Protocol of the Session on September 11, 2008

Wir brauchen befriedigende Lösungen, auch für die Sportler und Sportlerinnen, die dort Sport treiben. Wir brauchen aber auch Zeit, um mögliche alternative Nutzungen für die Deutschlandhalle entwickeln zu können. Wir sollten nicht so leichtfertig mit dem Baudenkmal Deutschlandhalle umgehen.

Der Berliner Senat ist mit Sicherheit auf dem richtigen Weg, für die Saison 2008/2009 die Deutschlandhalle für den Eissport weiter nutzen zu wollen, so wie es am

31. Juli in der Presse mitgeteilt wurde. Aber wie so häufig: Die Koalition, der Berliner Senat hüpft an einer Stelle, wo ein Sprung notwendig wäre.

[Beifall bei der CDU]

Im Jahr 2001 wurde der Umbau der Deutschlandhalle zur Eissporthalle mit immerhin 4,5 Millionen Euro finanziert. Allein daran kann man schon die Unsinnigkeit der Argumentation erkennen, dass angeblich über zehn Jahre keine Diskussion stattgefunden habe. Auch hier ist der Herr Senator – ob nun wissentlich oder unwissentlich – schlecht informiert: Es sind nicht 200 Sportler und Sportlerinnen, die die Halle regelmäßig nutzen, es sind 800 Sportler und Sportlerinnen, allein 400 Sportler und Sportlerinnen vom ECC Preussen Juniors.

[Bürgermeister Harald Wolf: Zuschauer, habe ich gesagt!]

Und sie brauchen diese Halle darüber hinaus sechs Tage à zwölf Stunden, das heißt, die Halle wird im Winter rund um die Uhr für den Berliner Eissport genutzt. Die Situation gerade des Berliner Eissports ist dramatisch. Nach Untersuchungen der Senatssportverwaltung haben wir ein Defizit von fünf Eissportflächen in der Stadt. Wenn die Senatsverwaltung diese offiziellen Zahlen herausgibt, dann ist das eine ernst zu nehmende Grundlage.

Was sagen nun die Betroffenen im Einzelnen dazu? – Ich zitiere den Vizepräsidenten des ECC Preussen Juniors, der sich dazu in der „Berliner Morgenpost“ geäußert hat. Er sagte, dass er von den Abrissplänen ziemlich enttäuscht sei. Vizepräsident Thomas Leonhardt äußerte Unverständnis und fügte hinzu, dass es aus seiner Sicht existenzgefährdend für den Verein sei. Wenn die Leute an der Basis, die Breitensportler, die Jugendsportler für Sie von Interesse sind – das kommt wahrscheinlich nur in Ihren Sonntagsreden vor –, dann sollten Sie sich auch damit befassen, was die Bezirksverordnetenversammlung von Charlottenburg-Wilmersdorf beschlossen hat. Auch hier zitiere ich aus der „Berliner Morgenpost“:

Die Deutschlandhalle soll erst dann abgerissen werden, wenn die Eissportler ihre neue Halle an der Glockenturmstraße nutzen können. Das fordern parteiübergreifend die Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlung von CharlottenburgWilmersdorf.

Es geht weiter:

Nach Meinung der anderen Parteien sollte es einen Abriss auf Raten schon deswegen nicht geben, um den Eissportlern bis zur geplanten Fertigstellung der Ersatzhalle 2011 keine jahrelange Heimatlosigkeit zuzumuten.

Der letzte Satz ist besonders interessant, Herr Jahnke:

Das werde die SPD nicht widerstandslos hinnehmen.

Das ist die Meinung der Leute an der Basis, in der Bezirksverordnetenversammlung.

Seit 2005 ist die Zukunft der Deutschlandhalle in der Diskussion. Herr Senator Wolf hat den baulichen Zustand der Deutschlandhalle heute nicht nur an dieser Stelle schlechtgeredet, sondern er hat den baulichen Zustand der Deutschlandhalle schon 2005 und früher bewusst in der Öffentlichkeit schlecht darstellen lassen. Dabei ist es doch der Berliner Senat, der dafür verantwortlich ist, dass bei der baulichen Unterhaltung der Deutschlandhalle über eine Million Euro jährlich eingespart wurden. Wer ist denn für den angeblich so schlechten baulichen Zustand der Berliner Deutschlandhalle zuständig?

