Herr Zöllner! Sie sind hier in Berlin angetreten als Supersenator im Superressort. Bisher ist Ihr Handeln leider vor allem eine Superenttäuschung. Sie kümmern sich lieber darum, sich ein Denkmal namens Einstein-Stiftung zu setzen, als dass Sie Ihre eigentlichen Aufgaben erledigen. Das pfeifen die Spatzen längst von allen Dächern. Das hat mittlerweile sogar der Regierende Bürgermeister verstanden. Seit der Senatsklausur am Montag ist nun endgültig klar: Der Kaiser trägt wirklich keine Kleider. Nicht dass wir Grünen das nicht schon seit Längerem wüssten, wir haben Ihnen schon vor Monaten auf den Kopf zugesagt, dass Sie da mit ungedeckten Schecks arbeiten.
Wir haben eingefordert, dass Sie darlegen, wie Sie die Grundfinanzierung der Hochschulen sichern wollen, und nachgefragt, wie es um die Investitionen in der Universitätsmedizin steht. Sie haben sich dem verweigert, sich entzogen, das Anliegen von sich gewiesen, uns gar unterstellt, wir würden die Tatsachen verdrehen. Dafür sind Sie dann mit hanebüchenen Versuchen gekommen, durch ein angeblich leistungsförderndes Preismodell zu verschleiern, dass Sie das Geld gar nicht haben. Herr Zöllner! Ihr Kartenhaus ist in sich zusammengebrochen.
Was Sie bis heute vorlegen, ist doch keine solide Verhandlungsgrundlage und kein Finanzierungskonzept zum Erhalt der wissenschaftlichen Leistungsfähigkeit in einer schwierigen Haushaltssituation. Das war und ist Augenwischerei. Die Öffentlichkeit für dumm verkaufen, Konzepte nicht kommunizieren, Finanzierungen nicht durchkalkulieren, ungedeckte Schecks ausstellen – das ist Ihre Taktik. Aber wer hat sich denn im Herbst vor den Hochschulen so weit aus dem Fenster gehängt, erklärt, dass er
die Forderungen der Hochschulen anerkennt, und seine eigene Karriere daran geknüpft, substanzielle Verbesserungen für die Hochschulen zu erreichen, die notwendigen Mehrbedarfe zu finanzieren? – Das waren Sie, Herr Zöllner! Mittlerweile wissen wir, offenbar war keine Ihrer Aussagen und auch keine Zahl, die Sie den Hochschulen genannt haben, durch eine Verständigung innerhalb des Senats gedeckt. Aber bitte! Wer zieht dann los und verspricht Geld, das er nicht hat?
In der Zeitung ist zu lesen, dass es aus Ihren eigenen Kreisen fast schon entschuldigend heißt: Mit Zahlen hat er es nicht so. – Dafür hantieren Sie aber sehr locker mit den Millionen. Aber Ihr Spiel ist nicht aufgegangen.
Wissen Sie, meine Damen und Herren, was das für den Wissenschaftsstandort Berlin heißt, wenn die Ansage vom Montag so umgesetzt wird? – Erst mal steht dann der Abbau von weiteren ca. 2 500 Studienplätzen ins Haus. Damit sind übrigens auch die von Ihnen locker einkalkulierten Hochschulpaktmittel flöten. Chancen, noch mal so gut bei der nächsten Runde der Exzellenzinitiative abzuschneiden, haben wir dann auch nicht mehr. Es spricht Bände, dass eine Selbstverständlichkeit, nämlich die Kofinanzierung der Exzellenzmittel und deren Sicherung, mittlerweile zum Erfolg definiert wird. Dass Sie die Ergebnisse der Senatsklausur bezüglich der Charité als zufriedenstellend bewerten, finde ich, zeigt einfach nur noch einen gewissen Realitätsverlust, Herr Zöllner!
Da ist es wohl gut, dass Ihnen die Verhandlungen nun aus der Hand genommen wurden. Eine schallende Ohrfeige für jemanden, der angetreten ist, dieser Stadt nach langer Zeit endlich einen Wissenschaftssenator zu geben! Leider sind Sie mit Ihrem Riesenressort offenbar zunehmend überfordert. Qualitätsverbesserungen in der Kita – Fehlanzeige! Die wichtige Schulstrukturreform kommt irgendwie, aber an den entscheidenden Punkten schaffen Sie es nicht, die Leute mitzunehmen. Lieber lassen Sie sich am Nasenring der Partikularinteressen durch die Manege führen. Auf der Großbaustelle Charité gibt es seit zwei Jahren kaum Fortschritte. Letzte Woche Bildungsstreik! Heute der Wandertag der Brennpunktschulen! Ihre Lippenbekenntnisse der Solidarität sind da nichts wert, Herr Senator!
