Protocol of the Session on October 15, 2009

Ich rufe auf

lfd. Nr. 5 b:

Große Anfrage sowie schriftliche Antwort des Senats

Flughafen Berlin-Brandenburg International – Zwischenbilanz zwei Jahre vor Inbetriebnahme

Große Anfrage der FDP und Antwort des Senats Drsn 16/2492 und 16/2562

Das ist Tagesordnungspunkt 10. Für die Besprechung hat jede Fraktion wieder jeweils fünf Minuten. Es handelt sich hierbei zwar um eine Priorität der Fraktion der SPD, man hat sich aber darauf verständigt, dass die anfragende Fraktion der FDP zuerst das Wort erhält. Deshalb bitte ich Herrn Kollegen Thiel an das Mikrofon.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Berlin-Brandenburg International ist das wichtigste Projekt, das auf der Tagesordnung steht, nicht nur für Berlin und Brandenburg, sondern, ich glaube, sogar für den gesamten Nordosten Deutschlands. Berlin-Brandenburg International ist zugleich ein Modell für die Zusammenarbeit der beiden Länder. Wir wollen den Erfolg dieses Projektes, und weil wir den Erfolg wollen, haben wir diese Große Anfrage gestellt. Wir möchten wissen: Wie weit sind die Pläne, die Sie uns vorgelegt haben, eingehalten worden? Aus den Antworten und vor allem aus den Nichtantworten, die Sie uns gegeben haben, ergeben sich neue Fragestellungen, und die möchte ich Ihnen darzustellen versuchen.

Einmal die Perspektive von BBI: Wie sieht es angesichts der aktuellen Entwicklung aus, gerade auch hier in Berlin, was den Flugverkehr angeht? Wir haben zurzeit Minuszahlen zu verzeichnen. So geben Sie das auch selber an. Das kann perspektivisch gesehen Auswirkungen auf die Akzeptanz des Flughafens BBI und die Akzeptanz durch die Fluggesellschaften haben. In dem Zusammenhang stellt sich auch die Frage: Wie sieht es überhaupt mit der Gesamtkostenstrategie, die Sie fahren, aus? Sind die Kosten noch im Rahmen des Kostenplans, oder haben sich da Veränderungen ergeben?

[Beifall bei der FDP]

Die aktuelle Situation ist doch: Wir haben keine öffentlich bekannten Rahmenterminpläne von Ihnen vorgelegt bekommen. Wir bekommen keine Teilfertigstellungstermine genannt, und wir wissen nichts über die Erfüllung der Leistungsstandards. Allerdings haben wir aus internen Recherchen erfahren, dass der BBI zurzeit einen Verzug von etwa zehn Tagen in der Fertigstellung hat.

[Christian Gaebler (SPD): Ui!]

Das wird man noch reduzieren können, heißt es, vorausgesetzt es gibt keinen Winter. – Na gut, der Winter steht vor der Tür, und wir werden im Frühjahr sehen, was noch dazugekommen ist. Der 30. Oktober 2011, ein ambitionierter Termin für die Fertigstellung! Es macht einen nachdenklich, wenn Sie in Ihrer Beantwortung schreiben: Am 28. Oktober haben die Baumaßnahmen zu enden, am 28. Oktober erfolgt die Abnahme, und am 30. Oktober erfolgt die Eröffnung. – Ich möchte gern mal erleben, dass eine Abnahme ohne irgendwelche Mängel erfolgt.

[Beifall bei der FDP]

Ein Mangel, den Sie auch einfach vor sich herschieben, ist der Anschluss mit der Dresdener Bahn oder auch die Fernbahnanbindung. Dazu schreiben Sie in der Antwort: Das können wir nicht genau angeben. Es soll aber irgendwann einmal geschehen.

[Heiterkeit bei Claudia Hämmerling (Grüne)]

Ich vermute mal, Frau Kollegin Hämmerling, dass Sie darauf etwas intensiver eingehen werden,

[Claudia Hämmerling (Grüne): Ganz sicher!]

und freue mich darüber.

