Nun mal ganz ehrlich: Wie attraktiv ist es noch für einen Gastwirt, solche Raucherräume einzurichten?
Insofern darf man davon ausgehen, dass in der nächsten Zeit das Rauchen in den Gaststätten mehr oder weniger eingestellt wird – und das ist auch gut so. Die Raucher wird das nicht so sehr freuen. Wie man neuerdings lesen
kann, gibt es Raucher und einige Gastwirte, die eine Kampagne für ein Volksbegehren starten wollen, um das Rauchverbot in Gaststätten und Kneipen wieder abzuschaffen.
Genau! Rauchen wie in Tempelhof! Ich bin relativ sicher: Auch das wird keine Chance haben. Das Volksbegehren für Tempelhof wird scheitern, und das für das Rauchen in Gaststätten wird auch scheitern.
Den nichtrauchenden Gästen wird es sowieso – davon gehe ich aus – in den nächsten Monaten erst einmal obliegen, mit zu kontrollieren und zu gucken und sich zu beschweren, wenn sich ein anderer Gast neben ihnen eine Zigarette anzündet. Aber die Gastwirte sollten bitte nicht denken, dass nur die Gäste rechts und links diese Kontrollfunktion übernehmen, denn es wird auf jeden Fall auch Personal vom Ordnungsamt unterwegs sein, und dieses wird kontrollieren.
Da soll sich keiner in falscher Sicherheit wähnen, denn ich hörte durchaus, dass sich eine ganze Reihe von Gastwirten gegenüber dem Forum „Rauchfrei“ entsprechend geäußert hat. Das ist eine Täuschung. Diese Kontrollen werden stattfinden.
Nur die FDP ist offensichtlich diejenige, die weiter – ganz frei nach ihrer Devise: Das regelt der Markt! – dieses Thema angehen will und sich damit jeglicher gesundheitspolitischer Argumentation entzieht. Ich gehe davon aus, lieber Herr Dr. Lindner, dass Toleranz und Freiheit Gebote sind, die wir in Berlin durchaus fortführen werden, aber ganz sicher nicht in Bezug auf das Rauchen. – Vielen Dank!
Danke schön, Frau Kollegin Winde! – Für die Fraktion der CDU hat nunmehr der Kollege Czaja das Wort. – Bitte schön, Herr Czaja!
Sehr geehrten Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben uns nun schon sehr häufig – Frau Winde hat es bereits gesagt – in diesem Parlament mit dem Nichtraucherschutz beschäftigt. Richtig ist, dass es Zeit wird, dass wir Nägel mit Köpfen machen.
Der rot-rote Senat hatte angekündigt, dass er Vorreiter bei diesem Gesetz sein möchte. Daraus wurde nicht so viel: Baden-Württemberg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Hessen – da gilt schon ein Nichtraucher
schutzgesetz, im Übrigen vier Länder, in denen die CDU kräftig mitregiert. Aus dem selbsternannten Vorreiter ist ein ziemlich ärmliche Nachhut geworden. Mich beschleicht ein wenig die Ahnung, dass die rauchende Senatorin zu oft vor die Tür gehen musste, um eine Zigarette zu rauchen, und es deswegen in Berlin etwas länger mit dem Gesetz gedauert hat.
Aber wir sind uns einig: Man kann Raucher vor Nichtrauchern schützen, aber Nichtraucher etwas schlechter vor Rauchern. Deswegen ist es richtig, dass dieses Gesetz gemacht wird. 140 000 Menschen, die jährlich an den Folgen des Rauchens sterben, und mehr als 3 000, die allein an den Folgen des Passivrauchens sterben, zeigen, dass dies notwendig ist.
Im Februar dieses Jahres haben die Gesundheitsminister der Länder einstimmig – einstimmig, liebe Kollegen von der FDP! – ein umfassendes Nichtraucherschutzgesetz insbesondere in Kindertagesstätten und im Schulbereich, aber auch in allen Bereichen des Gesundheitswesens und der Diskotheken beschlossen, besprochen, verabredet. Die Ministerpräsidenten aller Bundesländer haben dann im März eine gemeinsame Linie verabschiedet, und auf dieser Linie der Ministerpräsidenten ruht das hier vorliegende Gesetz. Diesem Gesetz wird deshalb auch die Mehrheit der CDU-Fraktion seine Zustimmung geben.
