Protocol of the Session on January 17, 2013

Meine Damen und Herren von der Opposition! Indem Sie sich gegen den Kauf der RWE-Anteile ausgesprochen haben, haben Sie sich, ob Sie es wollen oder nicht, zum Anwalt der Interessen von Veolia gemacht, denn jeder, der auch nur ein bisschen wirtschaftlichen Sachverstand hat, weiß, dass sich natürlich Veolia selbst den RWEAnteil einverleibt hätte, zumal zu diesem günstigen Preis. Wissen Sie eigentlich, welchen Schaden Sie damit angerichtet hätten?

[Torsten Schneider (SPD): Unerhört!]

So eine Übernahme hätte den Status quo auf Jahre zementiert, mit Ihrer Hilfe. Gut, dass Sie nicht regieren dürfen. Sie könnten es nämlich ganz offensichtlich nicht.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Sie hätten Berlin und den Berlinerinnen und Berlinern geschadet, statt ihnen nützlich zu sein.

[Zurufe von der LINKEN – Zuruf von Joachim Esser (GRÜNE)]

Jetzt, mit den RWE-Anteilen, hat Berlin eine deutlich bessere Verhandlungsposition. Jüngst hat das Land Berlin Frau Nehring-Kleedehn und Frau Jaeger in den Aufsichtsrat entsandt. Frau Jaeger war bereits erfolgreich bei der Konsolidierung des Immobiliengeschäfts der Bankgesellschaft. Das Abgeordnetenhaus hat neben der Preissenkung auch beschlossen, dass Gewinngarantien entfallen. Eine asymmetrische Gewinnausschüttung darf es nicht mehr geben.

Natürlich werden wir auch den Vorwurf des Bundeskartellamts nachgehen, das betriebsnotwendige Kapital sei überhöht. Am 8. Dezember 2011 habe ich als frisch gewählter Sprecher dieses Ausschusses dem RBB gesagt,

[Benedikt Lux (GRÜNE): Sie sind doch gar nicht der Sprecher vom Ausschuss!]

dass wir eine Lösung anstreben, die für alle Berlinerinnen und Berliner und den Haushalt per saldo die wirtschaftlich günstige ist, und das ist uns gelungen. Der Sonderausschuss hat damit seine Aufgabe erfüllt.

Der vorliegende Bericht und die Erfahrungen aus unserer Arbeit in den letzten zwölf Monaten sind die geeignete Grundlage, auch noch die verbleibenden Aufgaben, nämlich die Zähmung Veolias oder den Rückkauf von deren Anteilen sowie die Überarbeitung des Berliner BetriebeGesetzes zu lösen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Für die Fraktion Die Linke jetzt Herr Dr. Lederer. – Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Selbstsuggestionskräfte innerhalb der SPD sind nach wie vor stark. Vielleicht verraten Sie mir bei Gelegenheit den Dealer, bei dem Sie das Zeug kaufen, das Sie da gerade genommen haben.

[Beifall und Heiterkeit bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN – Andreas Baum (PIRATEN): Das haben wir uns auch gefragt!]

Anders als der von der Koalitionsmehrheit gebilligte Abschlussbericht es erscheinen lässt, ist meine Fraktion der Ansicht, dass die Arbeit des Sonderausschusses gescheitert ist. Und das war auch nicht einfach der Komplexität der Aufgabe geschuldet oder dem Zufall. Dieses Scheitern war planmäßige politische Absicht von SPD und CDU.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Eine öffentliche Prüfung hat es nur sehr beschränkt gegeben. Aus unserer Sicht hätte das Parlament gerade mit dem Ergebnis eines Volksentscheids anders umgehen müssen. Es hätte neue und andere Beteiligungsformen geben müssen, es hätte andere Formen von Transparenz geben müssen. Die Koalition hat das aber nicht mitgemacht, weil sie es nicht wollte.

Anträge auf angemessene Ausstattung und auf ergänzende rechtliche Unterstützung wurden mehrfach abgelehnt. Warum? – Weil die Koalition Angst hatte, es könnte ja

tatsächlich vielleicht Ansatzpunkte für eine juristische Anfechtung von Teilprivatisierungsgesetz oder Verträgen geben. Und die war trotz wenig glaubhafter und wenig enthusiastischer – –

[Torsten Schneider (SPD): Angst ist nicht meine Kategorie! – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Eher Geschmeidigkeit!]

immer schön geschmeidig bleiben, Kollege!