Was mich ausgesprochen nachdenklich stimmt, ist auch die Gestaltung der Freiraumqualität. Sie sprechen da immer von „temporären Lösungen“ und geben an: Es werden viele Parkplätze da sein. – Das freut mich als Autofahrer. Aber irgendwie stelle ich mir das Ganze ziemlich trostlos vor. Da haben wir einen wunderschönen neuen Flughafen und drumherum immer nur temporäre Entwicklungen, ohne dass Sie irgendwo konkret angeben, was da geschehen soll. Sie setzen sehr viel Geld für die Infrastrukturentwicklung, für den Business Park Berlin ein. Aber was soll dieser Business Park eigentlich beherbergen?

[Claudia Hämmerling (Grüne): Business!]

Was ist das Ziel? Soll das unter Umständen – ähnlich wie in Stuttgart – ein neues Messegelände auf Brandenburger Grund werden? Das wäre interessant. Ich hoffe nicht!

Was ist eigentlich mit dem Airport Regio Team? Das Airport Regio Team, besetzt mit Damen und Herren aus Brandenburg und Berlin, soll die Bewerbung machen. Wenn ich aber in Ihren aktuellen Haushaltsentwurf schaue, dann stelle ich fest: Für die Jahre 2010 und 2011 bekommt dieses Team kein Geld mehr. Also: Ist es aufgelöst, oder arbeitet es ehrenamtlich?

Ein Punkt noch zum Schluss, der mir besonders wichtig erscheint: die Prognose der wirtschaftlichen Entwicklung. Sie haben angeben: 40 000 Arbeitsplätze, von denen angeblich schon über 30 000 geschaffen worden sind. – Das freut uns, und das finden wir auch ausgesprochen gut. Aber zwei Fragen – erstens: Wie hoch ist bei diesen Arbeitsplätzen die Verlagerung von Tempelhof und Tegel zu veranschlagen?

[Claudia Hämmerling (Grüne): Hundert Prozent!]

Handelt es sich bei diesen Arbeitsplätzen auch um nachhaltige Arbeitsplätze, die Bestand haben und nicht, wenn der Flughafen fertig ist, teilweise wieder verschwinden?

[Beifall bei der FDP]

Der Südostraum Berlins soll in der Tat – so haben Sie es angegeben – 700 neue Arbeitsplätze schon bekommen haben. Ich freue mich über jeden einzelnen Arbeitsplatz, aber mit Verlaub: 700 ist nicht die Messlatte, die man sich legen sollte.

Wir wollen den Erfolg von BBI, und wir wollen auch eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit unserem Nachbarbundesland Brandenburg. Deswegen werden wir auch in Zukunft konstruktiv, aber kritisch dieses Projekt begleiten. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Thiel! – Für die SPDFraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Gaebler das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Ich halte mal positiv fest, Herr Thiel, dass Ihnen nicht besonders viel eingefallen ist, was Sie hier noch kritisch zum Fortgang des Flughafenbaus anmerken können. Es ist doch auch schon mal eine gute Nachricht, nicht nur für die Region, sondern auch für diesen Senat, dass Sie ihn letztlich doch bei seiner Linie unterstützen und sagen: Eigentlich gibt es nicht mehr viel zu meckern. – Vielen Dank, Herr Thiel, für diese wenn auch etwas vorsichtig formulierte Aussage!

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Die Investitionskosten für den Flughafen betragen rund 2,5 Milliarden Euro. Hinzu kommen weitere dreistellige Millionenbeträge für Infrastrukturinvestitionen und Investitionen Dritter. Das schafft Wirtschaftskraft für die Region, sichert jetzt schon Tausende von Arbeitsplätzen in Berlin, und mit Inbetriebnahme des neuen Flughafens werden dort und im Umfeld bis zu 50 000 Arbeitsplätze geschaffen. Das, Herr Thiel, wird auch in der Antwort auf die Große Anfrage deutlich dargestellt. Da gibt es belastbare Prognosen, und bereits jetzt sind über 30 000 dieser Arbeitsplätze schon entstanden. Insofern habe ich nicht ganz verstanden, warum Sie große Fragezeichen dahinter setzen. Lesen Sie doch einfach die Antworten noch mal in Ruhe durch, dann finden Sie auch Aussagen zu diesem Thema!

[Volker Thiel (FDP) meldet sich zu einer Zwischenfrage]

Ich lasse die Frage zu.

