Protocol of the Session on June 21, 2007

Ich bedauere, dass Herr Dr. Pflüger nicht da ist, denn in der Sitzung vom 26. April hat er auf Hinweise von unserem Fraktionsvorsitzenden, Herrn Müller, zu dem rechtlichen Risiko bei einem Offenhalten des Flughafens Tempelhof gesagt:

Dieses Restrisiko hat Herr Müller angesprochen. Ich bin mit Herrn Wowereit und Ihnen der Meinung: Es darf kein Restrisiko geben.

So Herr Dr. Pflüger am 26. April.

Dann philosophiert er über das Thema Feststellungsklage, man könnte eine Feststellungsklage anstrengen, dann würde das Bundesverwaltungsgericht die Frage klären, ob ein für Geschäftsflieger offener Flughafen Tempelhof den Großflughafen in irgendeiner Weise gefährdet. Weiter sagt Herr Dr. Pflüger, der Fraktionsvorsitzende der CDU:

Wenn dann das Bundesverwaltungsgericht zu dem Ergebnis käme, dass ein Risiko bestünde, das BBI gefährden würde, dann, sage ich Ihnen, wird es niemanden, auch in meiner Fraktion nicht, geben, der noch für die Offenhaltung von Tempelhof wäre.

Am Schluss wiederholt Herr Dr. Pflüger:

Noch einmal: Sie haben von uns die Garantie, wenn es eine einzige Gefahr für BBI geben sollte, wenn das Bundesverwaltungsgericht auf den Antrag der Feststellungsklage hin diese Gefahr nicht ausschließt, dann wollen auch wir Tempelhof nicht.

Herr Ueckert! Ich denke, Sie werden uns nachher erklären, dass Sie sich jetzt vom Thema Tempelhof zurückziehen und das Offenhalten nicht weiter verfolgen. Eine andere Konsequenz kann man aus diesen Worten nicht ziehen.

[Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und den Grünen]

Es sei denn, Sie wollen Ihren eigenen Fraktionsvorsitzenden Lügen strafen.

[Dr. Frank Steffel (CDU): Nein, das machen wir nicht!]

Ich bin auf Ihre Rede sehr gespannt.

Es bleibt dabei: Der Flughafen Tempelhof muss geschlossen werden für die Rechtssicherheit in Schönefeld. Der Flughafen Tempelhof muss aus Rücksicht auf die Anwohner geschlossen werden, wegen der Lärm- und Abgasbelastung und der Sicherheitsrisiken. Und der Flughafen Tempelhof muss geschlossen werden, um seine Fläche wieder der Stadtnutzung zuführen zu können. Es kann nicht sein, dass wir 350 Hektar für einige wenige Begüterte zur Verfügung stellen, die mit ihren Privatmaschinen dort einfliegen – nach den Berechnungen etwa fünf Stück am Tag –. Wir brauchen diese Fläche für die Bevölkerung, für die Stadt, um die Stadt an dieser Stelle wieder zusammenführen. Daran werden wir gemeinsam weiterarbeiten. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und den Grünen]

Danke schön, Herr Kollege Gaebler! – Für die CDUFraktion hat nunmehr Herr Ueckert das Wort. – Bitte schön, Herr Ueckert!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Gaebler! Es ist bezeichnend und eigentlich beschämend, wie Sie im Parlament mit dem Instrument des Volksbegehrens umgehen. – Ich gebe Ihnen gleich die Antwort auf die Frage, die Sie gestellt haben: Sie können nie zuhören, deshalb haben Sie auch nicht richtig gehört, was das Bundesverwaltungsgericht gesagt hat. Es hat nämlich keine Entscheidung getroffen, sondern die Bahn hat ihre Feststellungsklage zurückgenommen. Das ist ein Unterschied. Es wurde rechtlich nichts festgestellt, deswegen sehen wir auch keine Veranlassung, unser Verhalten jetzt zu ändern.

