Protocol of the Session on July 3, 2014

Ich bitte Sie jetzt, Frau Dr. Schönrock, die Eidesformel in der von Ihnen gewählten Form zu bestätigen.

Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe.

Herzlichen Glückwunsch!

[Allgemeiner Beifall]

Im Namen des gesamten Hauses gratuliere ich Ihnen zu dieser Wahl. – Alles Gute! Und nochmals herzlichen Glückwunsch!

[Allgemeiner, anhaltender Beifall]

(Präsident Ralf Wieland)

Meine Damen und Herren! Auch meinerseits nochmals die herzlichen Glückwünsche – als langjähriges Mitglied im Haus!

Ich bitte darum, langsam wieder Platz zu nehmen. Die Damen und Herren Verfassungsrichter sind selbstverständlich herzlich eingeladen, der spannenden Sitzung weiter zu folgen. Ansonsten wünsche ich Ihnen alles Gute für die Zukunft.

Ich komme nun zu

lfd. Nr. 5:

„Demokratie ist die Regierung des Volkes durch das Volk für das Volk“ – mehr Demokratie auch in Berlin wagen (Gesetz zur Änderung des Abstimmungsgesetzes)

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/1742

Erste Lesung

Ich eröffne die erste Lesung. Von nun an stehen den Fraktionen für alle weiteren Beratungen die Kontingente der Gesamtredezeit nach § 64 unserer Geschäftsordnung zu. Es beginnt in der Beratung die Fraktion Bündnis 90/Die Grüne mit dem Kollegen Dr. Behrendt. – Bitte sehr, Herr Dr. Behrendt, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ein erhabenes Gefühl, das Verfassungsgericht zu wählen. Das Landesverfassungsgericht hat sich große Verdienste erworben auch bei der Stärkung der direkten Demokratie im Land Berlin. Deswegen passt der jetzt zu beratende Antrag ganz gut unmittelbar anschließend an die Wahl des Landesverfassungsgericht, denn das Landesverfassungsgericht hatte den Versuch von Senator Körting, das möchte ich in Erinnerung rufen, damals das Wasservolksbegehren zu stoppen – – Vielmehr hat er es gestoppt. Das Landesverfassungsgericht hat ihm daraufhin in aller Deutlichkeit mitgeteilt, dass er das nicht durfte und selbstverständlich die Berlinerinnen und Berliner darüber abstimmen dürfen, ob die Wasserverträge offenzulegen sind und nicht die Senatsverwaltung für Inneres das stoppen konnte. Daraufhin haben wir entsprechend auch das Gesetz angepasst.

Wir haben aber nicht nur über diese Frage – das Prüfungsrecht des Senats über die Verfassungsmäßigkeit –, sondern immer wieder in den letzten Jahren, seitdem die direktdemokratischen Elemente im Land Berlin im Jahr 2006 erheblich erweitert wurden, über Reformbedarf diskutiert. Mit jedem der neuen Volksbegehren wurden wir klüger, und immer wieder ist neuer Reformbedarf offenbar geworden, weshalb wir als Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Jahresbeginn alle Initiatoren ins

Abgeordnetenhaus eingeladen haben, um mit ihnen den dringlichsten Reformbedarf zu besprechen.

Da wir Bündnisgrüne in Fragen der direkten Demokratie nicht bei dem Erreichten bleiben wollen, sondern offen sind für Fortentwicklungen, ist daraus der heute zu beratende Antrag entstanden. Weil sich wegen laufender Volksentscheidungsverfahren immer schlecht über den Reformbedarf allgemein diskutieren lässt, weil das immer vor der Folie des konkreten laufenden Begehrens diskutiert wird, haben wir den Volksentscheid Tempelhof abgewartet, bis wir diesen Antrag jetzt ins Verfahren gebracht haben.

