Herr Zimmer! Wenn Sie schon über das Anlagevermögen reden, dann sollten Sie vielleicht auch auf die Zahlen eingehen, die da sind, dass die Ergebnisverbesserungen, die bis zum Jahr 2015 im Vergleich zu jetzt prognostiziert sind, bei der Charité 4,9 Millionen Euro im Jahr ausweisen und bei Vivantes 1,6 Millionen Euro. Das heißt, derjenige, der mehr einbringt, hat auch mehr Chancen auf eine erhöhte Ergebnisverbesserung, in absoluten Zahlen gesehen. 400 Vollzeitarbeitsplätze, 20 Millionen Laboranalysen im Jahr schaffen hier das größte Krankenhauslabor europaweit. Und auch das ist sinnvoll, dies gerade in einer eigenen institutionellen Gründung zu tun, wo gewährleistet ist, dass Forschung und Lehre und Wissenschaft weiter die Exzellenz bei der Charité sein können und werden und die Krankenversorgung insbesondere bei Vivantes gestärkt wird und gemeinsam Synergien erschlossen werden durch dieses größte krankenlabormedizinische Institut europaweit. Und das unter dem Markennamen Charité-Vivantes zu vermarkten, um weitere Eigeneinnahmen bzw. Umsatzerlöse zu generieren, ist richtig. Das sind auch nur 10 Prozent des Gesamtumsatzes, und bis zum Jahre 2015 haben wir hierbei die Chance, durch Industriekooperationen 5,6 Millionen Euro jährlich zu erwirtschaften – auch dadurch, dass durch die Größe dieses Labors entsprechende Testmethoden verfügbar sind und dass auch seltene
Es können Erlöse in Höhe von 3,1 Millionen Euro bei der Labormedizin und von 2,5 Millionen Euro durch andere Wirtschaftskooperationen erzielt werden – unter dem Markennamen „Charité-Vivantes Labor GmbH“. Das ist authentisch, das stärkt die öffentliche Gesundheitswirtschaft, und das ist auch eine Chance für die Beschäftigten gerade in den öffentlichen Einrichtungen, denn wir wollen keine Privatisierung und keinen Verkauf der kommunalen Gesundheitsdienstleister in Berlin – einen Ausverkauf, wie ihn andere hier im Parlament eigentlich wollen, was sie auch mehrfach schon betont haben.
An die Grünen gerichtet – ganz klar: Wir sparen auch nicht die Krankenhauslandschaft bei den Investitionen kaputt, wie Sie es mit Ihrer Investitionsplanung wollen, die Sie im Ausschuss vorgestellt haben und die eine massive Verminderung der öffentlichen Krankenhausinvestitionen vorsieht. Wir schaffen die Basis für eine solide Entwicklung.
[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion – Zuruf von Oliver Schruoffeneger (Grüne) – Oliver Schruoffeneger (Grüne) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]
Die Beschlussfassung des Hauptausschusses ist hierbei konsequent. Wir stellen sicher, dass die Verträge nicht genutzt werden können, um durch die Hintertür eine weitergehende Privatisierung zu ermöglichen. Gehen Sie mit uns diesen Zukunftsweg! Leiten Sie einen Prozess ein, der auch die Charité- und Vivantes-Akteure in ihren notwendigen Bemühungen für eine intensivierte Kooperation auch bei medizinischen Leistungen, bei Einkaufsgemeinschaften, beim Personalmanagement und beim FacilityManagement vorantreibt! Das sind die Zukunftsaufgaben.
Die haben wir angepackt, und wir werden die Arbeit daran fortsetzen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Herr Kollege! – Das Wort für die GrünenFraktion hat nun Kollegin Schillhaneck. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Isenberg! Ich glaube, Sie malen sich das Ganze ein bisschen zu hübsch aus.
Das ist ein sehr schönes Bild, das Sie gezeichnet haben, aber Sie gehen dabei über sehr viele Dinge, die auch im gesamten Beratungsverfahren in den Fachausschüssen immer wieder angesprochen wurden, nonchalant hinweg – wahrscheinlich in der Hoffnung, dass es dann keiner merkt.
