Protocol of the Session on June 14, 2012

Wir haben in den sechs Monaten noch nicht alles lösen können.

[Uwe Doering (LINKE): Neun Monate!]

Herr Kollege Nolte hat darauf hingewiesen, es gibt noch Risiken, die uns in den kommenden Jahren bevorstehen. Der Haushalt läuft aus unserer Sicht für dieses und nächstes Jahr gut, aber wir haben das Problem, dass wir – das ist gesagt worden – von der wirtschaftlichen Lage in Europa und der Welt ein Stück abhängig sind.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Eines der größten Risiken heißt hier Goiny!]

Insofern muss man sehen, wie sich das weiterentwickelt.

Wir werden uns auch mit den anstehenden weiteren Investitionsmaßnahmen der Koalition beschäftigen. Wir werden hier dafür sorgen, dass in dieser Stadt in den nächsten Jahren investiert wird.

Dann noch ein Wort zum Thema Nachtragshaushalt. Das tragen die Oppositionsfraktionen wie eine Monstranz vor sich her. Der Haushalt hier ist solide, er ist durchgerechnet,

[Lachen bei den GRÜNEN]

und er wird Bestand haben. Wenn ein Nachtragshaushalt wegen BER erforderlich sein sollte, dann werden wir darüber reden und haben dann auch im Parlament die Gelegenheit, darüber zu beraten. Andere Spekulationen können Sie sich an dieser Stelle schenken.

Ich möchte noch ein Wort des Dankes sagen, weil das Thema Bundesregierung heute genannt wurde. Ich möchte anerkennen, dass wir durch den Bund zahlreiche Finanzierungen für diverse Projekte in dieser Stadt haben. Nur um als Beispiel zu nennen: Fast 40 Prozent der Ausgaben für Kultur in Berlin werden vom Bund bezahlt. Das zeigt ein wichtiges Engagement der Bundesregierung für diese Hauptstadt. Dafür mein herzliches Dankeschön.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Wir haben inhaltliche Weichenstellungen in dieser Koalition vorgenommen. Das ist in einigen Teilen auch eine Neuausrichtung und Fortsetzung der SPD-Politik in dieser Stadt, und wir haben auch die Handschrift der CDU in diesen Haushalt geschrieben. Das ist ein Beitrag, den wir geleistet haben.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Nennen Sie mal einen!]

Herr Kollege Albers! Wenn Sie heute den ganzen Tag auch nur halbwegs zugehört haben, dann haben die Fachpolitiker der Koalitionsfraktion das in exzellenter Weise herausgearbeitet.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Machen Sie das doch mal konkret!]

Ich nenne nur die Themen Hortbetreuung, Arbeitsmarktpolitik, Charité, Kooperation mit MDC,

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Ja, gerade Charité! Bleiben Sie bei der Charité! Was ist mit dem MDC?]

Stärkung der Bezirke, Investitionen, Bäder, Musicboard, Aufstockung der Mittel für das Medienboard, mehr Mittel für die freie Kulturszene, mehr Mittel für die Boulevardtheater, Entscheidung für die TVO und die A 100, Nachnutzung für Tegel, Tarifanpassung bei den Zuwendungsempfängern, Musikschulen, Mindestlohn, mehr Stellen für Polizei und Feuerwehr, mehr Kontrolle und Hilfe bei der Pflege, mehr Kitaplätze. Ich kann das noch eine Weile fortsetzen, wenn Sie gern möchten.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Ja, machen Sie mal!]

Das möchte ich zwar Ihnen gern antun, aber nicht den Kollegen, weil die das alles im Gegensatz zu Ihnen verstanden haben.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Wir haben auch strukturelle Weichenstellungen in diesem Haushalt vorgenommen: Wir haben die Neuverschuldung gesenkt, wir haben – das ist heute noch gar nicht erwähnt worden – wichtige Weichenstellungen zur Leistungsfähigkeit des Personals im Land Berlin vorgenommen mit einem Personalkonzept, das wir auf den Weg gebracht haben, wir haben dafür gesorgt, dass Auszubildende und Anwärter künftig übernommen werden, um den demografischen Wandel auch in der Berliner Verwaltung abzudecken, und wir haben beim Thema IT einen wichtigen Antrag mit auf den Weg gebracht, wir wollen uns um die Ineffizienz bei Baukostensteigerungen und Controlling kümmern, wir haben die Liegenschaftspolitik mit einer Neuausrichtung aufgerufen, wir kümmern uns um soziale Wohnungspolitik, und wir werden das Thema BIH/Wasser in entsprechend effizienter Weise als Koalition in den nächsten Monaten lösen.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Sie haben nur Probleme benannt, keine einzige Lösung!]

