Protocol of the Session on November 8, 2012

[Uwe Doering (LINKE): Schlechte Rede!]

Das werden wir auch gemeinsam umsetzen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Vielen Dank, Herr Goiny! – Zu einer Kurzintervention hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Esser. – Bitte sehr!

[Torsten Schneider (SPD): Jetzt bekennt er sich zum Schallschutz!]

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werter Herr Goiny! Weil Sie Ihre Leistungen ansprachen, vor allem am Ende der Rede: Bei aller Liebe, aber ich finde nicht, dass man vor so einer Regierungskrise, wie Sie sie haben, dadurch weglaufen kann, dass man so arrogant auftritt. Das nützt da relativ wenig.

Wir haben Ihnen gestern zum Haushalt drei Dinge gesagt. Das Erste ist: Hätten wir das Flughafendesaster und den Bankenskandal nicht, dann wären wir in der Situation, dass dieser Haushalt im Plus wäre.

[Torsten Schneider (SPD): Das ist aber nicht Ihr Verdienst!]

Kommen Sie mir deshalb nicht mit Ihrer Absenkung der Neuverschuldung! Wir hätten dann einen ausgeglichenen Haushalt und sogar noch ein paar Millionen Euro für die Tilgung. Insofern ist das keine haushaltspolitische Großtat, kann es ja auch nicht sein.

Zweiter Punkt, den wir Ihnen deswegen gesagt haben: Wir erwarten – weil sich die positive Einnahmeentwicklung ja in Grenzen fortsetzt und nicht einfach nur konjunkturell ist, sondern viel mit Geld zu tun hat, das Sie in der Haushaltsaufstellung unterschlagen haben – dass Sie im nächsten Jahr einen ausgeglichenen Haushalt erreichen. Wir haben uns da keineswegs aus der Haushaltssanierung verabschiedet.

Wir haben Ihnen drittens aber natürlich vorgerechnet: Angesichts der Tatsache, dass Sie es nicht fertiggebracht haben – und das meine ich mit Regierungskrise –, bis heute eine Investitionsplanung vorzulegen, wie es Ihre rechtliche Pflicht wäre, weil Sie die Entscheidungen nicht treffen können, dass Sie mit den 444 Millionen Euro den Konflikt, das ICC zu sanieren, die Tierpark-Investitionen zu tätigen und auch noch Überschreitungen bei der Staatsoper zu schaffen, gar nicht hätten.

Und wir haben Sie darauf hingewiesen, dass die 15 Millionen Euro, die uns das jetzt an Zinsen dauerhaft kostet – weil Sie über die gesprochen haben –, durchaus ausreichen würden, um die in Ihren grünen Broschüren jetzt dankenswerterweise angekündigten Baumpflanzungen von jährlich 2 000 Bäumen zu finanzieren, dass es auch dazu ausreichen würde, Herrn Henkel dabei zu helfen, seine Polizisten zu finanzieren etc. Von finanzpolitische Unvernunft ist in dem Zusammenhang keine Rede. Es ist schlicht und einfach so, dass die unternehmerische Fehlleistung auf dem Flughafengelände fast eine halbe Milliarde Euro kostet, mit der man ansonsten anderes, Sinnvolleres, Besseres hätte machen können, was die Bürger dieser Stadt sich wünschen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Herr Goiny! Ich gehe davon aus, dass Sie antworten möchten. Bitte sehr!

Herr Kollege Esser! Dass Sie hier von Regierungskrise sprechen, ist der verzweifelte Versuch, davon abzulenken, dass es die größte Leistung der Fraktion der Grünen in dieser Wahlperiode war, wieder eine Doppelspitze zu haben. Man muss sagen, dass das ein vergleichsweise bescheidener Erfolg ist.

[Beifall bei der CDU – Zurufe von den GRÜNEN]

Ich habe Ihnen gerade die Leistungsbilanz und die Erfolge der Koalition in ersten Jahr vorgestellt. Die können sich sehen lassen. Sie setzen sich jetzt relativ clever an die Spitze der Bewegung, indem Sie sagen: Aber nächstes Jahr müsst ihr einen ausgeglichenen Haushalt präsentieren. – Na bravo! Wenn Sie den Kurs der Koalition jetzt verstanden haben, dass wir nämlich den Haushalt in Ordnung bringen wollen, und uns anspornen und mitmachen wollen, dann freuen wir uns. Im Widerspruch dazu stand allerdings – das hatte ich kritisiert –: Als es hieß, wir hätten Steuermehreinnahmen, haben Sie gleich die Wunschliste aufgemacht, statt zu sagen, wir sollten mit dem Geld den Haushalt konsolidieren.

