Dass dies durchaus funktioniert und auch praktikabel ist, haben erfolgreiche Modelle in anderen Bundesländern gezeigt. So hat z. B. die Landesregierung von SachsenAnhalt am 11. Oktober 2006 einen Pensionsfonds für die Versorgung der Beihilfen- und Versorgungsempfänger des Landes Sachsen-Anhalt mit dem Pensionsfondsgesetz beschlossen. Auch die Bundesregierung hat am 4. Oktober 2006 im Ersten Gesetz zur Änderung des Versorgungsrücklagegesetzes einen kapitalgedeckten Versorgungsfonds für neu einzustellende Beamte, Richter und Berufssoldaten beschlossen. Diese Beispiele zeigen: Es ist nicht nur dringend erforderlich, es ist auch machbar. Die Zeit der Prüfungen ist vorbei. Es muss endlich gehandelt werden. Das Einzige, was Sie tun müssen, ist, den Antrag der FDP-Fraktion zu beschließen. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Jotzo hat sehr eindrucksvoll vom Blatt vorgelesen, was das alles bringen könnte, wenn man jetzt sofort für die dreieinhalb einzustellenden Beamten in der nächsten Zeit einen Pensionsfonds auflegen könnte. Genau da unterscheiden wir uns. Wir reden als Haushälter über Zahlen. Wir wollen wissen, was kostet es und was bringt es, eine Kosten-Nutzen-Analyse: Was kostet es, wenn ich die
Netto-Neuverschuldung erhöhe, um einen Pensionsfonds einzuleiten, und was könnte ich mit dem Geld auf dem Kapitalmarkt bekommen? – Dieser Antrag ist supercharmant, liebe Herren Kollegen und Frau Senftleben von der FDP. Er hat nur einen Mangel, und den hat Herr Jotzo schon benannt: Er kommt 40 Jahre zu spät,
weil die, die vor 40 Jahren oder vor 30, 35 Jahren eingestellt wurden, das sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, über deren Pensionslasten wir in Zukunft stöhnen werden und die mit hohen Summen in der Haushaltsplanaufstellung mit berücksichtigt werden können.
Aber es hat doch überhaupt keinen Sinn, hier über Träume, Behauptungen, Ideen zu reden, wenn man nicht belastbare Zahlen hat. Deswegen wollte ich Ihnen heute Abend diese Rederunde ersparen, gerade im Hinblick darauf, dass dieses Haus vor 14 Tagen den anderen Antrag – legt mal Zahlen auf den Tisch, damit wir wissen, worüber wir reden – beschlossen hat. – Es sollte nicht sein. Dieser Antrag ist so nicht beschlussfähig, denn wir wissen gar nicht, worüber wir reden.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund des vernichtenden Urteils des Bundesverfassungsgerichts für die rot-rote Haushaltspolitik liegt uns heute ein Antrag der FDP-Fraktion vor, mit dem bestehende Defizite der Haushaltspolitik Berlins angegangen werden sollen. Wir begrüßen das, denn wir müssen jetzt das Finanzmanagement optimieren, wir müssen die Defizite konsequent beseitigen. Gegenstand der Tagesordnung heute war auch der Rechnungshofbericht. Wir haben auch in diesem Bericht Ansatzpunkte für genau dieses Thema eines kapitalgedeckten Pensionsfonds bekommen.
Die Versorgungsausgaben betragen – der Kollege Jotzo hat darauf hingewiesen – ca. 1,2 Milliarden €. Sie sind ausweislich des Rechnungshofberichts von 2003 bis 2005 allein um 40 Millionen € gestiegen und betragen mehr als 17 Prozent der Personalausgaben des Landes Berlin, d. h. fast ein Fünftel der jährlichen Personalausgaben dient nicht dem Bürger, sondern deckt Verbindlichkeiten gegenüber ehemaligen Mitarbeitern, die wir mit der Begründung von Beamtenverhältnissen vor langer Zeit, zugegebenermaßen notwendigerweise, eingegangen sind.
Damit sind wir noch lange nicht am Ende. Der Senat selbst rechnet bis 2020 mit einer Versorgungslast von 1,5 Milliarden € für den unmittelbaren Landesdienst und weiteren 300 Millionen € für den mittelbaren Landesdienst, in Summe also 1,8 Milliarden € für Versorgungsausgaben. – Die Wucht dieser Entwicklung wird uns erst in der nächsten Legislaturperiode treffen, neben verschiedenen anderen Haushaltsrisiken übrigens, die uns dann auch treffen werden. Und genau das sollte uns dazu bewegen, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und nach Alternativen zu suchen. Genau das macht dieser Antrag.
