Protocol of the Session on March 17, 2011

Bitte, Frau Senatorin Lompscher!

Das heißt, dass das damals Diskutierte in ein konsolidiertes Gesamtprogramm eingeflossen ist, das in seiner Wirkung die gleichen Ziele verfolgen wird.

Danke schön, Frau Senatorin!

Jetzt ist der Kollege Behrendt mit einer Frage an der Reihe. – Bitte!

Danke schön, Herr Präsident! – Ich habe eine Frage an den Regierenden Bürgermeister: Die Ministerpräsidenten der Länder haben sich in der letzten Woche verständigt, den Sportwettenmarkt zu liberalisieren. Können Sie darlegen, was Berlin bewegt, dort mitzutun? Meinem Eindruck nach haben wir genug Sportwettbüros.

Bitte, Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Berlin nimmt seit Jahren eine klare Position zu diesem Thema ein. Wir werden, solange das möglich ist, das staatliche Monopol verteidigen. Wir hatten aber schon beim letzten Staatsvertrag gegenüber einigen Ländern erhebliche Schwierigkeiten, diese Position durchzuhalten. Es hat entsprechende Rechtsprechungen gegeben, die die Bekämpfung der Spielsucht zum wesentlichen Element machen. Sie kennen die Dinge, die damit zusammenhängen, und die eine rechtliche Bewertung unheimlich erschweren.

Wir müssen – sonst passiert da gar nichts mehr – länderseitig einen Konsens herbeiführen. Dementsprechend hat es nach intensiven und langwierigen Beratungen eine Linie gegeben, die sich nach wie vor in der Prüfphase befindet. Die Ministerpräsidentenkonferenz hat demnach noch keine entgültigen Beschlüsse gefasst, mit denen sich die zuständigen Fachleute noch auseinandersetzen sollten.

Was am Ende dieses Prozesses herauskommt, ob es eine Liberalisierung der Sportwetten gibt und ob damit ein Einfallstor in das Lotteriemonopol geöffnet wird, muss noch weiter erörtert werden. Mir wäre es am liebsten, wenn wir unsere Position durchhalten könnten und das Monopol generell verteidigt werden könnte. Wir sind aber damit in einer juristisch schwachen Position. Wir brauchen die Zustimmung aller, um den Schaden so gering wie möglich zu halten. Das wird nicht leicht sein. Deshalb bitte ich, die Grundposition des Landes nicht mit be

stimmten Einigungszwängen, die sich im Prozess ergeben werden, zu verwechseln. Wenn wir lediglich Maximalforderungen aufrechterhalten, werden wir zu keiner Lösung kommen. Am Ende muss eine Gesamtbewertung erfolgen, ob das Land Berlin bereit und in der Lage ist, Kompromisse einzugehen. Heute ist es noch ein wenig zu früh, um dies einschätzen zu können. Ohne Kompromisse wird es aber nicht zu einer Einigung kommen.

Danke schön, Herr Regierender Bürgermeister! – Der Kollege Behrendt hat eine Nachfrage. – Bitte!

Herr Regierender Bürgermeister! Ein Staatsvertrag setzt auch die Zustimmung aller voraus. – Sehen Sie einen Widerspruch zwischen den intensiven Bemühungen des Landes Berlin zur Eindämmung der Spielhallenflut einerseits und der Öffnung der Sportwetten andererseits? Sportwettenbüros treffen wir in den Innenstadtbezirken zuhauf an.

Bitte, Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Ich denke, dass wir zweigleisig fahren müssen. Wir müssen – unabhängig von der Staatsvertragsregelung – alles unternehmen, um die Spielhallenflut einzudämmen und die Spielhallen strengeren Regularien zu unterziehen. Dazu haben wir Initiativen ergriffen. Man muss sehen, was auf Landeseben möglich ist. Zudem müssen wir die anderen Länder und den Bund sensibilisieren. Gegebenenfalls müssen Kompetenzen auf die Länder verlagert werden, oder der Bund muss seine Kompetenzen so ausschöpfen, dass wir in der Lage sind, ein Instrumentarium zu schaffen. Hinzu kommt die generelle Frage des Staatsvertrags. Das sollte man miteinander in Verbindung bringen, aber es handelt sich um zwei unterschiedliche Bereiche.