Die Punkte, die Kollege Zimmer aufgeführt hat, diese Bedenken teilen wir. Wir kommen gleichwohl zu einer anderen Schlussfolgerung als die CDU-Fraktion, was eher etwas mit dem strategischen Ziel – dem Streben nach einer exzellenten Hochschulmedizin und einer herausragend guten kommunalen, wohnortnahen Krankenversorgung für diese Stadt – zu tun hat. Das braucht diese Stadt, darauf hat diese Stadt ein Anrecht, und das wollen wir unterstützen.
Trotzdem darf man sich nicht hinstellen und naiv die Augen vor den gesamten Problemen verschließen, die dieses Projekt Labor GmbH mit sich bringt. Ich möchte exemplarisch drei Probleme herausgreifen, damit in vier, fünf Jahren keiner behaupten kann, das habe vorher niemand gesagt.
Erstens: Ihre Finanzierung stimmt nicht. Wenn im Rahmen eines solchen Beratungsverfahrens, wie wir es jetzt hatten, die geplanten Investitionssummen für so etwas wie einen Laborbau irgendwie immer kleiner werden – von 24 Millionen über 18 Millionen auf jetzt knapp 11 Millionen Euro –, dann muss man schon stutzig werden, insbesondere wenn die begründenden Unterlagen von faszinierenden Annahmen ausgehen wie der, dass ein Gelände am Nordgraben – ein ehemaliger Sumpf, um es mal ganz offen zu sagen – ein normaler Baugrund ist. Sie wissen selber, dass die halbe Berliner Innenstadt auf Pfählen gegründet ist und dass man deshalb auf jeden Fall dafür Geld einplanen muss. Selbst an so banalen Punkten sind unhaltbare Annahmen getroffen worden, und das wissen wir jetzt schon.
Wir haben zu diesem und anderen Punkten mehrfach nachgefragt – auch im Wissenschaftsausschuss. Wenn führende Personen dieses Fusionsprojektes sich gezwungen sehen, ihre persönliche Glaubwürdigkeit in die Waagschale zu werfen, weil sie nichts mehr haben, womit sie Nachfragen sachlich aus dem Weg räumen können, dann werde ich hellhörig. Dann muss man sich ganz genau überlegen, wie man mit den Antworten umgeht. Da kann ich nur sagen: Aufpassen! – Wenn die Investitionskosten in die Höhe gehen werden – das passiert in Berlin häufiger, das kennen wir so –, dann wird sicherlich eine Sache passieren: Dann werden die Laboruntersuchungen zunächst einmal nicht billiger werden, weil die Investitionsmittel irgendwo herkommen müssen. Dann fällt das weg, was die Hauptbegründung für diese Labor GmbH ist, nämlich die Einsparung aufgrund von Synergieeffekten. Wenn das die Folge einer eher über das Knie gebro
chenen Vorplanung ist, dann müssen wir uns wahrscheinlich in fünf Jahren gemeinsam überlegen, wie wir das Projekt nachfinanzieren, aber das ist dann wohl so.
Zweiter Punkt: Die Labor GmbH und die Laborservices GmbH mit ihren jeweiligen Strukturen perpetuieren altbekannte Doppelstrukturen. Da wird es dann zwei Direktoren, zwei Geschäftsführer etc. geben. Mich persönlich erinnert das eher an den guten, alten Monty-PythonSketch mit den zwei Expeditionen zu den zwei Gipfeln des Kilimandscharo,
aber nicht an einen ernstgemeinten Versuch, sich gegenseitig blockierende Doppelstrukturen endlich mal aufzuheben. Diese Chance ist an der Stelle verpasst.
Dritter Punkt: Es gibt nicht nur eine GmbH, sondern zwei. Die eine – die Labor GmbH – soll auf die nächsten 25 Jahre, wenn ich das richtig im Kopf habe – die Unterlagen sind ja total geheim, auch wenn ich nicht weiß, warum –, das gesamte Laborgeschäft des stationären Bereichs von Charité und Vivantes abwickeln. Die andere – die Laborservices GmbH – soll diese Dienstleistung faktisch an Dritte weiterverkaufen und damit große Erlöse erzielen – jedenfalls in einem relevanten Rahmen. Woher dieser Markt und diese unterstellten rasanten Umsatz- und Erlössteigerungen plötzlich kommen sollen – insbesondere dann, wenn möglicherweise die Verbilligung, die man sich aufgrund der Synergieeffekte erhofft, nicht eintritt, weil man erst die fehlgegangene Investitionsplanung abzahlen muss –, das ist ein völlig ungelöstes Rätsel. Mir ist ganz wichtig, dass wir das heute schon mal festhalten: Da wartet ein Problem auf uns.
