Vielleicht hätten wir schwer geschluckt, aber in dieser Haushaltsberatung interessiert nun mal besonders, ob Ihr Versprechen von der schwarze Null noch hält, wenn uns die nächste Rechnung für das Flughafendebakel präsentiert wird. Denn eines ist doch sicher: Irgendwann nächstes Jahr werden Sie hierherkommen, Herr Wowereit, und frisches Geld fordern. Wie hoch wird Ihre Forderung an Berlin dann sein? – 300 Millionen Euro? 400 Millionen Euro? Oder 450 Millionen Euro, wie beim letzten Mal?
Und werden Sie dann auch sagen: Freut euch, Leute, dass noch Geld da ist, und ich habe einen prima Vorschlag, wofür wir es ausgeben? Solange das nicht klar ist, gilt für uns: Der Haushaltsplan, den Sie heute zur Abstimmung stellen, ist ein Plan mit Verfallsdatum und deshalb das Papier nicht wert, auf dem er steht.
Es gibt aber noch einen zweiten, wichtigeren Grund – Frau Pop hat ihn vorhin nur angedeutet –, das ist Ihre Flucht in die Schattenverschuldung. Im vorliegenden Haushaltsgesetz stehen den 300 Millionen Euro Tilgung in zwei Jahren sage und schreibe 6 Milliarden Euro neue Schulden außerhalb des Haushalts gegenüber. Wie das geht, werde ich dann manchmal gefragt. Eigentlich ganz einfach, man muss nur darauf kommen: Die Sozialdemokraten verschieben die Ermächtigung für 6 Milliarden Euro neue Schulden von § 2 – Kredit – nach § 3 – Gewährleistung – im Haushaltsgesetz, also von direkter Verschuldung im Haushalt zu indirekter über Tochtergesellschaften wie zum Beispiel die Rekomm Berlin. Und die CDU, die guckt diesem Kunststück mit großen Augen und offenem Mund zu.
Wenn man sich dann bei der SPD umhört, wofür dieser Blankoscheck über 6 Milliarden Euro denn verwendet werden soll, dann kommt als Antwort: Naja, 1,4 Milliarden Euro sind schon für den Rückkauf der BWB verbraucht. 1 Milliarde Euro neue Schulden sind für den Kauf des Stromnetzes, und 3,6 Milliarden Euro sind für den Kauf von Vattenfall und Gasag, und mancher murmelt ersatzweise noch etwas von S-Bahn.
Herr Wowereit! Was sagen Sie denn eigentlich zu dieser Variante von Sparpolitik? Da tun sich doch zwei Haushaltswelten auf, die durch Abgründe getrennt sind. In der einen Welt, der Kreditplanwelt von § 2 des Haushaltsgesetzes, sind Ihnen 500 000 Euro für Sasha Waltz schon zu viel, denn die mindern ja den Tilgungsüberschuss über Gebühr. Und unsere Beamten ordentlich zu entlohnen, geht angeblich erst recht nicht. In der anderen Welt der SPD, der Bürgschaftswelt von § 3 des Haushaltsgesetzes, herrscht dagegen das Funkenmariechen,
von dem ich, wenn ich Sie richtig verstanden habe, annehmen darf, dass Sie, Herr Wowereit, es in der Haushaltspolitik nicht sehen wollen. Aber da herrscht diese schrankenlose Freiheit. Da druckt unsere Bank, die IBB, unbegrenzt Kreditgeld, und die Damen und Herren Abgeordneten gehen damit auf milliardenschwere Shoppingtour. Sollten sich die Einkäufe eines Tages als Fehlspekulation erweisen und die Bürgschaften deswegen platzen, haften weder die Bank noch der Senat, noch die Abgeordneten, sondern mal wieder die Steuerzahler. Die Finanzkrise und der Flughafen lassen grüßen.
Für den Gefühlshaushalt der SPD-Fraktion, Herr Saleh und Herr Schneider, mag es ja prima sein, dass sich neben der steinigen Welt der Haushaltskonsolidierung noch ein Paradiesgarten der Politikgestaltung auftut, in dem scheinbar alles umsonst ist. Für unsere Stadt ist es aber überhaupt nicht gut, vom Gefühlshaushalt der SPD regiert zu werden, denn die Berlinerinnen und Berliner und niemand sonst zahlen die Zeche, sobald da etwas schiefgeht.
Da lobe ich mir die Linken, die ja die eigentlichen Stichwortgeber für die Rekommunalisierung sind und deshalb ein sehr hohes Interesse daran haben, dass diese Dinge auch gelingen. Sie bestehen deshalb wie wir darauf, dass unsere Landesunternehmen im Rahmen einer erweiterten Staatstätigkeit nicht überfordert werden und ihnen für neue Aufgaben auch Eigenmittel zugeführt werden, soweit das irgend möglich ist.
Ich füge dem hinzu, liebe Freunde von der SPD: Wenn es dann halt nicht möglich ist, muss man auch in dem Bereich vielleicht mal Prioritäten setzen und auf das eine oder andere verzichten.
Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich bei den Haushältern der Linksfraktion bedanken. Es war eine fruchtbare Zusammenarbeit, die wir in der Haushaltsberatung unter uns entwickelt haben. Da gab es einige Gemeinsamkeiten, die wir schon hatten und dann auch entwickelt haben. Ich wünsche mir, dass es so weitergeht.