Zu den Kernelementen unseres Reformpaketes: Zum einen in sehr häufig und immer wieder in anderen Konstellationen aus Regierung und Opposition diskutierten Fällen wollen wir die Möglichkeit, dass der Senat den Termin des Volksentscheides nach Gutdünken festsetzt, mal zusammen mit Wahlterminen, wenn es opportun ist, mal nicht zusammen mit Wahlterminen, endgültig entziehen. Sie erinnern sich, dass es damals auch eigentlich der Wille des verfassungsgebenden Gesetzgebers gewesen ist – so steht es zumindest in der Begründung –, dass der Senat hier einen Handlungsspielraum hat, obwohl er Partei in diesem Streit ist und ihm die Schiedsrichterrolle nicht gut ansteht. Das hat sich nicht bewährt. Deswegen wollen wir zukünftig, dass die Initiatoren verbindlich beantragen können, wenn sie sich das von den Fristen ausgerechnet haben, dass die Abstimmung, immer wenn die Initiatoren es wollen, an Wahltagen stattfindet.

Während des letzten Begehrens ist, losgetreten durch den Stadtrat Blesing aus Neukölln, viel über die Überprüfung von Unterschriften diskutiert worden. Wir schlagen in unserem Gesetz eine diesbezügliche Neuregelung vor, allerdings aus einer anderen Perspektive, weil uns die Initiatoren berichtet haben, dass sie überhaupt keine Möglichkeit haben zu überprüfen, weshalb und warum die von ihnen gesammelten Unterschriften für ungültig eingestuft wurden. Es wird ihnen nur mitgeteilt, dass der Antrag gültig bzw. ungültig ist. Der Anteil der ungültigen, das wissen Sie, wächst kontinuierlich. Wir sind bei über 20 Prozent. Es gibt keine Möglichkeit die Kenntnis zu erlangen, warum die Bezirkswahlämter, die das einstufen, für gültig oder ungültig erklären, sei es, weil es Doppelunterschriften gibt, oder sei es, weil es unleserlich ist oder weil Leute unterschrieben haben, die nicht stimmberechtigt sind.

Das wollen wir ändern. Wir wollen deshalb, dass die Bezirkswahlämter den Initiatoren auf Antrag darlegen, warum sie die Unterschriften so eingestuft haben, wie sie das getan haben. Datenschutzbedenken teilen wir nicht, denn immerhin sind es die Initiatoren selbst, die diese Unterschriften gesammelt haben. Das ist eine Verbesserung ihrer Stellung im Verfahren vor allem für jene Fälle, wo sie aus ihrer Sicht genügend Unterschriften ge

sammelt haben, dann aber durch die Überprüfung und das Quorum rutschen.

Sehr kritisch sehen wir, das sei an dieser Stelle angemerkt, was der Rat der Bürgermeister zurzeit diskutiert, eine andere Veränderung zur Unterschriftenüberprüfung. Die jetzt im Abstimmungsgesetz stehende Regelung soll verschärft werden. Das könnte in Zukunft dazu führen, dass allein wegen eines Zahlendrehers bei der Hausnummer – das kann einmal passieren, geschieht uns bei Telefonnummern auch – die Unterschrift für ungültig erklärt wird. Da sind wir sehr kritisch. Das kann nicht der Rat der Bürgermeister entscheiden; das entscheiden wir hier. Das werden wir im Auge behalten. Eine Verschärfung der Überprüfung der Unterschriften, wie sie dort diskutiert wird, wollen wir ganz ausdrücklich nicht.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Ganz wichtig ist, dass wir die Flexibilität im Verfahren erhöhen wollen, dass auch die Initiatoren mit dem Senat oder den Fraktionen Kompromisse schließen können. Sie wissen, dass das bislang sehr starr ist. Eine Veränderung in dem Verfahren ist so gut wie unmöglich. Das verhindert Kompromissbildungen. Wir haben das bei Tempelhof exerziert. Das war am Ende gescheitert. Es ist eben sehr schwierig. Deswegen wollen wir gern die Hamburger Regelung übernehmen und haben das jetzt auch in unser Reformpaket mit übernehmen, dass die Initiatoren zum einen nach der ersten Stufe ein Anhörungsrecht hier in den Ausschüssen haben und wir das diskutieren – das ist bislang nicht der Fall – und sie in der Gesamtschau der dann vorgetragenen und ausgetauschten Argumente auch noch hier ihre Vorlage anpassen und behutsam ändern können, um dort vorgetragene Einwände auch noch aufgreifen und den Vorschlag besser machen zu können. Das ist bisher nicht möglich. Das ist eine deutliche Verbesserung im Verfahren, um das hier einmal aufzugreifen, was wir diskutieren, und zum anderen auch Kompromissbereitschaft zu zeigen.

