Protocol of the Session on December 12, 2013

verantworten. Manches war in den diesjährigen Haushaltsberatungen anders, vor allem aber wohl die Ausgangslage. Die Einnahmen laufen stabil, in diesem Jahr sogar außergewöhnlich gut. Neue Schulden müssen nicht gemacht werden. Ein schrittweiser Schuldenabbau erscheint möglich. Normalität kann also einziehen. Das heißt doch nichts anderes, als dass wir seit vielen Jahren die Auseinandersetzung um Schwerpunktsetzungen nicht nur hätten führen können, sondern müssen,

[Beifall bei der LINKEN]

weil die Einnahmesituation der Stadt nach vielen Jahren harter Konsolidierung wieder Investitionen in die Stadt und in ihre Menschen verlangt.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Natürlich kann niemand garantieren, dass die Steuern auch weiter mit solchen Zuwachsraten wie in den letzten beiden Jahren laufen. Deshalb muss man sich in einer solchen Situation entscheiden. Gibt man die Überschüsse ausschließlich in die Schuldentilgung oder verbessert man durch strukturelle Investitionen langfristig die Situation der Stadt? Wir haben uns für den zweiten Weg entschieden, und zwar, ohne den Haushalt mit einer Neuverschuldung zu belasten.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Ich will es noch einmal untermauern, weil auch der Regierende Bürgermeister heute noch einmal diese Mär erzählte, Die Linke würde mit ihren Vorschlägen in die Neuverschuldung steuern. Falsch – rechnen müsste man können!

[Beifall bei der LINKEN]

500 Millionen Euro Mehreinnahmen vorgeschlagen, 275 Millionen Euro Ausgaben für Schwerpunktsetzungen gefordert, macht einen Saldo von 225 Millionen Euro.

[Zuruf vom Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit]

Zieht man dann noch einmal die 155 Millionen Euro ab, die als Neuverschuldung noch im Haushaltsplan drinstehen, Herr Schneider, bleiben immer noch 70 Millionen Euro übrig.

[Beifall bei der LINKEN]

Die Koalition schlägt einen Haushalt vor, der bei 90 Millionen Euro Überschuss endet. Also: 90 Millionen – 70 Millionen, so groß ist der Unterschied dazwischen also nicht, aber in den Inhalten sehr wohl, denn der Senat hat sich anders aufgestellt als wir. Die tatsächliche finanzielle Situation des Landes wurde systematisch verschleiert mit dem Ziel, alles einer schwarzen Null unterzuordnen, die legendäre und imaginäre 0,3-Prozentausgabelinie zu halten und das Finanzierungssaldo zum Maß der Dinge zu machen.

(Christian Goiny)

Nur zur Erinnerung: Schon 2012 lagen zwischen der Juniprognose und dem tatsächlichen Jahresabschluss 1,5 Milliarden Euro. Und auch in diesem Jahr haben wir uns schrittweise den tatsächlichen Einnahmen angenähert. Ende Mai Zensusschock: alles auf den Prüfstand, Blut und Tränen, haushaltswirtschaftliche Maßnahmen – im August die Prognose auf der Basis des Halbjahres minus 180 Millionen Euro. Wir haben schon im Sommer plus 500 Millionen Euro prognostiziert. Ja, ihr seid Träumer, ihr könnt ja gar nicht rechnen – und nun? – Alle Wetten gewonnen.

[Beifall bei der LINKEN]

Jetzt ist auch der Senat schon bei plus 420 Millionen Euro. Und glauben Sie mir, das ist immer noch nicht das Ende der Fahnenstange! Wir werden uns in der zweiten Januarwoche wieder sprechen.

[Uwe Doering (LINKE): Genau!]

Aber verehrte Damen und Herren von der CDU und von der SPD! Sie hätten die Senatslinie durchaus noch korrigieren können. Nach Ihren Ankündigungen zumindest hätte man meinen können, dass das wirklich passiert. Am Ende: selbstgenügsam, kleingeistig, ziellos und klientelistisch.

