Diesen Standard gewissenhaften ärztlichen Handelns lassen sich die Ärzte in Berlin nicht von Ihnen absprechen – auch von Ihnen nicht, Herr Dr. Albers! Ihr Angebot an die Kassenärztliche Vereinigung ignoriert schlicht diesen Qualitätsaspekt. Niemand käme auf die Idee, auf dem Wochenmarkt den Gemüsehändler aufzufordern, ihm noch drei Pfund Tomaten obendrauf zu packen. Bei Ärzten ist das für Sie kein Problem und wird eigentlich auch vorausgesetzt, und das nicht nur bei diesem Punkt. Ihnen sind Ihre sozialen Ressentiments gegenüber dem ganzen Berufsstand der Ärzteschaft wichtiger als die Sicherheit der Bevölkerung.
Deshalb entwerfen Sie ein Impfkonzept mit 2 000 teilnehmenden Praxen und können Anfang November gerade einmal fünf Prozent vorweisen. Sie führen Vorgaben fachlicher Autoritäten aus, soweit diese reichen. Sobald diese Vorgaben aber keine eindeutige Aussagen mehr machen, eigene Entscheidungen und konkrete Anwendungsideen für Berlin erfordern, wissen Sie nicht mehr weiter. In der Regel schauen Sie dann wie das Kaninchen auf die Schlange und lassen sich von den Ereignissen treiben, wie dies jetzt der Fall ist.
Frau Senatorin! Für die Gesundheitsprobleme dieser Stadt haben Sie das Fingerspitzengefühl eines Presslufthammers.
Wir hoffen alle, dass diese Epidemie relativ mild verläuft. Nicht auszudenken, welche Folgen Ihr Versagen für die Bevölkerung hätte, wenn es sich um einen gefährlicheren Erreger handeln würde. Sie sollten nach unserer Ansicht deshalb darüber nachdenken, ob Sie eine Verantwortung dieser Größenordnung wirklich übernehmen oder viel
Frau Winde! Sie sagen, das Thema werde parteipolitisch ausgeschlachtet, und das sei unverantwortlich. Es tut mir leid, aber die Opposition lässt sich nicht mehr mit diesem Totschlagargument mundtot machen. Natürlich müssen wir Vorkommnisse, die die Bevölkerung betreffen, ansprechen und kritisch begleiten.
Genau das tun wir. Ich bin mittlerweile froh – es wurde vorhin angesprochen –, dass das Gesundheitsressort des Bundes mit einem FDP-Mann besetzt wurde. Wäre das früher geschehen, dann wäre die Vorarbeit besser erledigt worden als von Ihrer Parteikollegin, Herr Gaebler.
Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Liebe Gäste! Für die Chronisten: Seit dem 13. Juni – Stand von heute 14.30 Uhr – gibt es in Berlin 1 837 Fälle. Da davon der Großteil bereits wieder gesund ist, ist das nicht der aktuelle Stand der Erkrankten.
Ja, es gibt organisatorische Probleme bei der Impfung gegen die Schweinegrippe. Und ja, die Impfärzte wurden zu spät verpflichtet. Nur leider macht es sich die Opposition – wie so oft – zu einfach. Statt sich ernsthaft mit den Problemen, ihren Ursachen und den tatsächlichen Lösungsmöglichkeiten zu beschäftigen, ergehen Sie sich in Populismus und machen zweifelhafte Vorschläge.
Damit ist keinem geholfen. Im Gegenteil: Sie profilieren sich zulasten der verunsicherten Bevölkerung. Diese Verunsicherung hat viele Gründe, von denen die wenigsten vom Handeln des Senats verursacht wurden.
Ich stelle Ihnen nun dar, wie die Impfung in den Berliner Praxen ablaufen soll, an welchen Stellen es noch nicht so läuft wie geplant, was die Ursachen dafür sind und wie wir diese Probleme lösen werden bzw. bereits gelöst haben. Der letzte Punkt ist der entscheidende. Da teile ich Ihre Auffassung. An der Stelle sei mir der Hinweis gestattet, dass schon seit dem 26. Oktober auch in Berlin planmäßig durch arbeitsmedizinische Dienste und Gesundheitsämter geimpft wird.
