Protocol of the Session on December 9, 2010

[Zuruf von Wolfgang Brauer (Linksfraktion)]

Das ist eine Methode, die wir nicht gutheißen können. Gestern im Hauptausschuss ging es weiter mit der Demaskierung Ihrer Vorgehensweise. Sie verweisen auf den Glücksspielstaatsvertrag, den Sie abwarten wollen, nur kommt der leider erst frühestens im Jahre 2012. Sie verweisen auf eine dort befindliche 1 000-m-Regelung. Na, dann mal viel Spaß! Wir haben 5 000 Straßenkilometer im Land Berlin. Das Land Berlin hat 900 km² Fläche. Sie können sich aussuchen, in jedem Fall werden es mehr als 400 Spielhallen sein, die Sie mit der Regelung wieder gutheißen können. Es ist kein effektives Instrument. Daher unser ganz klarer Appell an der Stelle: Stimmen Sie endlich unserem Gesetzentwurf zu! Dann haben Sie ein wirkungsvolles Instrument. Und lassen Sie einfach nur die Steuererhöhung an der Stelle sein! Sie nützt keinem was, sondern Sie wollen nur mitverdienen und abzocken. Das ist nicht in unserem Sinne. Insofern können wir dem nicht zustimmen.

[Beifall bei der CDU]

Danke schön, Herr Kollege! – Jetzt geht es weiter mit dem Kollegen Buchholz von der SPD-Fraktion. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Herr Brauner! Sie haben sich schon viele Sachen geleistet, aber die Rede war wirklich inhaltlich so unterirdisch, von wenig bis gar keiner Kenntnis geprägt.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Und Sie haben gegen parlamentarische Grundprinzipien verstoßen.

[Uwe Goetze (CDU): Das können Sie ja gar nicht beurteilen!]

Ich sage Ihnen das ganz klar. Zunächst einmal Ihr Antrag – – Na, ich fange mal formal richtig an. Wir haben in Berlin eine Entwicklung, was die Spielhallen und Geldgewinnspielgeräte in den Spielhallen wie auch in Kneipen, Dönerbuden und vielen anderen Institutionen angeht, eine extreme Entwicklung in Berlin zu verzeichnen. Die Zahl der Geldgewinnspielgeräte hat sich in den letzten

vier Jahren von 5 882 auf 10 246 praktisch verdoppelt. Das ist eine dramatische Entwicklung.

[Zurufe von der CDU]

Wenn man sich die Zeitungen anschaut: Las Vegas im Problemkiez, schreibt der „Tagesspiegel“. Spielhallen sind der Eingang zur Hölle, schreibt die „Morgenpost“. Und sie hat recht mit dieser Aussage.

[Uwe Goetze (CDU): Was macht der Senat dagegen?]

Meine Damen und Herren von der CDU! Die lesen Sie ja vielleicht besonders aufmerksam, denn dieses Mal stimmte alles. „Bild“-Zeitung: So kämpft Berlin jetzt gegen die Zockerbuden. – Dort wurden unsere vier Antragsentwürfe schon mal vorgestellt. Die haben Sie offensichtlich nicht zur Kenntnis genommen. Schade eigentlich an der Stelle!

[Uwe Goetze (CDU): Es gibt keine Anträge im Parlamentsbetrieb!]

Herr Goetze! Hören Sie bitte mal einen Moment zu! Wir haben eigentlich das gleiche Ziel. Umso trauriger und erbärmlicher ist das, was Herr Brauner hier liefert. Das muss ich mal ganz klar sagen. Herr Brauner! Wenn wir gemeinsam gegen Spielhallen vorgehen wollen, Sie haben hier ein Spielhallengesetz mit extrem heißer Nadel gestrickt und vorgelegt, wo Sie selbst vor einer Woche im Rechtsausschuss die drei wesentlichen Punkte des Gesetzes geändert haben: Wann und wo können Spielhallen zugelassen werden? Dürfen in eine Spielhalle 12 oder 25 Automaten? – Sie wollten mit Ihrer Vorlage eine Verdoppelung der Spielautomaten pro Spielhölle. Sie sollten sich schämen, dass Sie hier mit solchen Anträgen kommen. Wirklich!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Zuruf von Matthias Brauner (CDU)]

Es ist eine Unverschämtheit, uns vorzuwerfen, wir würden demokratische Rechte nicht wahren. Sie haben vor genau einer Woche im Rechtsausschuss versucht, Ihren eigenen Antrag ein bisschen zu verbessern, und werfen uns vor, wir würden damit tricksen. Sie haben selber getrickst, indem Sie hier kurzfristig solche fundamentalen Änderungen vorlegen.

