Protocol of the Session on June 7, 2007

[Beifall bei der SPD]

Ziel unseres Antrages ist es, die noch nicht abgeschlossenen Projekte fortzuführen und neue aufzulegen. Wir wollen den Erfolgskurs der vorangegangenen Legislaturperiode beibehalten. Wir möchten mit unserem Antrag den Senat ermutigen und auffordern, ein Programm zur Weiterentwicklung der Verwaltungsreform auf Grundlage der letzten Legislatur nun auch für diese aufzulegen. Wir möchten, dass die erreichte Qualität der Dienstleistungen der Verwaltung für die Bürgerinnen und Bürger sowie für die Wirtschaft gesichert und – wo sich das anbietet – verbessert wird. Dabei helfen Leistungsvergleiche und Zielvorgaben oder auch verstärkte Online-Angebote für Bürgerinnen und Bürger der Stadt und für Investoren und Unternehmen.

Die Weiterentwicklung der Verwaltungsmodernisierung in der 16. Legislaturperiode wird auf der Grundlage der vom Abgeordnetenhaus von Berlin am 14. Dezember 2006 gebilligten Richtlinien der Regierungspolitik erfolgen.

Berlin ist eine Stadt im Wandel. Nutzen wir gemeinsam die Chancen, Berlin mithilfe einer einfacheren, besseren, einer dem Menschen dienenden Verwaltung bis zum Jahr 2011 weiter nach vorn zu bringen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Treichel! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Kollege Statzkowski das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man sich den vorliegenden Antrag Drs 16/0515 ansieht, stellt man fest, dass er insgesamt fünf Abschnitte aufweist. Der erste klingt zunächst ganz positiv. Da soll ein Programm vorgelegt werden, zwar eines, das es schon gibt, eines, über das man sich im Ausschuss bereits verständigt hat, dass es fortgesetzt werden soll, ein Programm, bei dem es nur noch darum geht, es entschlossen umzusetzen. Trotzdem sagt man sich: Na ja, Programm soll vorgelegt werden? – Klingt erst einmal ganz spannend, was kommt denn wohl jetzt?

Da kommt ein zweiter Abschnitt, den man mit den Worten kurz umschreiben kann: Qualität der Verwaltung sichern, wo erforderlich, auch verbessern. – Das ist ein Satz, den man genauso gut in die Berliner Verfassung von 1950 geschrieben haben könnte, den man ebenso gut im Jahr 2050 als Antrag für die Berliner Verfassung stellen könnte. Wo ist der konkrete Ansatz? Wo ist die Neuigkeit, die uns heute, am 7. Juni 2007, mit diesem Antrag voranbringen sollte?

Wenn wir uns den vierten Abschnitt ansehen und dort lesen, Bürokratie soll abgebaut werden, die Effizienz der

Berliner Verwaltung soll erhöht werden, dann sind das Dinge, die genauso gut in der Berliner Verfassung geschrieben sein könnten. In der letzten Legislaturperiode hat es diverse Anträge der Oppositionsfraktionen gegeben, die samt und sonders von der Koalition abgelehnt worden sind. Wo ist also der neue Ansatz, wenn man das in dieser Form niederschreibt und der Auffassung ist, man könne damit etwas Neues schaffen?

Wenn man sich den dritten Abschnitt durchliest, in dem es um Leistungsvergleiche, um Benchmark geht, sollte man sich damit beschäftigen, was es diesbezüglich für Ansätze bereits gegeben hat. In der 15. Legislaturperiode gab es die Anträge Drs 15/1183 und Drs 15/1184 der Fraktion der CDU zum Thema „Schule und Tagesbetreuung“, „Benchmark und Leistungsvergleiche“, die abgelehnt worden sind. Es gab einen Antrag der FDP-Fraktion Drs 16/0433 „Kosten- und Leistungsrechnung in der Berliner Hauptverwaltung“. Ich möchte der Beratung nicht vorgreifen, aber es wird schwierig werden, dafür eine politische Mehrheit bei Rot-Rot zu finden. Es gibt diverse Redebeiträge und Aktivitäten der Grünen zu diesem Thema, und es gibt den Antrag der CDU-Fraktion Drs 16/0159 zum Thema „Einführung von Leistungsvergleichen und Benchmark in der Berliner Verwaltung“.

