Protocol of the Session on December 12, 2013

Es gibt den einen Weg der fiskalischen Schulden, und es gibt den anderen Weg der Investitionsschulden. Wir haben festgestellt, dass die Zinslasten zurzeit weniger Kosten verursachen als die Kosten, die bei den Investitionen entstehen. Das heißt, zurzeit ist es sinnvoller, das Geld, das wir haben, in Investitionen zu stecken, um dort die Kosten zu drücken, als das Geld in die Zinstilgung zu stecken, denn am Ende des Tages bleiben die Kosten für die Investitionen dort, und die werden mehr und steigen. Da können Sie die Hand vor das Gesicht halten: Wenn das Schuldach zusammenbricht, bricht das Schuldach zusammen, egal ob die Zinsen eine Milliarde niedriger oder eine Milliarde höher sind, und dann dürfen Sie allen Eltern erklären, warum Sie sich um dieses Schuldach nicht kümmern wollten. – Damit beende ich es.

[Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Herberg! – Für den Senat hat jetzt das Wort Herr Senator Nußbaum. – Bitte sehr!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute ist vieles gesagt worden, und es ist auch heute der Tag des Parlaments, sodass ich mir jetzt eine lange Haushaltsrede erspare.

[Beifall von Burgunde Grosse (SPD)]

Aber ich wollte zum Abschluss auf mindestens vier Lebenslügen der Opposition eingehen, die ich denke, doch noch kurz richtigstellen zu müssen,

[Zurufe von den GRÜNEN und der LINKEN]

die auch jetzt gerade noch mal vorgetragen worden sind.

Die erste These ist: Nutze jetzt das billige Geld, weil ja die Zinsen niedrig sind, und verschulde dich, respektive: Nutze Überschüsse und zahle nicht zurück!

[Beifall bei den PIRATEN – Zurufe von der LINKEN]

Da kann man sich wirklich nur an den Kopf fassen, denn was machen Sie bei 63 Milliarden Schulden, der zweithöchsten Pro-Kopf-Verschuldung, wenn Sie steigende Zinsen haben? Da sind die ja nicht weg, sondern da werden Ihre günstig finanzierten Investitionen plötzlich sehr teuer, und dann wundern Sie sich, was Ihr Schuldach gekostet hat.

[Beifall bei der SPD und der CDU – Zuruf von Oliver Höfinghoff (PIRATEN)]

Wenn Sie sagen, Sie können nicht gestalten, dann sage ich Ihnen: Sie werden ja jetzt über 47 Milliarden beschließen. Sie können sich mal vorstellen, wie viel das ist, 47 Milliarden, und da sind mindestens sechs Milliarden Investitionen drin, direkt oder indirekt. Da kann man nicht sagen, dass mit dem Geld nicht gestaltet wird. Sie können sich ja in Ihren parlamentarischen Debatten bemühen, das Richtige mit dem Geld zu machen. Jedenfalls haben Sie genug Geld zur Verfügung.

Die zweite These, die hier immer im Zusammenhang mit dem Wasser-Rückkauf aufgestellt wird, ist, wir würden hier eine Heuschreckenfinanzierung machen. Dann kennt keiner von Ihnen eine Heuschrecke, denn Heuschrecken machen das ein bisschen anders. Die nehmen die Gewinne, lassen die sich ausschütten und lassen das Unternehmen noch den Rückkauf finanzieren. Die machen nämlich beides. Und wir machen ganz einfach Folgendes: Die Gewinne, die bislang nach Frankreich an Veolia, respektive an RWE, geflossen sind, schütten wir nicht an uns aus. Wir machen hier einen Gewinnverzicht und nehmen die zur Refinanzierung. Das ist der feine Unterschied zu einer Heuschrecke, und deswegen ist der Vergleich einfach falsch.

[Beifall bei der SPD und der CDU – Zurufe von den GRÜNEN und den PIRATEN]

Dann erzählen Sie hier laufend – meinen Sie, dass es besser wird, wenn Sie es öfter wiederholen? –, dass wir hier Schattenhaushalte aufbauen. So einen Quatsch habe ich selten gehört. Gehen Sie doch mal durch die einzelnen Unternehmen und schauen, was da passiert! Sie haben die BVG zitiert. Die BVG wird 2015 zum ersten Mal in ihrer Geschichte ein operativ ausgeglichenes Ergebnis machen, hat fast 50 Prozent Eigenkapital.

[Zurufe von Joachim Esser (GRÜNE) und Oliver Höfinghoff (PIRATEN)]

Also da können Sie nicht sagen, dass zusätzlich Schattenhaushalte aufgebaut werden. Das Gegenteil ist der Fall.