Ein weiterer Punkt, den wir wieder aufgegriffen haben, war schon Thema in der letzten Legislaturperiode. Die Kollegen, die damals schon dabei waren, erinnern sich. Das ist die Kostenerstattung. Es ist für zivilgesellschaftliche Organisationen, die nicht von Parteien, Kirchen oder Fluggesellschaften finanziert werden, sehr schwierig, die Unterschriftensammlung zu stemmen. Wir wollen aber tatsächlich für solche Basisinitiativen auch die Volksgesetzgebung und nicht nur für finanzkräftige Gruppen öffnen. Deshalb wollen wir eine bescheidene und behutsame Kostenerstattung vorsehen. Das ist eine Diskussion aus der letzten Legislaturperiode, die nicht erfolgreich zum Abschluss gebracht werden konnte. Wir sagen aber auch deutlich, dass wir nicht wollen, dass dieses Verfahren dafür genutzt wird, um damit Geld zu verdienen. Deshalb haben wir 10 Cent pro gesammelter Unterschrift vorgeschlagen. Das sind die realen Kosten. Man wird jetzt keine Volksinitiative starten, um damit Geld zu verdienen.

Regelungsbedürftig erscheint uns auch die Frage der Bestandskraft. Wenn einmal ein Volksgesetz verabschiedet wurde, ist es momentan so, dass das Abgeordnetenhaus dieses jederzeit auch mit einer parlamentarischen Mehrheit auch wieder abändern kann. Nun haben wir bislang erst zwei erfolgreiche Volksgesetzgebungsverfahren. Deshalb ist hier die Gefahr noch nicht so riesig. In Hamburg gab es das aber. Da hatte die Bevölkerung ein Wahlgesetz beschlossen. Die damals regierende CDU sagte, dass ihr das völlig egal sei und sie etwas anderes beschließe. Daraus haben die Hamburger eine Lehre gezogen und gesagt, dass an der Stelle ein Schutz eingebaut werden muss. Diskutiert wird, ob man eine zeitliche Frist vorsieht, in der eine Abänderung untersagt wird. Das halten wir nicht für gut, schon allein, weil sonst alle denken, dass man bedenkenfrei abändern kann, wenn die Frist abgelaufen ist. Das wäre nicht der richtige Weg. Wir wollen die Möglichkeit eröffnen, dass die Bevölkerung ihr Volksgesetz vor Abänderung schützen kann und dann mit deutlich erleichterten Voraussetzungen gegen ein möglicherweise abänderndes Gesetz hier im Haus eine neue Initiative starten und das Volksgesetz verteidigen kann. Das haben sie in Hamburg gemacht. Das hat sich dort bewährt. Das wollen wir auch.

Wir wollen auch eine Sperre im Verfahren. Das können Sie am Anfang nachlesen. Der Senat soll während des laufenden Verfahrens die Verwirklichung nicht schon von Anfang verunmöglichen können. Wenn dann aber die zweite Stufe erfolgreich genommen wird, soll der Senat nicht eine Woche vor dem Volksentscheid das Gegenteil machen können. Sie haben alle vor Augen, welche Senatsentscheidungen da Pate standen für diese Regelung.

Dann wollen wir – ich mache es kurz am Ende – die Vorschläge auch in leichter Sprache vorhalten. Wir wollen, dass die Leute verstehen können. Das war ja eine Diskussion nach den letzten amtlichen Mitteilungen, dass das alles ein bisschen verwirrend war. Da werden wir uns bemühen müssen, dass das auch wirklich in leichter Sprache und verständlich ist. – Die Sperrwirkung habe ich angesprochen.

Und wir wollen auch eine Erfahrung aus dem letzten Begehren umsetzen, einen Vorschlag, den die Piraten schon mal in das Verfahren eingebracht haben. Wir wollen, dass die Stellungnahmemöglichkeit des Abgeordnetenhauses erweitert wird auf eine Stellungnahmemöglichkeit der Opposition in der versandten amtlichen Mitteilung, damit nicht, wie jetzt, zum einen der Eindruck entsteht, dass das ganze Abgeordnetenhaus das stützt, und zum anderen auch der Raum geöffnet wird für möglicherweise abweichende Voten.