[Zuruf von Uwe Goetze (CDU)]

Das müssen Sie sich mal gefallen lassen. Es ist eine Peinlichkeit hoch drei, wenn man im Ziel eigentlich einig ist.

[Zuruf von Matthias Brauner (CDU)]

Was braucht Berlin wirklich? – Herr Brauner, hören Sie bitte genau zu, auch die Kollegen von der CDU! – Wir brauchen etwas, ein Fünfmaßnahmenpaket. Fünf Finger einer Hand, fünf Maßnahmen, können Sie sich vielleicht an Ihrer Hand merken. Ich fange an.

Erstens eine Bundesratsinitiative, am besten gleich zwei, um die Spieleverordnung des Bundes und die Baunutzungsverordnung drastisch zu verschärfen, damit man auch über das Baurecht klar sagen kann, man möchte keine Spielhallen mehr im Kiez.

Zweiter Finger, Herr Brauner, hören Sie bitte zu, versuchen Sie, es zu verstehen, versuchen Sie es wenigstens! Zweiter Punkt: Man muss natürlich – das war die Bundesebene, zweiter Punkt: Landesebene – mit einem Spielhallengesetz steuern. Wir sagen ganz klar, die SPD – ich glaube, unser Koalitionspartner sieht das genauso –: Wir brauchen ein Spielhallengesetz, aber eines, das vor den Gerichten Bestand hat, Herr Brauner!

[Zuruf von Joachim Esser (Grüne)]

Was nutzt es uns, wenn wir etwas beschließen, was danach sofort von einem Gericht kassiert wird?

Dritte Ebene, dritter Finger: Wir brauchen mehr Kontrollen durch die Ordnungsämter und Gewerbeämter vor Ort in den Bezirken. Wir brauchen auch – der Innensenator ist da ganz unserer Meinung – mehr Kontrollen durch die Polizei und das Landeskriminalamt gegen das illegale Glücksspiel. Das war der dritte Finger.

[Zurufe von der CDU]

Der vierte Finger: Herr Brauner, passen Sie bitte auf, sonst haben Sie es nachher nicht verstanden, denn eben haben Sie auch völligen Unsinn gequatscht, mit Verlaub.

[Zurufe von der CDU und der FDP]

Vierter Finger: Wir müssen die Prävention in Berlin stärken. Wir müssen daran gehen, dass junge Menschen gar nicht erst abhängig werden und auch Erwachsene nicht in die Spielsucht fallen. Wir haben in Spandau – mein Kollege Saleh und ich – zwei große Runde Tische zum Thema Spielhallen gemacht. Wir waren erschüttert über Einzelschicksale, wie Leute in die Abhängigkeit, in die Sucht kommen, so abhängig werden, dass ihr Leben wirklich fast zu Ende geht, weil sie familiär, finanziell, materiell völlig in die Abhängigkeit rutschen, den letzten Cent in Problemkiezen verspielen und wirklich auch ihr letztes Stück Haus verspielen. Und das waren vier Punkte.

Der fünfte Punkt ist die Steuer, über die wir heute reden, die Vergnügungsteuer auf die Geldgewinnspielgeräte.

[Christoph Meyer (FDP): Dann werden die armen Spielsüchtigen noch ärmer! Das ist Ihr Plan!]

Herr Brauner! Das müssen Sie sich dann hinter die Ohren schreiben. Diese Steuer gilt für alle Automaten, egal wo sie hängen. Sie wird einen drastischen Rückgang hervorrufen. Warum? – Weil natürlich die Betreiber das von ihrem Gewinn letztlich abgezogen bekommen. Die Vergnügungsteuer ist eine Steuer, die tatsächlich auf den Gewinn des Betreibers geht. Darum ist sie richtig und wichtig. Herr Brauner! Sie sollten wenn, dann Vorlagen richtig lesen. Die Finanzverwaltung hat geschrieben, es wird im nächsten Jahr – 2011 – eine Zunahme bei den Einnahmen geben. Warum? – Weil insgesamt der Lenkungseffekt noch nicht so schnell greift, aber auch die Finanzverwaltung sagt ganz klar, wir wollen die Spielhallen eindämmen, wir wollen die Automaten zurückdrängen, wir wollen aktiv werden gegen Spielsucht,

