Vor diesem Hintergrund wird die Vogel-Strauß-Politik zum Thema Lärmschutz betrieben. Das erfolgte sowohl unter Rot-Rot als auch bei Rot-Schwarz. Es gibt keinen Fluglärm mehr, wenn Tegel und Tempelhof geschlossen sind, also ist das ab Juni so. Wenn man so an das Problem herangeht, kann man nachvollziehen, dass es Rot-Rot komplett egal ist, was mit den Fluglärmbetroffenen insbesondere im Süden Berlins passiert.
Herr Doering! Sie sollten sich vielleicht mal ein bisschen umhören. Im Süden Berlins – in Bohnsdorf, Müggelheim, Karolinenhof, Schmöckwitz und Hessenwinkel – wohnen die Menschen, die vom Fluglärm betroffen sind, die Anspruch auf Ausgleichsmaßnahmen, auf das passive Schallschutzprogramm haben. Das wird konsequent vom Senat ignoriert, dass diese Menschen Unterstützung brauchen, um diese Maßnahmen umzusetzen.
Herr Doering! Sie können noch lauter schreien. Wenn Sie eine Frage haben, können Sie die gern an mich richten. Ansonsten sollten Sie vielleicht mal zuhören.
Sie haben ja gesagt, Sie wissen nichts von Berechtigten dort vor Ort. Da sollten Sie jetzt einfach mal zuhören.
Es gibt dort 8 100 Berechtigte. Davon haben bisher nur 3 900 einen Antrag auf passiven Schallschutz gestellt, und nur 958 haben eine Kostenerstattungsvereinbarung geschlossen.
Ich habe den Senat im Umweltausschuss gefragt, ob er sicherstellen kann, dass die gesetzlichen Grenzwerte – 55 Dezibel – in Innenräumen eingehalten werden. Was hat er darauf schriftlich geantwortet? – Ja, er sieht hier Klärungsbedarf. Er sieht hier sogar dringenden Klärungsbedarf, weil dieser Lärmschutz in Innenräumen nicht eingehalten werden kann. – Aber was tut er? – Er verweist einfach auf die Zuständigkeit von Brandenburg und auf die Zuständigkeit der Flughafengesellschaft. Das ist perfide und ein vollkommenes Ignorieren der Lärmschutzbelange der Bürgerinnen und Bürger vor Ort.
Wenn man sich die Gesamtbilanz anschaut, wonach bisher erst 4 Prozent der Betroffenen eine Lärmschutzmaßnahme umgesetzt bekommen haben, dann muss man sich doch sagen, dass das eine mehr als miserable Bilanz ist. Dann muss man doch auch mal in der Eigenschaft als Eigentümer etwas unternehmen. Das Land Berlin ist Eigentümer an der Flughafengesellschaft, und das Land Berlin hat natürlich nach wie vor die Zuständigkeit für den Lärmschutz für die eigenen Mitbürgerinnen und Mitbürger. Da muss man sich doch mal fragen: Was läuft hier schief?
Herr Doering! Jetzt können Sie mal zuhören, dann lernen sie wieder etwas dazu. Die Bürgerinnen und Bürger, die vor Ort betroffen sind, wollen im Moment zum Teil nicht dieses Risiko eingehen, Vereinbarungen zu unterschreiben, weil sie nicht wissen, auf welcher Basis diese Vereinbarungen abgeschlossen werden. Sie wollen nicht das Risiko eingehen, dass man sie nachher mit dem Risiko der Lärmbelastungen vor Ort sitzen lässt. Dass Sie das konsequent ignorieren, ist schon mehr als perfide.
Die Bürgerinnen und Bürger brauchen vor Ort eine bürgerfreundliche Beratung. Sie brauchen weniger Bürokratie und eine besser Beratung, damit sie die Möglichkeiten wenigstens ausschöpfen können. Ich sage ganz deutlich: Die rot-rote Koalition schwärmt uns immer etwas von Großprojekten vor – ob Autobahnbau oder Großflughafen.
Sie haben das auch mitgetragen. Rot-Schwarz insbesondere, aber Rot-Rot hat diese Politik auch mitverfolgt.
Aber gleichzeitig lassen Sie die Bürgerinnen und Bürger da hängen, wo diese Projekte auch mit Lärm verbunden sind.
Wachen Sie jetzt endlich auf, und denken Sie darüber nach, dass die Großprojekte, von denen Sie träumen, auch mit Lärmbelastungen verbunden sind und dass die Bürger auch ein Anrecht auf einen Lärmschutz haben! Kriegen Sie endlich den Hintern hoch, und unterstützen Sie die Bürger mehr, damit endlich konsequent Lärmschutzmaßnahmen umgesetzt werden!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das kann ich ja kaum noch überbieten. Das hatte schon etwas Folkloristisches. Ich erinnere Sie daran, wer damals für Sperenberg war und wer damals gegen Sperenberg war. Sie wollten Lurche und Bäume schützen, statt Sperenberg zu nehmen. Daran erinnere ich Sie.