[Beifall bei der CDU]

Nun komme ich zu meiner Rede, dann werden Sie sehen, was wir zukünftig machen werden. – Sie haben mit uns zusammen Ende des letzten Jahres, im September, die Berliner Landesverfassung geändert, um den Berlinern mehr Volksnähe und mehr Bürgerbeteiligung zu verkaufen. Was machen Sie aber, wenn Ihnen die Sachfrage nicht passt? – Sie „veräppeln“ die Bürger.

Wo bleibt eigentlich die an die Verfassungsänderung angepasste Ausführungsvorschrift, die den Bürgerinnen und Bürgern die Abwicklung eines Volksbegehrens durch freie Sammlung, das heißt, die Sammlung auch außerhalb der Bezirksämter, erleichtert und die Zulassung von Sammellisten statt Einzelanträgen ermöglicht? Wir werden zusammen mit der FDP und in dieser Frage auch zusammen mit den Grünen noch vor der Sommerpause einen Antrag auf eine solche Anpassung ins Parlament einbringen, um Sie unter Druck zu setzen. Hier muss endlich etwas geschehen.

[Beifall bei der CDU und den Grünen]

Kommen wir zu dem vorliegenden Antrag. Darin steht so viel Unsinn, dass ich nur kurz auf zwei Punkte eingehen will. – Sie haben in Ihrer Rede davon gesprochen, dass der Flughafen Tempelhof die Sicherheit gefährde – die Sicherheit auf einem Flughafen, auf dem es seit mehr als 50 Jahren keine tödlichen Unfälle mehr gab. Und Sie reden von einer Umweltgefährdung – einer Umweltgefährdung durch eine Grünfläche, die anerkannt einen herausragenden Beitrag zum Stadtklima leistet, und das auch seit mehr als 50 Jahren.

[Michael Schäfer (Grüne): Die Umweltgefährdung geht doch nicht von der Grünfläche aus!]

Aber wieder zurück zur Demokratie und zu mehr Bürgerrechten! Schauen wir uns an, was passiert, wenn 75 Prozent der Bürgerinnen und Bürger Berlins, die zu ihrem Flughafen Tempelhof stehen, von diesem Recht Gebrauch machen wollen! Wenn bereits 30 000 Bürgerinnen und Bürger durch Unterschriftensammlung bekundet haben, dass es ernst wird, dann wollen Sie schnell Fakten schaffen in dieser Stadt. Dann widerrufen Sie die Betriebsgenehmigung zum 31. Oktober 2008 und erlassen einen Entwidmungsbescheid. Warum diese Hetze, Herr Gaebler, wenn es Ihnen mit der Demokratie und dem Bürger

begehren so ernst ist? Das alles wäre bis sechs Monate nach der Eröffnung des Flughafens BBI machbar, vom Bundesverwaltungsgericht rechtlich geprüft und abgesegnet. Können oder wollen Sie den Ausgang des Volksbegehrens nicht abwarten? Oder können Sie das erwartete Ergebnis nicht ertragen – das wäre auch eine Möglichkeit?

Schade, dass Sie, die Grünen, hier nicht im Sinn der Demokratie handeln und mit den Regierungsparteien zusammen das Ergebnis des Volksbegehrens nicht abwarten wollen. Nein, ich sage Ihnen, woran es liegt, Sie haben Angst vor dem Ausgang des Volksbegehrens. Sie haben Angst, weil Sie mit Arroganz und Ignoranz seit 1996 alle Möglichkeiten der Weiterentwicklung des Flughafenstandorts Tempelhof fahrlässig verspielt haben.

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Das war Diepgen!]

Ich erinnere nur an zwei dieser Möglichkeiten: die Entwicklung zu einem Wissenschafts- und High-TechStandort mit angeschlossener Start- und Landebahn nach dem Modell Branoner oder zuletzt die Entwicklung zu einem hochmodernen Gesundheitszentrum nach den Investitionsplänen von Langhammer und Lauder, das eine Fremdinvestition von 350 Millionen € in die Stadt gebracht und 1 000 Arbeitsplätze geschaffen hätte.