Jetzt zurück zum Thema Schattenverschuldung. Wir brauchen ja gar nicht zu mutmaßen, wie abschüssig der Weg in eine Schattenverschuldung ohne Eigenkapital sein kann. Im Fall der Wasserbetriebe können wir uns auf erste Tatsachen stützen. Denn nachdem die Koalition auf der Zielgeraden der Haushaltsberatungen dem öffentlichen Druck nachgegeben und erste Schritte zur Senkung der Wasserpreise vorgenommen hat, kommen all die Probleme hoch, die SPD und CDU zuvor als haltlose Erfindungen der Opposition abgetan haben. Nehmen Sie die Tatsachen doch bitte zur Kenntnis, Herr Saleh! Der Kaufpreis erweist sich jetzt eben doch als zu hoch und seine Finanzierung allein auf Kredit als zu windig, um einer Wasserpreissenkung standzuhalten. Der Wirtschaftsteil der „FAZ“ bringt die Folgen auf den Punkt:
Berlin verzichtet auf 40 Millionen Euro Gewinnausschüttung, 20 Millionen Euro müssen die BWB erwirtschaften. Im Ergebnis werden statt geplanter 250 Stellen in den nächsten vier Jahren 400 Arbeitsplätze abgebaut.
Na, toll! Gewinnverzicht des Landeshaushalts, Herr Wowereit, und Personalabbau bei den Wasserbetrieben hätten Sie auch ohne Rückkauf haben können. Dagegen hätten RWE und Veolia bestimmt keine Einwände erhoben. Mit den privaten Investoren Kaufpreise zu verhandeln, Herr Nußbaum, die sinkenden Wasserpreisen Rechnung tragen, das war doch der Sinn der Übung!
Offenkundig ist Ihnen das misslungen. Sie haben Ihren Job schlecht gemacht, und Sie machen ihn weiter schlecht, wenn Sie sich auch weiterhin weigern, die 400 Millionen Euro Überschuss des Haushalts 2013 in die Tilgung zu stecken statt in die Wasserbetriebe, wie es die Opposition seit Monaten fordert.
Ich verspreche Ihnen: Wir werden da nicht lockerlassen, nicht bei den Wasserbetrieben, nicht bei den Wohnungsbaugesellschaften, nicht bei der BVG und nicht beim Stadtwerk. Man kann mit diesen Institutionen soziale und ökologische Politik machen, und man kann diese Politik intelligent finanzieren. Aber Heuschreckenfinanzierung, die Unternehmenskäufe komplett auf Pump tätigt und die Kosten auf das übernommene Unternehmen abwälzt, das darf definitiv nicht zum Mittel Berliner Landespolitik werden.
Finanzierungsmodelle, wie sie vor der Finanzkrise für Hedgefonds typisch waren, vertragen sich nicht mit seriösen kaufmännischen Grundsätzen und schon gar nicht mit dem sozialen Zweck staatlicher Daseinsvorsorge, den Sie immer im Munde führen.
Eine solche Politik führt entweder in die roten Zahlen in den Unternehmen, die Herr Wowereit ja angeblich nicht will, oder lässt die Mieten im öffentlichen Bestand und die Preise der Daseinsvorsorge steigen. Eine solche Politik ist weder wirtschaftlich vernünftig noch sozial.
Wir legen Ihnen mit dem grünen Haushaltsplan eine Alternative dazu vor. Ja, wir geben deshalb 100 Millionen Euro mehr aus als Sie. Wir nehmen aber auch 200 Millionen Euro mehr ein, weil wir die Einnahmen vollständig veranschlagen und nicht für den Flughafen bunkern. Unter dem Strich stehen dann bei uns zweimal 250 Millionen Euro Überschuss. Da dürfen Sie sich dann balgen, was davon für die Tilgung und was davon für den Flughafen ist. Denn egal, was Sie heute beschließen, um den Nachtragshaushalt kommen Sie nicht herum, und dann stehen wir wieder hier und diskutieren weiter und holen vielleicht einiges von den verpassten Möglichkeiten nach, die Sie diesmal nicht zu nutzen wussten.
Vielen Dank, Herr Esser! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Generalaussprache und die Beratung des Einzelplans 03, über den ich gleich abstimmen lasse, also ohne die Kulturkapitel.
Wer jetzt dem Einzelplan 03 mit Ausnahme der aufgeführten Kulturkapitel unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Hauptausschusses Drucksache 17/1400 sowie dem Auflagenbeschluss Nr. 34 des Hauptausschusses vorbehaltlich der am Ende der Sitzung abzustimmenden Änderungsanträge der Fraktionen seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und der CDU und der fraktionslose Abgeordnete. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Linksfraktion, die Piratenfraktion. Enthaltungen? – Ich sehe keine Enthaltungen. Dann ist das so angenommen.
Entsprechend unserer Tagesordnung unterbrechen wir nunmehr die Haushaltsberatung für weitere Beratungsgegenstände.
a) Gesetz zur Änderung des Landesabgeordnetengesetzes und des Bezirksverordnetenentschädigungs- gesetzes
zum Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion Die Linke und der Piratenfraktion Drucksache 17/1300
Änderungsantrag der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion Die Linke und der Piratenfraktion Drucksache 17/1300-2
Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion Die Linke und der Piratenfraktion Drucksache 17/1346
Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion Die Linke und der Piratenfraktion Drucksache 17/1347
Ich eröffne die zweite Lesung zu a und schlage vor, die Einzelberatungen der drei Artikel der Drucksache 17/1300 miteinander zu verbinden. Gibt es hierzu Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann verfahren wir so.
Ich rufe also auf die Überschriften und die Einleitung sowie die Artikel I bis III der Drucksache 17/1300 und eröffne die erste Lesung zu b. Für die Beratung steht den Fraktionen eine Redezeit zu, die sich aus der Gesamtredezeit von bis zu 15 Minuten für Beratungsgegenstände außerhalb der Haushaltsberatung ergibt. Es beginnt die Fraktion der SPD. Das Wort hat Herr Abgeordneter Schneider. – Bitte sehr!
Meine sehr verehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Wir, jedenfalls die breite Mitte dieses Hauses,