[Jörg Stroedter (SPD): Pressesprecher von RWE!]

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte, jetzt wieder ein bisschen Ruhe einkehren zu lassen. – Vielen Dank!

Und die war trotz wenig glaubhafter und wenig enthusiastischer Bekundung aus den Reihen der SPD, vor allem der SPD, niemals ernsthaft gewollt. Wir haben mehrfach darauf hingewiesen, dass die Finanzmittel, die Senat und BWB in Sachen Teilprivatisierung über die Jahre ausgegeben haben, mehrfache Millionenhöhe erreicht hat. Dem Ausschuss dagegen wurden zwei WPD-Gutachten zugestanden, deren Ergebnis sich dann, ohne die Debatte mit den Verfassern zuzulassen, die Koalition umstandslos einfach angeschlossen hat. Die kritischen Punkte, die möglichen Rechts- und Verfassungsverstöße, die durch die Vertrauenspersonen des Volksentscheids thematisiert worden sind, hat der Ausschuss durch die Blockadehaltung und Planlosigkeit der Koalition niemals systematisch und vertieft bearbeitet. Das ist ein Trauerspiel. Es wird dem Ergebnis des Volksentscheids nicht gerecht, wie auch immer man zu ihm seinerzeit gestanden hat.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Auch der Senat hat an der Umsetzung des Offenlegungsgesetzes nie mitgewirkt. Herr Nußbaum spottet hier am 10. Mai 2012 noch rum nach dem Motto, wenn da irgendetwas dabei rauskommt, könnt ihr mir mal Bescheid sagen. Seinen Hintern hat er freilich selbst nie in den Ausschuss bewegt.

[Daniel Buchholz (SPD): Das war kein parlamentarischer Ausdruck, Herr Präsident!]

Ich finde, diese Mischung aus Ignoranz und Herablassung ist symptomatisch für den Umgang von Koalition und Senat mit dem Anliegen des Volksbegehrens und mit dem Parlamentsauftrag, ernsthaft alle rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen, mit denen die Teilprivatisierung hätte möglicherweise rückgängig gemacht oder anderweitig hätte abgebogen werden können. Wir haben das dokumentiert, damit der Eindruck, den der Mehrheitsbericht schafft, die notwendige Korrektur erfährt.

Wir haben im Unterschied zur Koalition unsere Hausaufgaben gemacht. Wir haben Vorschläge zur Strukturierung, Quellenangebote gemacht, wir haben Materialaustausch angeboten. Die Koalition hat es nicht interessiert.

[Torsten Schneider (SPD): Wir haben die Wasserpreise gesenkt! – Canan Bayram (GRÜNE) und Heidi Kosche (GRÜNE): Wo denn?]

Wir haben schließlich eigenständig gearbeitet, was im Ausschuss nicht als möglich erschien. Dabei haben wir die Anregungen der engagierten Vertrauenspersonen des Volksbegehrens aufgegriffen.

[Zurufe von der SPD]

So, wie Sie hier auf die Redebeiträge reagieren, sind Sie in jeder Ausschusssitzung mit den Redebeiträgen umgegangen. Es hat Sie im Zweifelsfall überhaupt nicht interessiert, was so erzählt wird.

[Torsten Schneider (SPD): Dann gucken Sie mal ins Protokoll! – Weitere Zurufe von der SPD – Dr. Gabriele Hiller (LINKE): Herr Präsident! Das ist Ihre Aufgabe!]

Wir haben Pro- und Kontrapositionen identifiziert, wir haben Vorschläge unterbreitet. Wir haben offene Streitfragen qualifiziert und zügig bearbeitet. Die Koalition hat leider blockiert, sodass wir keine Chance hatten, das abschließend zu klären. Da sind dann Fragen des EURechts, des Budgetrechts diskutiert worden, Fragen, inwieweit die Nichtigkeit des Gesetzes auf die Nichtigkeit der Verträge durchschlagen würde und vieles andere mehr. Und wir haben uns mit der Frage beschäftigt, inwieweit die Ausgestaltung der Teilprivatisierung mit dem Demokratieprinzip unseres Grundgesetzes und unserer Landesverfassung vereinbar sei. Schließlich haben wir uns mit der Frage auseinandergesetzt, wie man solche Rechtsverstöße auch rechtlich geltend machen kann.

