Er wollte von mir ja mal hören, was auf der Ebene von Zahlen und Haushaltspolitik an dieser Sache zu machen ist. Dasselbe gilt hier beim Finanzbedarf des Flughafens, das ist doch genauso ein Schmierzettel, diese 1,2 Milliarden Euro!
Da muss man doch erst einmal überprüfen, ob die in der ganzen Höhe überhaupt notwendig sind, und auch umgekehrt, ob sie reichen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Esser! Jetzt haben Sie ja mal ein paar Zahlen eingefordert und genannt,
die im interessanten Widerspruch stehen zu dem, was Sie zunächst gesagt haben. Entweder sind Sie bereit, an der Finanzierung dieser Mehrkosten mitzuwirken, oder Sie sind es nicht.
Hätten Sie vorhin unserem Fraktionsvorsitzenden zugehört – der hat darauf hingewiesen, dass wir gesagt haben, wir möchten keine Neuverschuldung zur Finanzierung dieser Mehrkosten. Das halten wir ein. Jetzt höre ich von Ihnen, von diesen Mehreinnahmen hätten wir aber neue
schöne Sachen bezahlen können. Das finde ich erstaunlich. Wir haben gesagt, wir wollen damit die Neuverschuldung senken, und wir werden das mit dem, was an Mehreinnahmen in diesem Jahr noch fließt, auch tun. Einen erheblichen Teil davon müssen wir allerdings zur Finanzierung der Mehrkosten für den Flughafen einsetzen. Alles, was Sie sonst an Sparvorschlägen oder Strukturierungsvorschlägen haben, das können Sie auf den Tisch des Hauses legen, dann können wir darüber diskutieren.
Die Frage aber, ob Sie bereit sind, die Mehrkosten für den Flughafen, für Lärmschutz und Verzögerungsschäden mitzutragen, die haben Sie heute weiterhin nicht beantwort. Was die Umsetzung betrifft, so ist es doch in der Tat so, dass der Finanzsenator deutlich gemacht hat, dass wir das in eine Rücklage packen, wir geben das nicht der Flughafengesellschaft. Wir gucken uns an, wofür das Geld benötigt wird, und dann wird es bedarfsgerecht und nach der Notwendigkeit auch ausgegeben. So verstehen wir solide Haushaltspolitik, und so sind wir auch nur bereit, das mitzumachen.
Es ist schon bezeichnend, wenn Sie hier pauschale Statements abgeben und sagen: Das machen wir alles so nicht mit –, und dann über Dinge schwadronieren, die möglicherweise an anderer Stelle im Haushalt falsch laufen, sich aber damit konkret vor der Antwort für die Fraktion der Grünen drücken, ob Sie bereit sind, sich zum Flughafen zu bekennen
und diese Kosten, die für Lärmschutz und mehr am Flughafen entstehen, mitzutragen. Dazu haben Sie weiterhin keine Antwort gegeben, und das ist bezeichnend für die Politik der Grünen in diesem Land. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Goiny! – Für die Linksfraktion hat nun die Abgeordnete Frau Dr. Schmidt das Wort. – Bitte sehr!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordneten! Vielleicht können wir die Debatte so führen, wie es sich im Plenum gehört, und im Hauptausschuss streiten, ich freue mich darauf. Vielleicht kommen wir dann mal zu einer Untersetzung und zu konkreten Zahlen. Bis jetzt haben wir zumindest keine!
Nun wissen wir ja, dass Herr Finanzsenator Nußbaum ein Verfechter von Linien ist. Über die gesamten Haushaltsberatungen hing das Damoklesschwert der 0,3-prozentigen Ausgabelinie wie ein politisches Mantra. In Wahrheit lag die Ausgabelinie am Ende bei 2,6 Prozent, nach Adam Riese ein bisschen mehr als 0,3 Prozent.
Eine zweite Linie ist die des Zeitdrucks und der Trickserei, die jetzt mit dem Nachtragshaushalt noch verschärft wird.
Es vergehen gerade mal fünf Tage von der Aufsichtsratsitzung über die Beschlussfassung im Senat bis zur ersten Lesung im Plenum, und es geht eben nicht um Peanuts, es geht nicht um einen Blankoscheck von 444 Millionen Euro für den Weiterbau des Flughafens. Die Gemeinsamkeit zwischen den Vorgängen Flughafendesaster und Nachtragshaushalt ist nicht, dass das eine der Auslöser für das anderen wäre – schlimmer noch, beides ist Pfusch am Bau! Dass in diesem Jahr mehr Einnahmen in den Landeshaushalt fließen als im Haushaltsplan ausgewiesen sind, das haben wir schon während der Haushaltsberatungen nachgewiesen. Doch Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von SPD und CDU, waren nur halbherzig bereit, diese Mehreinnahmen auch korrekt im Haushalt aufzunehmen. Im Statusbericht Ende Juli, also nur fünf Wochen später, haben Sie die Einnahmen in Gänze zugegeben.
In eben diesem Statusbericht wurden die Steuereinnahmen des Landes für das laufende Jahr mit 11 243 000 000 Euro prognostiziert – exakt der Betrag, der auch im Haushaltsplan vorgesehen ist. Stolz hatte die Finanzverwaltung in den Haushaltsberatungen verkündet, dass die veranschlagten Einnahmen der Steuerschätzung entsprechen, auch entsprechen müssen, weil der Arbeitskreis Steuerschätzungen als wissenschaftlicher Beirat beim Bundesfinanzministerium das Steueraufkommen von Bund, Ländern und Gemeinden regelmäßig einschätze. Sechs Wochen nach diesem Statusbericht – und ohne neue Steuerschätzung auf Bundesebene – verkündet der Finanzsenator nun, dass das Steueraufkommen bei der Umsatzsteuer 250 Millionen Euro höher liegen werde, und er schreibt es auch gleich mal in den Haushalt, ohne Rücksicht auf die Abrechnungssystematik des bundesweiten Steuerverbundes.