Ihre Aufgabe ist es, zu liefern und die Interessen von Bildung und Wissenschaft im Senat zu vertreten, und das tun Sie nicht.
Deswegen, Herr Wowereit, sind jetzt Sie gefragt. Schaffen Sie endlich Planungssicherheit! Formulieren Sie ein seriöses Angebot an die Hochschulen und die Charité, damit es weitergeht, damit Berufungen ausgesprochen und Studierende immatrikuliert werden können, damit der Investitions- und Sanierungsstau an der Charité aufgelöst werden kann! Denn Aussitzen und Verzögern gefährden die Gesundheit, nämlich die des Wissenschaftsstandorts Berlin. Sie, Herr Zöllner, können einem fast leidtun. Mal ganz ehrlich, den nackten Kaiser nimmt doch keiner mehr ernst.
Das ist im Märchen genauso wie in der Realität. Deswegen ziehen Sie Ihre Konsequenzen, wenn Sie es nicht können, dann nehmen Sie einfach Ihren Hut als Wissenschaftssenator!
Und Sie, meine Damen und Herren von der rot-roten Koalition, sollten ganz schnell damit anfangen, mit uns gemeinsam daran zu arbeiten, dass wir aus diesem Schlamassel wieder herauskommen.
Dazu wäre diese Aktuelle Stunde ein erster Schritt, Klarheit schaffen statt maximale Hängepartie und unverantwortlichem Umgang mit Wissenschaft und Charité. – Danke!
Danke schön, Frau Kollegin Schillhaneck! – Für die FDPFraktion hat nunmehr der Kollege Jotzo das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Oberg! Ich muss ja in einem Punkt recht geben, man könnte heute auch gut über die Wissenschaftspolitik im Land Berlin reden, weil im Grunde genommen wenige Sachgebiete, wenige Politikfelder die Konzeptionslosigkeit und die Ziellosigkeit der Senatspolitik so klar aufzeigen wie im Bereich der Wissenschaftspolitik.
Aber es gibt ein Feld, wo Ihre Ziel- und Konzeptionslosigkeit noch stärker zutage tritt, und das ist das Feld Ihres Agierens mit dem Flughafen Tempelhof.
[Beifall bei der FDP und der CDU – Gelächter bei der SPD – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion)]
Wir erinnern uns, was Sie, Herr Regierender Bürgermeister, der gesamte Senat und die Regierungskoalition uns
vor einem Jahr noch an Blütenträumen versprochen haben. Vor einem Jahr in diesem Haus: Durch die Schließung von Tempelhof werden wir pro Jahr Millionen an Kosten sparen. Wir haben tolle Entwicklungsperspektiven für das Tempelhofer Feld. Und schließlich wollen wir das Feld für die Bürger öffnen. – So hat es die Koalition vor einem Jahr noch zusammengefasst. Es gab dann einen Volksentscheid. Die Meinung hat sich durchgesetzt. Wir waren anderer Auffassung, aber wir respektieren natürlich die Entscheidung.
Aber was sehen wir ein Jahr später, nach dem Ende dieses Volksentscheids? – Ich habe mich davon am letzten Wochenende selbst überzeugt. Ich stand dort auf dem Columbiadamm und habe mir angeschaut, was aus Ihren Blumenversprechen geworden ist, meine Damen und Herren von der Koalition! Da stand ich auf dem Columbiadamm, und ich sah kein offenes Feld, ich sah auch keine tollen Entwicklungsperspektiven. Was ich sah, waren 2 000 Polizistinnen und Polizisten hinter und vor einem Zaun mit NATO-Draht, die eine leere Wiese vor den Menschen beschützt haben, die auf dieses Feld wollten. Das ist aus Ihren Versprechen geworden. Was für eine Posse!
Es wäre ja auch schön gewesen, Herr Wowereit, wenn diese Posse kostenneutral gewesen wäre oder sie uns vielleicht sogar noch Ersparnisse für unseren Landeshaushalt gebracht hätte, aber leider hat diese Posse uns auch noch für einen Tag etwa 2 Millionen Euro gekostet. Und diese 2 Millionen Euro zahlt wiederum der Steuerzahler für Ihre ziel- und konzeptionslose Politik.
