Protocol of the Session on October 2, 2014

[Uwe Doering (LINKE): Reden Sie mal zum Thema!]

Das ist allerdings traurig, denn den Grundgedanken, dass sich die Jugend der Welt an einem Ort trifft und gemeinsame Begegnungen hat, hat Ihre Partei unter früherem Namen einmal sehr hoch gehalten.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Zurufe von der LINKEN – Martin Delius (PIRATEN) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Delius?

Nein, jetzt nicht! – Mit den Grünen und den Piraten haben wir übrigens auf der Ebene der Fachsprecherinnen und Fachsprecher exakt jenen Text behandelt, den wir heute als Koalitionsfraktionen vorgelegt haben.

[Zuruf von Uwe Doering (LINKE) – Martin Delius (PIRATEN): Stimmt nicht!]

Dabei ist deutlich geworden: Wir haben noch eine Menge Fragen, und es gibt keine fertigen Lösungen. Aber es war das gemeinsame Ziel, die Chancen in einer Bewerbung für die Olympischen und Paralympischen Spiele zu sehen.

Kernpunkt der Resolution ist die breite Beteiligung, die man am Thema Olympia einmal ausprobieren könnte. Eine schriftliche Befragung aller Berlinerinnen und Berliner, auch derjenigen, die ausländische Wurzeln haben, der EU-Bürger, eine schriftliche Befragung, deren Ergebnis der Senat und das Abgeordnetenhaus als verbindlich erklären, das könnte ein geeigneter Weg sein. Es wäre jedenfalls ein Weg, der viel Beachtung finden könnte.

[Steffen Zillich (LINKE): Wie bei der SPD!]

Wir haben auch in großer Einigkeit formuliert, dass wir die vorhandenen Anlagen nutzen wollen, dass die Region in die Wettbewerbe einbezogen werden soll, dass wir Sicherheitskonzepte mit Augenmaß wollen, dass wir eine sinnvolle Nutzung des olympischen und paralympischen Dorfs anstreben, dass wir für das IOC Vertragspartner auf Augenhöhe sein wollen, dass wir strukturelle Reformen beim IOC erwarten. Um es kurz zu machen: Wir haben als Koalition sämtliche Anregungen der Grünen und Piraten aufgenommen. Wir wollen die Gemeinsamkeiten deutlich machen, wir wollen gemeinsam das Zeichen setzen, eine Bewerbung dann zu machen, und zwar nur dann zu machen, wenn die Voraussetzungen stimmen.

Sowohl die Grünen als auch die Piraten verschanzen sich jetzt hinter dem Argument, man müsse jetzt nichts entscheiden, es sei kein Zeitdruck da. Richtig ist tatsächlich: Bis 2024 oder 2028 dauert es noch ein Weilchen. Aber ein grundsätzliches Zeichen, dass es aus der Berliner Politik Unterstützung für die Idee von Olympia gibt, genau das müssen wir jetzt in den nächsten Wochen setzen.

[Beifall bei der SPD und der CDU – Zuruf von Steffen Zillich (LINKE)]

Die Wahrheit aber ist eine ganz andere: Diese Opposition ist tief gespalten.

[Heiterkeit von Torsten Schneider (SPD)]

Bei den Piraten kann uns das wahrscheinlich egal sein, sie werden 2024 oder 2028 vermutlich nur noch eine Randnotiz der Parteiengeschichte sein. Bei den Grünen aber kann und sollte uns das nicht egal sein.

[Oh! von den GRÜNEN]

Da sitzen zwei Fraktionen in einer. Die eine will verantwortungsbewusst Politik machen.

[Martin Delius (PIRATEN): Zur Sache!]

Mit denen kann man Ideen entwickeln, mit denen kann man auf der Ebene der Fachsprecherinnen und Fachspre

cher auch reden. Solange Sie aber die Frage der gespaltenen Fraktion bei sich nicht klären, liebe Grüne, sind Sie weiter von der Regierungsbank entfernt als Ottfried Fischer vom Marathon-Weltrekord.

[Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der CDU – Zurufe von den GRÜNEN und der LINKEN – Martin Delius (PIRATEN): Widerlich!]

Und weil wir hoffen, liebe Grüne, liebe Piraten, dass ihr durch die Tür geht, die wir mit diesem gemeinsamen Entwurf ganz weit geöffnet haben,

[Alexander Spies (PIRATEN): Durch alle Türen?]

schicken wir unseren gemeinsamen Resolutionsentwurf noch einmal in die Ausschüsse. Die Koalition wird für die übernächste Woche eine Sondersitzung des Sportausschusses beantragen.

[Zuruf von Martin Delius (PIRATEN)]

Sie, liebe Grüne, haben am 11. Oktober einen Parteitag. Es war zu lesen, dass es auch unterschiedliche Anträge zum Thema Olympia auf diesem Parteitag geben wird. Ich hoffe, dass auf diesem Parteitag die Chance genutzt wird, die Tür für Olympische und Paralympische Spiele in Berlin nicht zuzumachen. Wir, liebe Grüne, würden uns jedenfalls gemeinsam mit der großen Mehrheit des Hauses gern auf den Weg machen, die politischen Zeichen zu setzen, dass dieses Parlament sich Olympische und Paralympische Spiele vorstellen kann – immer unter der Bedingung, dass im nächsten Jahr mit breiter Beteiligung der Stadtgesellschaft in Berlin ein gemeinsames Konzept entwickelt wird und dass die Berlinerinnen und Berliner über dieses Konzept etwa Ende des Jahres 2015 abstimmen, also noch deutlich, bevor beim IOC eine endgültige Bewerbung eingereicht werden muss. Ich glaube, das ist das, was man erwarten kann, und ich glaube, das ist auch das, was wir an Anregungen aus der Opposition aufgenommen haben. Von daher würde es mich wirklich freuen, wenn wir die Debatte in den nächsten Wochen fortsetzten, sie dann aber auch abschlössen, denn es braucht das Zeichen an den deutschen Sport, dass Berlin bereit ist für die Olympischen und Paralympischen Spiele. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD und der CDU – Beifall von Anja Schillhaneck (GRÜNE)]

Vielen Dank, Herr Kollege! – Für die Fraktion Die Linke jetzt Herr Udo Wolf! – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Raed Saleh! Sie wollten heute dem Deutschen Olympischen Sportbund ein breites und starkes Signal geben, Herr Graf!

(Dennis Buchner)

[Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Martin Delius (PIRATEN)]

Deshalb wollten Sie mit Teilen der Opposition eine Entschließung einbringen, die der Bewerbung Berlins für die Olympischen Spiele noch einmal so richtig Schwung verleiht. Ich stelle fest: Ihr Antrag wird lediglich von der Koalition eingebracht. Und ich stelle fest, dass die Olympiabegeisterung beim Fraktionsvorsitzenden der stärksten Regierungspartei und dem Kandidaten für das Amt des Regierenden Bürgermeisters nicht so weit reicht, dass er diesen Text heute selbst verteidigt.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Martin Delius (PIRATEN) und Alexander Spies (PIRATEN)]

Das könnte den DOSB interessieren. Herr Stöß hat sich beim DOSB ja schon unbeliebt gemacht.

[Heiterkeit bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Möglicherweise registrieren DOSB und IOC, dass von den sozialdemokratischen Spitzen in Berlin so richtig nur Klaus Wowereit kämpft.

[Zuruf von Christopher Lauer (PIRATEN)]

Er hört aber bekanntlich fast zeitgleich mit der Entscheidung des DOSB auf. Und der Sportsenator macht derweil nach meiner Wahrnehmung das, was er am besten kann – nichts!