[Beifall bei der CDU]

Da gab es dann im Jahr 2005 ein Gutachten mit der folgenden Sperrung der Deutschlandhalle, mit dem Ausschluss der Eissportler und Eissportlerinnen und dem verzweifelten Versuch der Messe bzw. des Wirtschaftssenators, über die Bauaufsicht von CharlottenburgWilmersdorf eine dauerhafte Sperrung der Halle zu erreichen. Wenn Sie sich mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bauaufsicht von Charlottenburg-Wilmersdorf unterhalten, dann stellen Sie fest, dass erstens der bauliche Zustand der Deutschlandhalle wesentlich besser ist und zweitens mit Unterstützung des Bezirksamts Charlottenburg-Wilmersdorf durch die Einschaltung eines international anerkannten Statikers nachgewiesen werden konnte, dass die Angaben der Messe Berlin und der Senatswirtschaftsverwaltung falsch sind. Das hat zwar ein halbes Jahr gedauert, aber immerhin. Seit dieser Zeit ist die Halle wieder geöffnet. Es gibt auch eine Stellungnahme eines Senatsmitglieds zum baulichen Zustand der Deutschlandhalle. Ich zitiere wieder aus der „Berliner Morgenpost“ und bedauere, dass der Kollege gerade nicht anwesend ist:

Das Dach der Deutschlandhalle hat im November 2005 einen groß angelegten Belastungstest bestanden. Nur bei einigen wenigen der 5 500 Platten ergab die anschließende Begutachtung, dass sie eventuell ausgebaut oder abgesichert werden müssen. Herr Staatssekretär Härtel rechnet nur mit kleineren Sicherungsmaßnahmen, die die Messe vermutlich aus baulichen Unterhaltungsmitteln bestreiten könnte.

Selbst der Senat – in dem Fall die fachlich interessierte Senatsverwaltung für Sport – sagt also, dass der bauliche Zustand viel besser ist als das, was Herr Wolf uns seit vielen Jahren glaubhaft machen will.

Da gibt es aber auch noch andere Fachleute, zum Beispiel den Architekten- und Ingenieurverein. Der Chef, Herr Semmer, hat sich zum Beispiel sehr positiv über den Zustand der Deutschlandhalle geäußert, und er ist noch einen Schritt weitergegangen. Er hat nämlich die Deutschlandhalle für eine Auszeichnung als historisches Wahrzeichen der Ingenieurskunst nominiert, und zwar für die international anerkannte Dachtragwerkskonstruktion. Sie sehen also, dass die Deutschlandhalle auch bauhistorisch von erheblicher Bedeutung ist.

So muss man auch über den Denkmalschutz an dieser Stelle ausführlich reden. Da hat Frau Junge-Reyer diesem Hohen Haus vor wenigen Monaten erst glaubhaft machen wollen, dass der Landesdenkmalrat keine aktuelle Stellungnahme dazu abgegeben hat, ja, dass inzwischen viele Mitglieder des Landesdenkmalrates abberufen seien. Ein Blick auf die Website der eigenen Senatsverwaltung belehrt uns eines Besseren, nämlich, dass in den letzten Jahren keine Neubesetzung stattgefunden hat und dass es durchaus eine aktuelle Stellungnahme des Denkmalrates Berlin gibt, nämlich vom 25. November 2005, mit anderen Worten nach der Geschichte, die Herr Wolf damals losgetreten hat. Ich zitiere aus einer Stellungnahme des Landesdenkmalrates:

Der Landesdenkmalrat verweist erneut auf seine Stellungnahmen, die den Erhalt beider Baudenkmäler (ICC und Deutschlandhalle) dringlich anmahnen. Er bereitet für das Frühjahr ein Grundsatzgespräch mit Frau Senatorin Junge-Reyer zum Denkmalschutz der Moderne vor.