Wir sehen es aber durchaus als Gefahr, dass es gerade kleineren Betrieben nicht möglich sein wird, abgetrennte Nebenräume einzurichten. Gerade bei Besitzern kleinerer Kneipen ist die Sorge groß, einen Teil ihrer Kundschaft zu verlieren und wirtschaftliche Einbußen zu erleiden. Diese Sorge lässt uns im Gegensatz zu den Regierungskoalitionären nicht gleichgültig,
zumal die Eckkneipe genauso zu Berlin gehört wie das Brandenburger Tor, der Reichstag oder aber der Flughafen Tempelhof.
Wir bekennen uns zu allen diesen Berliner Institutionen, und wir sind auch der Auffassung, dass es zur ehrlichen Politik gehört, den Gesundheitsschutz richtig zu erklären, und das passiert gerade nicht. Wir sollten den Ängsten und Befürchtungen der Besitzer kleinerer Kneipen durch bessere Informationen und Aufklärung entgegentreten. Die Erfahrungen aus allen Ländern zeigen, dass Rauchverbote nicht zu wirtschaftlichen Einbußen führen müssen. In den meisten EU-Mitgliedsstaaten gelten Rauchverbote für öffentliche Einrichtungen. Irland, Italien oder Frankreich, wo strikte Nichtraucherregelungen gelten, haben sogar einen Zuwachs im Restaurant- und Barbetrieb erleben dürfen. Das irische Pub, die italienische Trattoria oder das französische Café sind nicht vom Aussterben bedroht, und das wird auch bei der Berliner Eckkneipe nicht der Fall sein. Im Sinne der Kneipenbesitzer ist aber auch eine klare und transparente Regelung. Dann werden die
Regelungen auch auf einen breiten Konsens stoßen und nicht zur Ablehnung führen, wie das derzeit der Fall ist.
Die fehlende personelle Ausstattung der Bezirksämter mit Ordnungskräften und mit denen, die für die Umsetzung des Gesetzes zuständig sind, haben wir im Verfahren kritisiert. Es wird dem Gesetz ein Bärendienst erwiesen werden, wenn am Ende das Nichtraucherschutzgesetz nicht überall umgesetzt wird. Das schadet dann nämlich eher den kleinen als den großen Restaurants, weil die großen getrennte Räume haben, die kleinen aber nicht. Deswegen gilt es, in den Ordnungsämtern die notwendige Ausstattung zu schaffen.
Zentrales Ziel des Gesetzes soll der Schutz der Nichtraucher und hier vor allem der Schutz der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen sein. Aus diesem Grund muss neben dem Hinweis auf den Nichtraucherschutz in Schulen durch das Schulgesetz und in Kindertagesstätten durch das Kitagesetz in dem Gesetz auch ein Nichtraucherschutz auf Kinderspielplätzen möglich sein. Dass Sie unseren Antrag hierzu abgelehnt haben, ist ein Hohn für den Gesundheitsschutz und widerspricht den Wünschen fast aller Bürger. Zu sagen, man könne das dann über Verbote der Bezirke regeln, zeigt nur, dass Sie das nicht in das Gesetz schreiben wollen.
Wir können nur hoffen, dass die Vernünftigen in Ihrer Fraktion, und die Vernünftigen bei den Sozialdemokraten unserem Antrag heute zustimmen, den Nichtraucherschutz auch auf Spielplätze auszuweiten. Das wäre dann auch ein vernünftiges Gesetz, ein Gesetz, wie es in fast allen Bundesländern bereits beschlossen ist oder sich in der Pipeline befindet. Ich denke, mit dem Nichtraucherschutzgesetz ist dann eine leidvolle Debatte im Parlament beendet, und auch vernünftig beendet. – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Kollege Czaja! – Für die Linksfraktion spricht nunmehr der Kollege Albers. – Bitte schön, Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Das ist nun wirklich eine schwierige Geburt geworden mit dem Nichtrauchschutzgesetz, das wir heute in letzter Lesung beraten. Zunächst hat es gedauert, bis der gesellschaftliche Konsens hergestellt werden konnte, dass ein gesetzlicher Nichtraucherschutz nun endlich dringend geboten ist, dann war die Umsetzung der vermeintlich konsentierten kollektiven Einsicht in konkretes Handeln auch nicht so einfach. Nun haben wir einen Entwurf, und wie immer geht nun das vorliegende Ergebnis nicht allen weit genug, ausgenommen unsere FDP.
