Mit den Anträgen der CDU zu Familienpolitik und Familienfreundlichkeit diskutieren wir die andere Seite der bereits in der Großen Anfrage behandelten Folgen des demografischen Wandels. Durch die Alterung der Bevölkerung werden Kinder und Jugendliche in unserer Gesellschaft zunehmend zur Minderheit. Bereits 2010 werden erstmals weniger Jugendliche unter 20 Jahre als Menschen über 65 Jahre in Deutschland leben. Im Jahr 2050 wird die Zahl der Älteren fast doppelt so hoch sein wie die der Jüngeren. Deshalb ist es dringend notwendig, die Bedürfnisse und Interessen der Kinder und Jugendlichen verstärkt zu beachten. Die Schaffung positiver Lebensbedingungen für alle Kinder und Jugendlichen und ihre Familien ist eine Aufgabe öffentlicher Verantwortung, der wir uns verstärkt stellen müssen.
Familie steht hoch im Kurs – die meisten jungen Menschen wollen Kinder haben, CDU und SPD auf Bundesebene überschlagen sich derzeit, wer die bessere Familienpolitik macht. In Berlin sind, wie in Deutschland überhaupt, vielfältige wohlklingende − die Kinder und Kindheit betreffende − Slogans, Schlagwörter und Begriffe im Umlauf: „Ein Herz für Kinder“, „Kinder sind unsere Zukunft” „Kinderfreundlichkeit“. Dem steht eine praktische Politik entgegen, die zunehmend kinder- und familienunfreundlicher wird, wie internationale Vergleichsstudien – zuletzt die UNICEF-Kinderstudie – bestätigen. Trotz vergleichsweise hoher finanzieller Transferleistungen ist die Armut bei Familien – insbesondere Alleinerziehende und Familien mit mehreren Kindern – überdurchschnittlich hoch. Mangel besteht vor allem in einer kindgerechten Lebenswelt – Wohnung, Verkehr, Stadtgestaltung – und einer kinder- und familienfreundlichen Infrastruktur, die Vätern und Müttern die Vereinbarkeit von Beruf und Kindererziehung ermöglicht.
Berlin kommt trotz eines quantitativ guten Angebots an Kindertageseinrichtungen bei Vergleichen mit anderen Bundesländern regelmäßig auf einen schlechten Platz – Familienatlas 2005, UNICEF-Kinderstudie –. In Berlin lebt jedes dritte Kind in Familien mit Sozialhilfe- oder Arbeitslosengeldbezug. Hauptgrund ist die hohe Arbeitslosigkeit. Es mangelt insbesondere für Alleinerziehende an flexiblen Betreuungsangeboten außerhalb der regulären Öffnungszeiten der Kindertagesstätten. Besonders betroffen sind auch Kinder in Familien mit Migrationshintergrund aufgrund der hohen Erwerbslosigkeit, sozialer Benachteiligung und struktureller Probleme wie ungesicherter Aufenthaltstatus. Daran haben auch sechs Jahre Rot-Rot trotz anderslautender Versprechen in den Koalitionsvereinbarungen nichts geändert.
Herr Prof. Bertram hat uns in der Anhörung im Ausschuss BildJugFam zur UNICEF-Kinderstudie noch mal dargelegt, dass Kinder und ihre Familien einen policy-mix brauchen. Dazu gehören aus unserer Sicht:
Arbeit und materielle Sicherheit und das Vertrauen auch in Zukunft gut für ihre Kinder sorgen zu können,
leicht zugängliche und ihnen bekannte Unterstützungs- und Beratungsangebote bereits präventiv, besonders aber in Problemsituationen.
Vernachlässigung und Gewalt gegen Kinder, Gewalt unter Kindern und Jugendlichen, die Studie zu Intensivtätern, Drogen- und Suchtprobleme, Sprachdefizite und andere Entwicklungsverzögerungen – das sind die Themen, die derzeit die Öffentlichkeit beherrschen. Die hier sichtbaren Probleme zeigen deutlich, dass es erhebliche Defizite bei der Erziehung und Förderung unserer Kinder und bei der Unterstützung von Eltern in unserer Stadt und unserem Land gibt.
Die Anträge der CDU greifen Probleme der mangelnden Wertschätzung und fehlender unterstützenden Infrastruktur von Familien in Berlin und zielen auf mehr Familienfreundlichkeit im Betrieb und in den Bezirken. Das unterstützen wir im Prinzip sehr, es gibt aber ein Problem. Es entsteht der Eindruck, dass mit den vorgeschlagenen Wettbewerben und dem öffentlichen Dialog zur Familienpolitik neben bestehende Strukturen und Diskussionszusammenhänge etwas Neues gesetzt wird. Es stellt sich die Frage, wie die Vorschläge mit bestehenden Initiativen verknüpft werden, wie z. B. die „Lokalen Bündnisse für Familien“, die es in vielen Bezirken bereits gibt, den Aktivitäten des Berliner Bündnisses für Familien und dem vom Landesjugendhilfeausschuss angedachten Familienfachtag, mit dem der öffentliche Dialog über die Familienpolitik in Berlin angestoßen werden soll. Wie diese erfreulichen Initiativen für eine kinder- und familienfreundlichere Stadt und bessere Familienpolitik miteinander verzahnt werden können, darüber sollten wir bei der Beratung im Ausschuss reden.
Folgende Überweisungen werden vorgeschlagen: Drucksache 16/0405 an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie, Drucksache 16/0406 federführend an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie und mitberatend an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Frauen sowie an den Hauptausschuss, Drucksache 16/0407 wiederum an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie. – Zu diesen Überweisungsvorschlägen des Ältestenrats höre ich keinen Widerspruch. Damit sind sie so beschlossen.
Die lfd. Nrn. 25 und 26 stehen auf der Konsensliste. Die lfd. Nr. 27 war Priorität von SPD und Linksfraktion unter dem Tagesordnungspunkt 4 b. Die lfd. Nrn. 28 bis 32 sind durch die Konsensliste erfasst. Die lfd. Nr. 33 war Priorität der CDU unter dem Tagesordnungspunkt 4 c. Die lfd. Nrn. 34 bis 40 stehen wiederum auf der Konsensliste.
Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Empfohlen wird die Überweisung der Anträge federführend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr sowie mitberatend an den Sportausschuss. – Ich höre zu diesen Vorschlägen keinen Widerspruch. Damit ist das so beschlossen.
Die lfd. Nr. 43 war Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unter dem Tagesordnungspunkt 4 e. Die lfd. Nrn. 44 bis 51 stehen auf der Konsensliste.
Hierzu gibt es einen Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Linksfraktion, Drucksache 16/0501-1.
Wird die Beratung gewünscht? – Die Beratung wird nicht gewünscht. Die antragstellende Fraktion der FDP hat um sofortige Abstimmung gebeten.
Es ist beantragt, an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung und an den Hauptausschuss zu überweisen. Wer dieser Überweisung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen! – Das sind alle Fraktionen. Damit ist es so beschlossen.
Meine Damen und Herren! Dies war unsere heutige Tagesordnung. Die nächste Sitzung, die 12. Sitzung, findet am Donnerstag, dem 24. Mai 2007 um 13 Uhr statt.
Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik im Land Berlin
Beschlussempfehlung InnSichO Drs 16/0500 Antrag der SPD, der CDU, der Linksfraktion, der Grünen und der FDP Drs 16/0441