Zweitens ist es schon aus Prinzip richtig, das Begehren des Volkes so schnell wie möglich zu entscheiden. Diese Vorteile waren dem Senat eine letztlich überschaubare zusätzliche Aufgabe wert. Es hätte ein lebhafter, interessanter Austausch von Argumenten werden können, der unsere Debatte über den richtigen Umgang mit den In
Instrumenten der direkten Demokratie weiter gebracht hätte. Sie, Kollege Kluckert, sind aber einen anderen Weg gegangen. Schade! Sie bringen hier zwei Kategorien in die Debatte ein, die weder rechtlich noch politisch einen Sinn haben. In Ihrem Entwurf – das schreiben Sie auch in Ihrer Begründung – geht es um Schuld und um Strafe. Beides ist vollkommen absurd.
Eine Regierung kann sich nicht dadurch schuldig machen, dass sie schlicht und ergreifend tut, was ihres Amtes ist. Sie kann sich dabei irren; sie kann politische Fehler machen, aber schuldig machen kann sie sich nicht. Es wäre daher die Aufgabe der Opposition gewesen, politische Kritik zu üben. Stattdessen haben Sie mit einem unpolitischen Antrag eine Strafbestimmung für ganz normales Amtshandeln vorgeschlagen. Das ist in der Sache verfehlt.
Ihr Gesetzentwurf kann von einem Parlament, das sich ernst nimmt, gerade auch in seinem Verhältnis zur ausführenden Gewalt, nur abgelehnt werden.
Das Pikante an dem Vorgang ist nun, dass der Regressgedanke von der FDP kommt. Man fragt sich unwillkürlich, wie sich die FDP in vergleichbaren Situationen verhält, wenn sie an einer Regierung beteiligt ist. In diesem Zusammenhang ist der Blick nach Nordrhein-Westfalen ungemein erhellend. Nordrhein-Westfalen war in diesem Sinne scheinbar vorbildlich. Die Landesregierung wollte dort die Kommunalwahlen auf den Tag der Europawahl legen, um die Organisation zu erleichtern, um Kosten zu sparen. Das war eine gute Idee, großes Lob. Zunächst. Leider hat der Verfassungsgerichtshof des Landes den schönen Plan zunichte gemacht, weil die Kommunalwahlen das letzte Mal 2005 im Oktober stattgefunden haben und eine Neuwahl im Juni die Amtsperioden der kommunalen Mandatsträger in verfassungswidriger Weise verkürzt hätten. Was glauben Sie nun? Wie hat die Landesregierung auf das Urteil des Verfassungsgerichts reagiert? Hat sie die Kommunalwahl nunmehr auf das Datum der Bundestagswahl, auf den 27. September, gelegt? – Mitnichten! Stattdessen fiel die Entscheidung der schwarzgelben Koalition auf den 30. August.
Man kann das intellektuell nachvollziehen, denn Kommunalwahlen haben eine niedrigere Mobilisierung als Bundestagswahlen, und eine niedrigere Mobilisierung nutzt in der Regel den kleineren Parteien,
zum Beispiel den Freien Demokraten. Begründbar, einsichtig oder gar verantwortungsvoll ist die Entscheidung jedoch nicht. Eine Wahl kostet in Nordrhein-Westfalen 42 Millionen Euro.
42 für nichts hinausgeschmissene Steuermillionen! – Verehrter Kollege Kluckert! Ich werde den Sozialdemo
kratinnen und Sozialdemokraten im nordrhein-westfälischen Landtag trotzdem nicht raten, ein Regierungsregressgesetz einzubringen. Dass ich ihnen den Berliner Entwurf der FDP zur Kenntnis geben werde – dafür haben Sie sicher Verständnis. Die feine Ironie des Geschehens sollten wir ihnen nicht vorenthalten. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! 300 000 Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt haben ihre Unterschrift für „Pro Reli“ abgegeben.
Ich denke, es war ein beispielloses Votum. Doch Sonnenkönig Wowereit interessiert das nicht, denn es sind in diesem Fall die Falschen, die ihre Stimme erheben. Es sind nicht die Transferleistungsempfänger.
Hätten sie ihre Stimme erhoben, dann hätten die politischen Nutznießer des wirtschaftlichen Niedergangs unserer Stadt, nämlich Die Linke, bereits zu einer Menschenkette von Hönow bis zum Roten Rathaus aufgerufen. Es sind auch nicht die linken Berufschaoten, vor deren Ansichten zur gesellschaftlichen Unordnung die öffentliche Macht unter diesem Senat zusehends kapituliert und der es nie so leicht gefallen ist, der Mehrheit ihre Meinung aufzuzwängen.