Im Ergebnis der Verhandlungen auf Bundesebene war klar, dass die Kassen – nicht der Senat – nicht mehr als 28 Euro für die Impfung bezahlen können. Davon sollten
etwa 18 Euro auf den Impfstoff, das Impfbesteck, die Logistik usw. entfallen. Weitere 10 Euro waren für ärztliche Leistungen gedacht. Auf zwei Impfungen verteilt, sind das 5 Euro pro Impfung – einfache Mathematik. Auf dieser finanziellen Basis gab es in den meisten Bundesländern keine langen Diskussionen, sondern zügige Vertragsabschlüsse mit den Kassen, den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Ländern. Nicht so in Berlin! Hier verlangte die Kassenärztliche Vereinigung 7,10 Euro pro Impfung. Ich war und bin nicht bereit, mich von der ständischen Vertretung der Ärzteschaft in dieser Weise nötigen zu lassen, und das hat nichts mit mangelndem Respekt vor der Ärzteschaft zu tun.
Die Kassenärztliche Vereinigung hat finanzielle Interessen in den Vordergrund gerückt und ihren medizinischen Auftrag hintangestellt. Das ist unverantwortlich und nicht akzeptabel.
Die Vertreterversammlung der Kassenärztliche Vereinigung Berlin hat das Angebot für eine bundesweit übliche Honorierung der Ärzte abgelehnt. Ich habe deshalb mit Schreiben vom 19. Oktober 2 790 Ärzte – vor allem Hausärzte, gynäkologische Praxen, Internisten und Kinderärzte – aufgefordert, mit uns Einzelverträge auf der Basis von 5,50 Euro für die erste und 4,50 Euro für die zweite Impfung abzuschließen. Vor diesem Hintergrund haben alle recht, die feststellen, dass die Impfverträge zu spät abgeschlossen wurden, aber das hat die Kassenärztliche Vereinigung zu verantworten.
Bis heute wurden mehr als 600 Verträge von Arztpraxen an uns zurückgeschickt. Ich will mich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich bei den Ärztinnen und Ärzten bedanken, die sich bereiterklärt haben, die Berlinerinnen und Berliner zu impfen und damit deutlich machen, dass sie die Position der KV nicht teilen.
Nicht alle Praxen, die das wollen, können bereits impfen. Dafür gibt es im Kern drei Gründe. Erstens: Etwa die Hälfte der Verträge sind fehlerhaft oder unvollständig an uns zurückgesandt worden. Das reicht von handschriftlichen Anmerkungen und Fragen mitten im Vertragstext bis hin zu fehlenden Unterschriften und Absendern.
Bis aber die Verträge nicht einwandfrei sind, können wir der Apotheke die Auslieferung des Impfstoffs an die betreffenden Praxen nicht genehmigen. Das geht schon aus Haftungsgründen nicht. Deshalb reicht auch eine Übersendung per Fax nicht. Es gibt deshalb auch Einzelfälle – über die auch in den Medien berichtet wurde –, in denen bereits Ende Oktober Impfstoff bestellt, aber bis dato nicht ausgeliefert wurde. Wir haben in diesen Fällen
Zweitens: Wenn die Verträge abgeschlossen sind, geht die Meldung durch meine Senatsverwaltung an die Apotheke, dass die Praxis beliefert werden kann. Das heißt aber nicht, dass jemand fünf Minuten später mit den Impfdosen losfährt und eine Stunde später mit dem Impfen begonnen werden kann. Der Hersteller des Serums liefert Packungen mit 500 Impfdosen. Zunächst muss der Impfstoff deshalb in der Apotheke entsprechend der Bestellungen der Praxen vereinzelt und mit Impfbestecken ergänzt werden. Erst dann wird ausgeliefert. Dabei müssen Fahrzeuge mit Kühlsystem benutzt werden, um die Kühlkette nicht zu unterbrechen. Gut gemeinte Ratschläge, Taxis oder meinen Dienstwagen zu nutzen, helfen also nicht weiter, zumal auch beim Transport immer die Haftungsfrage beachtet werden muss. Deshalb kann der Impfstoff auch erst ab dem Morgen des Folgetages nach der Lieferung verimpft werden, da erst dann die Aufzeichnungen über die Einhaltung der Kühlkette ausgewertet sind. Das heißt, dass schon bei optimalem Ablauf zwischen Vertragsabschluss und der Möglichkeit der Verimpfung zwangsläufig drei bis vier Arbeitstage liegen. Hinzu kommt, dass angebrochene Flaschen mit Impfstoff innerhalb von 24 Stunden verbraucht werden müssen. Eine Abfüllung des Serums reicht für zehn Personen. Die Praxis braucht somit eine bestimmte Anzahl Impfwilliger, bevor sie mit den Impfungen beginnen kann. Das müssen die Praxen selbst organisieren.