Sie haben die beiden Gesellschaften Vivantes und Charité genannt. Die Charité hat noch vor ein paar Jahren 40 Millionen Verlust gemacht. Es ist zwar ein schwieriges Geschäft mit den beiden Krankenhäusern, aber sie erzielen jetzt ein ausgeglichenes Ergebnis. Da können Sie nicht sagen, dass da Schattenhaushalte aufgebaut werden.

Die BSR macht Gewinne. Da haben wir sogar durch die Senkung des Verordnungszinssatzes 12 Millionen reduziert, auf Gewinne verzichtet und an die Verbraucher, an die Berliner und Berlinerinnen, de facto ausgeschüttet, indem wir die Tarife nicht haben erhöhen müssen, wie es sonst notwendig gewesen wäre.

Von den Wohnungsbaugesellschaften lassen wir uns seit Jahren nichts ausschütten, sondern lassen das Kapital drin, nehmen den Zinsaufwand für das Kapital, was in der Verschuldung von den 63 Milliarden steckt, hier in den Haushalt mit rein. Wenn Sie sich mal die Verschuldungsquote der Wohnungsbaugesellschaften ansehen: In den letzten Jahren hat die dramatisch abgenommen. Die haben Vermögen geschaffen, die sind wertvoller geworden. Deswegen ist die ganze These von den Schattenhaushalten schlichtweg Quatsch.

Sie können auch sehen, wie wir mit Liegenschaften umgehen. Die verkaufen wir nicht mehr, um den Haushalt zu sanieren, sondern wir gehen nachhaltig damit um. Es ist schon angesprochen worden. Die Einnahmeansätze sind herabgesetzt worden, und das sind Vermögensgegenstände.

[Zuruf von Joachim Esser (GRÜNE)]

Und jetzt kommt der gute Herr Esser, der immer laut schreit und sagt, hier wird Voodoo gemacht, und hier werden die Leute getäuscht, so wie Sie das eben gesagt haben, Frau Schmidt, und auch da, sage ich, müssen Sie sich mal ein Stück zurücknehmen.

[Joachim Esser (GRÜNE): Ja, das ist unter Ihrem Niveau!]

Sie bekommen von der Finanzverwaltung alle Informationen, und zwar in regelmäßigen Abständen, zu den Finanzdaten dieses Landes, und Sie bekommen Steuerschätzungen, und Sie bekommen sie regelmäßig geliefert, und Sie haben sich bei der Finanzverwaltung dafür bedankt, dass Sie mit allem versorgt werden, aber man muss natürlich auch Zahlen lesen können.

[Heiterkeit von Torsten Schneider (SPD) – Udo Wolf (LINKE): Und Sie können das nicht!]

Ich kann Sie nicht davon abhalten, das ist richtig, hier den Kachelmann zu spielen, indem Sie sich nämlich schon seit einem Jahr überbieten, Prognosen nach vorn zu machen, welche Überschüsse wir haben. Das haben Sie heute Abend auch schon wieder gemacht. Sie machen Prognosen.

(Senator Dr. Ulrich Nußbaum)

[Udo Wolf (LINKE): Wer hat recht gehabt? – Zuruf von Steffen Zillich (LINKE)]

Sie müssen nur mal die Steuerschätzungen lesen, und dann können Sie in etwa ablesen, mit welchen Ergebnissen wir hier herausgehen. Das wollte ich noch mal auf diesem Weg gesagt haben.

Wir werden die Konsolidierung dieses Haushalts fortsetzen. Wir werden uns nicht an folgenden Generationen vergehen, hier eine Ausgabenpolitik zu machen, nur weil das Geld billig ist, und jetzt Ausgaben zu machen, die nicht strukturell refinanziert sind. Wir werden unserer Verantwortung auch im Rahmen des Stabilitätsrats und im Rahmen dessen, was wir Bund und Ländern zugesagt haben, auch mit Blick auf eine Schuldenbremse, wahrnehmen. Wir denken, dass wir dann auch eine bessere Position haben, wenn in den nächsten Jahren die BundLänder-Finanzbeziehungen neu geordnet werden, mit einem starken Rückgrat in diese Verhandlungen reinzugehen. Das ist der einzige richtige Weg. Den beschreitet diese Koalition, und ich freue mich, wenn Sie diesen Haushalt annehmen.