Es gibt also bereits entsprechende Anträge. Aber was hat man gemacht? – Den Antrag Drs 16/0159 lehnt man einfach ab und versucht – wie wir es heute ähnlich auch an anderer Stelle festgestellt haben –, das durch eigene Anträge zu ersetzen. Wichtig ist, sich den Antrag als solchen konkret durchzulesen. Beim Antrag der Koalition fehlt die externe Orientierung, der Blick über den Gartenzaun. Die Tatsache, dass für die Benchmarks und Leistungsvergleiche die vordergründig unscheinbar daherkommenden Worte „ die geeigneten Felder“ ausgewählt wurden, sollte uns aufhorchen lassen.

Was ist damit gemeint? – Damit ist gemeint, dass die Hauptverwaltung weitestgehend ausgespart wird, dass nur wenige ausgewählte, nachgeordnete Bereiche der Verwaltung in die Benchmarks und Leistungsvergleiche einbezogen werden sollen. Wieder einmal sollen die Verwaltungsreform, die Kosten- und Leistungsrechung, die Anwendungsmöglichkeiten von Benchmark dazu genutzt werden, um die Bezirke zu drangsalieren.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Genau das ist der falsche Weg. Wir müssen Wege und Mittel finden, wie wir gerade die Hauptverwaltung einbeziehen können. Genau das lässt der Antrag aus.

Betrachten wir den fünften Abschnitt „Chancen nutzen für Online-Angebote“. Nicht einmal die Opposition unterstellt, dass Sie am Anfang des E-Governments sind, dass Sie am Anfang sind, Online-Angebote der Berliner Verwaltung zu nutzen. Aber so liest es sich, wenn man diesen Antrag Abschnitt für Abschnitt studiert! Wo ist auch hier der Neubeginn? Wo gibt es die konkreten Anforderungen, die Prioritäten der Koalition?

Wo bleibt beispielsweise eine konkrete Forderung nach Online-Bezahlmöglichkeiten? Wir konnten in der Presse letztens lesen, dass es an die 20 Online-Bezahlangebote in der Bundesrepublik Deutschland gibt. Wo bleibt das Angebot des Landes Berlin?

[Beifall bei der CDU, den Grünen und der FDP]

Wie weit sind wir mit der elektronischen Signatur? Das sind Ansätze, die gelöst werden müssen. Das wäre etwas, was eine Neuerung ergäbe, wenn hier Prioritäten der Koalition zu erkennen wären und wenn es möglich wäre, anhand eines Antrags die Leistungen des Berliner Senats hinterher im Einzelnen zu kontrollieren und Leistungsvergleiche und Benchmarks an die Koalition anzulegen.

Herr Statzkowski! Kommen Sie bitte zum Schluss!

Es bleibt festzustellen: Es ist erstaunlich, dass die SPD diesen Antrag als Priorität festgelegt hat, denn er bietet nichts Neues, nur Selbstverständliches, Beliebiges, Überflüssiges. Es gibt einen kleinen Rest, bei dem abgekupfert und verwässert wurde. Wir lehnen den Antrag ab.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Statzkowski! – Für die Linksfraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Dr. Zotl das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Statzkowski! Ich finde es ziemlich ignorant, was Sie hier abgeliefert haben.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Sie haben ähnlich im Ausschuss diskutiert. Wir haben über all diese Fragen sachlich zu diskutieren versucht. Ich will es hier noch einmal versuchen. Es bestreitet niemand: Natürlich ist die Verwaltungsreform ein langwieriger und komplizierter Prozess. Aber es ist unbestritten, dass wir eine positive Haben-Bilanz auf wichtigen Feldern ziehen können. Es gibt keinen Grund für eine Rundumzufriedenheit, aber auch keinen Grund für die Beschwörung der elementaren Krise, die Sie gerade vorgeführt haben.

Egal, wie wir den Stand der Verwaltungsreform einschätzen, wissen wir alle eines, und das richtet sich gegen eine Ihre Hauptkritiken: Verwaltungsmodernisierung ist nicht von oben anzuweisen, sondern nur gemeinsam mit den Verwaltungen, vor allem mit den Beschäftigten, zu erreichen. Solche Rambo-Methoden haben die CDUInnensenatoren der letzten Jahre, vor der Rot-Roten Koalition, praktiziert, der CDU-Innensenator Schönbohm oder auch Herr Werthebach, alle selbsternannte Experten

der Verwaltungsreform. Sie haben dazu beigetragen, dass die Verwaltungsreform in der Verwaltung immer mehr als Bedrohung und eben nicht als Herausforderung für initiativreiches Handeln verstanden wird.