Herr Kollege Ueckert! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Oberg?

Nein, kann ich nicht zulassen, die Zeit ist so knapp, ich könnte hier eine halbe Stunde reden.

Wir schlagen sie Ihnen drauf, Sie kriegen das doppelt.

Nein, schönen Dank!

[Lars Oberg (SPD): Er hat Angst!]

Dann fahren Sie bitte fort!

Und Sie haben mit der Arroganz der Macht verspielt, Lösungen für die Umsetzung des Willens der großen Mehrheit der Berliner Bevölkerung aufzuzeigen. Nichts ist da von Ihnen gekommen. Meinungsäußerungen und Ratschläge von großen Staatsmännern wie Helmut Kohl, Helmut Schmidt, Richard von Weizsäcker werden von Ihnen rotzig und frech in den Wind geschlagen.

Dabei wären auch in den letzten zehn Jahren Änderungen mit dem Land Brandenburg zusammen durchaus möglich gewesen, wenn man die Landesentwicklungsplanung den Veränderungen auf dem Luftverkehrssektor z. B. Zunahme der Billigflieger und kleineres Fluggerät angepasst hätte. Auch die Brandenburger wollen regionale Veränderungen z. B. in Finow oder Schönhagen. Hier wäre Verhandlungsspielraum gewesen, den Sie ungenutzt haben verstreichen lassen. Aber Sie merken nicht einmal, dass Sie in dieser Frage von Brandenburg ausgetrickst werden, während Sie noch auf den überholten Vereinbarungen der Vergangenheit bestehen.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Nun stehen Sie an einem Punkt, wo Sie Angst vor der weiteren Entwicklung haben. Was passiert eigentlich, wenn der Volksentscheid einen positiven Ausgang nimmt und der Flughafen offen bleiben muss?

[Volker Ratzmann (Grüne): Sie träumen!]

Dann werden Sie mit der Arroganz der Macht die Umsetzung verweigern, ich prophezeie es Ihnen, weil Sie noch nicht einmal den Plan in der Tasche haben, wie dies umzusetzen sei.

[Claudia Hämmerling (Grüne): Da haben wir keine Sorgen!]

Aber Gerichte werden es für Sie tun. Denken Sie an die Brücke in Dresden! Das kann dazu führen, dass dabei eine Lösung herauskommt, die zumindest dem optimalen wirtschaftlichen Erfolg des neuen Flughafens BBI nicht förderlich sein könnte.

[Claudia Hämmerling (Grüne): Dann wissen Sie ja, was Sie tun!]

Man könnte es auch anders sagen: Sie gefährden vielleicht BBI mehr als wir.

[Beifall bei der CDU]

Dafür tragen Sie dann aber die Verantwortung und nicht die bösen Bürger, das böse Volk, das entschieden hat oder die böse CDU. Ich warne Sie an dieser Stelle eindringlich davor, der CDU die Schuld in die Schuhe zu schieben, wie Sie dies in der Regel tun. – Danke!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Danke, Herr Kollege Ueckert! – Für die Linksfraktion hast der Kollege Dr. Albers das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Na denn, man los, Tempelhof zum x-ten! – Erste Ansage: Die Entscheidung für den Ausbau Schönefelds ist im Jahr 1996 von Eberhard Diepgen getroffen worden und war verbunden mit der Entscheidung, Tegel und Tempelhof zu schließen. Diese Entscheidung ist conditio sine qua non.

Zweite klare Ansage zum Mitschreiben: Wir schließen Tempelhof nicht nur wegen BBI, sondern auch aus ökologischen Gründen, aus Sicherheitsgründen, aus stadtentwicklungspolitischen Gründen.

[Zuruf von Kai Gersch (FDP)]