Der fehlende Planungswille der Regierungsfraktionen, die die langfristige Auswirkungen von Personalpolitik negieren und sich mit Verbeamtungen, Vorruhestandsregelungen u. Ä. mehr kurzfristig schlank rechnen, übrigens auf Kosten der zukünftigen Generationen, dieser Planungswille kann nur dann stimuliert werden, wenn wir die Verbindlichkeiten aus künftigen Pensionsverpflichtungen monetarisieren, wir also diesen von der FDP vorgeschlagnen Pensionsfonds realisieren. Niemand mehr kann dann das Geld, das für Pensionsverpflichtungen gebraucht wird, für andere Zwecke verwenden und die Bugwelle der Versorgungslasten verantwortungslos vor sich her schieben.
Der Einstieg in ein solches kapitalgedecktes System ist aber auch deshalb interessant, weil wir zwei weitere Aspekte damit aufgreifen können. Die bereits bestehende Versorgungsrücklage, die den gedanklichen Ansatz der Kapitaldeckung bereits vor vielen Jahren aufgegriffen hat, würde auf diese Weise konsequent zu Ende gedacht werden. Und der Gedanke der Kapitaldeckung könnte auf andere Bereiche, ganz konkret auf die Angestellten, ausgeweitet werden. Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, die VBL hat Sie im Zusammenhang mit der Abwicklung des Jugendaufbauwerks doch ziemlich überfordert, man könnte sagen, hoffnungslos überfordert. Das wäre mit einem kapitalgedeckten System sicher nicht passiert.
Die Regierungsfraktionen – Frau Kollegin Flesch hat das heute bestätigt – haben den Einwand geäußert, dass man eine solche Entscheidung nicht übers Knie brechen darf. Die Mehrheit im Hauptausschuss hat sich darauf verständigt, erst einmal einen Bericht anzufordern und dann weiterzusehen, wie man mit dem Problem umgeht. Das halten wir für nicht ausreichend. Jahrzehntelange Versäumnisse kumulieren und entfalten irgendwann unkontrolliert ihre Sprengkraft. Wir sind jetzt an einem Punkt, an dem die Masse kritisch zu werden beginnt. Wir haben aber noch die Möglichkeit, den Sprengsatz zu entschärfen. Der Charme dieses Antrags besteht gerade darin, dass er nicht vergangenheitsbezogen ist, sondern dass er darauf abzielt, bei dem neuen Haushalt zu verhindern, dass die Altlasten größer werden; zu verhindern, dass die kritische Masse überschritten wird. Das muss doch das Ziel sein, das wir alle erreichen
schaffen, wenn wir uns einfach nach der Sommerpause berichten lassen und das Problem in der bekannten Art und Weise besprechen, bis es uns endgültig den Haushalt zerreißt.
Unsere Fraktion will einen zukunftsfähigen Haushalt. Wir wollen an dieser Stelle handeln. Deshalb stimmen wir diesem Antrag zu. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Jotzo! Dass Sie aus der Tatsache, dass wir Ihren Antrag nicht brüsk zurückgewiesen haben, die Schlussfolgerung ziehen, dass wir ihm zustimmen werden, finde ich mindestens mutig.
Zumindest heute werden wir ihn ablehnen. Ob wir uns in einigen Monaten inhaltlich positiv damit befassen werden, ist offen. Das haben wir Ihnen auch gesagt. Deshalb ist es in taktischer Hinsicht mindestens fragwürdig, dass Sie uns heute zwingen, Ihren Antrag abzulehnen. Denn es ist klar – das ist auch im Innenausschuss sorgfältig und im Hauptausschuss folgerichtig beraten worden –, dass wir zunächst einmal vernünftig durchgerechnete Szenarien auf den Tisch haben wollen, also Zahlen, nicht ideologische Bekenntnisse. Das ist ein Unterschied, Herr Kollege Jotzo!
Bei Ihnen habe ich den Eindruck, dass Sie im Interesse der deutschen Versicherungswirtschaft, einer notleidenden Branche, die vor allem darunter leidet, dass viele Kundinnen und Kunden bemerkt haben, dass Lebensversicherungen vielleicht nicht die ideale Kapitalanlage sind, nun dazu übergehen, der öffentlichen Hand entsprechende Versicherungsverträge aufzudrücken.
Das ist kein hinreichender Grund, Ihren Antrag mit Begeisterung anzunehmen – so wie Sie das offensichtlich finden. Es ist mindestens auszurechnen, wie es sich darstellt, wenn wir uns als Land Berlin auf dem Kapitalmarkt Geld leihen müssen, zu möglicherweise steigenden Zinssätzen, und zwar steigenden Zinssätzen, die nicht als Einmalbetrag anfallen, sondern die über die nächsten 20, 30 Jahre ebenso einen Stock bilden, nur leider einen Stock von Verschuldung, den sich das Land Berlin leisten können muss. All das interessiert Sie nicht. Sie wollen um des ideologischen Bekenntnisses willen Fakten schaffen, und die Fakten und die Zahlen spielen für Sie keine Rolle.