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN – Beifall Alexander Spies (PIRATEN)]

Wir, die Oppositionsfraktionen, mussten vor der Sommerpause die Parlamentsbefassung erzwingen, um wenigstens von Klaus Wowereit zu erfahren, dass Olympia Berlin Milliarden kosten wird und er keine Reform des IOC zur Bedingung erheben würde. Es wäre Ihre Pflicht gewesen, das Parlament zu befassen, und zwar, bevor Sie beim DOSB Ihren Hut in den Ring werfen!

Heute schieben Sie im Rahmen einer Aktuellen Stunde, die dem Titel nach einen anderen Schwerpunkt hat, Ihren Entschließungsantrag zu Olympia nach!

[Torsten Schneider (SPD): Ihren doch auch!]

Dann haben Sie jetzt wenigstens den Anstand und nehmen Sie die Frage ernst, wie man zu einer verbindlichen Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger zu Olympia kommen kann! Was dazu in Ihrem Entschließungsantrag steht, ist wohl ein schlechter Scherz. Nach dem Volksentscheid zum Tempelhofer Feld haben Sie den Berlinerinnen und Berlinern mehr Beteiligung und Mitbestimmung zu wichtigen Themen in der Stadt versprochen. Für Ihren Entschließungsantrag haben Sie den Floskelgenerator mit Phrasen aus dem großen Buch der guten Absichten gefüttert. Kein belastbarer Satz, wie Sie die Bürgerbeteiligung und eine verbindliche Befragung machen wollen!

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Aber das ist inzwischen notorisch. Bei allen wichtigen Fragen in der Stadt kündigen Sie an, machen dann nichts oder sogar das Gegenteil, weil Sie vollständig blockiert sind.

Die CDU hat frühzeitig gesagt, dass sie überhaupt kein Interesse an einer Verfassungsänderung hat. Blöd ist nur, dass der Chef des Landessportbundes schon zu Beginn der Debatte erklärt hat: Olympische Spiele brauchen eine Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner. Und blöd ist, dass das alle Koalitionspolitiker ohne Kenntnis der Rechtslage gleich nachgeplappert haben. Wir haben es Ihnen von Anfang an gesagt: Wenn Sie in Berlin eine Olympiabewerbung abstimmen lassen wollen, müssen Sie die Verfassung ändern. Und jetzt sondieren Sie, Herr Saleh, wie es heißt, juristische Möglichkeiten für einen bisher in der Berliner Verfassung nicht vorgesehenen Volksentscheid von oben, also unterhalb der Verfassungsänderung. Wegen Olympia die Verfassung austricksen – nicht mit uns!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Ihr Vorschlag, eine gesetzlich unverbindliche Volksbefragung, eine schriftliche, habe ich verstanden, durch Beschluss zu einer verbindlichen zu machen, ist kein Verfahren, das demokratischen Mindeststandards genügt. Macht man es einmal auf diese Art, kann es schnell zur Gewohnheit werden, sich jenseits von Verfassung, Wahl und Abstimmungsgesetz Entscheidungen im Nachhinein und am Parlament vorbei durch geschickt gestellte Umfragen legitimieren zu lassen.

Sie haben mir schon beim letzten Mal die Frage nicht beantworten können, wie solch eine verbindlich unverbindliche Abstimmung denn ablaufen soll. Selbst so simple Dinge wie die Einrichtung von Wahllokalen oder der Versand von Abstimmungsbenachrichtigungen folgen Regeln, aber auch andere Dinge, wie die Frage, welche Informationen und Stellungnahmen beispielsweise an die Bürgerinnen und Bürger verschickt werden. Wenn Sie eine seriöse Abstimmung zu Olympia wollten, dann wäre der korrekte Verfahrensweg: erstens einen Vorschlag zur Verfassungsänderung vorzulegen und per Volksentscheid abstimmen zu lassen und zweitens einen Volksentscheid auf dieser Grundlage durchzuführen. Das bedeutet, es brauchte eine Zweidrittelmehrheit hier im Haus und

[Torsten Schneider (SPD): Was denn noch?]

es brauchte danach noch zwei Volksentscheide. Das sind die demokratischen Spielregeln. Hören Sie endlich damit auf, sich darum herumzudrücken.