Unterm Strich sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass die Teilprivatisierung der BWB das Demokratieprinzip verletzt und dass die gesamte Konstruktion der Teilprivatisierung ausschließlich dem Zweck diente, RWE und Veolia die unternehmerische Führung in den Wasserbetrieben einzuräumen und die Maximierung der aus den BWB erlösten Gewinnen zu ermöglichen. Das war die Konstruktion, die SPD und CDU seinerzeit, allen voran die Finanzsenatorin Fugmann-Heesing, entwickelt haben.

Durch die Eingliederung einer Anstalt öffentlichen Rechts in einen privatrechtlichen Konzern ist der öffentliche Zweck, dem eigentlich jede öffentlich-rechtliche Einrichtung unterworfen ist, dem Gewinnerzielungsinteresse der Holding untergeordnet worden. Das war der Sündenfall. Dazu bekennen sich CDU und SPD nicht einmal mehr heute, sondern sie rechtfertigen es noch und sorgen dafür, dass diese Konstruktion auch zukünftig ihre Gestalt behält.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Es wird bis 2014 keine Wasserpreissenkung geben, weil das jetzt vom Aufsichtsrat so beschlossen worden ist. Da kann Herr Schneider hier fabulieren, wie er will.

[Lachen von Torsten Schneider (SPD) und Jörg Stroedter (SPD)]

Die Koalition hält die Raub- und Beutegemeinschaft aufrecht und will jetzt gemeinsam mit dem verbliebenen Anteilseigner Veolia weiterhin kräftig abkassieren. Das ist der Stand der Dinge.

[Heiko Melzer (CDU): Es wird nicht richtiger, wenn Sie es wiederholen!]

Die vollständige Rekommunalisierung der BWB scheitert schon in der Koalition aus SPD und CDU, weil sie sich in der Frage nicht einig sind. Der Rückkauf der RWEAnteile hat an den Verträgen und den Kalkulationsgrundlagen nichts, aber auch gar nichts verändert. Das bedeutet nichts anderes, als dass diese Koalition 650 Millionen Euro nur ausgegeben hat, um jetzt auch noch die Gewinne auf die überhöhten Preise für den RWE-Anteil abzugreifen. Mit Perspektiven für ein nachhaltig gut geführtes und günstig arbeitendes Wasserunternehmen BWB hat das nichts zu tun.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN – Torsten Schneider (SPD): Haben sich ganz schön verrannt!]

Und so lautet das Fazit meiner Fraktion nach einem Jahr Sonderausschuss: Die schwarz-rote Koalition hat gegen den Widerstand von PDS und Harald Wolf die Berliner Wasserbetriebe teilprivatisiert.

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Die schwarz-rote Koalition hat die BWB ermuntert, gegen die preissenkende Kartellamtsverfügung, initiiert von der Linken und Harald Wolf, gerichtlich vorzugehen, um weiter abkassieren zu können.

[Torsten Schneider (SPD): Amen!]

Die rot-schwarze Koalition tut jetzt alles, um die 1999erTeilprivatisierungskonstruktion zu erhalten. Sie hat keine Idee, wie die BWB als öffentliches Wasserunternehmen 2015 oder 2020 aussehen soll und wie wir da hinkommen könnten.

Die Koalition hat letztlich nichts an den realen Einflüssen an den BWB geändert. Nach wie vor sitzen die von RWE und Veolia entsandten Vorstandsvertreter im Vorstand, nach wie vor fühlt sich der Senat, wie er in einer Antwort auf die Kleine Anfrage von Gerwald Claus-Brunner dargestellt hat, den Privatisierungsverträgen verpflichtet, in denen Berlin seinen Einfluss auf Investitionen, gute Arbeit und sozialverträgliche Wasserpreise verpfändet hat.