Vielen Dank, Herr Abgeordneter Jotzo! – Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzesantrags Drucksache 16/2968 an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung. – Dazu höre ich keinen Widerspruch.
Das ist die Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unter dem Tagesordnungspunkt 31. Wir hatten den Antrag bereits vorab an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr und an den Hauptausschuss überwiesen. Ich stelle Ihre nachträgliche Zustimmung dazu fest. Für die Beratung steht den Fraktionen eine Redezeit von jeweils bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Frau Hämmerling hat das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Schade, dass der Regierende Bürgermeister nicht hier ist. So muss ich ohne ihn beginnen. – Nach sechs Wochen Vergletscherung auf Berlins Nebenstraßen und Gehwegen haben wir den vorliegenden Antrag geschrieben. Die Leute haben sich zu Tausenden die Knochen gebrochen, und die Unfallambulanzen waren überfüllt. Die Menschen mit Behinderung saßen genauso in ihren Wohnungen fest wie ältere und unsichere Berlinerinnen und Berliner. Grund genug zu handeln!
Der Hamburger Bürgermeister hatte sich schon sehr früh für das Glatteis und die Versäumnisse in seiner Stadt entschuldigt und ein Sofortprogramm aufgelegt. Zu diesem Zeitpunkt hatte Rot-Rot die Glätte in Berlin wahrscheinlich noch nicht einmal bemerkt, oder Sie haben gehofft, das aussitzen zu können. Aber wenn die BSR auf Hochtouren arbeitet und es dennoch nicht möglich ist, den Schnee und die Glätte zu beseitigen, dann ist Regierungshandeln gefragt. Das haben wir die ganze Zeit in Berlin vermisst.
Als wir vor zweieinhalb Wochen eine Besprechung zum Glatteis im Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr
angemeldet haben, kam Bewegung in die Diskussion. Herr Gaebler versuchte zunächst einmal, die Beratung abzuwürgen und behauptete, der Ausschuss sei nicht zuständig. Inzwischen hat er sich an die Spitze der Glättebekämpfer gesetzt. Wir sagen: Recht so! Wir freuen uns immer, wenn wir Impulsgeber sein können, Herr Gaebler.
Klasse war, dass der RBB und die BSR zum bürgerschaftlichen Engagement mit dem Eispickel aufgefordert haben. Aber völlig irrational war die Reaktion des Regierenden Bürgermeisters. Ich würde gerne von Herrn Wowereit wissen, was ihn bewegt hat, den geschmacklosen Vergleich mit Haiti zu ziehen. Und was hat er wohl beabsichtigt, als er die Berlinerinnen und Berliner aufforderte, mit ihm auf dem Ku’damm – Halligalli – auf die Schnauze zu fallen. Das ist gar nicht komisch, sondern Pöbelei, und das empfinden die Leute auch so. Und sie empfinden auch, dass sie mit ihren Problemen nicht ernst genommen werden. Regieren heißt doch, dass man die Initiative ergreift, wenn es Missstände gibt. Vielleicht sollte der Regierende Bürgermeister einmal über die Landesgrenze schauen: Herr Platzeck ist für Hochwasser nicht zuständig, aber er hat sich gekümmert. Einen solchen Landeschef wünschen sich die Berlinerinnen und Berliner auch.
Inzwischen ist das Glatteis Schnee von gestern. Das verdanken wir dem Tauwetter und nicht dem Regierungshandeln. Der erste Teil des Antrags ist damit obsolet, aber der zweite nicht. Es ist nämlich nötig, Konsequenzen aus dem Eischaos zu ziehen. Die bestehenden Regelungen und Gesetze müssen überprüft und an den Stellen, an denen sie schlecht funktionieren, geändert werden.
Natürlich brauchen wir für künftige extreme Winter auch einen Notfahrplan. Es ist unsinnig, wenn für Bushaltestellen ohne Radweg die Hauseigentümer zuständig sind und für Bushaltestellen mit Radweg die BSR. Es kann auch nicht sein, dass private Räumdienste so viele Werkverträge abschließen, dass sie bei anhaltendem Schneefall gar nicht erfüllt werden können. Es ist auch kontraproduktiv, wenn die Kehrmaschinen den Schnee erst einmal festfahren und so die Vereisung herbeiführen.
Aber eins hat das Eischaos auch bewiesen – das sage ich jetzt in Richtung FDP –: Das Bild von Westerwelles arbeitsscheuen Hartz-IV-Beziehern ist falsch. Die Arbeitslosen standen massenhaft zur Schneeräumung bereit, aber viele mussten wieder nach Hause geschickt werden, weil niemand ihren Einsatz koordinieren konnte. Genau das muss geändert werden.
Wir brauchen für die Zukunft ein Konzept zum schnellen Handeln, mit dem auf Notfälle reagiert werden kann. Die bestehenden Gesetze müssen so geändert werden, dass sie auch zielführend die Glätte bekämpfen können. Zudem brauchen wir einen Senat, der sich um die Probleme der Berlinerinnen und Berliner kümmert, und zwar auch dann, wenn er nicht originär dafür zuständig ist, die
Schippe in die Hand zu nehmen. Wir brauchen klare gesetzliche Regelungen und einen Notfallplan für kalte und schneereiche Winter. Da muss Abhilfe geschaffen werden, damit uns der nächste Winter nicht wieder kalt erwischt.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Hämmerling! – Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Buchholz das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Hämmerling! Wenn wir uns anschauen, was sich in den letzten acht Wochen in Berlin abgespielt hat, dann müssen wir feststellen, dass Berlin auf diesen Winter nicht gut vorbereitet war. Es gab über viele Wochen eine Situation, in der sich ältere und mobilitätseingeschränkte Menschen gar nicht mehr auf die eisglatten Straßen und Gehwege trauten. Das kann und darf nur einmalig so gewesen sein. Es muss sich etwas ändern. Wir müssen alle daran arbeiten, dass es nächstes Mal hier in Berlin nicht so sein wird.