Wir haben versucht, mit dem Antrag durchzusetzen, dass Politik nur eines zu machen hat: Wir haben bestimmte politische Schwerpunkte zu setzen. Aber deren Umsetzung und Ausgestaltung, deren Erweiterung und neue Ideen, alles das muss von den Betreffenden selbst kommen. Genau mit einem solchen Herangehen – da hat Kollege Treichel recht –, sind wir in der letzten Legislaturperiode, der ersten von Rot-Rot, gut gefahren. Ich erinnere an den Eckwertebeschluss für die Bürgerämter, an die Festlegungen über die Ordnungsämter, an das Vierte Verwaltungsreformgesetz, das wir, vier Fraktionen, gemeinsam gemacht haben, wo wir alle dieses Prinzip praktiziert haben. Wir haben wenige Eckwerte gesetzt, ohne die Verantwortung für die Durchsetzung von den Verwaltungen oder der Exekutive zu nehmen.

Genau dieses Vorgehen kritisieren Sie nun. Wir sagen, wir wollen es mit diesem Antrag fortsetzen. Wir fordern nicht schlechthin, wie Sie suggeriert haben, das erfolgreiche Prinzip der Verwaltungsreformagenda einfach fortzusetzen. Daran wird – darin haben Sie recht – ohnehin bereits gearbeitet. Das Entscheidende ist, dass wir Schwerpunkte setzen. Ich sage sie Ihnen noch einmal: die Dienstleistungsqualität der Verwaltung, der nutzerfreundliche Ausbau der elektronischen Verwaltung als ein wichtiges Element, der Bürokratieabbau und systematische Leistungsvergleiche, um Fortschritt und Entwicklungsstände objektivieren zu können. Da müssten Sie eigentlich mitgehen können.

Dann haben wir – das finde ich ignorant, dass Sie nicht die Diskussion im Ausschuss in dieser Weise verwertet haben – innerhalb eines jeden Schwerpunkts den für uns jeweils entscheidenden Knackpunkt benannt. Hinsichtlich des Ausbaus der Dienstleistungsverwaltung, also des ersten Schwerpunktes, wollen wir – so steht es darin –, dass das auch bei knappen Ressourcen fortgesetzt wird. Was heißt das im Klartext? – Das heißt, auf Streichungen in diesem Bereich weitestgehend bzw. völlig zu verzichten. Natürlich sagen Sie, das sei höchst selbstverständlich. Ja, es gibt Verwaltungen, bei denen das selbstverständlich ist, dass vor allem in bürgernahen Dienstleistungsbereichen nicht gestrichen worden ist. Aber wir haben auch Bezirksämter, und nahezu alle von der CDU geführt, die das nicht so gemacht haben. Jetzt klagen sie, dass man weitere Schritte zu Bürgernähe und Dienstleistungsangeboten nicht gehen könne.

Unser zweiter Anspruch sind Leistungsvergleiche und Benchmarks, um zu optimalen Kosten-LeistungsRelationen, effektiven Strukturen zu kommen. Wir wollen solche Vergleiche dort, wo es geeignete Felder gibt. Das impliziert – da haben Sie recht –, dass wir davon ausgehen, dass es auch nicht geeignete Felder gibt. Die ministeriellen Geschäftsfelder, die Arbeit an Gesetzen, die Be

antwortung von Kleinen Anfragen, das sind Dinge, die sich schlecht in ein solches Vergleichssystem bringen lassen. Wir sagen: Dort, wo es geeignete Felder gibt, aber dann in allen diesen Feldern, und das müsste doch auch in Ihrem Interesse liegen. Der inhaltliche Gegensatz in dieser Fragen zwischen Ihrer Fraktion und unserer liegt nicht darin, dass der eine für und der andere gegen Benchmarks ist. Der inhaltliche Gegensatz besteht darin – Sie haben es eben noch einmal gesagt –, dass Sie der Auffassung sind, man könne feste Verfahren, die die Wirtschaft praktiziert, übernehmen und in die Verwaltung bringen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass beispielsweise die Bürgerämter, wo ein solches System entwickelt wurde, ein anspruchsvolles Reformprojekt sind, weil es hier um Kosten und Qualität geht.

Beim Bürokratieabbau, unserem dritten Schwerpunkt, –

Herr Dr. Zotl! Ihre Redezeit ist beendet!

konzentrieren wir uns nicht so sehr auf den Abbau von Regelungsdichte, sondern wir sagen, die Verfahren müssen wir optimieren.