Sie sehen also, es gibt gewisse Einzel-Richtungsentscheidungen, es gibt politische Weisenstellungen, und insofern haben wir eine richtige Politik mit diesem Haushalt aufgerufen. Ich könnte das, wie Herr Albers das möchte, gern fortsetzen, aber wir Haushälter sind sparsam, und ich spare den Kolleginnen und Kollegen 15 Minuten Lebenszeit, damit sie heute eher nach Hause kommen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Vielen Dank! – Als Nächstes für die Fraktion Die Linke Frau Dr. Schmidt! – Bitte schön!

[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Herr Dr. Albers! Jetzt hat Frau Dr. Schmidt das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie uns endlich über das Haushaltsgesetz sprechen und nicht mehr über die Koalitionsvereinbarung mit den vielen Versprechungen!

[Beifall bei der LINKEN – Zuruf von den PIRATEN: Versprechern!]

Anstrengende Wochen intensiver Haushaltsberatungen liegen hinter uns, Anlass für Resümee, aber auch Anlass, Danke zu sagen. Da schließe ich mich gern dem an, was heute schon vielfach gesagt wurde. Namen sind genannt worden. Ich denke, das Danke ist redlich verdient.

[Beifall von Udo Wolf (LINKE)]

Doch vor allem haben wir heute eine große Verantwortung. Schließlich wird der Haushalt, der heute beschlossen werden soll, die Politik des Landes für die nächsten zwei Jahre bestimmen.

Mit welchen Absichten und Zielen sind Koalition und Senat in diese Beratungen gegangen? – Erstens: Das Land Berlin wird ab dem Jahr 2016 keine zusätzlichen Kredite mehr aufnehmen und die Schuldenbremse einhalten. Zweitens: Um die Neuverschuldung schnellstmöglich zurückzuführen, wird der durchschnittliche Ausgabenzuwachs von jährlich 0,3 Prozent nicht überschritten. Die Haushaltsberatungen der vergangenen Wochen haben unter diesen Vorgaben gelebt und vor allem gelitten. Ob das Land Berlin schon 2016 keine zusätzlichen Kredite mehr aufnehmen wird, kann heute noch niemand seriös sagen, aber ob das jährliche Ausgabevolumen nur um 0,3 Prozent wächst, das haben wir für 2012 und für 2013 schon kräftig widerlegt.

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Wer eine solche Linie vorgibt, wird zur Kenntnis nehmen müssen, dass seine Linie und das wirkliche Leben nur flüchtige Bekannte sind. Doch weder Senat noch die Koalition haben sich davon beirren lassen und das ganze haushälterische Instrumentarium eingesetzt, um die Linie, koste es, was es wolle, auch zu halten.

Zum einen wurden die Ausgaben bis über die Grenze der Rechtmäßigkeit heruntergerechnet und -getrickst. Sichere Mehreinnahmen des Bundes für Grundsicherung wurden als pauschale Minderausgaben in den Haushalt geschrieben. Die Kosten der Unterkunft finden sich gleich gar nicht wieder. Die erhöhten Zuschüsse für das Schul- und Sportanlagensanierungsprogramm sollen von der BIM bewirtschaftet werden. Dafür kann man die Bauinvestitionen gleich mal pauschal kürzen. Und ob die Steuerungsreserve für Transferausgaben in den Bezirken tatsächlich sachgerecht ausgestattet ist, das wird das Überraschungsei zu Ostern sein.