Trotzdem: Die Zusammenarbeit von Charité und Vivantes ist wichtig, und diese Laborfusion ist ein Referenzprojekt für alles, was dann kommt. Schlimm genug, dass es genau so startet. Das ist aber das Einzige – und das muss man betonen –, was seit dem Zusammenarbeits-Letter-ofIntent von 2004 einen gewissen Konkretionsgrad erlangt hat. Weil es das Einzige ist und weil endlich ein sichtbares Zeichen nötig ist, dass nicht nur ein vager politischer Wunsch da ist, dass die beiden endlich aufhören mögen, gegeneinander zu konkurrieren, sondern deutlich gemacht wird, dass das ein strategisches Ziel ist, dass wir da herauskommen, haben wir uns gesagt: Okay! Wir wissen, was wir für eine Verantwortung übernehmen, wenn wir jetzt ja sagen, aber wir werden dieses Projekt unterstützen. Denn es ist uns als Symbol für das, was da hoffentlich an Gutem kommt, wichtig genug.
Und an Sie geht der Appell, dafür zu sorgen, dass jetzt am Anfang dieses Projekt wenigstens noch so nachgebessert und ausgestattet wird, dass es wirklich gelingen kann, denn sonst brauchen wir uns sehr lange bei Charité und Vivantes nicht mehr mit Fusions- oder Kooperationsvorstellungen blicken zu lassen.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen, meine Herren! Auf ihrem Parforceritt durch die Fettnäpfchen dieser Stadt hat Frau Künast im Sturzflug nun auch die Charité besucht und sich zu einem weiteren Thema geäußert, von dem sie nichts versteht.
Sie hat im „Tagesspiegel“ erklärt, der Senat habe in Sachen Laborfusion nichts auf die Reihe gekriegt. Frau Pop! Herr Ratzmann! Sie rufen sie am besten noch mal an. Sie müssten ja mittlerweile eine Standleitung für all die Korrekturen Ihrer Kandidatin geschaltet haben. Erklären Sie ihr geduldig auch dieses Problem und dann auch noch gleich Ihr heutiges Stimmverhalten!
Es ist die erklärte Absicht dieser Koalition, die beiden landeseigenen Krankenhausunternehmen Vivantes und Charité langfristig als öffentliche Unternehmen des Landes Berlin zu sichern und zu erhalten. Gerade deswegen ist es notwendig, zu einer strategischen Kooperation beider Einrichtungen zu kommen, die zu einer sinnvollen Arbeitsteilung und zu einer konsequenten Nutzung gemeinsamer Ressourcen führt. Die Gründung einer gemeinsamen Laborgesellschaft betrachten wir als ersten verbindlichen Schritt in die richtige Richtung, der dann allerdings auch – völlig zustimmend – gelingen muss, wenn die Akzeptanz für diese notwendige und sinnvolle Kooperation nicht gefährdet werden soll. Deshalb haben wir die Bedenken, die vor allem von den Beschäftigtenvertretungen beider Unternehmen u. a. auch bei der Anhörung im Wissenschaftsausschuss vorgebracht wurden, sehr ernst genommen.
Herr Zimmer! Das umsatzsteuerrechtliche Problem ist allerdings gelöst. Nach EU-Recht gelten Laborleistungen an Dritte auch als Bestandteil von Heilbehandlungen und sind deswegen von der Umsatzsteuer befreit. Dieses Problem besteht nicht mehr. Das Finanzamt I hat dementsprechend die Zustimmung erteilt, nachdem es sie zunächst verweigert hatte.
Dass auch bei uns eine gewisse Skepsis vor allem bezogen auf die ambitionierte Bau- und Ergebnisplanung bleibt, soll nicht verhehlt werden. Frau Schillhaneck! Der Neubau wird allerdings nicht am Nordgraben, sondern in der Sylter Straße am Standort Amrumer Straße errichtet. … Das ist vorhandener Baugrund, auf dem bereits jetzt ein Gebäude abgerissen wird, sodass es schon bekannt sein sollte, auf welchem Baugrund der Neubau errichtet wird.