Unser vierter Schwerpunkt ist das E-Government. Das haben Sie erwähnt. Da haben wir ein ganzes Feld von Facetten. Wir sagen, wir wollen in dieser Legislaturperiode den vollständigen Behördengang per Internet ermöglichen, ohne Medienbrüche, dass ich mir Formulare herunterlade, anschließen muss ich sie mit der Hand unterschreiben und mit der Post wegschicken – das wollen wir vermeiden. Das ist wohl kaum eine Selbstverständlichkeit. Da wären wir Spitze in der Bundesrepublik, und da müssten Sie mitgehen können.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Herr Abgeordneter Birk das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Treichel! Dafür, dass das die Priorität der SPD war, hat die Strichliste des Herrn Gaebler gnadenlos versagt. Ist Ihnen etwas aufgefallen? Warum hat der Antrag keine Begründung? – Ich will es Ihnen sagen: Sie wäre einfach zu peinlich, denn dieser Antrag hat eine Vorgeschichte. Erinnern Sie sich? Vor ein paar Monaten habe ich Herrn Sarrazin in der Spontanen Fragestunde gefragt, ob es stimme, dass er einen Brief an Herrn Körting geschrieben habe, worin stehe, dass er das Verwaltungsreform-Grundsätze-Gesetz abschaffen wolle, das wir in der letzten Legislaturperiode reformiert haben, wie Sie gesagt haben. Dieser Brief rief im Hauptausschuss und im Verwaltungsreformausschuss

einige Aufregung hervor. Hier in der Plenarsitzung rannte Herr Dr. Zotl zu Frau Flesch und meinte: „Wir müssen was machen!“ Dieser Antrag ist nun das Resultat – eine banale Auflistung von Reformvorschlägen, die eigentlich nichts anderes sagt als: Wir machen mit der Verwaltungsreform weiter. – Ganz schön schwach, meine Damen und Herren von der Regierung!

[Beifall bei den Grünen und der FDP]

Sie werden sagen: Wir haben noch ganz viel vor. – Sie werden als Bericht zu diesem Antrag eine neue Reformagenda vorlegen, die aus Projekten besteht, die die Verwaltung schon fertig geschrieben hat. Das ist auch in Ordnung. Das war übrigens auch unser Vorschlag im Ausschuss. Es fehlt nur eines, und das ist ganz entscheidend: die Unterstützung und die inhaltliche Steuerung von oben.

Herr Abgeordneter Birk! Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Flesch?

Nein, ich möchte gern durchmachen.

[Kirsten Flesch (SPD): Bis morgen früh?]

Ein Beispiel für die fehlende Unterstützung von oben: Sie haben letzten Sommer die bezirkliche Wirtschaftsförderung gesetzlich gestärkt und zu einer Koordinierungsstelle für unternehmerische Vorhaben gemacht, aber nur auf dem Papier. In der Praxis hat sich nichts geändert. Das haben uns die Förderstellen auf einer Veranstaltung berichtet. Es ist auch gar nicht gewollt, wie uns Staatssekretär Strauch vor einem Jahr im Ausschuss deutlich gemacht hat. Entsprechend treffen Sie keine Vereinbarung mit den Bezirken, wie Sie solche Gesetze umsetzen wollen. Kein Wunder, dass Sie dafür den Unmut der IHK ernten.

[Beifall bei den Grünen und der FDP]

Ein anderes Beispiel für fehlende inhaltliche Unterstützung: Ich denke an den verzweifelten Leiter des IT-Programms für Kinder und Jugendliche ISBJ.

Er bat vor anderthalb Jahren händeringend darum, die Politik oder die Jugendverwaltung sollten ihm klare Ziele benennen, dann würde er sie auch in IT-Programme umsetzen. Seither hat dieser Mann einen Maulkorb. Dabei hat er den Finger in die Wunde gelegt: Der Berliner Verwaltung fehlt die inhaltliche Steuerung.

Die Berliner Verwaltungsreform hat einen Geburtsfehler, der sich vor genau 10 Jahren ereignet hat: Die Politik wurde aus dem neuen Steuerungsmodell ausgeklammert. Der Verzicht auf politische Zielvereinbarungen führte das ganze Projekt ad absurdum. Es entstand eine Verwaltungsreformbürokratie, die wir seither als parallele Verfahrensstruktur mitschleifen, ohne dass sich noch jemand erinnert, warum wir das eigentlich alles treiben – Zielver