Die wirklich wichtigen Entscheidungen für diese Stadt werden nicht angegangen. Die Koalition verbietet es sich weitgehend, Schwerpunkte zu setzen, um die Linie zu halten. Wenn es denn unbedingt sein muss, ein inhaltliches Zeichen zu setzen, geschieht das ausschließlich symbolisch und ohne Mittel.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Stefanie Remlinger (GRÜNE)]

So werden 250 Stellen für die Polizei in den Haushalt geschrieben, ohne dass es 250 zusätzliche Polizisten geben wird, denn die Stellen können weder besetzt werden noch sind sie finanziert.

[Beifall bei der LINKEN – Christian Goiny (CDU): Sie haben es immer noch nicht verstanden!]

Das selbst verschuldete Dilemma der Koalition spiegelt sich auch bei den Bezirken wider. Die selbst ernannten Bezirksfreunde von SPD und CDU haben jetzt die versprochenen 50 Millionen Euro mehr für die Bezirke beschlossen. Die parteiübergreifende Forderung aller Bezirksbürgermeister und -meisterinnen aus dem Sommer 2011 nach einer Erhöhung der Bezirkszuweisungen um 111 Millionen Euro wurde ohne Argumente von der Koalition vom Tisch gewischt. Nach deren Auffassung decken die höheren Zuweisungen bei den Transferleistungen ausreichend den Bedarf der Bezirke. Da wurde die 100-prozentige Basiskorrektur für die steigenden Fallzahlen in der Kitabetreuung für 2013 gleich einmal ganz abgelehnt.

[Torsten Schneider (SPD):Wo steht das denn?]

Bleibt die Forderung der Linksfraktion nach Gleichbehandlung von Bezirken und Hauptverwaltung und die Umsetzung der Versprechen aus der Koalitionsvereinbarung, also ein Mehr für das Personal in den Bezirken von 70 Millionen Euro in den nächsten beiden Jahren. Doch selbst dieses Mindestmaß an Gleichberechtigung haben SPD und CDU abgelehnt. Stattdessen legen Sie uns jetzt ein Personalkonzept für die Bezirke vor, das sich überwiegend auf die Hochrechnung des Personals anhand der Einwohnerzahl reduziert. Nebenbei werden die Bezirke dabei angehalten zu privatisieren – selbst wenn es unwirtschaftlich ist. Da fragen wir uns doch, ob dies die neue Linie nach dem angeblichen Linksruck der SPD ist. Herr Saleh! Herr Schneider! Geht es darum? Privatisierung als Markenzeichen der neuen linken Volkspartei? Die Linksfraktion jedenfalls lehnt Privatisierungen öffentlicher Aufgaben ab.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Gerwald Claus-Brunner (PIRATEN) und Fabio Reinhardt (PIRATEN)]

Jede weitere Kürzung im Personalbereich zulasten bürgernaher Dienstleistungen ist eine Entscheidung gegen die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt.

Mehr Geld für die Schul- und Sportanlagen in den Bezirken – so weit, so gut, aber warum wird den Bezirken nun die Kompetenz abgesprochen, diese Mittel ebenfalls zu bewirtschaften? Warum soll die BIM hierfür besser geeignet sein? Ist das der Einstieg aus dem Ausstieg der bezirklichen Schulträgerschaft? Ein verheerendes Signal in die Stadt ist die Ablehnung der SPD und vor allem der CDU, diese nun erhöhten Mittel auch für den barrierefreien Ausbau von Schulen einzusetzen. Verehrte Damen und Herren von der Koalition! Inklusion ist nun einmal nicht kostenneutral zu haben.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Andreas Baum (PIRATEN) und Gerwald Claus-Brunner (PIRATEN)]

Eine wahre Posse war das Verhalten der Koalition bei den Entscheidungen zur Hochschule für Schauspielkunst. Ausgerechnet hier wollte die SPD – und will sie immer noch – ein Exempel für stringent einzuhaltende Kostenobergrenzen statuieren. Vor dem Hintergrund der unzähligen Blankoschecks für die ICC-Sanierung, IGA, IBA und all dem anderen, was heute schon genannt worden ist, habe ich mich hier fremdgeschämt über so viel geballte Unzuverlässigkeit.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]