[Beifall bei der LINKEN]

Jetzt sind Sie stolz auf eine Schuldentilgung mit Überschüssen, deren Existenz Sie ein halbes Jahr lang mit viel Mühe und Beschimpfungen bestritten haben. Und jede Menge Versprechen haben sich als Versprecher erwiesen, ach, Entschuldigung, heißt ja jetzt anders, heißt ja „differenzierte Auffassung“. Wissen Sie, was wir dazu sagen? – Hier werden Menschen belogen und beschummelt.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Sie feiern sich für die 80 Millionen Euro für die Bezirke. Ja, klar, gut, für Kita- und Schulsanierung, für Schlaglochbeseitigung, für Musikschulen, alles Geld, das gebraucht wird. Aber wie Sie Ihre Bezirksbürgermeister diszipliniert haben, dass sie die 25-Millionen-Euro-Kröte geschluckt haben, da hätte ich bis heute immer noch gerne die Antwort. Die sind Sie uns schuldig geblieben.

Vertan haben Sie auch die Chance, Ihrer Verantwortung als Arbeitgeber von mehr als 100 000 Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Landes Berlin gerecht zu werden. Hier ist schon viel dazu gesagt worden, aber Sie haben uns immer vorgeworfen, wir seien nur in Ankündigungen steckengeblieben. Falsch! An der Stelle haben wir zum wiederholten Mal ein Handlungsangebot vorgelegt. Es ist jetzt an Ihnen, Ihre Versprechen gegenüber den Beschäftigten umzusetzen.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Machen Sie Personalentwicklung zur Chefsache,

[Heidi Kosche (GRÜNE): Nein, nicht zur Chefsache!]

und zwar aller Chefs! Entwickeln Sie ein Konzept strategisch aus dem aufgabenbezogenen Fachbedarf und nicht aus der Kassenlage heraus! Und treffen Sie vor allem auch verbindliche Verabredungen mit den Beschäftigtenvertretungen! Und schließen Sie die Gerechtigkeitslücken in Tarif und Besoldung!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Verweigert haben Sie sich, verehrte Damen und Herren der Koalition, auch bei den Leistungen zur Unterbringung der Asylsuchenden. Die sind im Haushalt mindestens mit 20 Millionen Euro unterveranschlagt. – Und die Mehraufwendungen für das Mindestlohngesetz, das wir heute beschlossen haben, sind auch nicht finanziert. Das machen wir im Haushaltsvollzug. Solide Finanzpolitik, meine Damen und Herren von SDP und CDU, sieht anders aus!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Der Regierende Bürgermeister lobt die Koalition ironisch – ich gehe mal davon aus, Sie haben es ironisch gemeint –, die Ausgabelinie sei gehalten worden. Der größte Teil der Ausgabeveränderungen ist durch pauschale Minderausgaben im jeweiligen Einzelplan und abschließend im Einzelplan 29 gegenfinanziert worden. Die pauschalen Minderausgaben für Sachausgaben, Personal und Investitionen in den Einzelplänen der Hauptverwaltungen aus dem Senatsentwurf haben sich durch die Koalitionsentscheidungen sogar noch erhöht und entsprechen jetzt 1,8 bzw. 2,2 Prozent der insgesamt veranschlagten konsumtiven Ausgaben. Erinnern Sie sich, wie es immer in der Nachschau heißt, „in Richtung der Bezirke“?

Die Veranschlagung pauschaler Minderausgaben bzw. pauschaler Mehreinnahmen wird allgemein als unbedenklich angesehen, solange sie den sogenannten Bodensatz des Haushalts nicht überschreitet. Auch um das damit verbundene Haushaltsrisiko zu vermeiden, wird daher seit Jahren die Bildung von Pauschalen auf die Höhe der sogenannten 1-Prozent-Grenze begrenzt, also 1 Prozent gegenüber 1,8 und 2,2. Also was müsste SenFin eigentlich sagen, sehr verehrte Damen und Herren der Koalition? – Versuchen Sie es noch einmal! Entwickeln Sie Visionen, haben Sie den Mut für die Entscheidungen für diese Stadt! Unsere Unterstützung an der Stelle hatten Sie, aber Sie haben sie nicht genutzt.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN – Dr. Manuel Heide (CDU): Ha, ha! Das war aber lustig!]

Vielen Dank, Frau Dr. Schmidt! – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort Herr Abgeordneter Herberg. – Bitte sehr!

Wie viel Redezeit habe ich noch?

[Zuruf: 18 Minuten!]

18 Minuten? – Jetzt könnte ich 18 Minuten lang noch einmal alles wiederholen, weil es ja noch nicht von jedem gesagt worden ist.

[Zuruf von der CDU: Müssen Sie aber nicht! – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Die Erfolgsgeschichte!]