So weit ein kurzer Überblick zu unserem Reformpaket. Ich freue mich darauf, dass wir das in den Ausschüssen beraten werden, und auch darüber, dass wir das heute hier beraten. Ich bin zuversichtlich, dass wir auch die anderen

Vorschläge, die im Verfahren sind – es gibt Anträge, die noch offen sind, obligatorische Referenden bei Privatisierungen, obligatorische Referenden bei Verfassungsänderungen – das kann man alles zusammenpacken, auch die Idee aus den Reihen der SPD, Volksbefragung von oben zu machen, auch das kann man in diesem Zusammenhang diskutieren – wobei da noch kein konkreter Vorschlag vorliegt, wie das eigentlich ausgestaltet werden soll. Aber das kann man alles gemeinsam besprechen. Vielleicht gelingt es uns dann, die von mir aufgezeigten Reformbedürfnisse und auch die von den anderen Fraktionen gesehenen in ein gemeinsames Paket zu packen und es dann auch wieder, wie damals, 2006, hier gemeinsam mit großer Übereinstimmung abzustimmen. Womöglich müssen wir für den einen oder anderen Vorschlag auch an die Verfassung ran. Sie wissen, dass dann auch ein Referendum über diese Verfassungsänderung nötig wäre. Da wäre es hilfreich, wenn wir uns weitgehend einigten.

Wir als Grünen-Fraktion freuen uns jedenfalls über die rege Nutzung der direktdemokratischen Mittel durch die Berlinerinnen und Berliner. Die Regierungsfraktionen freuen sich vielleicht manchmal nicht so stark, das kann ich verstehen; es ist nicht schön zu verlieren. Wir freuen uns jedenfalls darüber. Und wir wollen mit diesem Reformpaket das bisher schon recht gute Gesetz, unser Abstimmungsgesetz, noch besser machen. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Behrendt! – Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort der Kollege Zimmermann. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist selbstverständlich, dass wir in der Stadt Willy Brandts ernsthaft darüber nachdenken, die Politik weiter zu demokratisieren, wenn es Möglichkeiten und Notwendigkeiten gibt, und wenn es gute Vorschläge gibt, denen auch folgen werden. Wir werden natürlich auch in der Folge der Tempelhof-Entscheidung gemeinsam darüber nachdenken, wie wir die frühzeitige Beteiligung der Bevölkerung an Planungsentscheidungen über Großprojekte verbessern können, frühzeitige Partizipation ermöglichen können. Da gibt es Diskussionen. Und auch da, glaube ich, gibt es einen breiten Konsens in diesem Haus, dass wir hier vielleicht etwas tun müssen.

Wir haben auch – das hat der Kollege Behrendt gesagt – über die letzten Jahre ein hervorragendes Gesetz geschaffen, mit dem wir gemeinsam mit Hamburg – das habe ich schon öfter erzählt – bundesweit an der Spitze der direkten Demokratie stehen. Herr Behrendt hat auch zugege

ben, dass es ein gutes Gesetz ist. Jetzt werden wir gucken, ob man es in einzelnen Punkten verbessern kann oder muss. Da habe ich meine Zweifel, ob dieser Antrag, den Sie hier vorlegen, tatsächlich in diese Richtung führt. Ich will drei Punkte nennen, die Sie auch schon angesprochen haben.

Sie wollen die aufschiebende Wirkung von Volksbegehren rechtlich festschreiben. Bis jetzt ist es nicht festgeschrieben, bis jetzt ist es eine politische Frage, ob eine Regierung einige Wochen vor einer anstehenden Entscheidung eine andere Beschlusslage schafft. Das wird sie tunlichst vermeiden, wenn sie sinnvollerweise auf wichtige Strömungen in der Gesellschaft Rücksicht nehmen will. Ich meine, dass diese politische Bindung an ein erfolgreich verlaufendes Volksbegehren durchaus eine sehr gewichtige ist. Ich habe Zweifel, ob man dem eine rechtliche Bindung hinzufügen muss. Aber das muss diskutiert werden.

Zweites Thema: Sie wollen die Abstimmung zwingend auf Wahltage legen. Wir haben jetzt die Rechtslage, dass es quasi eine Sollvorschrift ist: Wenn es der stärkeren Partizipation dient und wenn es möglich ist, soll überlegt werden, ob man diese Abstimmung mit Wahltagen zusammenlegt. Daraus eine zwingende Regelung zu machen und jegliche Entscheidung darüber zu verunmöglichen, ist eine sehr starre Form des Verfahrens. Ich weiß nicht, ob das wirklich hilfreich ist.