Beide Geschäftsführungen sind dem Parlament gegenüber im Wort, denn wir haben sowohl bei der Neubauplanung als auch bei der Ergebnisprognose kritisch nachgefragt. Sie sind nicht nur im Wort, sondern auch in der Pflicht. Eine ähnliche Entwicklung der Kosten wie bei dem Neubau der Vorklinik Charité wäre ein zweites Mal nicht zu tolerieren. Da sind wir sicherlich einer Meinung.
Die Gründung der gemeinsamen Laborgesellschaft stößt vor allem, auch das ist gesagt worden, bei den Beschäftigtenvertretern beider Unternehmen nicht nur auf erhebliche Vorbehalte, sondern auch auf Ablehnung. Darum muss man hier nicht herumreden. Ich will deshalb auf die beiden wesentlichen Einwände der Beschäftigten eingehen, um den damit verbundenen Befürchtungen noch einmal von dieser Stelle aus entgegenzuwirken.
Die ursprüngliche Personalplanung für die gemeinsame Laborgesellschaft sah einen drastischen Personalabbau von 395 auf 302 Vollkräfte in beiden Unternehmen vor. Eine solche Reduzierung um 93 Vollzeitkräfte hätte einen Abbau von fast einem Viertel der vorhandenen Stellen bedeutet. Dass das Ängste auslösen muss, ist klar. Es wird einen solchen Personalabbau nicht geben. In der aktuellen Personalplanung, von der wir uns bei Einsicht in die entsprechenden Unterlagen im Datenraum überzeugen konnten und die uns beim letzten Treffen mit den Vertretern der Geschäftsführung beider Unternehmen bestätigt wurde, bleibt die Beschäftigtenzahl weitgehend konstant. Auch die Personalkosten sind bis ins Jahr 2014 auf entsprechendem Niveau veranschlagt. Nach dieser Planung reduziert sich die Anzahl der Vollkräfte im Laufe der nächsten vier Jahre nur noch um 32 Mitarbeiter, die dann auch noch allesamt über das Erreichen der Altersgrenze ausscheiden. Eine solche Perspektive dürfte ganz wesentlich dazu beitragen, Befürchtungen auszuräumen, und ist gleichzeitig Voraussetzung dafür, die notwendige Akzeptanz für das Projekt Kooperation bei den Beschäftigten zu schaffen, deren Ängste um ihren Arbeitsplatz bei einer solchen Strukturveränderung nur allzu verständlich sind.
Ein zweiter wesentlicher Punkt war in den Gesprächen die Angst der Beschäftigten, die Gründung einer Labor GmbH sei der vorbereitende Schritt in die vollständige Privatisierung. Um auch hier ein deutliches Zeichen zu setzen, haben wir unseren Antrag 16/3276 eingebracht und verabschiedet, der dafür Sorge trägt, dass ein entsprechender Passus in den Gesellschaftsvertrag eingefügt wird, mit dem eine Veräußerung der Laboranteile an Dritte ausgeschlossen ist. Eine entsprechende Formulierung wird nun in § 17 des Gesellschaftsvertrags aufgenommen. Das ist eine klare Botschaft an die Beschäftigten, dass wir es ernst meinen mit dem Erhalt beider Unternehmen in öffentlicher Hand auf einer durch die Laborkooperation dann gestärkten finanziellen Basis.
Angesichts der aktuellen Situation in beiden Unternehmen auch im Hinblick auf die noch notwendigen weiteren Investitionen durch das Land Berlin schaffen wir jetzt mehr Verbindlichkeit in der Struktur und in der Planung der zukünftigen Zusammenarbeit. Wir hoffen dabei auf die Akzeptanz der Beschäftigten, deren gute Arbeitsplätze wir in gesunden öffentlichen Unternehmen langfristig sichern wollen, wenn wir der Gründung der Laborgesellschaft in der Rechtsform der GmbH heute zustimmen. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Beim Thema Laborfusion gab es jahrelange Gespräche und Vorbereitungen. Insofern kann man nur sagen, die jetzige Beschlussfassung ist sehr mangelhaft, denn sie hinterlässt mehr Fragen, als sie beantwortet.
Wir konnten bisher in keiner Weise sehen, warum die Fusion der Labore von Vivantes und Charité in der Lage sein soll, die Strukturen effizienter zu machen und sogar ein neues Geschäftsfeld zu erschließen. Mit dem heutigen Beschluss wird ein weiteres Millionengrab ausgehoben, denn der Geschäftsplan dieses Großlabors ist eher eine Schönwetterrechnung.