Aber so viel Ego habe ich nicht, das muss ich nicht machen. – Ich bedanke mich aber noch bei dem Hauptausschussbüro, vor allen Dingen bei Frau Frisch, die relativ neu reingekommen ist, das alles aber gut gemanagt hat, und bei Herrn Nowak. Alle beiden haben zusammen ordentlich Überstunden geschoben und uns unter anderem sogar an einem Sonntag, glaube ich, eine Tagesordnung zugeschickt. Das hat schon ganz viel Respekt von uns verdient, finde ich.

[Allgemeiner Beifall]

Der Senator bekommt keinen Dank von mir, aber seine beiden Staatssekretäre bzw. der Staatssekretär und die Staatssekretärin, weil sie 130 Stunden mit uns zusammen im Ausschuss gesessen haben. Das ist auch schon eine ganz schöne Leistung. Sie haben auch noch etwas vor sich. Weil wenn wir den Haushalt hier heute beschließen, ist er für uns erst einmal weg, aber Sie dürfen das alles weitergeben, ins System eintragen und den anderen Leuten erklären, was sie in Zukunft zu tun und zu lassen haben, und müssen im Prinzip schon wieder fast den Haushalt 2016/2017 vorbereiten.

[Beifall von Iris Spranger (SPD)]

Dann noch an die restlichen Kollegen im Hauptausschuss: Es hat dieses Jahr sehr viel Spaß mit Ihnen gemacht. Es war einmal etwas anderes als bei den letzten Haushaltsberatungen, als alles ein bisschen komprimiert war und wir quasi neu reingewählt waren und alles in die laufende Haushaltswirtschaft ging.

[Torsten Schneider (SPD): Kaum reingeschnuppert, geht es schon wieder raus!]

Ich möchte inhaltlich jetzt gar nichts mehr sagen,

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der CDU]

weil das große Problem, das wir haben, ist, wir haben in den Reden der Fraktionsvorsitzenden und auch der gesamte Opposition zu den gesamten Einzelplänen aufgezeigt, wo wir die politische Linie für Berlin sehen, das heißt, dass das Geld, das zurzeit zur Verfügung steht, auch zu investieren und nicht komplett in die Schulden

tilgung reinzupacken ist, wie Sie es gemacht haben. Doch Sie wollen diesen Weg ja nicht beschreiten und werden das jetzt auch gleich bei der Endabstimmung über die Einzelpläne und den Gesamthaushalt noch manifestieren. Das ist für uns als Piratenfraktion schade, denn die vorgeschlagenen Investitionen sollten nicht auf Pump passieren. Also alle Anträge, die wir eingereicht hatten, hätten am Ende des Tages immer noch ein Plus zur Verfügung gestellt.

Zu der Unterstellung Ihrerseits, dass wir nicht seriös mit diesem Haushalt und mit den Finanzen des Landes Berlin umgehen wollen: Die komplette Opposition hat im Prinzip bewiesen, dass das nicht stimmt. Wenn Sie sich den Änderungsantrag der Grünen anschauen, auch den der Linken oder die, die wir eingebracht haben: Am Ende des Tages werden Sie immer wieder feststellen, dass keiner von uns vorhat, riesig groß Schulden aufzumachen, sondern wir sind uns alle bewusst, dass das Land Berlin große Probleme bei dieser Sache hat, aber wir haben als Opposition erkannt, dass es zwei Wege gibt.

Es gibt den einen Weg der fiskalischen Schulden, und es gibt den anderen Weg der Investitionsschulden. Wir haben festgestellt, dass die Zinslasten zurzeit weniger Kosten verursachen als die Kosten, die bei den Investitionen entstehen. Das heißt, zurzeit ist es sinnvoller, das Geld, das wir haben, in Investitionen zu stecken, um dort die Kosten zu drücken, als das Geld in die Zinstilgung zu stecken, denn am Ende des Tages bleiben die Kosten für die Investitionen dort, und die werden mehr und steigen. Da können Sie die Hand vor das Gesicht halten: Wenn das Schuldach zusammenbricht, bricht das Schuldach zusammen, egal ob die Zinsen eine Milliarde niedriger oder eine Milliarde höher sind, und dann dürfen Sie allen Eltern erklären, warum Sie sich um dieses Schuldach nicht kümmern wollten. – Damit beende ich es.