landespersonalausschusses dazu zu kommen, einen Polizeipräsidenten oder eine -präsidentin direkt ernennen zu können. Das ist das, was im Augenblick ansteht. Die antragstellende Fraktionen wollen den Senat auf ein Verfahren von drei möglichen Alternativen festschreiben, die wir schon diskutiert haben. Ich glaube nicht, dass diese Festschreibung auf ein Verfahren zielführend ist. Im Interesse der Berliner Polizei und damit auch aller Bürgerinnen und Bürger, die ein Interesse an einer gut arbeitenden Berliner Polizei haben, halte ich es für wünschenswert, dass wir bald die Spitzenposition neu besetzen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD und der CDU]