Die Senatorin hat dies vor diesem Hohen Haus verschwiegen. Sie hat es unterschlagen und das Gegenteil von dem behauptet, was wir an dieser Stelle nachweisen können. So sehen die Antworten der Senatoren im Einzelnen aus.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Ich meine, dass es gut und richtig ist, wenn der Bezirk sagt, dass er an dieser Stelle widersprechen will, wenn das Land Berlin auch selbst die Verpflichtungen zu übernehmen hat, die privaten Eigentümern auferlegt werden.

Wenn hier davon die Rede ist, es sei nicht zumutbar, weil die Rede von jährlichen Kosten in Höhe von 1,5 Millionen Euro ist, frage ich: Was hat der Berliner Senat getan, um die Deutschlandhalle in der Form zu vermarkten, um eigene Einnahmen aus der Deutschlandhalle zu rekurrieren? – Hierzu gibt es eine Kleine Anfrage von mir vom November vergangenen Jahres: Er hat nichts getan!

[Beifall bei der CDU]

Mit welchem Recht also behauptet der Senat von Berlin, dass er an dieser Stelle 1,5 Millionen Euro zu viel ausgeben muss, wenn er selber nicht einmal in der Lage ist, für Einnahmen an dieser Stelle Sorge zu tragen, denn die Halle steht über Monate hinweg leer? Sie könnte wunderbar für zusätzliche Veranstaltungen genutzt werden.

[Beifall bei der CDU]

Die in der Kleinen Anfrage angeführten Begründungen sind obsolet. Es gibt keine dementsprechenden Festlegungen des Bezirksamtes, und das Velodrom-Gesetz bzw. die Vereinbarung, von der Sie gesprochen haben, ist nach Aussagen der Senatssportverwaltung inzwischen obsolet, bindet Sie also in keiner Weise.

Es gibt widersprüchliche Rollen der Koalition auch hinsichtlich der Historie. So möchte ich gern aus dem Protokoll des Ausschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr

vom 6. September 2000 zitieren. Da hat der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion Folgendes gesagt:

Herr Abgeordneter Gaebler betont, die SPD Fraktion habe den Abriss der Deutschlandhalle gegen die Anstrengungen des Wirtschaftssenators verhindert. Auch unabhängig vom Abriss der Eissporthalle habe es Initiativen zum Umbau der Deutschlandhalle zu einer Mehrzweckhalle gegeben. Deshalb solle über diesen Sachstand und über die sich bietenden Perspektiven berichtet werden.

Wollen wir hoffen, dass dies nicht nur ein Zitat vom 6. September 2000 ist, sondern vielleicht vom 6. September 2009. Dann hätte die SPD an dieser Steller auch etwas dazu gelernt und hätte ihre ursprüngliche Haltung zur Deutschlandhalle wiederentdeckt.

Aber noch viel schlimmer ist die Rolle des Wirtschaftssenators Wolf. Er hat sich als Fraktionsvorsitzender des PDS-Fraktion nämlich mit der Drucksache 13/2326 einen Antrag zum Thema „Deutschlandhalle als Veranstaltungsort erhalten“ eingebracht.

[Stefan Liebich (Linksfraktion): Wer wollte sie denn damals abreißen? – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Herr Statzkowski!]

Diesen könnte man nahezu original heute übernehmen. Da zeigt es sich, was man von der Glaubwürdigkeit des Senators halten kann. Wir werden uns jedenfalls weiterhin für die Deutschlandhalle einsetzen.

[Beifall bei der CDU]

Danke schön, Herr Kollege Statzkowski! – Für die SPDFraktion hat nunmehr Herr Jahnke das Wort. – Bitte schön, Herr Jahnke!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist doch erstaunlich, wie hier zu später Stunde, wo die Zuschauerränge bereits leer sind und auch in dem Rund nicht mehr viele anwesend sind, eine so stark emotionale Rede von Herrn Statzkowski zu hören war.