Nein! Vor allem nicht von Oberg! – Man sieht, es sind die Falschen, die sich zu Wort melden. Es sind eher die Anhänger der im Regelfall sogenannten schweigenden Mehrheit.
Es sind die Angehörigen der Mittelschicht, die unsere Gesellschaft tragen und die zum Dank von diesem Senat verraten und verkauft werden.
Es sind eher diejenigen, die Kinder haben und die zu allem Überfluss auch noch auf eine gute Bildung Wert legen, diejenigen, die die Erziehung ihrer Kinder nicht ausschließlich der Firma Medion überlassen haben. Sie sind offensichtlich uninteressant für einen Senat aus SPD und Linken. Bei den Linken kann man das noch verstehen, die Religion wird von ihrem Übervater Karl Marx als Opium für das Volk betrachtet.
[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Das ist falsch zitiert. Zitieren Sie es mal richtig! – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Einfach nur langsam lesen!]
Es ist richtig zitiert. Lenin hat das nur abgewandelt. Vielleicht müssten Sie mal wieder nach Moskau zur Kaderschulung. Dann wüssten Sie das.
Bei der Berliner SPD hingegen überrascht die Religionsfeindlichkeit. Sie nimmt auch eine Sonderstellung innerhalb ihrer eigenen Partei ein. Viele Vertreter der BundesSPD sehen das nämlich ganz anders, zum Beispiel Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier, Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse, die stellvertretende Bundesvorsitzende und Immer-Reiterin-auf-dem-Linkenticket Andrea Nahles und Generalsekretär Hubertus Heil. Sie alle sind für „Pro Reli“ eingetreten, in Berlin natürlich auch zuvörderst die Kirchen mit ihren Bischöfen,
Doch die SPD in Berlin ist vereint mit den Linken in ihrem Kulturkampf um die Ausrottung der letzten religiösen Wurzeln in einer schon weitgehend atheistischen Stadt.
Genau darum geht es Ihnen auch bereits mit Ihrer Marginalisierung des Faches Religion. Das ist genau das Gegenteil einer Wahlfreiheit.
Sie wissen genau, dass nur die wenigsten Schüler freiwillig ein an den Rand gedrängtes Fach Religion wählen werden, wenn sie bereits das Pflichtfach Ethik absolviert haben, dass nur die wenigsten Schüler Lust haben werden, am Nachmittag noch in der Schule zu sitzen, während ihre Klassenkameraden bereits fröhlich draußen Fußball spielen, chillen oder sonst was machen.
Deshalb hat der Senat auch Angst vor dem Willen der Berlinerinnen und Berliner. Anders ist es nicht zu erklären, dass er den Tag der Volksabstimmung nicht mit der Europawahl zusammenlegt. Klaus Wowereit hat die Hosen voll,
dass die Leute genug haben könnten von ignoranter Obrigkeitspolitik, Arroganz der Macht und Bastaentscheidungen eines Einzelnen, der darüber hinaus auch noch den Anspruch erhebt, der Staat selbst zu sein. – Ganz nebenbei haben Sie damit Ihre Kollegen im Senat zur Pappkameraderie degradiert.
Die FDP stellt nun einen Antrag, dieses kostenträchtige Vorgehen den Verursachern, also Wowereit und seinen Senatspappkameraden, in Rechnung zu stellen. Über die juristischen Feinheiten des Antrags oder Verbesserungsmöglichkeiten im Detail mögen sich die Fachleute der Jurisprudenz weiterunterhalten. Die CDU-Fraktion sieht in diesem Antrag vor allem ein Ausrufezeichen gegen genau diese Politik der absolutistischen Verklärung des Einzelwillens des Regierenden Bürgermeisters.
Deshalb werden wir uns diesem Ausrufezeichen anschließen – wobei man sagen muss, die Forderung nach Regress wäre noch deutlich auszuweiten. Wer gibt zum Beispiel den Menschen in dieser Stadt einen Ausgleich für die Verringerung der Überlebenschancen, weil ein Senat, der politisch von der Armut in dieser Stadt lebt, überhaupt kein Interesse daran hat, die ökonomische Basis Berlins zu verbessern?
Und wenn ich die Schreihälse auf der linken Seite höre, dann frage ich mich: Wer kommt für den gesellschaftlichen Schaden auf, den ein Land durch eine fortgesetzte und künstlich am Leben erhaltene Teilung in den Köpfen nach Ost und West erleidet, nur weil es für eine bestimmte politische Partei die Existenzsicherung bedeutet?
All diese Fragen könnte man sich stellen, wenn man das Thema politischer Regress anschneidet, wie Herr Kollege Kluckert es getan hat. Sie sehen, das ist ein weites Feld. Wir werden dafür kämpfen, dass der Senat bei den nächsten Wahlen die Zeche bezahlen muss. – Vielen Dank!