Ihren Höhepunkt findet die Trickserei im Nachtragshaushalt in der Veranschlagung von pauschalen Mehreinnahmen, die keine Steuereinnahmen sind. Der Statusbericht sechs Wochen vor dem Nachtragshaushalt hatte Mehreinnahmen von 325 Millionen Euro prognostiziert, von denen allerdings 277 Millionen Euro aus der erhöhten
Davon waren 92 Millionen Euro im Haushalt bereits veranschlagt, das war ja das Entgegenkommen an unseren Antrag. Die anderen rund 165 Millionen Euro werden aber zum Ausgleich der Überschreitung der bezirklichen Transferausgaben benötigt, also Kosten der Unterkunft, die Sie nicht bereit waren zu veranschlagen. Blieben laut Statusbericht nicht einmal 50 Millionen Euro freie Mehreinnahmen. Darin waren all die schönen Dinge, die nun genannt werden – Abschöpfung von Gewinnen aus einem Strafverfahren, EFRE-Erstattungszahlungen, Rückflüsse von Wohnungsbauförderdarlehen, Vermögensaktivierung – schon enthalten. Trotzdem waren es saldiert nur 48 Millionen Euro, weil es eben auch Mindereinnahmen im Jahr 2012 geben wird – die will ich nicht aufzählen. Nun haben sich diese pauschalen Mehreinnahmen binnen sechs Wochen auf 109 Millionen Euro mehr als verdoppelt! Und da ist kein zweiter Fall von bestrafter Börsenspekulation dazugekommen, das ist nicht Magie, das ist einfach Quatsch!
[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Heiko Herberg (PIRATEN)]
Entweder war der Statusbericht falsch, oder die Veranschlagung dieser pauschalen Mehreinnahmen im Nachtragshaushalt ist höchst unsolide. Ich gehe davon aus, es ist eine Mischung aus beidem.
Der Nachtragshaushalt ist technisch so schlecht gemacht, dass man sich schütteln möchte. Sicherlich vorhandene Steuermehreinnahmen werden nicht – wie es die LHO verlangt – nach ihrer Quelle getrennt veranschlagt, sondern im Sammeltitel, Herr Esser hat es bereits gesagt. Mehreinnahmen werden gleich pauschaliert, weil ihre Herkunft eben nur in Teilen nachvollziehbar ist. Mindereinnahmen werden – obgleich bekannt – nicht angepasst. Und das Ganze, um in der Summe und mit möglichst wenig Aufwand auf 444 Millionen Euro zu kommen – was für ein Wunder!
Das alles erinnert sehr an überbelegte Kabelschächte, an nicht funktionierende Meldeanlagen und 800 Komparsen, die die Brandschutztüren im Notfall mit der Hand offenhalten sollten.
Und auch wenn ich zutiefst Atheistin bin, wünsche ich diesem Haus: Gott schütze dieses Haus vor Feuer, Finanzbeamten und der Steuer! – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Dr. Schmidt! – Für die Piratenfraktion hat nun der Abgeordnete Herr Baum das Wort. – Bitte sehr!
Sehr geehrte Präsidentin! Geehrte Kollegen! Liebe Gäste! Ich muss kurz noch mal nachschauen: Da steht ja Nachtragshaushalt. Herr Goiny hat fast den Eindruck erweckt, als würden wir uns längere Zeit einfach nur mal mit den Grünen oder mit Herrn Esser beschäftigen wollen, als ob die hier etwas vorgelegt hätten. Aber nein, eigentlich ist es ein Nachtragshaushalt Ihrer Koalition – da wundert man sich doch, warum Sie soviel Redezeit auf Herrn Essers Information zu den Zahlen verwenden.
Mit diesem Nachtragshaushalt machen Sie insgesamt eine Wette auf die Zukunft auf. Nichts davon ist im Moment wirklich handfest abzusehen. Sie sagen eben, dadurch, dass das politisch so gewollt ist – weil Sie keine Neuverschuldung machen wollen –, ist jetzt auf einmal das Geld da. Und deswegen wird das jetzt erst mal so hingerechnet. Aber man sieht ganz klar: Es kommt eben nicht dadurch zustande, dass auf einmal neue Erkenntnisse vorliegen, sondern weil Sie diese Zahlen so haben wollen. Und dann wird geguckt, wo sich das findet.
Herr Nußbaum! Wenn Sie das hier so vortragen, erwecken Sie den Eindruck, als ob das alles nicht so schlimm sei. Es heißt: Ja, man kriegt das schon irgendwie hin. Wir machen keine neuen Schulden, und deswegen ist das alles in Ordnung. – Das ist es aber gerade nicht, denn das Geld fehlt an vielen anderen Stellen, wie wir heute schon gesehen haben. Und wenn dieses Geld tatsächlich kommt, könnte es auch zum Schuldenabbau verwendet werden. All das verhindern Sie aber dadurch, dass Sie die Bürger in die Pflicht nehmen und sagen: Für das politische Fehlverhalten und falsche Handeln, was hier irgendwo vorliegt, muss auf einmal der Steuerzahler herhalten und es bezahlen – 444 Millionen Euro.