[Alice Ströver (Grüne): Das können Sie sich nicht vorstellen, das glaube ich Ihnen!]

Auch ich könnte jetzt mit persönlichen Erinnerungen aufwarten und könnte „Menschen, Tiere, Sensationen“ erwähnen, die ich in der Deutschlandhalle schon als Kind gesehen habe, dann die späteren Rockkonzerte, die mir sehr gefallen haben, viele Sportveranstaltungen und zuletzt der Eissport. Viele Menschen insbesondere im Westteil Berlins werden ähnliche Assoziationen zur Deutschlandhalle haben. Aber Politik mit einer Träne im Knopfloch – das ist meine Überzeugung, und das habe ich bereits zum Thema Tempelhof festgestellt – ist ein schlechter Berater für eine vernünftige Entscheidung zum Weiterbetrieb einer Institution.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Ich bin durchaus der Ansicht, dass die Tradition eines Bauwerks ein wichtiger Aspekt ist, der bei der Suche nach Lösungskonzepten für die Zukunft starke Berücksichtigung finden muss. Das ICC beispielsweise, das hier erwähnt wurde, ist ein international eingeführtes Markenzeichen des Kongressstandortes Berlin, und ein Hinweggehen über diese Tatsache bei der Entscheidung über das künftige Kongresszentrum wäre ein schwerer Fehler gewesen. Ich habe hier immer für die weitere Nutzung des ICC gekämpft und stelle mit Genugtuung fest, dass es keine Lösung ohne das ICC geben wird.

[Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Bei der Deutschlandhalle liegt der Fall anders. Große Unterhaltungs- und Musikveranstaltungen finden dort schon lange nicht mehr statt. Die Nutzung für den Eissport ist eine Notlösung. Alle Fachleute aus dem Sportbereich sagen, dass eine eigene Eissporthalle, die nun auch an der Glockenturmstraße errichtet wird, gebraucht wird.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Nun kann man natürlich sagen – und in der Großen Anfrage der CDU wird es auch hervorgehoben: Die Deutschlandhalle steht unter Denkmalschutz, und anderen privaten Eigentümern von denkmalgeschützten Gebäuden mutet man immerhin auch zu, dass sie diese erhalten. Das ist durchaus ein wichtiges Argument, und ich finde auch, dass man für den Staat keine Extrawurst braten sollte. Das tut man aber auch nicht. Wie der Senator richtig ausgeführt hat, gibt es auch bei privaten Eigentümern die Möglichkeit, die wirtschaftliche Zumutbarkeit gegen den Schutz des Denkmals abzuwägen. Auch dort werden Ausnahmegenehmigungen erteilt, und manch ein Denkmal wurde schon abgerissen.

Es müssen schon sehr wichtige Belange sein, die ein Denkmal als solches für so wichtig erkennen lassen, dass man es deswegen ohne Berücksichtigung der Nutzung erhält. Beispielweise die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, über deren Turm wir gerade wieder reden: Seinen eigentlichen Zweck erfüllt der Turm schon lange nicht mehr. Trotzdem könnte die Kirche kaum eine Abrissgenehmigung beantragen und würde es auch nicht tun, sondern man tut alles, um diesen Turm zu erhalten, weil er ein prominentes Bauwerk für Berlin ist und die Nutzung nicht die ausschlaggebende Rolle spielt.

Aber bei den meisten anderen Bauten hängt das Überleben eines Bauwerks davon ab, ob sich eine weitere Nutzung finden lässt oder nicht. Sonst ist es durch staatlich verordneten Denkmalschutz auch nicht zu halten, wie zahlreiche kleinere Schlösser, Herrenhäuser, Kirchen usw. auf dem Land zeigen. Zum Erhalt eines Baudenkmals gehört normalerweise ein Nutzungskonzept.

Die Messe Berlin GmbH hat dringenden Erweiterungsbedarf. Auch wenn Herr Statzkowski mal wieder gut in der CDU-Übung ist, den Standort Berlin systematisch