Dass beim Flughafen Geld ausgegeben werden muss, finden wir nicht gut. Das habe ich bereits deutlich gemacht. Zur Fairness gehört aber auch zu sagen, dass ein erheblicher Teil dieser Kosten auch bei einer pünktlichen Eröffnung entstanden wäre, weil es ein Mehr an Flughafen gibt und wir uns alle gemeinsam – dazu habe ich jedenfalls noch keinen Streit bemerkt – für Lärmschutz für die Menschen im Umfeld einsetzen. Diese Kosten hätten wir ohnehin aus Steuergeldern tragen müssen.

Tatsächlich geht es nicht um eine halbe Milliarde Euro, Herr Esser, sondern um 110 Millionen Euro, über die wir als Verzögerungsschaden diskutieren.

[Joachim Esser (GRÜNE): Ach!]

Das ist doch ein Unterschied.

Wenn ich noch einmal daran erinnern darf: Wir haben alle die Wirtschafts-, Finanz- und Bankenkrise 2008 und 2009 in Erinnerung. Wir sehen auch, welchen Beitrag wir als Berliner leisten mussten und wie schwierig die Situation war. Sie gehören offenbar zu den wenigen, die glauben, dass, wenn wir die Bankgesellschaft Berlin noch gehabt hätten, diese die einzige öffentlich-rechtliche Bank in diesem Land gewesen wäre, die davon völlig unbehelligt gewesen wäre und wir nicht hätten als Land einspringen müssen. – Wie naiv ist das denn?

Die I-Planung – das hat Ihnen der Staatssekretär gestern erläutert – werden wir natürlich im Zusammenhang mit dem Haushalt vorlegen, weil wir dann das, was wir machen wollen, auch seriös finanzieren können. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Joachim Esser (GRÜNE): Weil Sie es nicht wissen!]

Vielen Dank, Herr Goiny! – Für die Piratenfraktion hat jetzt der Abgeordnete Herr Herberg das Wort. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde jetzt kein Märchen erzählen, wie Herr Goiny es von mir erwartet, sondern einfach nur die Fakten nennen, die wir kennen. Vorneweg muss man noch einmal deutlich sagen: Wir reden hier heute nicht nur über 444 Millionen Euro. Wir reden hier heute über ein Gesamtpaket. Dieses setzt sich aus den 444 Millionen Euro für den Flughafen, den 406 Millionen Euro Minderausgaben, die wir bei den Schulden haben, und dem gesamten Haushalt 2012/2013 zusammen, den Sie von der SPD und der CDU beschlossen haben und den wir von der Opposition abgelehnt haben. Dieses Gesamtpaket können wir als Opposition ohne Probleme ablehnen, denn unsere politischen Forderungen sind in dem Haushalt 2012/2013 und dem Nachtragshaushalt nicht abgebildet.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Udo Wolf (LINKE)]

Hier geht es nicht darum, dass wir den Flughafen nicht unterstützen, sondern darum, dass wir den von Ihnen aufgestellten Haushalt nicht unterstützen, und zwar auch nicht dadurch, dass wir ihn durch einen Nachtragshaushalt legitimieren.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Udo Wolf (LINKE)]

Ich freue mich natürlich extrem, dass wir Mehreinnahmen und Minderausgaben haben. Ich bezweifle aber, dass das aufgrund der Regierungszeit von SPD und CDU so ist. Ich gehe davon aus, dass es trotz dieser Tatsache so ist.

[Beifall bei den PIRATEN und den GRÜNEN]

Ich finde es bemerkenswert, dass Sie uns unterstellen, wir würden zur Verantwortungslosigkeit neigen. Auf der letzten Landesmitgliederversammlung der Piraten haben wir als Fraktion einen Antrag gestellt, dass wir als Landesverband Berlin für den Nachtragshaushalt stimmen wollen, weil wir die Verantwortung für den Flughafen und für die Stadt ernst nehmen.

[Beifall von Björn Eggert (SPD) und Sven Kohlmeier (SPD)]

Da können Sie gerne klatschen.

Wir haben auf den Antrag eine klitzekleine Auflage gepackt. Diese klitzekleine Auflage besagt nur: Wir wollen wissen, woher die Einnahmen dafür kommen und wohin das Geld geht. Woher das Geld kommt, wissen wir jetzt. Wir haben mehr Steuern und weniger Ausgaben bei den Schulden. Super! Das ist geklärt. – Wohin geht das Geld? Das ist hier nicht geklärt worden. Wir haben immer noch keinen Businessplan. Wir wissen immer noch nicht, wo der Umsatz pro Fluggast liegt. Wir kennen den Zeitplan für eine Refinanzierung dieses Flughafens noch nicht. Wir wissen auch immer noch nicht, wie die Schätzungen beispielsweise zu den Entschädigungen und Klagen aussehen. Sie konnten uns das noch nicht einmal im Vertraulichen sagen. Wir erwarten nicht, dass Sie es in der Öffentlichkeit sagen. Wir wollen nur, dass Sie es wenigstens uns einmal sagen, damit wir als Politiker entscheiden können, ob wir zustimmen können. Sie gewähren uns nicht einmal diese Information. Wie sollen wir das ohne diese Information beschließen?