Danke schön! – Die Spontane Fragestunde ist damit wegen Zeitablaufs beendet.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 3:

Aktuelle Stunde

Nach der Katastrophe in Japan – Solidarität und Hilfe für die Opfer geben, Konsequenzen für Vorsorge und Einsatz von Risikotechnologien ziehen

Antrag der SPD

Für die Besprechung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu zehn Minuten zur Verfügung, die auf zwei Redebeiträge aufgeteilt werden kann. Es beginnt die SPD-Fraktion in Person des Fraktionsvorsitzenden. – Bitte schön, Herr Müller!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit Tagen sehen wir alle schreckliche, schockierende Bilder der Zerstörung und des Leids aus der Katastrophenregion in Japan. Bis jetzt erreichen uns beinahe stündlich neue beunruhigende Nachrichten. Es macht uns fassungslos und betroffen zu sehen, wie das Erdbeben, der Tsunami und schließlich die dramatischen Ereignisse in den Atomkraftwerken Schäden angerichtet haben. Zigtausende Tote und Verletzte sind zu beklagen. Hunderttausende sind auf der Flucht. Familien suchen verzweifelt ihre Angehörigen, und es gibt Sachschäden in bisher unbekanntem Ausmaß.

Kann und sollte man heute diese schlimmen Ereignisse überhaupt zum Gegenstand einer Aussprache im Abgeordnetenhaus machen? – Eine Berliner Zeitung hat schon kritisch kommentiert, dass das überflüssig sei, da Berlin gar kein Atomkraftwerk habe. Ich glaube, das ist zu kurz gedacht. Ich halte es für richtig, heute im Rahmen der Aktuellen Stunde über die Katastrophe in Japan zu diskutieren, und zwar aus mehreren Gründen. Zum einen gibt uns das Gelegenheit, unsere Betroffenheit und Anteilnahme auszudrücken. Viele Berlinerinnen und Berliner haben familiäre, freundschaftliche oder geschäftliche Beziehungen zu Japan. Seit 1994 ist Berlin mit Tokio im Rahmen einer Städtepartnerschaft verbunden. Wenn man sieht, was Flutwelle und Erdbeben angerichtet haben und welch dramatische Folgen für die Bevölkerung noch durch die Atomkatastrophe zu erwarten sind, dann lässt das auch uns trauern. Die Menschen brauchen und haben unsere Solidarität und Unterstützung. Berlin wird helfen, soweit das in dieser Situation überhaupt möglich ist. Wir sollten nicht vergessen, den vielen Helfern, die vor Ort ihr Leben riskieren, viel Kraft und für ihre schwierige Aufgabe Mut zu wünschen, damit möglichst viele Menschenleben gerettet werden.

[Allgemeiner Beifall]

Die dramatische Entwicklung in Japan gibt aber auch Anlass, sich klarzumachen, dass es sich hierbei nicht um ein lokales Problem weit weg von uns handelt, das uns nicht betrifft. Die Welt hält auch deshalb den Atem an und vielen Menschen macht Angst, was sie sehen, weil in einer globalisierten Welt alle mit der Situation und den Problemen der Nachbarländer konfrontiert sind. Die Folgen von Atomunfällen machen erst recht keinen Halt an Staatsgrenzen oder den Grenzen von Bundesländern. Es ist doch klar: Jede Entscheidung zur Atomenergie – egal, ob in Niedersachsen oder in Polen – betrifft auch uns in Berlin. Insofern ist es wichtig, dass wir uns mit den Ereignissen in Fukushima befassen und unsere Schlussfolgerungen daraus ziehen. Es stellt sich die zentrale Frage, wie wir in Zukunft mit der Atomenergie umgehen und

was jetzt entschieden werden muss. Was muss noch geschehen, dass alle aufwachen? Wann wollen wir darüber reden, wenn nicht jetzt?

[Beifall bei der SPD, den Grünen und der Linksfraktion]

Die Reaktorkatastrophe in Japan – nach Harrisburg und Tschernobyl – zeigt, dass auch im 21. Jahrhundert auch in einem Land der Hochtechnologie niemand von einem dauerhaft sicheren Betrieb von Atomkraftwerken ausgehen kann. Im Gegenteil! Die Mär von sicheren Kraftwerken wird in diesen Tagen eindeutig widerlegt. Der GAU ist keine theoretische, rechnerische Größe. Niemand kann sicher sein vor menschlichen oder technischen Fehlern, Naturgewalten oder Terrorismus. Wir haben gelernt, dass es der großen Fehler und Katastrophen gar nicht bedarf, um eine atomare Kettenreaktion auszulösen. Die Ursache für die fatale Entwicklung in den japanischen Kraftwerken war letztlich ein Stromausfall. Ein Stromausfall, wie er auch bei uns aus unterschiedlichsten Gründen jeden Tag eintreten kann.