Drittes Stichwort: Sie wollen ein vereinfachtes Volksbegehren schaffen. Da interessiert mich nicht so sehr, was Sie an länglichen Regeln alles aufgeschrieben haben, die man dafür aufstellen muss, sondern mich interessiert, dass Sie in diesem Gesetz offensichtlich kodifizieren wollen, dass das Abgeordnetenhaus ein beschlossenes Volksgesetz ändern darf. Das haben wir bis jetzt nicht, und ich gehe davon aus, dass ein Volksgesetz respektiert wird. Wir sehen an Tempelhof, dass es respektiert wird, und ich sehe überhaupt keine Notwendigkeit – es sei denn, Sie belehren uns eines Besseren –, dass wir diesen Grundsatz aufgeben und dass kodifiziert wird, dass das Abgeordnetenhaus – unter welchen Bedingungen auch immer – ein Volksgesetz ändern, aufheben oder sonst was damit machen kann. Da bin ich wirklich skeptisch. Ich bin aber sicher, dass der Rechtsausschuss, der das ausführlich beraten wird, all diese Pros und Kontras abwägen und uns einen vernünftigen Vorschlag unterbreiten wird. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD – Beifall von Burkard Dregger (CDU) und Roman Simon (CDU)]

Vielen Dank, Kollege Zimmermann! – Für die Linksfraktion hat jetzt der Kollege Dr. Lederer das Wort. – Bitte schön!

(Dirk Behrendt)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit 2006 haben wir in Berlin die Möglichkeiten direkter Demokratie deutlich vereinfacht. Ja, ich behaupte, wir haben diese Instrumente überhaupt erst zu etwas gemacht, was die Berlinerinnen und Berliner auch nutzen können, um in politische Prozesse initiativ und gegebenenfalls auch korrigierend einzugreifen.

Das hat damals funktioniert, weil wir uns in diesem Haus zusammengesetzt und gemeinsam beraten, Kompromisse herbeigeführt haben. Die Koalition hat damals sehr offensiv das Gespräch mit der Opposition gesucht, nachdem die Vereinfachung der direkten Demokratie Bestandteil der ersten rot-roten Koalitionsvereinbarung geworden war und nachdem wir für die Bezirke – das war damals der erste Schritt – gemeinsam vereinfachte Möglichkeiten von Bürgerentscheiden und Bürgerbegehren durchgesetzt haben.

Die SPD wollte damals unbedingt die Richtlinienkompetenz des Regierenden Bürgermeisters. Wir sehen, es hat ihnen nicht wirklich etwas genützt, aber es war damals Bestandteil dieses Kompromisspapiers und hat die SPD aufgeschlossen, intensiver über die direkte Demokratie nachzudenken.

Das ist nun alles bald acht Jahre her. Inzwischen sind Volks- und Bürgerentscheide in den Bezirken aus der Stadtpolitik nicht mehr wegzudenken. Ja, es gibt immer noch diverse Schwierigkeiten bei SPD und Union, die immer noch tricksen und manipulieren bei Terminfestlegungen, bei der Mobilisierung für ihre Positionen.

Und, ja, das haben wir hier öfter festgestellt, es gäbe aus der praktischen Erfahrung der zurückliegenden Jahre, der zurückliegenden Initiativen und Entscheide manches zu novellieren, manches zu verbessern. Da ist die Frage der Quoren und der Höhe der Quoren. Sind sie noch geeignet? Müsste man die Verfassung ändern?

Da ist die Frage von fakultativen Referenden. Da ist auch die Frage der Terminfestlegung, da ist auch die Frage der Kostenerstattung. Vieles von dem ist jetzt bei Herrn Kollegen Dr. Behrendt immer mal zwischen den Zeilen durchgedrungen – und noch manches mehr. Manches ging damals wegen des Vetos einzelner Fraktionen nicht, insbesondere der CDU, auch der SPD, damals auch noch der FDP – an die erinnern wir uns hier kaum noch –, manches ist uns im Laufe der Zeit an Erfahrungen zugewachsen.