Das ist sehr schön. Dann hat jetzt der Abgeordnete Thiel das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank! – Vielen Dank auch, Kollege Gaebler, dass ich fragen darf! Wenn Sie zugehört haben – was ich vermute –, dann haben Sie auch meine Frage verstanden. Ich hatte nach der Nachhaltigkeit dieser Arbeitsplätze gefragt. Ich hatte positiv hervorgehoben, dass über 30 000 – so steht es in der Antwort – vorhanden sind. Aber mich interessiert: Wenn BBI tatsächlich 2011 – was wir uns auch wünschen – startet, wie viele Arbeitsplätze davon werden erhalten bleiben? – Dazu gibt es keine Aussagen in dieser Beantwortung.

Aber wir halten schon mal fest: Diese 30 000 gibt es, und sie stehen als gesicherte Arbeitsplätze, die jetzt da sind

und über den Zeitraum hinaus erhalten bleiben, fest. Dass Sie jetzt nicht für jeden Arbeitsplatz genau sagen können: Wie lange, bis 2020, 2050 oder was auch immer, ist der jetzt gesichert? –, das ist klar. Aber Herr Thiel, hier zeigt sich doch deutlich, dass die Prognose, dass Sie pro 1 Million Fluggäste ungefähr 1 000 Arbeitsplätze ansetzen können, schon weit übertroffen wird. Insofern ist doch davon auszugehen, dass die Prognosezahlen, die Sie auch in der Antwort auf Ihre Große Anfrage finden, so eintreffen und dauerhaft Bestand haben.

Aus den Antworten auf den Fragenkatalog der FDP ist ersichtlich, dass die Arbeiten planmäßig vorangehen und der Finanzrahmen eingehalten wird. Deshalb ist es auch Anlass, über die Erfolgsgeschichte BBI zu sprechen. Nach jahrelangem Chaoskurs unter dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen, CDU, ist die Flughafenpolitik von Klaus Wowereit endlich in geordnete Bahnen gelenkt worden.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Das muss man hier einfach mal festhalten. Seit 2001 geht es mit diesem Flughafen deutlich voran. Nachdem es vorher diverse Irrungen und Wirrungen, Abstürze und Gerichtsniederlagen gab, geht es voran. Nach dem gescheiterten Privatisierungsversuch haben sich die Gesellschafter Berlin, Brandenburg und der Bund richtigerweise für einen gemeinsamen Weg in öffentlicher Trägerschaft entschieden. Die aktuelle Wirtschaftskrise bestätigt diese Entscheidung noch einmal, denn gerade in Krisenzeiten wie dieser kann nur der Staat Projekte dieser Größenordnung seriös absichern und zeitgerecht vorantreiben.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Das, Herr Thiel, hätten Sie auch mal anerkennen sollen bei Ihrer ganzen Privatisierungsideologie!

Dieses Projekt wird seriös und im Zeitplan sowie unter öffentlicher Kontrolle vorangetrieben; es ist ein Musterprojekt dafür, dass der Staat bestimmte Projekte selbst vorantreiben kann und muss.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Das bestreitet niemand!]

Doch, das haben Sie bestritten, Sie waren auch immer für eine Privatisierung an dieser Stelle und haben dann nur mühsam zugegeben, dass der damalige Versuch nicht korrekt war.

[Volker Thiel (FDP): Gar nicht mühsam!]

Deshalb komme ich noch einmal auf das zu sprechen, was Sie an Problemen reinzureden versuchen. Vor der Wirtschaftskrise kam von Ihnen und teilweise auch von der CDU der Einwand: Der Flughafen ist ja viel zu klein, was macht dieser Senat da eigentlich? Nun plötzlich, nachdem die Wirtschaftskrise eingetreten ist, heißt es: Da besteht ja die Gefahr, das etwas gebaut wird, was gar nicht ausgelastet sein wird. – Sie haben dabei vergessen, dass das Konzept dieses Flughafens genau darauf ausgelegt ist, flexibel reagieren zu können. Wir haben nämlich nicht gesagt, das wird ein bombastischer Flughafen für 40

Millionen Fluggäste, und dann schauen wir mal, wie viele wirklich kommen. Vielmehr haben wir die Möglichkeiten, modular auszubauen. Wir beginnen mit einer Startgröße, die jetzt auch schon etwas den aktuellen Prognosen angepasst wurde, und man kann dann relativ zeitnah schrittweise auf den Bedarf erweitern, der tatsächlich gegeben ist. Das ist ein zukunftsweisendes Konzept, das der Senat mit den anderen Beteiligten umgesetzt hat und das seinesgleichen in der internationalen Flughafenplanung sucht.