Drittens: Das reale Leben führt auch zu Problemen. Beispielsweise zieht ein Stromausfall in einem Gesundheitsamt 500 Impfdosen nach sich, die nicht mehr verwendet werden können. Dann sind Nachbestellungen erforderlich, und die Wartezeiten verlängern sich. – In der Summe haben diese Umstände am Montag zu einer Situation geführt, die ich nicht vorausgesehen habe und die auch mich nicht zufriedengestellt hat.
Ich möchte an dieser Stelle auf die Liste der Praxen eingehen, die am Sonntag im Internet veröffentlicht wurde. Es gab in meinem Haus im Vorfeld Debatten, ob man zum Montag nur die Praxen veröffentlicht, die bereits Impfstoff hatten, oder diejenigen, mit denen Verträge abgeschlossen waren, die Impfstoff bestellt hatten und Impftermine hätten vergeben können. Das waren zu diesem Zeitpunkt 215 Praxen. Dazu gab es unterschiedliche Auffassungen. Ich habe entschieden, die gesamte Liste der Praxen zu veröffentlichen. Ich tat das in der Annahme, die Praxen wollten vorsorglich Termine vergeben. Diese Einschätzung von mir war falsch. Es werden deshalb künftig nur noch die Praxen veröffentlicht, die tatsächlich impfen können.
Wie haben wir darüber hinaus auf die Anlaufschwierigkeiten reagiert, und wie antworten wir auf fast täglich neue Fragen zu dieser Impfkampagne? – Die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich in der Gesundheitsverwaltung um Vertragsabschlüsse, die Hotline für
Ärzte, Abstimmungen usw. kümmert, wurde erneut erhöht, und zwar zulasten anderer notwendiger Arbeiten. Das belastet die einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landes und der Bezirke massiv, bei denen ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bedanken will.
Durch die Verweigerung der Kassenärztlichen Vereinigung – ich wiederhole das – konnten die Verträge mit den Ärztinnen und Ärzten zudem erst verzögert erstellt werden. Das hat natürlich auch dazu geführt, dass die Apotheke nicht wie geplant mit ihren Arbeiten beginnen konnte. Deshalb hat auch die Apotheke noch einmal aufgestockt. Sie ist seit Anfang der Woche im 24-StundenDauerbetrieb, um z. B. den Impfstoff schneller zur Lieferung vorzubereiten und Anfragen von Ärzten auch in Tagesrandzeiten zu beantworten. Es war für den Zeitablauf natürlich ein erhebliches Problem, dass die Apotheke keinen Zugang zur Adressendatenbank der Kassenärztlichen Vereinigung hatte und stattdessen in einer Loseblattsammlung Hunderte Verträge und Bestellungen per Hand miteinander abgleichen und eine eigene Datenbank erstellen musste. Auch den Beschäftigten der HubertusApotheke, die eine zentrale Rolle in unserem Impfkonzept hat, sei an dieser Stelle herzlich gedankt.
Der Impfstoff wird parallel zur laufenden Impfaktion hergestellt und vom Hersteller leider so verpackt, dass er sich nur für Massenimpfungen mit mehr als 500 Personen an zentralen Impfstellen eignet. Das entspricht aber nicht der von uns allen gewünschten und in einer Metropole notwendigen wohnort- und bürgernahen Versorgung mit Impfstoff. Insofern schafft die Impfkampagne auch für Patientinnen und Patienten, die individuelle Termine und kurze Wartezeiten bei ihrem Hausarzt gewohnt sind, und für Arztpraxen, die Medikamente normalerweise anders beschaffen, eine neue und ungewohnte Situation.
Viertens: Um die täglichen Liefermengen zu erhöhen, wurde zudem die Zahl der Fahrzeuge erhöht. Dadurch können jetzt pro Woche bis zu 1 000 Lieferungen erfolgen.