[Christoph Meyer (FDP): Sie machen das Gegenteil!]

weil sie die Leute in den Ruin treibt, unsere Kieze und ganze Einkaufsstraßen kaputt macht. Dass Sie so etwas nicht einsehen wollen, dass das wirkt, ist wirklich ein Armutszeugnis. Ich hatte gehofft, dass Sie ein Stück auf der Straße der Vernunft sind bei dem Thema, aber es ist eigentlich eine Bankrotterklärung. Frau Bung! Sie dürfen das Wort Spielhalle und Spielsucht eigentlich nicht mehr in den Mund nehmen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Danke schön, Herr Kollege Buchholz! – Der Kollege Brauner hat das Wort zu einer Kurzintervention. – Bitte schön!

Lieber Kollege Buchholz! Ich hätte Ihnen gerne empfohlen, gestern mal an der Hauptausschusssitzung teilzunehmen.

[Zuruf von Peter Trapp (CDU)]

Aber da waren Sie ja nicht dabei, als es um die Frage ging, was hier relevant ist, nämlich die Steuermehreinnahmen, als es um die Frage ging, was die Vergnügungsteuer bringt. All das waren Themen. Ich bin in der Tat etwas traurig. Es besteht Einigkeit im Ziel. Wir wollen den Spielhallenwildwuchs bekämpfen.

[Daniel Buchholz (SPD): Wollen Sie auch die Spielsucht bekämpfen?]

Aber unterm Strich zäumen Sie das Pferd von hinten auf. Sie fangen mit dem Thema Vergnügungsteuer an, wo die Steuerungswirkung definitiv nicht erwiesen ist. In der Anhörung im Ausschuss ist eindeutig klar geworden, es hat keinen Effekt auf die Suchtprävention, es hat keinen nachhaltigen Effekt im Sinne der Steuerung auf die Frage der Spielhallenstandorte. In den Begründungen zum Spielhallengesetz können Sie das auch entsprechend nachlesen. Stattdessen spielen Sie hier auf Zeit. Und das muss man wirklich so sagen. Gestern wurde eindeutig vom Senat gesagt, 2012 kommt der Staatsvertrag, 2012 kommt das Gesetz. Sie haben Anträge, die keiner hier im Haus kennt. Die erzählen Sie immer in den Medien. Sie spielen auch selber auf Zeit. Und das ist, glaube ich, hier in dem Verfahren nicht angemessen. Wir haben Ihnen gemeinsam die Hand ausgestreckt zu sagen, dass wir gemeinsam ein Verfahren durchführen. Frau Bung hat mehrfach mit Ihnen verhandelt. Was haben Sie getan? – Sie haben einfach die Sachen vertagt. Und ich glaube, das gehört hier nicht her, und es ist auch nicht sinnvoll im Sinne eines einträglichen und vernünftigen Verfahrens. Insofern müssen wir hier auch klare Worte finden.

Darüber hinaus – und deshalb verwundert mich dies –: Die Anhörung der Sachverständigen im Wirtschaftsausschuss zu den rechtlichen Dingen hat eindeutig gezeigt:

Unser Gesetzentwurf ist tragbar, vernünftig und durchsetzbar. Stattdessen suchen Sie nach Gründen, um diesem Entwurf nicht zuzustimmen, und Sie spielen auf Zeit. Ich bleibe dabei: Gestern wurde eindeutig gesagt, im Rahmen des Glücksspielstaatsvertrags, und das ist 2012.

[Daniel Buchholz (SPD): War es eine Tischvorlage im Rechtsausschuss oder nicht?]

Herr Buchholz! Soll ich jetzt erzählen, was Frau Bung mit Ihnen vorher verhandelt hat? Dass Sie gesprochen haben, dass wir auf Ihre Vorschläge eingehen wollten. All das haben Sie nicht gemacht. Stattdessen haben Sie es einfach vertagt.

[Beifall bei der CDU – Unruhe]

Sie haben sich hier unparlamentarisch verhalten, und das, obwohl wir das gleiche Ziel haben.

Bei dem Thema Mehreinnahmenabschöpfung ist die Sache unseres Erachtens auch klar: Wir haben im Hauptausschuss angeregt, die Mehreinnahmen dann wenigstens in die Suchtprävention zu stecken.

[Dr. Michael Wegner (CDU): Abgelehnt!]