Mein Dank am Schluss an die Mitarbeiter in meinem Haus, die in der Tat sehr viele Stunden im Hauptausschuss und den entsprechenden Ausschüssen und Gremien zugebracht haben. Hier gesagt: Vielen Dank! – Ansonsten wünsche ich Ihnen eine gute Abstimmung, fröhliche Weihnachten und ein gutes neues Jahr! – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU – Beifall von Alexander Spies (PIRATEN)]

Danke schön! – Als letzte Rednerin in dieser Debatte – Frau Kollegin Herrmann!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ganz zu Beginn meiner Rede möchte ich mich dem Dank anschließen, insbesondere dem Dank an das Hauptausschussbüro. Vielen Dank für die intensive Arbeit, die Sie geleistet haben! Ich denke, Sie haben sich eine schöne, besinnliche Weihnachtspause verdient. Danke auch von meiner Fraktion!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Wissen Sie, um diese Haushaltberatungen gibt es immer Märchen. Herr Nußbaum! Ein Märchen haben Sie heute nicht mehr erzählt, und zwar die 0,3 Prozent Ausgabenlinie, von der Sie sonst immer gesprochen haben.

[Zurufe von der SPD]

Ihre verwelkte Ausgabenlinie bemühen Sie mittlerweile nicht mehr, und das entspricht auch der Realität des Haushalts, den Sie heute verabschieden werden, denn der Haushalt, den Sie uns vorlegen, steigt im Schnitt um 2 Prozent pro Jahr. Das wissen Sie genau. Natürlich finanzieren Sie das auch, indem Sie an die Mehreinnahmen rangehen. Also hören Sie doch bitte mit dieser Aussage, wir seien die Bösen, die sich komplett an den Mehreinnahmen vergreifen und volle Kanne Schulden machen würden, auf!

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

In den Haushaltsberatungen haben Sie es gesehen, an den Anträgen sehen Sie das: Was meine Fraktion hier vorlegt, ist sogar mehr Überschuss, den wir machen wollen.

[Zurufe von der CDU]

Also hören Sie bitte damit auf!

Wissen Sie, wenn man Ihren Ausführungen folgt, Herr Schneider, jedes Unternehmen finanziert sich so, und damit meinen Sie eine 100-prozentige Kreditfinanzierung, da fragt man sich: Haben Sie eigentlich verstanden, wie es zu dieser Finanzkrise gekommen ist? Wo sind Sie eigentlich, wenn wir darüber reden, dass vielleicht eine Eigenkapitalausstattung von 3 Prozent bei Banken nicht mehr ausreichend ist? Also ich hatte jedenfalls das Gefühl, dass die SPD und auch andere da ein bisschen weiter waren und wir gemeinsam eigentlich Lehren aus der Finanz- und Eurokrise ziehen wollten. Also fangen Sie nicht an, hier irgendwelche Hedgefondsfinanzierungsmodelle vorzulegen, sondern machen Sie es vernünftig, machen Sie es so, wie wir es vorschlagen, mindestens 25 Prozent Eigenkapitalbeteiligung und keine Risikofinanzierung!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Und wenn man das hier so Revue passieren lässt, die Haushaltsberatungen, dann könnte man ja meinen, die Koalition meint, das größte Haushaltsrisiko seien die Oppositionsfraktionen, aber das größte Haushaltsrisiko sitzt hier auf der Regierungsbank, Herr Wowereit, und er ist wohl bald auch wieder Aufsichtsratsvorsitzender. Das ist ja wohl das peinlichste Comeback des Jahres.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Und wissen Sie: Die nächste Rechnung für das Flughafendebakel kommt bestimmt. Und vielleicht, Herr Nußbaum, ist das der eigentliche Grund, warum Sie zum Experten geworden sind, zum Experten für Geldverstecke. Und wissen Sie: Da unterscheiden wir uns nämlich ganz gravierend in unseren Vorschlägen. Wir sagen nämlich: Wir wollen Überschüsse, aber wir wollen auch investieren. Und wir veranschlagen klar die Einnahmen, die es geben wird. Ich nenne Ihnen nur mal zwei Beispiele. Herr Schneider, Sie wissen das auch: Rückflüsse Wohnungsbaudarlehen 110 Millionen Euro veranschlagt, und

(Senator Dr. Ulrich Nußbaum)

jetzt, 2013, sind wir schon bei über 300 Millionen Euro. Da ist Luft. Und Sie wissen auch: Die EU-Mittel befinden sich in der Abrechnung. 170 Millionen Euro kommen noch. Und wir Grünen wollen das Zeitfenster, das sich bis 2018 öffnet, nutzen, und zwar, um in die Infrastruktur zu investieren, denn eine marode Infrastruktur ist eine besonders teure Form der Verschuldung.