[Beifall bei den PIRATEN]

Außerdem bin ich extrem wütend über die Gleichgültigkeit und das extreme Vertrauen der Koalition in die Flughafengesellschaft und den Senat. – Herr Schneider! Sie können jetzt zuhören!

[Torsten Schneider (SPD): Ich höre gerne zu!]

Durch diesen Nachtragshaushalt und die Rückstellung geben wir diese 444 Millionen Euro frei. Sie sind nicht bereit gewesen, Auflagenbeschlüsse oder sonstige Beschlüsse zu fassen, um diese Mittel bei uns im Haus zu behalten, wodurch die Flughafengesellschaft bei uns hätte antanzen müssen, wenn sie Geld braucht. Wenn der Flughafen Geld braucht, geben wir es. Wir geben ihm aber keinen Blankoscheck. Sie haben das mit den 444 Millionen Euro getan.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Es wurde schon angesprochen: Gestern sind Sie zu Höchstleistungen aufgelaufen. Das haben wir im Juni schon einmal erlebt. Ich glaube, die Ernst-BuschHochschule ist bei Ihnen im Kopf eingebrannt worden, damit Sie an dieser Stelle jedes Mal sofort ausrasten müssen. Es kam nämlich wieder dazu, dass jeder Cent exakt umgedreht wurde. Sie waren wieder nicht bereit, zum Beispiel beim Tierpark eine Investitionsplanung zu machen. Es ist alles auf die Jahre 2014/2015 verschoben worden. Aus meiner und der Sicht der Piratenfraktion ist das an der Stelle einfach nur unglaubwürdig, wenn Sie dann beim Flughafen keine Auflagenbeschlüsse machen.

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN – Beifall von Ajibola Olalowo (GRÜNE)]

Wir haben später noch den schönen Tagesordnungspunkt 14 C. Das ist der Antrag von SPD und CDU „Höhere Genauigkeit bei der Ermittlung des Kostenrahmens bei öffentlichen Baumaßnahmen“. Darüber haben wir uns

gestern auch unterhalten. Ich fasse einmal kurz den Unterpunkt 2 zusammen: Der Posten Unvorhergesehenes soll in Zukunft direkt bei der Bauplanung hineingeschrieben werden. Das heißt, Sie wissen nicht, wie viel es kosten wird, und schreiben einfach hinein, einen bestimmten Betrag X wird es wahrscheinlich teurer werden. Das haben Sie gestern beschlossen. Das werden Sie heute wahrscheinlich auch tun. Wo ist denn dieser Posten Unvorhergesehenes bei den 444 Millionen Euro eingepreist? Wo ist das herausgerechnet? Wo können wir sehen, dass es am Ende so viel teurer wird? Das haben Sie nicht gemacht. Vielen Dank dafür!

[Beifall bei den PIRATEN]

Darf ich Sie kurz unterbrechen?

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Könnten Sie bitte Ihre Murmelgruppen nach draußen verlagern! Das wäre richtig gut. Dann könnten nämlich alle anderen dem Redner lauschen.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Wenn ich das alles berücksichtige, habe ich persönlich ein Problem damit, dass ich nicht daran glaube, dass das Verantwortungsbewusstsein der Koalition, des Senats und des Aufsichtsrats so groß ist, dass ich Ihnen einfach so 444 Millionen Euro gebe. Das habe ich einfach nicht. Ich vertraue Ihnen an der Stelle nicht. Deswegen kann ich hier auch guten Gewissens gegen diesen Nachtragshaushalt stimmen.

Ich komme noch einmal auf die insgesamt 850 Millionen Euro im Nachtragshaushalt zurück. Es wurde von den Grünen und den Linken schon einmal angesprochen. Ich finde es extrem schade, dass über die Hälfte davon direkt für Versagen draufgeht und wir nur über die andere Hälfte reden können. Denn – das ist auch Beschlusslage bei den Berliner Piraten – wir finden es nicht in Ordnung, wenn das finanzpolitische Ziel Neuverschuldung allem anderen übergeordnet wird. Wenn die Neuverschuldung wichtiger ist als das Essen von Kindern, die Schulbildung, Investitionen in Straßen und Infrastruktur, wenn sie allem anderen übergeordnet wird, kann ich das nicht akzeptieren. – Vielen Dank!

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]