Fünftens: Es werden weiterhin zunächst die Verträge abgearbeitet, die uneingeschränkt unterschriftsreif sind, um schnellstmöglich die Zahl der Impfpraxen zu erhöhen.
Mit Stand heute 8 Uhr haben diese Veränderungen dazu geführt, dass nunmehr 262 Praxen mit Impfstoff beliefert worden sind. Hinzu kommen die arbeitsmedizinischen Dienste, darunter auch Berliner Krankenhäuser – das sind bis jetzt 34 –, sowie die 12 Gesundheitsämter. Für weitere 36 arbeitsmedizinische Dienste und 218 Praxen wurden inzwischen Verträge unterzeichnet und die Belieferung freigegeben. Diese Impfstätten erhalten spätestens 48 Stunden nach Eingang der Bestellung bei der Apotheke ihren Impfstoff. Wir haben also bis gestern Abend 480 Verträge mit Arztpraxen abgeschlossen, darunter bisher übrigens leider nur 23 mit Kinderärzten. Dorthin habe ich mich mit einem speziellen Schreiben gewandt,
und auch deshalb sind wir sehr froh über dieses Angebot. Weitere 130 Verträge liegen uns vor; diese werden zurzeit bearbeitet. Damit stehen in Kürze ca. 600 Praxen für die Impfung der Berliner Bevölkerung zur Verfügung. Es gehen zurzeit immer noch täglich neue Verträge bei uns ein, sodass ich davon ausgehe, dass die Zahl der Impfpraxen noch weiter wächst.
Gestern ist es uns auch gelungen, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass aus unserem wahrlich nicht großen Etat den Bezirken zusätzliche Honorarmittel für weiteres Personal zur Unterstützung der Gesundheitsämter bereitgestellt werden können. Außerdem werden derzeit spezielle Impfsprechstunden für chronisch kranke Kinder vorbereitet. Das war hier schon Thema, und deshalb will ich das jetzt nicht vertiefen.
Bei der Gelegenheit möchte ich ein Missverständnis ausräumen: Selbstverständlich erhält ein niedergelassener Arzt für die Impfung eines Kindes in seiner Praxis dasselbe Honorar wie für einen Erwachsenen. Auch hierzu werden uns absurde Fragen gestellt wie z. B. die, ob man da nur das halbe Honorar bekommt.
Ich war gestern in der Sitzung des Gesundheitsminister der Länder mit dem Bundesgesundheitsminister und möchte Ihnen im Ergebnis einmal empfehlen, den Blick über den Tellerrand zu erheben. In mehreren Bundesländern haben die Praxen nicht genug Impfstoff, die Auslieferung der Dosen funktioniert nicht, in anderen wurden Substanzen ausgeliefert, allerdings in so geringen Mengen, dass sie in vielen Praxen schon verbraucht sind. Es gibt zusammengebrochene Hotlines, und es gibt Länder, in denen sich Labore um Zuständigkeiten streiten und die Bürger im Ergebnis lange auf Testergebnisse warten müssen. In einem Bundesland gibt es nicht einmal mehr Proberöhrchen, um die Grippe zu diagnostizieren, andernorts fehlt eine Liste, der die Bürger entnehmen können, welche Ärzte impfen. Und überall spricht man wie in Berlin vom Impfchaos – übrigens auch die „Bild“-Zeitung von heute.
Herr Czaja! Sie glauben doch nicht im Ernst, dass es diese Schlagzeilen quer durch die Republik gibt, weil die komplette Riege der Gesundheitsministerinnen, Gesundheitsminister und Gesundheitssenatorinnen von CDU, SPD, FDP und Linken – Grüne sind nicht dabei – zu dumm ist, ihre Arbeit zu erledigen.
Nehmen Sie doch zur Kenntnis, dass es sich nicht um einen 08/15-Vorgang handelt, sondern um eine Massenimpfung, die es so noch nicht gegeben hat, die nicht mit der saisonalen Grippeimpfung vergleichbar ist und wo auch ein halbes Jahr Vorbereitungszeit nicht wirklich viel ist. Bei einem solch außergewöhnlichen Vorgang gibt es an unterschiedlichen Stellen auch Probleme und ungeklärte Fragen.