Natürlich ist es verführerisch, jetzt einfache und schnelle Lösungen zu fordern. Wir wissen aber alle, dass die Energiewende nicht von heute auf morgen umzusetzen ist. Gefordert ist jetzt allerdings eine eindeutige und klare Haltung. Es muss eindeutige und unumkehrbare und vor allen auch rechtssichere Beschlüsse zum schrittweisen, schnellstmöglichen Ausstieg aus der Atomenergie geben.

[Beifall bei der SPD, den Grünen und der Linksfraktion]

Wir waren doch schon einmal so weit! Die rot-grüne Bundesregierung hat im Jahr 2001 den Atomkonsens beschlossen und eine Vereinbarung mit den Energieversorgern getroffen, die einen geordneten Abschied von der Atomenergie vorsah. Natürlich macht es jetzt viele Bürgerinnen und Bürger wütend, wenn Schwarz-Gelb ohne Not, nur auf Druck der Atomlobby, im letzten Herbst diesen Ausstieg rückgängig gemacht und die Laufzeiten deutscher AKWs deutlich verlängert hat, zum Teil bis zum Jahr 2040. Es ist bemerkenswert, wie die Bundesregierung nun agiert. Noch vor wenigen Tagen war alles sicher in Deutschland. Aber nach den ersten Ereignissen in Japan war man sich offensichtlich selbst nicht mehr so sicher, und es wurde ein dreimonatiges Moratorium zur Prüfung der Sicherheit beschlossen. Schon hier fragt man sich doch, auf welcher Grundlage vorher die Sicherheit garantiert wurde, wenn sie jetzt geprüft wird. Nun werden zur Prüfung die ältesten Kraftwerke sogar abgeschaltet und die Laufzeitverlängerung ausgesetzt. Auch leider erst einmal für drei Monate. Bis heute kein Erkenntnisgewinn bei der Bundeskanzlerin – wir konnten das heute bei der Debatte im Bundestag verfolgen. Keine eindeutigen Aussagen, keine Festlegung, wie sie es mit der Atomkraft hält! Hier ist die Absicht doch sehr durchsichtig: Zeit gewinnen, über wichtige Landtagswahlen kommen, auf Vergesslichkeit setzen. Ich glaube, es ist jetzt nicht die Zeit für Taktierereien. Es ist die Zeit, die Notwendigkeit des Atomausstiegs und der Energiewende endlich anzuerkennen und zu handeln!

[Beifall bei der SPD, den Grünen und der Linksfraktion]

Wir brauchen jetzt einen unumkehrbaren Beschluss zum Ausstieg aus der Atomkraft und die Rückkehr zum alten Ausstiegsgesetz. Wir brauchen einen schnelleren Ausbau erneuerbarer Energien, um den kompletten Atomausstieg zu beschleunigen. Die alten Kraftwerke, die abgeschaltet werden, dürfen nicht mehr zurück ans Netz. Endgültig! Wir brauchen diese Kapazitäten nicht, das Risiko ist zu groß!

[Beifall bei der SPD, den Grünen und der Linksfraktion]

Damit deutlich wird, dass es hier dieser klaren Kurskorrektur bedarf, hat sich das Land Berlin schon Ende Februar entschieden, gemeinsam mit vier anderen Bundesländern Klage gegen die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke zu erheben. Darüber hinaus wird Berlin morgen im Bundesrat zusammen mit anderen Ländern eine Initiative einbringen, die sich für die dauerhafte Abschaltung alter Atomkraftwerke ausspricht und auf Grundlage der Beschlüsse aus dem Jahr 2002 den vollständigen Ausstieg aus der Kernenergie festschreibt.