Mit der Drucksache „Schallschutzprogramm exakt und zeitnah umsetzen“ ist wieder mal unser Flughafen – und ich sage bewusst: unser Flughafen Willy Brandt International – im Blickpunkt der Debatte. Dieser Flughafen – das haben Sie vergessen, daran sollten Sie sich aber grundsätzlich bei jeder Debatte erinnern – bringt unserer Stadt Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum.
Nein, keine Zwischenfrage! – Auch diesmal betonen die Grünen in diesem Hause, wie unwichtig und unbe
deutend für sie dieses große Infrastrukturprojekt in der Region Berlin-Brandenburg ist. Ich will hier nur noch mal darauf hinweisen: Es handelt sich eben nicht um einen Wald- und Wiesenflugplatz, auf dem nur Segelflieger starten und landen. Der Flughafen – das hat Klaus Wowereit heute Vormittag gesagt – wird eine Erfolgsgeschichte, und da gebe ich ihm recht.
Bei aller Kritik muss auch mal gesagt werden: Es ist bedauerlich, aber ein solcher Flughafen macht Lärm. Es gibt keine Infrastrukturprojekte, die leidenschaftslos in der Landschaft liegen.
In diesem Fall sprechen wir über die Lärmbelastungen für die Bürgerinnen und Bürger in der Region. Wir Sozialdemokraten haben uns in beiden Ländern für den größtmöglichen Schutz der Betroffenen eingesetzt. Kürzlich hat der „Tagesspiegel“ den Stand der Umsetzung des Lärmschutzprogramms thematisiert. Das ist wahrscheinlich der Grund, warum die Grünen jetzt plötzlich noch mal diesen Antrag nachschieben. Aber ich sage dazu gleich: Die Zuständigkeit liegt nicht im Land Berlin. – Ich wiederhole das auch gern noch mal für diejenigen, die nicht zuhören können: Die Zuständigkeit für die Umsetzung der Lärmschutzmaßnahmen liegt nicht im Land Berlin, sondern bei der Flughafen GmbH.
[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Das ist doch trotzdem ein Problem! – Sabine Bangert (GRÜNE): Jetzt diese Zuständigkeitsnummer! – Weitere Zurufe von den GRÜNEN]
Hierzu muss man mal die Zahl der Betroffenen nennen. Die Kleine Anfrage von Frau Kollegin Vogel aus Köpenick, die Sie wahrscheinlich zitiert haben, ohne die Quelle zu nennen, benennt die Zahl der Betroffenen: 8 100!
3 900 haben formell Anträge gestellt, und nach der technischen Beratung gemeinsam mit einem Ingenieurbüro wird darüber beraten, was tatsächlich als Lärmschutz notwendig ist. Es wird eine sogenannten Kostenerstattungsvereinbarung getroffen. Das ist ein privatrechtlicher Vertrag zwischen einem Eigentümer und der Flughafen GmbH. Aufgrund dieser Kostenerstattungsvereinbarung werden dann die baulichen Maßnahmen für den Lärmschutz umgesetzt. Wahrscheinlich sind erst 303 Lärmschutzmaßnahmen umgesetzt worden, weil – und ich zitiere erneut die Kleine Anfrage – die Auftragsabwicklung einschließlich der Entscheidung zum Baubeginn im Ermessen des Eigentümers liegt. Möglicherweise irritiert so manchen Bürger, dass die Grünen nun Entschädigung derjenigen fordern, die die Schallschutzmaßnahmen nicht beantragt und nicht umgesetzt haben. Im Fußball nennt man das ein Eigentor, hier in der Politik würde ich das absichtliche Irreführung nennen.
Liebe Berlinerinnen und Berliner! Bitte beantragen Sie zügig die Ihnen rechtlich zustehenden Lärmschutzmaßnahmen, und lassen Sie sich nicht von den Grünen für dumm verkaufen!
[Beifall bei der SPD und der CDU – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Können Sie das noch mal erklären, damit ich es verstehe?]
Ich sage Ihnen: Wenn Sie tatsächlich glauben, dass Sie die Anwohner mit Entschädigungen schützen statt mit praktischen Lärmschutzmaßnahmen, dann ist das Unfug und ein Für-dumm-Verkaufen der Bürgerinnen und Bürger.
Na, das war die Frage von Herrn Dr. Albers, und die habe ich beantwortet. Diese Zwischenfrage habe ich ja per Zwischenruf zugeworfen bekommen.