Das ist schon eine Krux mit der FDP. Getreu dem Motto „Freiheit den Prothesenträgern“ und „freie Bahn dem Krebs“ geht der FDP alles viel zu weit. Wahrscheinlich hält man es in dieser Partei wirklich nur mit der Aussicht auf eine baldige Arteriosklerose aus. – Herr Gersch! Meine Existenz im bürgerlichen Leben haben unter anderem die Raucher gesichert. Ich habe in Vorbereitung zu dieser Diskussion noch einmal nachgeschaut: Ich habe über 500 Amputationen durchgeführt, wovon der größte Teil Raucherbeine waren. Das führt zu einer relativ großen Einzelschuhsammlung. Ich glaube, da sollte nun endlich Vernunft geboten sein!
Selbstverständlich löst dieses Gesetz nicht alle unsere Probleme. Aber die werden wir auch mit einer noch so rigiden gesetzlichen Regelung, Frau Kosche, nicht schaffen. Entscheidend kann nicht eine wie auch immer geartete gesetzliche Regelung sein, entscheidend sind Aufklärung und gesellschaftlich nicht nur propagierte, sondern auch gelebte Prävention im weitesten Sinne. Hier müssen wir politisch nachlegen, aber nicht durch Kritikasterei.
Im Änderungsantrag der CDU – sonst immer die Partei der Dereglementierungen – heißt es in der Begründung, die Koalition würde mit ihrem Gesetz grundsätzlich Entscheidungen und Verantwortungen in der Frage des Nichtraucherschutzes auf andere abwälzen. Wir wälzen keine Entscheidung ab, wir sagen nur, dass wirksamer Nichtraucherschutz eben nicht durch eine noch so wirksame Gesetzgebung zu erreichen ist. Wir nehmen allerdings auch den Bürger in die Verantwortung. Gerade in dieser Frage kommt es doch nun wirklich einmal ganz entscheidend auf die von der CDU so oft beschworene Eigenverantwortung an. Sie müssten ansonsten das Rauchen in Autos und in Wohnungen im Beisein von Kindern verbieten, wenn Sie Ihre eigene Konsequenz in Sachen Kinderspielplätzen beibehalten wollen. Das hätten wir einmal vorschlagen sollen!
Nein, wir brauchen in der Tat den von Ihnen erwähnten ganzheitlichen Ansatz. Dieser geht jedoch weit über Ihre einzig gesetzlichen Detailregelungen hinaus. Er liegt in einer umfassenden Aufklärung, die in den Schulen beginnt und in den Wohnungen nicht endet. Deshalb liegt auch eine Chance dieses Nichtraucherschutzgesetzes in der hoffentlich aufklärenden gesellschaftlichen Diskussion, die es begleitet.
Wir haben diese Diskussion auch in den eigenen Reihen zum Teil sehr kontrovers geführt. Bei den so dezidiert aufgeführten Ausnahmeregelungen habe ich mich schon gefragt, ob das so detailliert sinnvoll und notwendig ist. Ich habe es bereits gesagt: Mir bleiben weiter Bedenken bei den abgetrennten Räumen, und ich bin gespannt, wie das im praktischen Leben aussieht. Nach wie vor halte ich die damit mögliche Ungleichbehandlung für einen verfassungsrechtlichen Schwachpunkt. Ich halte im Übrigen auch den Einwand des Vorsitzenden des Vereins der Verwaltungsrichterinnen und -richter hinsichtlich der ge
Wir sollten hier zur ursprünglichen Fassung zurückkehren. Ein entsprechender Koalitionsantrag liegt vor.