Man muss feststellen: All die Zusagen, die Sie gemacht haben, sind nicht eingetreten. Alles ist Makulatur, alles, Herr Wowereit, was Sie hier von sich gegeben haben. Das zeigt: Sie sind ein Trickser und nichts anderes beim Thema Tempelhof.
Weshalb wurde diese Posse überhaupt erforderlich? – Sie wurde deshalb erforderlich, Herr Körting, weil Sie eine Machtprobe veranstalten mussten. Sie mussten dieser Stadt nach mehreren Jahren Untätigkeit unbedingt zeigen, dass Sie in der Lage sind, ein Zeichen zu setzen und gegen die linke Gewalt in der Stadt irgendetwas unternehmen –
und das nach drei Jahren. Nach drei Jahren, in denen jeden Tag ein Kraftfahrzeug in dieser Stadt gebrannt hat, haben Sie endlich den Willen verspürt, etwas gegen linke Gewalt zu tun. Da war es offensichtlich ein geeignetes Objekt, dies im Rahmen von Tempelhof zu tun. Sie haben sich tatsächlich dafür entschieden, dieses leere Feld von 2 000 Polizisten und Polizistinnen für 2 Millionen Euro für einen Tag beschützen zu lassen. Sie, Herr Körting sa
gen, das sei eine erfolgreiche Sicherheitspolitik. Ich sage: Das ist eine unsinnige Sicherheitspolitik! Setzen Sie die Ressourcen des Landes dort ein, wo sie gebraucht werden, nämlich im Kampf gegen die Kriminalität und nicht zur Wiesenbewachung, Herr Körting!
Daran ändert auch nichts, dass Sie sich in den vergangenen drei Jahren von linken Chaoten ständig haben vorführen lassen. Die Untätigkeit des Senats ist allerorten festzustellen. Sehen wir uns den 1. Mai an, fragen wir, wie die Empfehlungen des Senats für jemanden lauten, der Opfer linker Gewalt wird, dessen Kraftfahrzeug in Friedrichshain-Kreuzberg angezündet wird. Dem sagt der Polizeipräsident mit Goutierung des Innensenators: Parken Sie doch Ihr Fahrzeug nicht mehr in Kreuzberg! – Was wollen Sie denjenigen sagen, deren Häuser in Brand gesetzt werden? Wohnen Sie nicht mehr in Prenzlauer Berg? Was sagen Sie denjenigen, denen Buttersäure in die Gewerbestätten geworfen wird? Sagen Sie denjenigen: Betreiben sie kein Gewerbe mehr in Berlin? – Wie lautet da Ihre Antwort, Herr Innensenator? – Ihre Antwort ist es, mit 2 000 Beamten eine leere Wiese zu schützen. Das reicht nicht! Die Bürgerinnen und Bürger erwarten von Ihnen zu recht eine vernünftige Konzeption in der Sicherheitspolitik. Und von Ihnen, Herr Regierender Bürgermeister, erwarten sie endlich eine Perspektive und ein Ziel im Agieren mit Tempelhof. Das, was Sie hier in den letzten drei Jahren und insbesondere nach dem Volksentscheid um Tempelhof gezeigt haben, ist nichts weiter als eine ziel- und konzeptionslose Senatspolitik. Wir erwarten von Ihnen, dass Sie sich heute im Rahmen dieser Runde für diese Politik rechtfertigen. Lassen Sie uns über Tempelhof sprechen! – Vielen Dank!
Ich lasse jetzt über das Thema der heutigen Aktuellen Stunde abstimmen. Zuerst über das Thema der CDUFraktion, weil sich hierzu eine Mehrheit abzeichnet. Wer dem Antrag der CDU-Fraktion seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die CDU, die SPD und die Linksfraktion. Danke! Die Gegenprobe! – Das ist Bündnis 90. Ersteres war die Mehrheit, dann ist das so beschlossen. Enthaltungen? – Die FDP. Die anderen Themen haben damit ihre Erledigung gefunden.
Ich werde die Aktuelle Stunde wieder als Tagesordnungspunkt 3 aufrufen. Es ist verabredet, sie mit dem Tagesordnungspunkt 12 in der Beratung zu verbinden.
Ich weise auf die Ihnen vorliegende Konsensliste, sowie auf das Verzeichnis der Dringlichkeiten hin. Ich gehe