Jedes Bundesland aber muss auch seinen eigenen Beitrag zu einer schnelleren Energiewende leisten. Berlin hat hier mit Sicherheit noch einiges zu tun,

[Beifall bei den Grünen]

hat aber auch schon viel Richtiges auf den Weg gebracht. So verzichtet Berlin im öffentlichen Bereich schon seit mehr als acht Jahren konsequent auf Atomstrom, und das wird auch so bleiben!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Beifall von Volker Ratzmann (Grüne)]

Auch bei den Beschaffungen der öffentlichen Hand setzt Berlin Maßstäbe. In unserem Vergabegesetz haben wir nicht nur soziale Standards wie den Mindestlohn verankert. Beim Einkauf von Waren oder Fahrzeugen oder bei Baumaßnahmen müssen die öffentlichen Verwaltungen und Unternehmen umfassende ökologische Kriterien berücksichtigen. Nicht der kurzfristige Anschaffungspreis entscheidet, sondern der langfristige Energie- und Ressourcenverbrauch. Das ist nachhaltige Beschaffung, die beispielgebend für andere Bundesländer und den Bund ist!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Beifall von Volker Ratzmann (Grüne)]

In unserer Stadt gibt es 500 Unternehmen der sogenannten Green Economy mit rund 42 000 Beschäftigten. Von der Energieerzeugung über das Abfallrecycling bis zur E-Mobility finden wir jede nachhaltige Technologie. Trotzdem haben auch wir in einigen Bereichen noch deutliche Potenziale, wie zum Beispiel bei der Energieerzeugung aus Fotovoltaik und Solarthermie. Es wird erforderlich sein, in den kommenden Jahren deutlich mehr Solaranlagen zur Erzeugung von Strom und Wärme auf die Dächer zu bringen, um alle Klimaziele zu erreichen. Wir

werden weiter besonders im öffentlichen Gebäudebestand in energetische Sanierungsmaßnahmen investieren. Der Einsatz der Mittel aus dem Konjunkturprogramm II hat doch gezeigt, dass das nicht nur aus umweltpolitischen Gründen wichtig ist, sondern auch viele tausend Arbeitsplätze schafft und erhält, insbesondere im Handwerk.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Der Aufbau eines Wirtschafts- und Wissenschaftsclusters Energie kommt ebenso wie die Entwicklung Berlins zu einer Stadt mit intelligenter Steuerung im Bereich des städtischen Verkehrs hinzu. Die neuesten Studien belegen eindeutig, dass Berlin den umweltfreundlichsten Verkehr aller deutschen Großstädte hat. Ein exzellent ausgebauter öffentlicher Nahverkehr ist dafür die Grundlage. Auch das ist praktizierter Umwelt- und Klimaschutz.

Auch der mögliche Aufbau landeseigener Stadtwerke ermöglicht uns ein effizientes Energiemanagement und den stärkeren Ausbau von erneuerbaren Energien mit kleinen, dezentralen Lösungen. Niemand ist so naiv zu glauben, dass wir damit den großen Energieversorgern sofort Paroli bieten können, aber das Land sollte alle Instrumente nutzen, um den Einfluss auf eine neue Energiepolitik auszubauen.

Es gibt eine Fülle von Bausteinen, die auf dem Weg zu einer Energiewende wichtig sind. Jede Maßnahme jenseits der risikoreichen Atomenergie ist ein Schritt in die richtige Richtung. Atomenergie ist von gestern, das müssten in diesen Tagen alle gelernt haben! Wer an diesem Auslaufmodell festhält, verhindert den Ausbau erneuerbarer Energien. Dafür kann es in unserem Land keine politischen Mehrheiten mehr geben! – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, den Grünen und der Linksfraktion]

Danke schön, Herr Kollege Müller! – Für die Fraktion der CDU hat nun deren Vorsitzender, der Kollege Henkel das Wort. – Bitte schön, Herr Henkel!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schwer in Worte zu fassen, was in den vergangenen Tagen über das japanische Volk hereingebrochen ist. Es mangelt nicht an Eindrücken, an Informationen, an zutiefst verstörenden Fernsehbildern. Aber es fehlt das Fassungsvermögen für das unermessliche Leid der Menschen und die Naturgewalten, die für das Leid verantwortlich sind.

Meine Fraktion und ich sind tief bestürzt angesichts der schrecklichen Spuren, die das schwerste Erdbeben in der japanischen Geschichte und die dadurch ausgelöste Flutwelle hinterlassen haben. Das gilt auch für die dramatischen Entwicklungen, die sich derzeit im Inneren des Atomkraftwerks Fukushima abspielen. Der japanischen