Ein großer Erfolg bleibt, dass es gelungen ist, die zunächst von der Verwaltung geplanten lüftungstechnischen Anlagen aus dem Gesetzentwurf zu katapultieren.
Warum aber ausgerechnet auf einer Theaterbühne, auf der nichts echt ist, authentisch geraucht werden muss, erschließt sich mir nur bedingt. Rauchende Helden sind offenbar immer noch die authentischeren Helden, und das, obwohl der Marlboro-Mann an Lungenkrebs verstorben ist. Das ist das eigentliche Problem, das wir auch durch die besten Gesetze und schärfsten Verbote nicht lösen können. Gegen Unvernunft ist nun einmal kein Kraut gewachsen, und für die Unvernunft wächst der Tabak. Mein Appell an die Kritiker, denen wir nicht weit genug gegangen sind, lautet deshalb: Mit diesem Nichtraucherschutzgesetz sind wir nicht am Ende der umfassenden Aufgabe Nichtraucherschutz angekommen. Betrachten Sie dieses Gesetz als den Einstieg in eine rauchfreie Umwelt, nicht als die Lösung selbst. Dazu bedarf es weiterer Anstrengungen, beispielsweise die Durchsetzung des vollkommenen Werbeverbots. Das bezieht sich auch auf Sponsoring.
Insgesamt kann ich mit dem Berliner Gesetz leben. Vielleicht leben wir durch das Gesetz alle ein bisschen länger, auch Herr Gersch. – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Dr. Albers! – Für die Fraktion der Grünen hat nun Frau Kosche das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Der Gesundheitsschutz für die Nichtraucherinnen und Nichtraucher in Berlin war Anfang des Jahres auf einem guten Weg. Die Kitas und Schulen waren per Gesetz rauchfrei. Die BVG, die Vivantes-Kliniken, das Urbankrankenhaus mit seinem Eingangsbereich und die Flughäfen waren es durch Selbstverpflichtung.
Wir bewerten heute das rot-rote Gesetz für den Nichtraucherschutz und fragen, ob der Schutz so umfassend ist, wie wir es uns wünschen. Nach meiner Auffassung gibt es zu viele Ausnahmen. Zu den kritikwürdigsten Ausnahmen gehört, dass in den Gaststätten – und leider nach wie vor in den Sportgaststätten – und neuerdings auch in den Diskos der Stadt in abgeschlossenen Nebenräumen geraucht werden darf. Die Koalition argumentierte dazu im Gesundheitsausschuss, sie hätte die Auflagen zum Einrichten von Nebenräumen so erschwert, dass davon kaum Gebrauch gemacht werden könne. – Welch ein Unsinn!
Es werden Nebenräume eingerichtet. Das werden jedoch die Gastwirte und -wirtinnen tun, die das Geld dafür haben. Das Schlimmste aber ist, dass von dieser Nebenraumpolitik weiterhin eine Gesundheitsgefährdung ausgeht, und zwar so, als gäbe es keinen Nichtraucherschutz in Gaststätten. Der Rauch bleibt nämlich nicht in den Nebenräumen. Er zieht heraus, weil die Türen offen stehen. Die Schadstoffe, Herr Albers, sind nicht nur in der Luft, sondern sie lagern sich in den Gardinen, Teppichen und Wänden ab. Die Nichtraucherräume kontaminieren mit der Zeit. Die neueste Studie von Dr. Martina PlötschkeLanger des Krebsforschungszentrums Heidelberg vom September 2007, Herr Czaja, hat in eindrucksvoller Weise aufgezeigt, wie stark diese Gesundheitsgefährdung ist. Die zentrale Aussage dieser Studie lautet: Die Werte für lungengängige Partikel sind im Nichtraucherbereich vor dem Raucherraum gleich hoch wie im Raucherraum selbst.
Angesichts dieser klaren Ergebnisse gibt es nur die grüne Alternative, die wir heute ein zweites Mal mit unserem Änderungsantrag einbringen: keine Ausnahmen für den Schutz der Nichtraucherinnen und Nichtraucher, keine Nebenraumpolitik.