Vielen Dank, Herr Kollege Wechselberg! – Stimmen Sie mit mir dahin gehend überein, dass es doch gut wäre, ein Paket aus einer nachhaltigen Rückführung unserer Gesamtverschuldung und der Abstimmung über diesen FDPAntrag, und zwar der positiven Abstimmung, zu schnüren? – Das wäre doch das Beste, dann wäre dem Zweck, den Sie genannt haben, und dem Zweck, den ich genannt habe und den meine Fraktion thematisiert, am meisten gedient.
Das Problem bei Ihrem Antrag, Herr Kollege Jotzo, ist, dass Sie nicht wissen, was Sie tun, außer ideologische Bekenntnisse in die Welt zu setzen,
weil Sie die Zahlen nicht kennen, auf denen Ihre Rechnung basieren soll, die sie auch gar nicht vorlegen, weil es sie nicht gibt, nämlich was es das Land Berlin kostet, wenn man eine kapitalfinanzierte Rücklage über Jahrzehnte bildet, die wir über Schulden mit einem entsprechenden Verzinsungseffekt finanzieren müssten. Das ist das Problem an dieser Stelle. Diese Kenntnis müsste man zunächst einmal erlangen.
Dann gibt es bei Ihnen, Herr Kollege Jotzo, noch ein zweites Problem. Das sagen Sie auch in Ihrer Begründung, wenn auch ein bisschen vermittelt. Das Problem besteht darin, dass – wenn man Renditen erreichen will, die oberhalb dieses Zinseffekts liegen – man außerordentlich aggressive Vermarktungsstrategien auf den internationalen Kapitalmärkten braucht. Das wäre nicht der erste Pensionsfonds, der über solche Strategien stolpert, und dann ist das schöne Geld weg.
Das muss man auch einmal zur Kenntnis nehmen, dass die Legion von Skandalfällen in der internationalen Vergleichsbasis, was solche Pensionsfonds angeht, mindestens dazu reichen muss, dass man sich das vernünftig aufliefern lässt, wie so etwas funktionieren kann und welche Risiken damit verbunden sind.
Wir werden mit aller gebotenen Gelassenheit und ohne ein Votum vorwegzunehmen den entsprechenden Bericht
der Senatsfinanzverwaltung und die entsprechenden Folgen mit Ihnen beraten und dann zu einem angemessenen Urteil kommen. Heute, weil Sie es darauf anlegen, findet Ihr hektischer Aktionismus selbstverständlich eine klare Absage durch meine Fraktion und die Koalition. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir werden uns bei der Abstimmung über diesen Antrag enthalten, nicht weil wir keine Position haben, sondern weil wir finden, das ist zu kurz gesprungen. Und – da hat der Kollege Wechselberg recht – es ist auch etwas zu hektisch gesprungen.
Wir wollen den Umstieg im System. Wir wollen hin zu diesem Modell. Wir wollen ein offeneres und transparenteres Verfahren der Verschuldung, als es das jetzige Verfahren – diese implizite Verschuldung, Pensionslasten, die irgendwann anfallen werden – darstellt. In der Grundtendenz stimmen wir mit Ihnen überein. Sie sagen aber, dass wir dieses Verfahren nur für die neu einzustellenden Beamten ab dem Jahr 2008 einführen sollen. Nun wissen wir alle, dass das bei den „immensen“ Einstellungszahlen im Land Berlin überhaupt nicht spürbar wäre und kaum Auswirkungen hätte, weil wir kaum Beamtinnen und Beamte neu einstellen. Deshalb haben wir uns im Hauptausschuss darauf verständigt, dass wir verschiedene Modellrechnungen bekommen, auch eine Modellrechnung für den Fall eines kapitalgedeckten Fonds für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter einer bestimmten Altersgrenze. Das hat ein ganz anderes Volumen, über das man redet. Da muss es verschiedene Modellrechnungen geben, und dann muss man sie alle nebeneinanderlegen und sagen: Das eine ist sinnvoll, das andere ist weniger sinnvoll. – Was man nicht machen darf – und das hat Herr Graf gemacht –, ist das Vermischen der verschiedenen personalpolitischen Baustellen, die wir haben. Das Thema Versorgungsrücklage und Beamtenpensionen ist zwar in der finanziellen Dimension ähnlich zu bewerten wie die VBL. Es ist aber eine ganz andere Baustelle. Es ist rechtlich ganz anders zu bewerten. Deshalb sind das zwei getrennte Themen. Wir sollten uns davor hüten, alles, was mit der Altersversorgung des Personals zu tun hat, in einen großen Topf zu werfen, umzurühren und zu schütteln und zu sagen: Das war es! – So einfach geht es nicht. In dem Sinne ist auch der FDP-Antrag leider etwas zu einfach, obwohl er das richtige Stichwort aufnimmt. – Deswegen Enthaltung unserer Fraktion!