Nun zu Ihrem Antrag: Sie haben ihn vor genau acht Tagen ins Parlament eingebracht. Was haben wir aber gerade alle festgestellt, Frau Hämmerling? – Das Schnee- und Eischaos besteht schon etwas länger. Sich jetzt hinzustellen und zu sagen, Sie hätten es erfunden und Sie hätten als Erste darauf hingewiesen, ist ein bisschen peinlich – nicht nur ein bisschen, sondern komplett peinlich.
Frau Hämmerling, wir haben es Ihnen bereits am Montag in der Ausschusssitzung gesagt: Wenn Sie das alles erst am 17. Februar entdeckt haben, dann kann ich Ihnen nur raten, die Pressemitteilungen seit Anfang Februar anzuschauen.
Sie werden feststellen, dass insbesondere die SPDVertreter Michael Müller und ich intensiv darauf gingewiesen haben, dass die Situation in der Stadt nicht mehr hinnehmbar ist. Das haben wir wörtlich so gesagt. Wo waren da die Grünen? – Frau Pop ist am 10. Februar aufgewacht und hat das Thema populistisch für sich entdeckt und gemeint, alle müssten jetzt die Grünen als Entdecker dieses Problems ansehen. So war es aber nicht.
Herr Kollege Buchholz! Sind Sie der Meinung, dass wir schon vor dem Winter hätten ahnen sollen, dass der Senat völlig versagt? Hätten wir diesen Schluss aus den Erfahrungen der letzten Winter ziehen sollen?
Mit Verlaub: Wann haben Sie entdeckt, dass etwas bei dem Schneechaos in Berlin nicht funktioniert? – Schauen Sie sich die Berliner Tageszeitungen an! Sie haben das Problem zunächst komplett ignoriert und dann gesagt: Oh, da ist etwas! – Das haben Sie aber erst getan, nachdem die SPD explizit darauf hingewiesen hatte.
Erst danach ist Herrn Henkel und Ihnen aufgefallen, dass da etwas ist. Sie haben erst vor acht Tagen einen Antrag geschrieben. Das Tauwetter hat vor drei Tagen eingesetzt. Das entlarvt Sie dabei, dass Sie als Fraktion auf einen populistischen Zug aufspringen.
Es kommt noch besser: Wenn man den Antrag ließt, stellt man fest, dass er vor drei Tagen bereits komplett veraltet war. Das mussten selbst Sie, Frau Hämmerling, im Ausschuss zugeben. Das ist doch peinlich. Der war schon veraltet, als Sie ihn eingebracht haben. Hier steht:
Da kann ich nur sagen: Die gab es zu dem Zeitpunkt schon. Es waren insgesamt sogar 1 600. Lesen Sie keine Zeitung? Kann sich die grüne Fraktion kein Abonnement mehr leisten? Sie fordern die sofortige Schneebeseitigung vor öffentlichen Gebäuden. Da müssen auch grüne Stadträte zugeben, dass die von ihnen beauftragten privaten Winterdienste komplett versagt haben.
Von der Grünen-Fraktion gibt es kein Wort dazu. In Ihrem Antrag gibt es erst recht keine verbindlichen Auskünfte. Dann sprechen Sie noch von verstärkter Kontrolle Zu dem Zeitpunkt, als Sie den Antrag eingebracht haben, gab es über 4 000 Bußgelder, über 2 000 Ersatzvornahmen, in denen von Amts wegen Eis und Schnee beseitigt wurden. Davon ist auch in Ihrem Antrag kein einziges Wort zu lesen. Mir wäre das wirklich peinlich.
Herr Abgeordneter! Entschuldigung, wenn ich Sie noch einmal unterbrechen muss. Es gibt weitere Fragen.
Ja, wir halten sie natürlich selbstverständlich an. Es gibt eine Frage des Herrn Abgeordneten Kohlmeier von der SPD-Fraktion.
Die Zwischenfrage der Grünen hat mich dazu gebracht nun auch eine Frage zu stellen. Können Sie möglicherweise meinen Eindruck zerstören, dass die Opposition schon immer heute weiß, was in Zukunft passieren wird? So lautet zumindest die Intention des Antrags und auch die Nachfrage des Kollegen Ziller. Können Sie möglicherweise weiter schon mit dieser Kenntnis aus der Kenntnis der Oppositionssicht heraus sagen, wie der Sommer in diesem Jahr werden wird?
Lieber Kollege Kohlmeier, diese Frage würde ich direkt an die Fraktion der Grünen weitergeben, da noch jemand eine Frage stellen wird. Die Grünen-Fraktion ist offensichtlich die einzige, die den Wettergott persönlich kennt und einen direkten Draht hat. Wir sind gespannt auf die Wettervorhersage für den Sommer. Mal schauen, ob es dann stimmt.